Protocol of the Session on February 20, 2008

(Ralf Jäger [SPD]: Was heißt „gleich“?)

Wir befinden uns im Jahr 2008 in einem Zwischenschritt und bewegen uns auf 2010/2011 zu, wo wir ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr einen Rechtsanspruch einführen wollen. Nach allem, was sich bisher gezeigt hat, werden wir dieses Ziel besser und schneller erreichen, als das absehbar gewesen ist: weil auch die Kommunen erkennen, dass die Welt sich verändert hat, und in die Mitverantwortung einsteigen, weil wir im Übrigen aber auch ermöglicht haben, dass die Bedarfe, die vor Ort gesehen werden, gedeckt werden können, selbst wenn wir dazu unsere Prognosen korrigieren müssen.

Wie aber war das unter Rot-Grün? Sozialdemokraten und Grüne sprechen hier ja davon, wir hätten ein planwirtschaftliches System.

(Britta Altenkamp [SPD]: Ich wusste, dass Sie darauf reagieren würden!)

Wie war das denn bei Ihnen im Bereich Budgetvereinbarung? Ich habe noch in ausgezeichneter Erinnerung, wie ich von Kommunen mit der Bitte angeschrieben worden bin, bei der Landesregierung, bei Frau Schäfer darauf hinzuwirken, dass nicht nur kostenneutral umgewandelt werden darf, dass möglicherweise über die ausgewiesenen Budgets hinaus Plätze für unter Dreijährige eingerichtet werden können. In wenigen Fällen – als Beispiele nenne ich Langenfeld und Monheim, für die ich mich eingesetzt habe – ist das erreicht worden. Aber es war ein zutiefst planwirtschaftli

ches System. Sie haben keine Kapazitäten, keine Ressourcen bereitgestellt. Und Sie haben auch nicht die Bereitschaft gehabt, Ihre Politik in der Frage zu verändern. Das gelingt erst jetzt.

Liebe Frau Asch, Sie sind schlecht informiert, wenn Sie uns vorwerfen, wir würden nicht hinreichend gut rechnen. Leider ist Frau Asch im Moment nicht da, deshalb kann ich Sie jetzt gar nicht aufklären.

(Zuruf von Andrea Asch [GRÜNE])

Da sind Sie. Entschuldigung, ich habe Sie übersehen! Entschuldigung, ich habe Sie übersehen. Entschuldigung, ich habe Sie übersehen. Sie saßen eben weiter hinten.

(Britta Altenkamp [SPD]: Herr Lindner, es wird nicht dadurch besser, dass Sie es drei- mal wiederholen!)

Frau Asch, jetzt passen Sie bitte auf: Sie haben hier groß vorgerechnet, wie viele Plätze wir bräuchten, und sind von 35 % ausgegangen. Liebe Frau Asch, schauen Sie mal in die Unterlagen! 35 % ist die Quote, die bundesweit erreicht werden muss. Diese wird aber differenziert nach Ländern ausgewiesen. Für Nordrhein-Westfalen beträgt die Zielquote nur 32 %. Sie müssen sich schon sorgfältiger vorbereiten, wenn Sie uns falsche Kalkulationsgrundlagen vorwerfen wollen. Sie müssen erst einmal selbst solide arbeiten, bevor Sie mit dem Finger auf andere zeigen.

(Beifall von FDP und CDU)

Ein letzter Gedanke, weil meine Redezeit zu Ende geht: Der Kollege Jörg hat darauf hingewiesen, wie die Rahmenbedingungen für Familien doch verschlechtert würden. Ausgerechnet den Mindestlohn nimmt er als Beispiel für eine familienfreundliche Politik und weist darauf hin, dass es Familien gibt, die sich etwas leisten wollen, ihr Eigentum abbezahlen möchten und deshalb mehrere Jobs annehmen. Lieber Wolfgang Jörg, gerade denen würde euer Mindestlohn das Leben schwerer machen. Gerade denen würde euer Mindestlohn es unmöglich machen, dass die Ehefrau oder der Ehemann neben dem normalen Job vielleicht noch einen Minijob annimmt. All diese Jobs werden wegrationalisiert, wenn ihr euch mit eurer Mindestlohnidee durchsetzt. Diese Jobs wird es dann nicht mehr geben. Gerade das erschwert es Familien, zu wirtschaften und sich im Leben ein Stück weit hochzuarbeiten.

(Angela Tillmann [SPD]: Das ist Unsinn!)

Das ist kein Unsinn, Frau Tillmann. Das ist die Realität. Schauen Sie ihr ins Auge, wie Wolfgang

Clement Ihnen das in diesen Tagen empfiehlt. Nehmen Sie den in den Blick, lesen Sie nach, was der sagt! Erkennen Sie, wo Sie sind im Wettbewerb mit der Linkspartei möglicherweise auch falsch aufgestellt! Denn nicht all das, was Sie an wohlfeilen familienpolitischen Ankündigungen machen, kommt auch den Familien zugute.

Wir konzentrieren uns dagegen nicht auf familienpolitische Ankündigungen. Wir wollen familienpolitische Erfolge in der Realität erzielen. Darauf kommt es in der Politik an. Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen. – Schönen Dank.

(Beifall von FDP und CDU – Britta Alten- kamp [SPD]: Was war denn mit meiner Zwi- schenfrage?)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Die Zwischenfrage konnte nun doch nicht gestellt werden. Jetzt ist es dafür zu spät. Es wird weitere Gelegenheiten geben, sich miteinander auseinanderzusetzen. – Für die Landesregierung spricht als nächster Herr Minister Laschet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon eine besondere Ironie, dass ausgerechnet diejenigen, die beim Ausbau von U3-Plätzen jahrelang auf der Bremse standen, nun nach mehr Tempo rufen. Es geht nicht um einen Blick zurück in die Vergangenheit, Frau Asch.

(Zuruf von Ewald Groth [GRÜNE])

Es geht, lieber Kollege, nicht um einen Blick in die Vergangenheit, sondern …

(Ewald Groth [GRÜNE] und Christian Lind- ner [FDP] führen ein Zwiegespräch.)

Lieber Herr Groth, lieber Herr Lindner, wenn ich kurz stören darf! – Die Spielregeln in einer Demokratie sind so: Eine Regierung tritt ihr Amt an. Das war im Jahre 2005. Damals gab es 11.000 Plätze für unter Dreijährige. Abgerechnet wird im Jahre 2010. Dann stehen wir knapp vor der Erfüllung eines Rechtsanspruchs für alle Zweijährigen. Dann kann jeder Bürger draußen entscheiden: Was hat Rot-Grün gemacht? Was hat die neue Regierung gemacht? Das hat nichts mit Vergangenheitsbewältigung zu tun, sondern schlicht mit Daten und Fakten.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Altenkamp?

Ich habe ja noch gar nichts gesagt, aber gerne.

(Heiterkeit)

Bitte schön, Frau Altenkamp.

Dass Sie noch nichts gesagt haben, haben Sie gesagt, Herr Minister Laschet.

Zu meiner Frage. Sie haben gerade gesagt, Sie hätten Bilanz gezogen und 2005 bei der Regierungsübernahme 11.000 Plätze vorgefunden. Im Haushaltsplan 2008 weisen Sie – Ihr Haus! – für 2004 – übrigens genauso wir Ihr Internetangebot 13.688 Plätze aus. Wie erklären Sie sich die Differenz zwischen den 11.000 Plätzen, von denen Sie gerade gesprochen haben, und der Zahl, die ich gefunden habe?

Ich weiß nicht, was auf welcher Internetseite steht. Frau Altenkamp, statt hier über eine konkrete Zahl für 2004/2005 zu diskutieren, könnte man eine entsprechende Anfrage stellen. 11.000 Plätze gab es im Jahr 2005. Hinzu kommen Tagespflegeplätze. Ich rede über institutionelle Plätze. Die 44.000 Plätze im nächsten Jahr, über die wir reden, sind institutionelle Plätze. Man muss vergleichen, was es an Plätzen in Kindertageseinrichtungen und was es an Plätzen in der Tagespflege gibt. Die 13.000, die Sie nennen, sind möglicherweise Plätze in der Tagespflege. Ich kann aber gerne genauer nachgucken und Ihnen die Frage dann beantworten.

(Britta Altenkamp [SPD]: Ich kann Ihnen ei- nen Hinweis geben: Es sind 13.688 belegte Plätze laut Ihrem Internetangebot!)

Frau Altenkamp, ich glaube nicht, dass es stimmt, aber sagen wir, es sind 13.000 Plätze. 13.000 sind weniger als 44.000. Wenn Sie jetzt einen Streit darüber führen, ob es 11.000 oder 13.000 sind: Es war miserabel, Nordrhein-Westfalen war Schlusslicht, und wir ändern diese Schlusslichtpolitik. Das ist der Unterschied.

(Beifall von CDU und FDP)

Jetzt will ich auf ein paar Argumente der Debatte eingehen.

Erstens: KiBiz muss nachgebessert werden. – Nein, Frau Asch! Leider sind Sie falsch informiert. KiBiz wird nicht nachgebessert. KiBiz hat die Grundlage geschaffen, dass wir flexibel reagieren

können. Im Konsens mit kommunalen Spitzenverbänden und Wohlfahrtspflege haben wir 34.000 Plätze für das Haushaltsjahr 2008 vorgesehen. Jetzt wird der Haushalt geändert. Es gibt mehr Geld. Das ist eine gute Botschaft für die Familien in Nordrhein-Westfalen.

(Andrea Asch [GRÜNE]: Politik nach Kas- senlage!)

Entschuldigung, liebe Frau Asch, im Gegensatz zu Ihnen nehme ich dieses Parlament ernst.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das ist eine Unverschämtheit!)

Dieser Haushaltsgesetzgeber stellt für eine bestimmte Zahl an Plätzen Geld bereit. Wenn Sie sagen, es müsse Schluss sein mit der Planwirtschaft, dann lese ich Ihnen mal vor, wie das zurzeit nach dem von Ihnen zu verantwortenden GTK funktioniert hat. Nach § 18 Abs. 6 GTK ist Voraussetzung für die Bezuschussung der Betriebskosten, dass der Platz vom Land investiv gefördert worden ist, dass das Jugendamt den Platz als Bedarf entsprechend anerkannt hat, dass entsprechende Landesmittel – so viel zur Kassenlage! – zur Verfügung stehen. Dann konnten nach einem komplizierten Schlüssel für Kindergartenkinder und schulpflichtige Kinder nicht mehr benötigte Plätze vorübergehend mit U3-Kindern belegt werden. – Und, und, und! Acht Seiten Vorschriften, um U3-Plätze zu schaffen! Wir machen das mit einem Kabinettsbeschluss! Das ist der Unterschied!

(Beifall von CDU und FDP)

Das andere Verfahren hat Christian Lindner eben beschrieben, nämlich das Umwandlungskontingent. Solche Gedanken können nur bürokratischen Köpfen von Rot-Grün entspringen. Aber so etwas ist nicht die Realität der Familien in diesem Lande.

(Beifall von CDU und FDP)

Deshalb war KiBiz erforderlich. KiBiz gibt Flexibilität. KiBiz macht es möglich, dass der Haushaltsgesetzgeber in Kürze sagen wird: Wir geben in diesem Jahr 12 Millionen € mehr.

Lieber Kollege Jörg, diese 12 Millionen € stammen aus folgenden Haushaltspositionen:

Mit den Trägern war verabredet, 959 Millionen € für das Jahr 2008 zur Verfügung zu stellen. Das war der Konsens von kommunalen Spitzenverbänden und Wohlfahrtspflege. Dann hat eine kluge Landesregierung gesagt: „Wir brauchen für solche Fälle, die jetzt eintreten, ein Übergangs

polster“, und hat im Haushalt 969 Millionen € bereitgestellt. Darüber hinaus gab es ein Programm, nach dem den Kirchengemeinden, die in Not geraten, weil KiBiz zu spät kommt, ebenfalls Gelder zur Verfügung gestellt werden sollten. Die haben Anträge eingereicht. Der Betrag ist nicht voll ausgeschöpft worden. Die 12 Millionen € in diesem Jahr können also aus diesen beiden Positionen gedeckt werden. Im Jahre 2009 werden mindestens 20 Millionen € mehr als bisher geplant erforderlich sein, um auf dieser Zahl aufzubauen.

Meine Damen und Herren, ich glaube, Sie merken daran: Familienpolitik hat in dieser Landesregierung einen Schwerpunkt. Wir stellen das Geld bereit, das erforderlich ist, um die Plätze für die unter Dreijährigen zu schaffen. Wir machen vor allem eines, Frau Asch – deshalb hat das nichts mit Vergangenheitsbewältigung zu tun –: Wir lassen uns an den anderen Bundesländern in der Bundesrepublik Deutschland messen. Wenn wir am 1. August dieses Jahres im oberen Drittel der westdeutschen Länder stehen, dann sind wir alles andere als Schlusslicht. Christdemokratische Politik, liberale Politik heißt, in der Spitzengruppe zu sein. Rot-Grün heißt Schlusslicht. Das ist unsere Bilanz.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Laschet.