Daher ist es richtig, dass die Ministerin dies plakativ herausgestellt hat und damit erneut die klare Botschaft an die Eltern sendet: insbesondere auch in den bildungsfernen Milieus keine unkontrollierte TV-Nutzung im Kinderzimmer.
Ich glaube, wir haben das gut über die Medien transportiert bekommen. Man kann einen solchen Aufruf auch nicht häufig und deutlich genug platzieren.
Dies stützt auch die bereits genannte JIM-Studie, die ich an dieser Stelle ebenfalls zitieren möchte:
„… hier sitzen nach eigener Einschätzung Haupt- und Realschüler täglich etwa eine halbe Stunde länger vor dem Fernseher als Gymnasiasten. Insgesamt liegt die geschätzte durchschnittliche Fernsehdauer der 12- bis 19Jährigen bei etwa zwei Stunden pro Tag …“
„… es zeigt sich wie in den Vorjahren ein Bildungsbias: Jugendliche mit geringerem formalen Bildungshintergrund haben seltener einen eigenen Computer als Gymnasiasten.“
Die Nutzung von Computern scheint also umgekehrt mit dem Bildungserfolg zu korrelieren, wie sich das bei TV und Spielekonsolen darstellt.
Gut dabei ist, dass das Fernsehen längst nicht mehr das Leitmedium der Jugendlichen ist. Wie die JIM-Studie belegt, sind Computer für die Jungen und das Internet für die Mädchen mittlerweile die wichtigsten Medien, gefolgt vom MP3-Player. Das Fernsehen landet erst auf Platz 4. Die Spielekonsolen folgen dann mit noch einigem Abstand.
Das ist gut für die Jugendlichen; denn Computer und Internet bieten auch erhebliche Bildungschancen – wenn man sie richtig nutzt und die richtigen Inhalte auswählt; das ist die Voraussetzung.
Im Januar erklärte Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel dazu, in ein bis zwei Generationen werde der Umgang mit dem Computer so selbstverständlich wie das Autofahren sein. Wer dann mit dem PC nicht klarkomme, werde wie ein Analphabet dastehen, so die Kanzlerin.
„Insgesamt nutzen 99 % der Studierenden, 95 % der Schülerinnen und Schüler sowie 92 % der Auszubildenden das Internet. Auch was die Verwendung von Computer und Internet zu Bildungszwecken anbelangt, sind die genannten Gruppen bei weitem die intensivsten Nutzer. Von den Schülerinnen und Schülern ab 15 Jahren haben 2004 bereits 70 % das Internet für (Aus-)Bildungszwecke genutzt, bei den 10- bis 14-Jährigen immerhin 48 %.“
Daraus lernen wir, dass der Medienkonsum des Internets überhaupt nicht mehr beeinflussbar ist – er liegt unheimlich hoch – und entsprechende Chancen bietet.
„Im Hinblick auf die Kompetenzentwicklung der Jugendlichen ist wichtig, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Bedienung von Rechnern sie konkret erwerben.“
„verfügen die Angehörigen der niedrigsten Statusgruppe über die vergleichsweise geringsten Computerkenntnisse.“
Hier sehen wir also den Zusammenhang. In solchen Milieus wird zwar sehr viel mit TV und Spielekonsolen konsumiert; es gibt dort aber die geringsten Fertigkeiten im Umgang mit dem Computer.
Insofern ergibt sich eine ganz andere Handlungsmaxime für uns; denn die PISA-Studie hat schon im Jahr 2000 die positive Korrelation zwischen Bildungserfolg in Mathematik und Lesen und dem Vorhandensein von Computern im Haushalt dargestellt.
In der PISA-Studie 2006 wird ausgeführt, dass in den zukünftigen Tests die Internetkompetenz der Jugendlichen abgefragt wird. Das liest sich dort wie folgt:
„Future tests will also assess students’ capacity to read and understand electronic texts – reflecting the importance of information and computer technologies in modern societies.”
Damit landen wir nicht nur bei der Frage: „Läuft der PC?“, sondern: Was läuft auf dem PC? – Bei neuen Medien ist es letzten Endes auch nicht viel anders als bei den alten. Sie haben die Wahl, ein kluges Buch zu lesen – oder einen Schundroman.
Aus diesem Grunde werden wir als CDU-Fraktion dieses Thema in nächster Zeit aufgreifen und hier auch eine Initiative starten. Dabei werden wir an folgende Eckpunkte denken:
Erstens. Wir brauchen eine Studie, die die Chancen herausarbeitet, die sich mit den digitalen Medien gerade beim Bildungserfolg der Kinder und Jugendlichen bieten und der Regierung auch Handlungsempfehlungen gibt.
Zweitens. Wir sollten Pilotprojekte starten, um auch die Chancen von Lernspielen zu nutzen. Das im letzten Jahr in Deutschland meistverkaufte Spiel hat Kinder angeblich süchtig gemacht, Matheaufgaben zu üben. Ich halte das für ein gutes Zeichen. Lernen kann auch Spaß machen; es
muss nicht immer nur Quälerei sein. Wir sollten hier mit den verschiedenen Bildungseinrichtungen und Hochschulen erste Pilotprojekte starten.
Drittens. Ich würde mir wünschen, zur Bekämpfung der Bewegungsarmut die Geo-Games – das sind Schatz- bzw. Schnitzeljagden in der Natur mit Navigationsgeräten; auch so etwas ist bei Kindern und Jugendlichen sehr beliebt – zu fördern und sich zu bemühen, die Jugendlichen mit der Technik wieder in die Natur zu bekommen.
Viertens. Man sollte weitere Medienprojekte in den Schulen fördern. „Zeitung macht Schule“ – ich kann Ihnen dazu nur gratulieren, Frau Sommer – ist ein tolles Beispiel, wie man gute Medienprojekte in den Schulen verwirklichen kann.
Fünftens. Ich plädiere dafür, weiter daran zu arbeiten, wie wir es hier beschlossen haben, Medienkompetenzvermittlung verstärkt auch auf die Eltern und nicht mehr nur auf die Kinder zu richten.
Wir als CDU-Fraktion fangen am 27. Februar damit an und veranstalten ein Fachgespräch zu diesem Thema. Meine Damen und Herren, Sie sind gerne eingeladen, diese Initiative mit uns zu bestreiten.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Als nächster Redner hat für die zweite antragstellende Fraktion, nämlich die FDP, der Kollege Witzel das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die aktuelle Studie zu den Auswirkungen des jugendlichen Medienkonsums legt mehrere Schlussfolgerungen nahe.
Erstens. Mit den Angeboten der Elternbildung muss die Erziehungsverantwortung der Elternhäuser gestärkt werden. Kinder, die sich gleichgültig in jungen Jahren selbst überlassen sind, riskieren ihre eigene Ausbildungsfähigkeit und Zukunft.
Zweitens. Die Fortschritte im Jugendmedienschutz sind weiter auszubauen. Kinder können die Folgen eines problematischen Mediennutzungsverhaltens selbst nicht absehen.
Viertens. Insbesondere für Kinder aus anregungsarmen Elternhäusern können Ganztagsangebote stabilisierend wirken. Sie sind daher auszubauen.
Intensive Mediennutzung bedeutet keinesfalls einen Zugewinn an Medienkompetenz. Stark überhöhter Medienkonsum führt oftmals in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu Nachteilen. Bereits frühere Studien haben belegt, dass intensiver Medienkonsum bei Kindern zu sozialer Isolation und Realitätsverlust bis hin zur Sucht führen kann. Bereits der gesunde Menschenverstand lässt vermuten, dass es nicht förderlich sein kann, wenn Kinder alltäglich stundenlang passiv und oft allein Medien konsumieren, anstatt sich körperlich zu betätigen, mit anderen aktiv zu spielen oder sich sinnvoll selbst zu beschäftigen.
Natürlich ist eine differenzierte Sichtweise notwendig. Nicht die neuen Medien an sich bergen diese Gefahr, sondern deren exzessiver oder ungeeigneter Gebrauch durch bestimmte Anwender.
Es gibt nicht pauschal die guten alten Medien, etwa das Buch, und die schlechten neuen Medien wie Fernseher und Computer. Wie immer kommt es auch hier auf die richtige Mischung, das gesunde Mittelmaß der Mediennutzung, die sorgfältige Auswahl der konsumierten Inhalte und die Bewahrung oder Schaffung ausreichender Ausgleichsbetätigungen an.
Kinder bekommen gerade über anspruchsvolle Kinderformate im Fernsehen einen einzigartigen Einblick in die Welt oder können sich über Lernsoftware interaktiv bilden. Mediennutzung hat also sehr wohl ihre Vorteile. Auch gibt es Länder wie Südkorea, die trotz ihres deutlich höheren Medienkonsums sehr positiv bei der PISA-Studie abgeschnitten haben.
Nicht selten dient der Medienkonsum auch anderen Zwecken wie der Ablenkung. Durch Medien können Kinder und Jugendliche aus dem Alltag fliehen, sich in andere Welten flüchten und sich mit Charakteren und Idolen aus den Mediengeschichten identifizieren. Medien dienen somit nach Ansicht von Experten zum Teil auch der Lebensbewältigung und Identitätsfindung.