lem, wie groß der Berg der Altbewerber gerade in Nordrhein-Westfalen ist und dass es dafür überhaupt keine Lösung vonseiten der Landregierung gibt?
Der Verdienst, der heute hier gelobt werden muss – das hat der Kollege Schmeltzer eben schon getan –, ist auch der Verdienst des Handwerks. Das Handwerk verzeichnet ganz erhebliche Steigerungen im Ausbildungsbereich. Das Handwerk hat den konjunkturellen Aufschwung genutzt und Ausbildungsplätze geschaffen. Es ist der Verdienst vieler Unternehmen, die die Augen geöffnet haben und den Fachkräftemangel ernst nehmen.
In manchen Regionen ist es ein massives Verdienst der Kommune, die sich dahintergeklemmt hat. Gelsenkirchen verzeichnet beispielsweise einen Zuwachs von 32,7 %. Für eine Kommune, der es in vielen Bereichen wirklich schlecht geht und die viele Probleme hat, ist es eine wahnsinnige Leistung, eine solche Steigerung hinzubekommen.
(Beifall von GRÜNEN und SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Guter Oberbürgermeister! Er hat gute Arbeit gemacht!)
Es ist allerdings nicht das Verdienst der Landesregierung. Die Landesregierung bejubelt vielmehr eine Verbesserung, zu der sie den geringsten Beitrag geleistet hat.
(Beifall von GRÜNEN und SPD – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Allerdings! – Gegenruf von Minister Karl-Josef Laumann: Ist doch gar nicht wahr!)
Dann lassen Sie uns doch mal schauen, welche Aufgabe Ihnen gestellt worden ist. Sie stellen sich nämlich hier hin und sagen: Alles super!
Wir verzeichnen in diesem Jahr die fast höchste Zahl an Schulabgängern und Schulabgängerinnen. Nur die Zahl des nächsten Jahres wird um rund 500 getoppt; wir haben heute etwa 221.100. Wir haben einen riesigen Berg an Altbewerbern, die auf den Markt zurückdrängen; es sind 85.000, die oben draufkommen.
Das heißt: Da man doch weiß, dass wir in diesem Bundesland einen riesigen Berg zu bewältigen haben und im letzten Jahr eine schlechte Ausgangslage hatten – im letzten Jahr war die Zahl der Ausbildungsplätze immer noch rückläufig –, muss man doch erheblich mehr leisten und darf hier nicht einfach sagen, dass man einen guten Zugewinn hat und dass das reicht. Schließlich kommen wir von einem schlechten Plateau.
Wir hätten noch mehr Anstrengungen unternehmen müssen, damit erstens der Berg der Altbewerber abnimmt – er nimmt immer noch nicht ab; er nimmt zwar nur noch wenig zu, aber er nimmt zu – und damit wir zweitens auch der riesigen Zahl von Ausbildungsabgängern gerecht werden.
Insofern darf man sich hier nicht einfach hinzustellen und sagen, dass wir eine höhere Zahl als 1999/2000 haben. Ja, die Zahl ist höher. Allerdings waren damals die Zahl der Schulabgänger und die Zahl der Altbewerber kleiner. Von daher haben Sie mehr leisten müssen, aber im Verhältnis dazu haben Sie zu wenig geleistet und zu viel gefeiert.
Der zweite Punkt ist: Sie schieben auch in diesem Jahr mehr Jugendliche in die Warteschleifen an Berufskollegs; diese Jugendlichen gehören da nicht hin. Natürlich gibt es Jugendliche, die in die Kollegs, in die Berufsschulen hineingehören. Wir haben aber auch Jugendliche, für die das der falsche Weg ist und für die das lediglich der nächste Schritt in die Gruppe der Altbewerberinnen und Altbewerber sein wird.
Also, man muss die Zahlen ins Verhältnis setzen. Das haben Sie nicht getan. Sie haben sie weder ins Verhältnis zu den negativen Zahlen im Vorjahr gesetzt noch haben Sie sie ins Verhältnis zu den Bewerberzahlen gesetzt. Von daher feiern Sie hier, ohne dass es dafür einen Anlass gibt.
Es gibt einen weiteren Bereich, in dem zu wenige Anstrengungen und Bemühungen unternommen werden. Damit komme ich zu den Schulabschlüssen. Sie haben Nordrhein-Westfalen in einem Top-of-the-List-Zustand übernommen.
Nordrhein-Westfalen stand auf der Liste der Bundesländer bei der Zahl mit den wenigsten Abgängern ohne Schulabschluss mit an der Spitze. Es gab nur ein Bundesland, das noch weniger Abgänger ohne Schulabschluss hatte. NordrheinWestfalen stand auf Platz zwei.
Wir sehen in dem Bereich eher die Tendenz, dass nicht mehr dagegen getan wird und dass gerade Jugendliche mit Migrationshintergrund an Hauptschulen massiv aussortiert werden
Hier wären bei der Bildungspolitik andere Maßnahmen und Angebote für die Jugendlichen notwendig. Wir wissen – wir diskutieren es eigentlich in allen Plenarrunden –, dass das dreigliedrige Schulsystem genau diese Jugendlichen rausschmeißt. Diesen Zustand unterstützen wir hier in Nordrhein-Westfalen ganz massiv, und so entfernen wir sie immer mehr vom Ausbildungsmarkt. Das ist der falsche Weg. Wir müssen hier in eine andere Richtung steuern. Auch dieser Aspekt muss in der Diskussion über die Ausbildungssituation in Nordrhein-Westfalen angesprochen werden.
Letzter Punkt. Sie gehen hin und sagen, Nordrhein-Westfalen sei Motor. Also, NordrheinWestfalen ist nicht Motor. Denn wir ziehen nicht andere Bundesländer in irgendwelchen Bereichen hinterher. Das Einzige, was Nordrhein-Westfalen mit seinen Zahlen macht, ist das statistische Lifting der Bundeszahlen – und nichts anderes. Und das geschieht auch nur auf der Grundlage, dass wir von einem schlechten Plateau her gekommen sind.
Also, beschreiben Sie sich nicht als Motor. Wir werden in den Plenartagen noch genug Anlass haben, darüber zu reden, wo Sie Motor sind; ich nenne beispielhaft die Themen Post-Mindestlohn, Pflegestützpunkte, Nichtraucherschutz. Sie sind nicht der Motor, sondern der Bremsklotz im Konzert der Bundesländer.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen über diese Frage ganz ruhig miteinander reden.
Als ich vor zweieinhalb Jahren Minister wurde, gab es in diesem Land 111.119 abgeschlossene Lehrverträge. Heute – Stand der Statistik: Ende November 2007 – gibt es in Nordrhein-Westfalen 132.000 abgeschlossene Lehrverträge.
(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Sie haben doch die Erläuterungen von Frau Steffens gerade gehört!)
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Stellen Sie sich einmal vor, wie viele es hätten sein können, wenn Sie aktiv geworden wären!)
Hier sitzen nur erwachsene Menschen, und der eine oder andere von uns hat in seinem Leben vielleicht auch einmal eine Lehrstelle bekommen.
Vielleicht können Sie sich noch daran erinnern, wie stolz Sie waren, als Sie Ihren ersten Lehrvertrag hatten, als Sie Ihren ersten Lehrlingslohn bekamen und wie Sie in dieser Situation Weihnachten gefeiert haben. Ich finde es einfach schön, dass es dieses Jahr an Weihnachten 132.000 junge Leute in Nordrhein-Westfalen gibt, die im ersten Lehrjahr sind.
Es ist wahr, dass uns dabei die gute Konjunktur geholfen hat. Wahr ist auch, dass viele Betriebe sehen, dass es weniger Fachkräfte geben wird, wenn sie jetzt nicht ausbilden. Sie merken jetzt im Aufschwung, wie schlimm es ist, dass sie nicht so wachsen können, wie sie es eigentlich wollen, da ihnen das Personal dafür fehlt. All das hilft uns natürlich dabei, dass mehr Lehrlinge eingestellt werden.
Deswegen sage ich in aller Ruhe, dass das nordrhein-westfälische Handwerk mit 5.426 Lehrstellen – ein Plus von 17,5 % – eine tolle Arbeit gemacht hat.
Deswegen sage ich als Arbeitsminister stellvertretend für die vielen jungen Leute, dass ich allen Meisterinnen und Meistern im Land dankbar bin, die in diesem Jahr einen Lehrling eingestellt haben.
Zweitens haben wir bei der Industrie- und Handelskammer ein Plus von 10.000 Ausbildungsverträgen – ein Plus von 14,6 % –, bei den freien Berufen ein Plus von 9,2 % und auch in der Landwirtschaft ein deutliches Plus zu verzeichnen. All das ist doch eine schöne Sache; denn mit allen
staatlichen Angeboten können wir keine normale Lehrstelle nachzeichnen, weil sie das Beste ist, was wir im dualen System haben.
Ich finde, es ist schon eine Aktuelle Stunde wert, den Landtag und damit auch die Oppositionsfraktionen an dieser Freude teilhaben zu lassen. Das ist eine richtig gute, weihnachtliche Botschaft.