Protocol of the Session on January 24, 2008

Richtig ist, dass man bei der Kraft-WärmeKopplung immer einen Anteil braucht, für den die Wärme vernünftigerweise eingesetzt werden kann. Dass wir so weit zurückliegen, liegt – das kann man ganz ehrlich sagen – vor allen Dingen im Ruhrgebiet daran, dass damals zeitgleich das Gas sehr stark nach vorne gebracht worden ist und ein Stück weit den Fernwärmeausbau verhindert hat, wenn man von den ganz großen Fernwärmeprogrammen absieht, die noch vor unserer Regierungsbeteiligung um das Jahr 1981 gemacht worden sind – Fernwärmeschiene Ruhr und Fernwärmeschiene Niederrhein.

Wir müssen aufholen. Es gibt immer wieder die Diskussion, dass wir im Rahmen der ganz konkreten Klimaschutzaktivitäten das eine oder andere in NRW nicht machen könnten. Aber wenn die Kraft-Wärme-Kopplung nicht die ideale Anwendung für Nordrhein-Westfalen mit den dichten Ballungs- und Siedlungsgebieten an der Ruhr, am Rhein – Köln, Düsseldorf und der ganze Raum – ist, weiß ich nicht, welches Programmprojekt wir bei uns am erfolgreichsten umsetzen sollen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Insofern muss es bei der Perspektive von weiter steigenden Preisen für Importe von Öl, aber auch von Gas – es gibt wahrscheinlich niemanden hier,

der glaubt, dass Gas perspektivisch billiger wird – natürlich sinnvoll sein, im Ruhrgebiet keinen Kranz von Kraftwerken zu haben, die immer zwei Drittel der Energie als Abwärme an die Umgebung abgeben, sondern, wo immer es geht, dezentral oder in Ergänzung der zentralen Strukturen die Wärme auszukoppeln und die Siedlungsgebiete damit zu versorgen.

Das Gleiche müsste eigentlich für alle Innenstädte gelten, ob es nun Münster, Paderborn, Krefeld oder andere sind. Auch in unseren Städten, in den Ballungskernen, in denen wir keine modernen Neubaugebiete, sondern einen alten Gebäudebestand haben, müsste das auch sinnvoll sein.

Da müssen wir aufholen. Jedes seriöse Klimaschutzszenario enthält diesen Anreiz. Die bisherige gesetzliche Regelung, das bundesweit geltende KWK-Gesetz, verfehlt sein Ziel.

Der Ausbau der KWK ist ein Beispiel dafür, dass die freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie versagt hat. Das muss man einfach zur Kenntnis nehmen. Ebenso wie bei den Emissionen von Autos hat die Industrie ihre Zusagen nicht eingehalten. Bei der KWK hat es nicht geholfen. Also muss man ein Gesetz machen, das vernünftigerweise den Ausbau, den im Prinzip alle für richtig halten, zulässt.

Ich muss zugeben: Das jetzt vorliegende Gesetz ist etwas anders, als noch in Punkt 6 unseres Antrages geschildert. Der Antrag datiert vom August vergangenen Jahres. Damals habe ich geschrieben: katastrophaler Entwurf der Bundesregierung für ein neues KWK-Gesetz. – Nach einer erbitterten Debatte ist das Gesetz nachgebessert worden. Es ist nicht mehr so schlecht wie vorher. Trotzdem sind wir sehr skeptisch, ob man die Ausbauziele der Bundesregierung – nicht die Ausbauziele der Grünen – damit tatsächlich erreichen kann. Aber es ist ein Stück weit besser.

Damit komme ich wieder auf das Land NordrheinWestfalen zu sprechen, Frau Ministerin. Was dort in Verfolgung eines ambitionierten Ziels beim Ausbau der KWK passieren soll, ist für mich auch in Ansätzen noch nicht nachvollziehbar. Ich höre immer die Ansage: Bei uns in NordrheinWestfalen kommen wir mit den regenerativen Energien nicht voran; denn der Wind bläst nur am Meer, und die Sonne scheint hier nicht sehr oft. Die KWK ist der Bereich par excellence, in dem Sie Schritte aufzeigen müssten, wie wir uns unseren Anteil holen können.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Die Bundesregierung spricht sich für den Ausbau der KWK auf 25 % – das wird über ein KWKGesetz finanziert – und den Ausbau des Anteils der erneuerbaren Energien auf mehr als 27 % aus, und Nordrhein-Westfalen finanziert überall die bundesweite Umlage. Wir holen aber nicht 20 %, was dem Anteil unserer Bevölkerung entspricht, sondern wir liegen dann bei 10 oder 12 % und finanzieren aus Mitteln, die aus der Umlage auf die Kilowattstunde bei uns generiert werden, den Ausbau dieser Bereiche in allen übrigen Bundesländern. Das kann keine Perspektive für Nordrhein-Westfalen sein. Eine solche Strategie darf keine Landesregierung verfolgen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn wir in einzelnen Punkten Schwächen hätten, müssten wir in anderen Bereichen, in denen wir Stärken aufzuweisen haben, umso ambitionierter sein. Unsere dichte Besiedlungsstruktur ist eine Stärke. Das, was bisher an Aktivitäten bekannt geworden ist, passt nicht dazu. Wir müssen weitergehen und versuchen, das engagierter umzusetzen, als die Bundesregierung es tut. Auch hier vermissen wir Aktivitäten der Regierung. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Als nächster Redner hat der Kollege Grunendahl für die Fraktion der CDU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Uns liegt heute erneut ein Antrag der Fraktion der Grünen vor, in dem der Ausbau der Kraft-Wärme-Koppelung gefordert wird. Herr Priggen, Sie wissen sehr genau, dass wir in der CDU KWK grundsätzlich für sinnvoll halten. Wir begrüßen den weiteren Ausbau. Darüber besteht zweifelsfrei großer Konsens zwischen allen Fraktionen im Hause. Das haben wir im Ausschuss besprochen.

Im Prinzip spricht viel für Kraft-Wärme-Koppelung. Der Wirkungsgrad kann im Vergleich zu anderen Anlagen, die Energie produzieren, sehr hoch sein. Sie ist deshalb in der Tat sehr gut geeignet, Klima und Ressourcen zu schonen. Im Kreis Steinfurt zum Beispiel, aus dem ich komme, heizen wir unser Kreishaus auf diese Weise. Die KWK-Anlage steht in unmittelbarer Nähe des Kreishauses. Das muss auch so sein; alles andere wäre wenig sinnvoll.

KWK ermöglicht einen hohen Ausnutzungsgrad, den wir in Nordrhein-Westfalen nicht flächende

ckend nutzen können. Der Bedarf an Wärme ist im ganzen Land das gesamte Jahr über nicht gleich verteilt und gleich groß. Wir können solche Anlagen nicht in allen Wohngebieten wirtschaftlich betreiben. Denn im Umkreis eines Kraftwerks muss es genügend Abnehmer von Wärme geben.

Es ist schlimm, dass Sie in Ihrem Antrag schon den Bau von Fernwärmeleitungen fordern und, um ihn zu finanzieren, den Verbrauchern einen höheren Preis für den Kauf ihrer Energie diktieren wollen. Das wollen wir für Nordrhein-Westfalen nicht. Die Entscheidung über den Aufbau von KWK-Anlagen ist eine unternehmerische Entscheidung, die von privaten Investoren getroffen werden muss. Die Anlagen sollen nur dort gebaut werden, wo Bedarf besteht. Deshalb wollen wir nicht festlegen, wo, wann und in welcher Anzahl Anlagen gebaut werden müssen. Diese Entscheidung wollen wir Privaten überlassen.

Sie glauben, alles regeln und den Leuten alles vorschreiben zu müssen. Wir wollen nicht, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher in unserem Land noch höhere Strompreise bezahlen müssen, nur um diese Forderung zu finanzieren. Für uns bedeutet sinnvolle Energiepolitik mehr als nur Klimaschutz. Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und soziale Verträglichkeit gehören aus unserer Sicht ebenso dazu. Auf eine preiswerte Erzeugung von Strom kann deshalb nicht verzichtet werden. Wir wollen nicht, dass Strom immer teurer wird.

Um das Klima zu schützen, wollen wir vor allem erreichen, dass Energie in NRW eingespart und effizienter eingesetzt wird. Das hat Herr Kollege Fehring hier soeben deutlich gemacht.

Des Weiteren wollen wir, dass bei uns erneuerbare Energien entwickelt werden und dass die Anlagen zu deren Nutzung auch hier in NordrheinWestfalen gebaut werden.

Meine Damen und Herren, warum haben die Grünen während ihrer Regierungszeit auf dem Gebiet der KWK eigentlich so wenig getan? Herr Priggen hat das soeben zu begründen versucht. Aber dennoch, Herr Priggen, steht die Frage im Raum: Warum haben Sie so wenig getan? Warum haben die Grünen während ihrer Regierungszeit nicht mehr für Erdwärme geworben? Warum ist auf dem Gebiet der Biomasse in Nordrhein-Westfalen so wenig passiert? Stattdessen ist ein Großteil Ihrer Energie ausschließlich in die Förderung der Windkraft geflossen. Ich kann nur sagen: Frau Höhn lässt grüßen.

Die Weiterführung der klimapolitischen Diskussion wird hier in Nordrhein-Westfalen und in Deutsch

land sicherlich eine Daueraufgabe bleiben. Ich fordere Sie auf, den Antrag, den die Bündnisgrünen vorgelegt haben, gemeinsam mit uns abzulehnen. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Grunendahl. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege Leuchtenberg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Priggen, Kraft-Wärme-Kopplung ist kein Selbstläufer, und Hemmnisse müssen abgebaut werden. Die Netze müssen erneuert und ausgebaut werden, und die vorhandenen Potenziale müssen deutlich mehr und besser genutzt werden als heute.

Ihr Antrag ist gut, Ihr Antrag war gut. Aber aus unserer Sicht ist der Antrag überholt. Deshalb werden wir diesem Antrag heute in dieser Form nicht zustimmen können. Der gerade von Ihnen kritisierte Entwurf von Herrn Glos ist mittlerweile in entscheidenden Punkten verbessert worden. Die wegweisenden Beschlüsse auf dem SPD-Bundesparteitag zu mehr Wettbewerb und Stärkung der Kraft-Wärme-Kopplung können jetzt umgesetzt werden. Das Ziel, 25 % KWK-Strom zu erreichen, ist das erste Ziel der 29 in Meseberg vereinbarten Maßnahmen.

Kraft-Wärme-Kopplung besitzt gerade in der Bevölkerung eine hohe Akzeptanz, da es sich um fertige Wärme handelt. Der Nutzer selbst muss keine Technik betreiben und vorhalten und hat somit auch keine weiteren Kosten für Heizungswartung und Schornstein.

Der am 4. Januar 2008 vorgelegte Entwurf des KWK-Ausbaugesetzes der Bundesregierung trifft überall auf große Zustimmung. Die Eckpunkte dieses Entwurfs sind ein Jahresbudget von 750 Millionen €, von denen 600 Millionen € KWKUmlage für die Anlagenbetreiber vorgesehen sind, 150 Millionen € zum Netzausbau. Erstmals seit 1982 sind wieder Investitionszuschüsse von bis zu 20 % in einem Bundesprogramm zu finden. Die Mittel, die für den Netzausbau bereitgestellt werden, reichen aus, um ca. 30 größere Netzinvestitionen zu finanzieren.

An einigen Punkten könnte man darüber nachdenken, ob Optimierungen noch sinnvoll sind. Ich nenne die Übertragbarkeit der Mittel von einem aufs jeweils kommende Jahr, längere Fristen zur Umsetzung des Programms, um Preisaufschläge,

die wir heute schon feststellen können, bei Lieferanten zu begrenzen, Einbindung von Industriebetrieben, aber auch die Vorrangregelung für KWKStrom, wie wir sie beim EEG-Strom finden.

Entscheidend werden aber kommunale Energiekonzepte zum Erreichen des Ziels sein. Die Erfolgsfaktoren für Kraft-Wärme-Kopplung liegen vor Ort. Hier sind der Wille zur Umsetzung, das langfristige Auslegen, eine vereinfachte Rechtslage, Berücksichtigung bei Konzessionsverträgen und vorzeigbare Leuchtturmprojekte zu nennen. Entscheidend für den Erfolg von Nahwärme, Fernwärme und Kraft-Wärme-Kopplung sind nicht komplizierte Planverfahren, sondern der politische Entscheidungswille vor Ort.

Wie eingangs bereits erwähnt, werden wir dem Antrag nicht zustimmen können, sondern uns enthalten. Die Forderungen sind in Ordnung, der Antrag ist aus unserer Sicht jedoch überholt, weil der Gesetzentwurf der Bundesregierung seit einigen Tagen vorliegt. – Danke schön.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Leuchtenberg. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP Kollege Brockes das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben vorhin über Energieeffizienz gesprochen. Dazu gehört im Kraftwerksbereich allerdings nicht nur der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung. Eine Steigerung des Wirkungsgrads und somit der Energieeffizienz lässt sich auch dadurch erzielen, dass alte durch hochmoderne Kohlekraftwerke ersetzt werden. Ob man sich letztlich für KWK-Anlagen oder reine Kondensationskraftwerke entscheidet bzw. wie viel Wärme tatsächlich ausgekoppelt werden soll, sollte nicht die Politik entscheiden, sondern in erster Linie die Investoren vor Ort. Immerhin tragen sie in einem liberalisierten Markt, in dem es keine Abnahmegarantie gibt, auch das unternehmerische Risiko.

Die Vorteilhaftigkeit einer Auskopplung von Wärme hängt von verschiedenen Faktoren ab, die ich hier schon mehrfach angeführt habe. Wir haben in den allermeisten Fällen eine flächendeckende Wärmeversorgung, gegen die sich die ausgekoppelte Wärme durchsetzen muss. Hier ist beispielsweise von der Gaswirtschaft sehr viel privates Kapital in den Netzausbau investiert worden, das Sie mit Ihren Forderungen entwerten würden.

Herr Kollege Priggen, Sie sind immer sehr schnell beim Ordnungsrecht, ohne dass Sie auch nur ansatzweise die Konsequenzen für die Wirtschaft und die Bürger dieses Landes berücksichtigen. Verantwortungsvolle Politik für NordrheinWestfalen sieht anders aus. Wir tragen in unserem Land auch Verantwortung gegenüber den Arbeitnehmern und ihren Jobs.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Ihre Energiepolitik dagegen ist einseitig auf den Aspekt der Umweltverträglichkeit ausgerichtet. Dass Energie bezahlbar und jederzeit vorhanden sein sollte, findet in Ihrer Argumentation nicht statt. Wir sollten uns auch einmal darüber unterhalten, welche staatlich verordneten Belastungen wir unseren Bürgern überhaupt noch zumuten können.

Ich glaube Ihnen sogar, dass Ihre Klientel die finanziellen Auswirkungen Ihrer Politik durchaus verkraften könnte. Aber, hören Sie sich zum Beispiel auch einmal bei den Sozialdemokraten um! Fragen Sie mal bei Opel oder Ford nach, wie deren Kunden reagieren, wenn sie zukünftig für einen Neuwagen aufgrund der von der EU festgesetzten Untergrenze von 130 g/km rund 1.500 € mehr bezahlen müssen! Um Effizienzsteigerungen zu erreichen, muss man erst einmal richtig viel Geld in die Hand nehmen, das aber nicht jeder hat. Genau diesen Aspekt und die Konsequenzen dürfen wir nicht aus den Augen verlieren. Deshalb müssen wir stets mit Augenmaß agieren.

Zum Schluss meiner Ausführungen kann ich mir eine Bemerkung nicht verkneifen, Herr Kollege Priggen. Sie verweisen bei Ihrer Forderung nach dem Ausbau von KWK in den beiden Anträgen „Klimaschutz konkret“ auf den hohen Anteil ausgekoppelter Wärme in Schweden, Finnland und den Niederlanden. Ich stimme Ihnen zu, dass diese Länder allesamt eine verantwortungsvolle und weitsichtige Energie- und Klimapolitik betreiben. Sie haben Vorbildcharakter für uns.

Nehmen wir Schweden: Schweden hat sich innerlich schon vom Kernenergieausstieg verabschiedet und lässt seine Reaktoren auf unbestimmte Zeit weiterlaufen. Finnland und die Niederlande bauen und planen neue Kernkraftwerke.

(Uwe Leuchtenberg [SPD]: Das wird auch durch Wiederholen nicht besser!)

Insofern sollten wir dem Vorbild der drei genannten Länder folgen. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Thoben das Wort.