Ich finde es sinnvoll, wenn die Einrichtungen und alle, die an dem Gesetz beteiligt sind, erst einmal versuchen, das Gesetz umzusetzen. Sicherlich wird es noch die eine oder andere Frage geben. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass es die von Ihnen beschriebene Skepsis gibt. Heute Morgen hat Frau Beer angeführt, dass es in Bielefeld bezüglich der Aufhebung der Schulbezirksgrenzen zu großen Verschiebungen gekommen ist.
Ich kann Ihnen nur sagen: In Münster sieht das völlig anders aus. Es gibt nicht einen Piep und einen Ton dazu. Das Gleiche gilt für das Kinderbildungsgesetz, und zwar für viele, viele Kommunen in unserem Land. Ich darf als Beweis dafür die „Westfalenpost“ vom 11. Januar zitieren. Unter dem Titel „Zwischen Frust und Vorfreude“ konnte man nachlesen:
So eine Kindergartenleiterin in Hagen. – Das stelle ich auch fest. Wir haben eine unterschiedliche Ausführung im ganzen Land. Aber das wird sich geben. Ich denke, das muss sich erst einmal setzen. Wir sollten da wirklich die Zeit geben, die die Erzieherinnen, aber auch die Leitungen und Einrichtungen selbst brauchen.
Es ist an der Zeit, endlich die parlamentarischen Scheingefechte über das KiBiz beiseitezulegen und dem Ganzen wirklich eine Chance zu geben. Es wird nicht dadurch besser, dass wir im Rahmen jeder Plenarsitzungswoche über das KiBiz diskutieren. Es ist beschlossen, und wir werden es weiter umsetzen und im Jahr 2011 gucken, was daraus geworden ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer in die Zukunft investieren will, muss bei den Kindern beginnen. Das ist unstrittig. Ein neues Gesetz, nach dem Motto „Neue Besen kehren gut“, musste her, das die Eltern entlastet, die Qualität der Betreuung und Bildung erhöht und neue Plätze für Kleinkinder schafft.
Und noch schlimmer: Den meisten Betreuungseinrichtungen bleibt durch KiBiz weniger Geld und weniger Personal. Bewältigen müssen sie damit aber immer mehr Aufgaben. In diesem Jahr kommen noch rund 34.000 Kinder unter drei Jahren hinzu. Mehr als „sauber, satt und trocken“ wird es für sie nicht geben. Wo, bitte schön, bleiben dann noch frühkindliche Bildung und gute Betreuung?
KiBiz ist ein Spargesetz. KiBiz baut Personal ab und macht Planung unmöglich. KiBiz schafft große Gruppen und bedroht kleine Einrichtungen. KiBiz führt zu höheren Elternbeiträgen und ist nichts für Vollzeitbeschäftigte. Kurzum: KiBiz nutzt nicht – es schadet.
Darüber, dass Herr Minister Laschet das KiBiz als das – ich darf zitieren – „modernste Kindergartengesetz in Deutschland“ bezeichnet,
Da sind uns einige Länder doch weit voraus, die das dritte Kindergartenjahr bereits beitragsfrei halten oder es zumindest planen.
Sie sind ja gleich dran, Herr Minister. – Darüber hinaus wird der Eindruck erweckt, dass die Sprachförderung in NRW neu sei. Neu ist lediglich der landesweite Test für alle vierjährigen Kinder. Von „modern“ kann also wirklich nicht die Rede sein.
In Anbetracht all dieser berechtigten Kritikpunkte bleibt einem das Lachen schnell im Hals stecken, meine Damen und Herren. Denn KiBiz wird seinem Namen in keinster Weise gerecht. Im Kinderbildungsgesetz finden sich überhaupt keine Vorschläge zur Förderung der musischen, sozialen, emotionalen oder motorischen Entwicklung.
Ein gutes Betreuungsgesetz muss den Anspruch auf bestmögliche Förderung aller Kinder verwirklichen. Das bedeutet nicht nur mehr Quantität, sondern viel mehr Qualität. Das bedeutet auch, dass wissenschaftlich valide Daten erforderlich sind. Die Berichtspflicht allein sagt noch nichts über das Erreichen zentraler Ziele des Kinderbildungsgesetzes aus.
Wie verändert sich die Lebenslage der Kinder durch die Neuregelung? Wie entwickeln sich der Sprachstand der Kinder und die Qualität der Einrichtungen? Zeigen die eingerichteten Familienzentren Wirkung? Alle diese Fragen lassen nur einen Schluss zu: Dass eine Übergangszeit bei der Umsetzung des KiBiz fehlt, ist kontraproduktiv.
Apropos kontraproduktiv: Bereits bei der Vorbereitung des Gesetzentwurfs wurden die Beschäftigten und Elternvertretungen außen vor gelassen, Herr Minister. Auch jetzt sollen deren Erfahrungen und Erkenntnisse nicht einbezogen werden.
Was wir brauchen, ist eine wissenschaftlich unabhängige Wirksamkeitsstudie, und zwar in kurzen Abständen, um möglichst zeitnah die Auswirkungen der Neuregelungen feststellen zu können. Nur dann können etwaige Korrekturen vorgenommen werden. Diese Korrekturen sind doch wohl das Mindeste, was wir für unsere Kinder nach diesem kinder- und familienpolitischen Totalschaden KiBiz noch tun können, meine Damen und Herren.
Dem grundsätzlichen Anliegen des Antrags auf eine gründliche wissenschaftliche Evaluation des Kinderbildungsgesetzes folgen wir also. Deshalb lehnen wir die Beschlussempfehlung ab. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist keine Frage, dass Gesetze auf ihre Wirkung untersucht werden müssen.
Wir haben bei diesem Kinderbildungsgesetz in den Gesetzestext deshalb ausdrücklich mit aufgenommen, dass sich das Kinderbildungsgesetz spätestens im Jahr 2011 einer grundlegenden Überprüfung wird unterziehen müssen. Wir haben sogar die Kriterien benannt, die in die Berichtspflicht über die realisierten Ziele mit einfließen sollen. Da geht es um die bedarfsgerechte Angebotsstruktur,
die Gesamtfinanzierung, die Auskömmlichkeit der Pauschalen, die Auswirkungen auf die Trägerlandschaft sowie um den Verwaltungsaufwand.
Ich füge hinzu: Auch die Kirchen werden mit ihrem Engagement ein Aspekt einer Überprüfung des Kinderbildungsgesetzes im Jahr 2011 sein.
Insofern ist der Antrag der Grünen überflüssig. Er geht ferner von falschen Tatsachen aus. Er ist aber vor allen Dingen, liebe Frau Asch, völlig unglaubwürdig.
Er ist völlig unglaubwürdig, wenn man ihn an Ihrem eigenen Handeln zu Regierungszeiten misst. Ich werde das gleich noch ausführen.
Zum einen geht er von falschen Tatsachen aus, wie ich gesagt habe. Ihre Behauptung, bei den Vorarbeiten zum Kinderbildungsgesetz seien die Beteiligten nicht einbezogen worden, ist falsch. Das genaue Gegenteil ist richtig.
Wir hatten nie ein so transparentes und breites Verfahren. Jetzt kann man kritisieren, dass noch nicht alle, die sich in der Fachöffentlichkeit dazu geäußert haben, einbezogen worden sind,
Das will ich gerne mit einem Zitat einer grünen Kollegin von Ihnen belegen. Ute Koczy – das war die damalige jugendpolitische Sprecherin der Grünen – hat im Rahmen eines Debattenbeitrags zur GTKReform 1998 gesagt: Selbst wir Grüne waren in den Beratungsprozess nicht einbezogen. – Und das ist die andere Qualität. Es waren die Fraktionen einbezogen, es waren die Träger einbezogen, es waren die Kommunen einbezogen. Deshalb hat dieses Gesetz eine solide Grundlage, die auch legitimiert ist.