Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Dr. Boos das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim Lesen des Antrags habe ich mich fast wie zu Weihnachten gefühlt, obwohl es ja noch fünf Tage bis dahin sind. Sie wissen schon: Es ist Heiligabend, man sitzt zusammen mit der Familie, freut sich auf entspannte Weihnachten, und dann kommt die Bescherung.
Wie eine schöne Bescherung ist nämlich auch dieser Antrag, und das – um es vorwegzunehmen – gleich in beiderlei Wortbedeutungen.
Ja, Teilzeitausbildungsangebote sind wichtig und eine große Hilfe für Menschen, die entweder kleine Kinder oder pflegebedürftige Angehörige haben. Sie sind ein sinnvolles Angebot, um Menschen ihren persönlichen Weg zwischen Beruf und Familie zu ermöglichen, manchmal auch, um die Entscheidung junger Menschen für Kinder zu erleichtern, weil dies nicht automatisch eine Entscheidung gegen den Beruf sein muss.
Das ändert aber nichts daran, dass dieser Antrag eben auch in anderer Hinsicht eine, wie man so sagt, „schöne Bescherung“ ist.
Der Antrag ist ein Papiertiger mit Zähnen, die nicht wirklich scharf sind. Das gilt nicht nur für seine Inhalte. Selbst in der Wortwahl findet sich das wieder.
Wenn ich Sie kurz bitten darf, einen Blick auf den Forderungskatalog des Antrages zu werfen, dürfte dies deutlich werden: Teilzeitausbildungsangebote sollen „vorangetrieben“ werden, sie sollen „beworben“ werden, junge Mütter und Väter sollen „informiert“ werden. – Jede einzelne der Forderungen bleibt total an der Oberfläche, nichts wird bewegt, es handelt sich lediglich um Willensbekundungen, die keinerlei Durchschlagskraft haben.
Selbst diese nett gemeinten, aber inhaltsschwachen Vorsätze kommen reichlich spät. Seit Januar 2005 wird die Möglichkeit von Teilzeitausbildungen im Berufsbildungsreformgesetz gegeben. Es gibt seit 2002 in Recklinghausen ein Modellprojekt namens BEAT. Es gibt das Netzwerk – Frau Freimuth hat es gerade erwähnt –, das landesweit und auch über die Ländergrenzen hinaus arbeitet. Seit Mai 2005 gibt es auch ein Handbuch über Teilzeitausbildungsmöglichkeiten. Alles steht drin. Alles ist vorbereitet.
Seit 2005 regiert aber auch Schwarz-Gelb hier im Land. Jetzt ist fast das Jahr 2008 angebrochen. Und jetzt wollen Sie vorsichtig anfangen, dieses Angebot bekannt zu machen? – Das ist zu wenig, und das ist zu spät.
Wirklich verwunderlich finde ich im Übrigen den Schlenker, der in den Forderungen zum KiBiz gemacht wird. Junge Mütter und Väter in Teilzeitausbildungen sollen durch das KiBiZ eine ihren Bedürfnissen angepasste Kinderbetreuung erhalten können. Da muss man sich einmal vor Augen führen, was hier geschieht. Zunächst wälzt die
Landesregierung Kosten und Verantwortung im Bereich der Kinderbetreuung auf die Kommunen ab. Und jetzt soll über diesen Umweg offenbar wieder Einfluss genommen werden? Da fragt man sich schon, was Sie eigentlich wollen.
Ähnliches gilt für den Verweis auf die Familienzentren. Sie sollen sich in Zukunft auch noch um die Vereinbarkeit von dualer Ausbildung und Familie kümmern. Die Familienzentren haben bereits bis jetzt einen großen Katalog an Aufgaben bekommen. Ich möchte nur auf die niedrigschwelligen Beratungen und die Angebote zur Erziehungshilfe hinweisen.
Genau. Es sind nur 12.000 €, die dafür jährlich ausgegeben werden. Das passt nicht zusammen. Ich meine: Beratungsangebote, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betreffen, wären besser bei den Regionalstellen „Frau und Beruf“ aufgehoben gewesen. Aber die Regionalstellen wurden durch die Landesregierung ja kaputt gespart.
Alles in allem erscheint dieser Antrag wie das Feigenblatt der unsozialen Politik, die Sie ansonsten wesentlich konkreter in die Tat umsetzen. Das ist nun wirklich keine schöne weihnachtliche Bescherung.
Es bleibt dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn es Ihnen wirklich um die Sache ginge, Teilzeitausbildungsangebote ernsthaft weiter voranzubringen, müssten Sie schon deutlich konkreter werden und Ihre Forderungen unterfüttern.
Die Fraktion der SPD steht seit langer Zeit zur Teilzeitausbildung und deren Angeboten. Das ist für uns selbstverständlich. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Boos. – Als nächste Rednerin hat die Kollegin Asch für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig: Teilzeitberufsausbildung ist ein wichtiges Instrument, um jungen Eltern die Möglichkeit einer Berufsausbildung zu geben. Ja, es ist richtig: Es ist ein Instrument, um das Armutsrisiko von jungen Eltern zu verringern, weil das ihre Chancen erhöht, am Erwerbsleben teilzuhaben. Es ist auch richtig, dass
Es ist aber auch richtig, dass uns dieser Antrag der Regierungskoalition diesem Ziel keinen Schritt näher bringt, weil – wir haben es eben schon gehört; ich kann das nur bestätigen – dieser Antrag vollkommen abstrakt und folgenlos bleibt. Er bleibt es deshalb, weil es keine Struktur gibt, mit der Sie Ihre Forderung unterfüttern können, weil es keine Struktur gibt, mithilfe derer man diese berechtigten Forderungen umsetzt.
Es ist noch schlimmer: Die Strukturen, die RotGrün mit den Regionalstellen „Frau und Beruf“ geschaffen hat, die dafür da waren, diese Beratungsleistungen anzubieten und vorzuhalten, haben Sie, die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion, zerschlagen, indem Sie im Haushalt 2006 die Regionalstellen „Frau und Beruf“ kaputt gemacht haben. Sie waren es, die die Projekte „Regionen Stärken Frauen“, die sehr erfolgreich gearbeitet haben, kaputt gespart haben.
So. Das heißt: Das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, bleibt substanzlos. Sie fordern, dass sich eine Instanz bei Unternehmen, bei der Wirtschaftsförderung, bei den Arbeitsämtern und in den Kommunen für junge Eltern, für Frauen einsetzt, die eine Lösung für ihre persönliche Situation brauchen. Diese Struktur haben Sie kaputt gemacht.
Ihre Forderungen in dem Antrag sind nur schöne Absichtserklärungen. Und wenn Sie gleichzeitig die Strukturen, die das ermöglichen, zerschlagen, dann ist das kurzsichtige und wirre Politik und reine Schaumschlägerei, die Sie mit diesem Antrag veranstalten.
Genauso verhält es sich mit Ihrer Forderung, im Rahmen des KiBiZ darauf hinzuwirken, dass junge Mütter und Väter in Teilzeitberufsausbildung 35 oder 45 Stunden Betreuungszeit bekommen. Ja, meine Damen und Herren, die Tatsache, dass Sie diese Forderung jetzt in einem Antrag formulieren müssen, bestätigt das, was wir als Grüne und die SPD-Fraktion immer gesagt und als Kritik am KiBiZ geäußert haben, dass nämlich das KiBiZ genau diese Bedarfsgerechtigkeit für Eltern nicht herstellt, dass das KiBiZ nicht in der Lage ist, jungen Eltern genau die Betreuungsmöglichkeit zur Verfügung zu stellen, die sie brauchen. Wenn das anders wäre, müssten Sie die Forderung jetzt nicht noch einmal erheben.
Mit diesem Gesetz – das sehen wir nun – wird es für die Eltern nicht besser. Im Gegenteil: Durch die Kontingentierung, die Sie immer noch abstreiten, die aber gegeben ist, wird keinesfalls sicher
gestellt, dass den Eltern Ganztagsplätze dem Bedarf entsprechend zur Verfügung stehen, sondern mit dem KiBiz wird, wie wir alle wissen, durch die 25-%-Kontingentierung Planwirtschaft eingeführt.
Ich möchte Sie bitten, sich darum zu kümmern, was im Moment in den Kommunen los ist. Die müssen jetzt die kommunale Jugendhilfeplanung für das nächste Kindergartenjahr vornehmen. Diese Planung wird mitnichten auf Grundlage einer Bedarfsabfrage bei den Eltern vorgenommen. Einige Kommunen machen das. Aber in der Regel wird es so sein, dass es überhaupt keine Bedarfabfrage gibt, dass die Eltern nicht gefragt werden, sondern dass am grünen Tisch entschieden wird, wie viele Plätze in den einzelnen Gruppenformen und bei welchen Betreuungszeiten vorgehalten werden.
Man kann es den Kommunen nicht einmal vorwerfen. Es ist noch nicht einmal Ignoranz, die sie dazu führt, sondern es ist die schlichte Notwendigkeit, ihre Versorgungsstruktur aufrechtzuerhalten. Es ist die schlichte Notwendigkeit, die Einrichtung am Leben zu erhalten. Welche Verwerfungen wir da haben, welche Probleme es gibt, das wissen wir aus den Ankündigungen, die wir in der letzten Sitzung des AGFI diskutiert haben, nämlich denen der katholischen Kirche, die sehr deutlich sagt: Unter diesen nicht abgesicherten Bedingungen kann man im Grunde die Arbeit nicht fortführen, sondern muss gegebenenfalls dem Personal vorsorglich kündigen.
Meine Damen und Herren, ich bin auch gespannt, wie der Minister gleich in seinem Beitrag auf die Aufgabe eingehen wird, die ihm in Ihrem Antrag aufgetragen wird. Danach soll er dafür Sorge tragen, dass die Kommunen den jungen Leuten in Teilzeitausbildung Ganztagsplätze zur Verfügung stellen. Das fordern Sie von der Landesregierung. Was soll er denn machen? Soll er die Kommunen anweisen? Soll er eine Richtlinie verfassen? Er kommt auch mit seiner Verfahrensrichtlinie, die dringend notwendig ist, um das Gesetz umzusetzen, noch nicht zu Potte.
Sie formulieren hier unkonkrete, substanzlose und folgenlose Aufforderungen. Ich kann Ihnen nur einen Tipp geben: Lassen Sie solche Schauanträge. Das ist nur peinlich.
Heben Sie sich diese Forderung für die Revision des KiBiz auf. Dort ist sie an der richtigen Stelle; denn eines ist sicher: Die Revision des KiBiz wird kommen. Wie wir anhand Ihres Antrags heute sehen, wird sie auch bitter nötig sein. – Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Asch. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Laschet das Wort.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die bisherigen Debattenbeiträge haben gezeigt, dass es viel Sympathie für den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP gibt. Auch ich bin der Überzeugung, dass dieser Antrag auf dem Weg hin zu mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit in Nordrhein-Westfalen hilfreich ist. Dafür gibt es zwei Gründe:
Erstens. Eine Berufsausbildung, die in Teilzeit absolviert werden kann, unterstützt junge Eltern darin, ihre Ausbildung durchzuhalten und zu Ende zu bringen. Während der Lehre haben wir nur 20 bis 30 Stunden pro Woche im Betrieb oder im Berufskolleg vorgesehen. Dafür verlängert sich die Ausbildungszeit um bis zu neun Monate.
Eine Teilzeitberufsausbildung erleichtert den sehr anstrengenden Spagat zwischen den Anforderungen, die eine Ausbildung an junge Menschen stellt, und den Verpflichtungen und Wünschen, die sie als junge Eltern haben. Überdies bietet dieses innovative Ausbildungsangebot jungen Eltern – vor allem Alleinerziehenden – eine Berufsperspektive und damit die Möglichkeit, auf Dauer finanziell auf eigenen Füßen zu stehen.
Zweitens. Der Weg einer Teilzeitausbildung bietet auch der Wirtschaft und der Gesellschaft insgesamt zusätzliche Chancen. Wir sind angesichts des demografischen Wandels darauf angewiesen, alle Potenziale zu nutzen und möglichst allen jungen Frauen und Männern eine gute Qualifikation zu geben.
Wir hatten heute Morgen eine Ausbildungsdebatte. Wer sich die Perspektive der nächsten vier Jahre anschaut, wird einen zunehmenden Bedarf nach Teilzeitausbildung erkennen.
Die bereits bestehenden Möglichkeiten zur Teilzeitberufsausbildung werden aber noch zu wenig genutzt. Darum soll der Antrag helfen, bestehende Informationslücken zu schließen und auch bei den Betrieben mehr Bereitschaft für entsprechende Angebote zu wecken.
Die Landesregierung wird in dem Antrag aufgefordert, ihre Möglichkeiten als Ausbilder dahingehend zu nutzen, mehr Ausbildungsangebote in Teilzeit zu eröffnen. Wir greifen diese Initiative sehr gerne auf und werden unsere Ausbildungsangebote entsprechend gestalten. Im Rahmen der im Landesdienst vorhandenen Ausbildungsmög
Ich füge hinzu, wir werden das auch für Auszubildende anbieten, die Pflegeverpflichtungen haben. Das ist ein Aspekt, der in der Debatte über die Vereinbarkeit nicht so häufig in den Blick gerückt wird. Auch das ist aber eine Antwort auf die demografische Entwicklung in unserer Gesellschaft. Wir haben zunehmend Beschäftigte mit hochbetagten Eltern, die in eine Teilzeittätigkeit wechseln. Das muss für die Ausbildung gleichermaßen gelten.
Wir unterstützen auch nachdrücklich die Forderung des Antrags, mehr und verbesserte Informationen an die Wirtschaft zu geben. Wir werden das Thema darum als Sonderthema in den Ausbildungskonsens Nordrhein-Westfalen einbringen – so ist es mit dem Kollegen Laumann verabredet –, um mit allen Partnern entsprechende Initiativen zu vereinbaren. Wir setzen dabei auch auf die Wirtschaftskammern, die interessierte Mütter und Väter sowie Betriebe ohnehin regelmäßig über die Möglichkeiten des § 8 des Berufsbildungsgesetzes informieren und dabei verstärkt auf die Teilzeitmöglichkeiten hinweisen können.
Interessant ist beispielsweise, dass die in Nordrhein-Westfalen ansässige Telekom bereits mit großem Erfolg Teilzeitausbildungen anbietet und sich sogar vorgenommen hat, von der Ausnahme zur Regel zu kommen und ihr Angebot bundesweit auszudehnen.
Mit dem Kinderbildungsgesetz, das der Landtag am 25. Oktober beschlossen hat, lösen wir eine zentrale Forderung des Antrags ein, jungen Müttern und Vätern in einer Teilzeitberufsausbildung dann auch maßgeschneiderte Betreuungsmöglichkeiten anzubieten. Das neue KiBiz wird mehr Ganztagsplätze bieten, wird den Stundenumfang von 35 …