Protocol of the Session on December 7, 2007

Meine Damen und Herren, gerade auf die Bedürfnisse der betroffenen Gebietskörperschaften vor Ort kommt es an. Sie haben bereits in der Vergangenheit die verschiedensten Formen der interkommunalen Zusammenarbeit genutzt und praktiziert. Jetzt ist es an der Zeit, mit der Städteregion Aachen diese Formen der interkommunalen Zusammenarbeit in institutionalisierter Form abzubilden.

Was die Aufgaben der Städteregion angeht, bedeutet dies den Übergang von mehr als 40 Aufgabenbereichen, die zukünftig von der Städteregion auch für das Gebiet der Stadt Aachen wahrgenommen werden.

Dazu zählen beispielsweise der öffentliche Gesundheitsdienst, das Veterinärwesen oder die

Ausländerbehörde, die zukünftig auf die Städteregion übertragen werden. Die Akteure vor Ort schließen öffentlich-rechtliche Vereinbarungen, die der Gesetzgeber als Anlage zum Gesetz bestätigt. Im Gegenzug haben die Bürger der Stadt Aachen genau wie die Bürger der übrigen regionsangehörigen Gemeinden das Recht, den Städteregionsrat und den Städteregionstag zu wählen.

Die Wahlvorbereitungen zur ersten Wahl zum Städteregionstag benötigen einen gewissen Vorlauf, den wir so kurz wie möglich gehalten haben. Denn auch mit den im Gesetzentwurf vorgesehenen kurzen Fristen muss das Gesetz möglichst zum April 2008 verabschiedet sein. Nur so sind ordnungsgemäße Wahlen und ihre Vorbereitung sichergestellt.

Besondere Bedeutung kommt den Finanzen zu. Grundsätzlich soll die Bildung der Städteregion Aachen im kommunalen Finanzausgleich mit dem Ziel der Finanzneutralität berücksichtigt werden. Das heißt, die Städteregion Aachen erhält dauerhaft nicht mehr und nicht weniger Schlüsselzuweisungen als der Kreis Aachen ohne die Stadt Aachen. Das haben die Vertreter der Städteregion sowie die kommunalen Spitzenverbände, allen voran der Landkreistag, ausdrücklich so gebilligt.

Gerade für die Kreise in Nordrhein-Westfalen soll sich durch die Bildung der Städteregion bei den Schlüsselzuweisungen nichts ändern. Die Städteregion soll für ihren Mut zur Veränderung allerdings auch keinem vermeidbaren finanziellen Risiko ausgesetzt sein.

(Zuruf von Manfred Kuhmichel [CDU])

Gleichwohl ist das Leben kein Wunschkonzert. Gerne hätte die Städteregion für ihr Gebiet die Regionalplanungskompetenz von der Bezirksregierung übernommen. Auch eine ausdrückliche Befugnis zum Aufstellen von Masterplänen war im Gespräch. Davon hat die Landesregierung aber abgesehen. Am Aufbau im Landesplanungsrecht soll nicht gerüttelt werden. Wir etablieren keine weitere Verwaltungsebene oberhalb der Kreisebene und unterhalb der Landschaftsverbände. Das widerspräche unseren Zielen einer einfachen und geordneten Verwaltungsstruktur.

Für die Städteregion Aachen gilt es jetzt, die auch in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit liegenden Potenziale zu heben. Das ist in erster Linie Aufgabe der handelnden Akteure vor Ort. Wir als Landesregierung wollen dabei behilflich sein. Deshalb haben wir den Gesetzentwurf zur Bildung der Städteregion Aachen vorgelegt. Nun muss der Gesetzgeber entscheiden.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Körfges das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Anbetracht der Tatsache, dass es hier um ein von weitestgehender Übereinstimmung getragenes Vorhaben geht, will ich mich auf einige wesentliche Anmerkungen beschränken.

Wir treten heute in die Beratung über das Gesetz zur Bildung der Städteregion Aachen ein. Diese Stadt, der Kreis und die dem Kreis angehörenden Gemeinden wollen politisch und verwaltungsorganisatorisch eine Einheit bilden.

Dieses sehr ehrgeizige Projekt entspricht dem ausdrücklichen Willen aller örtlichen Beteiligten. Es stellt aus unserer Sicht – das betone ich an dieser Stelle ganz ausdrücklich – einen Sonderfall in Nordrhein-Westfalen dar. Wir haben es hier nicht mit einem neuen Modell für Verwaltungsaufbau in Nordrhein-Westfalen zu tun. Vielmehr wird der besonderen Situation einer wichtigen Region im Dreiländereck Rechnung getragen. Das Ganze hat aus unserer Sicht eine sehr deutliche europäische und europarechtliche Dimension.

Gerade die vergleichbaren Entwicklungen in Belgien und in den Niederlanden und hier insbesondere in der Provinz Limburg machen aus unserer Sicht den Wunsch nach einer Bündelung und Profilierung der Region im Aachener Bereich nachvollziehbar. Wir als SPD-Landtagsfraktion verstehen und akzeptieren den Wunsch aller Beteiligten, sich dem Wettbewerb in dieser Region zu stellen, und wir sind uns sicher, dass das über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg genauso gesehen wird.

In diesem Zusammenhang will ich mir allerdings einen Hinweis darauf erlauben, dass in der Region gerade an führender Stelle Sozialdemokraten daran beteiligt waren, sich für eine Stärkung im europäischen Wettbewerb auszusprechen. Ich nenne insbesondere den Oberbürgermeister der Stadt Aachen, Herrn Jürgen Linden,

(Beifall von Horst Becker [GRÜNE])

aber auch den Fraktionsvorsitzenden der SPE im Europäischen Parlament, Martin Schulz, sowie unseren Kollegen Karl Schultheis. Ich glaube, man kann für alle Fraktionen sagen, dass sich diejenigen, die örtlich betroffen sind, ins Zeug gelegt haben, und dem muss man hier Respekt zollen. Ich erlaube mir die scherzhafte Anmerkung,

dass es unter Umständen für die Qualität des Ergebnisses spricht, dass es maßgeblich von unten nach oben getragen und nicht ausschließlich im Innenministerium vorbereitet wurde, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Heiterkeit und Zustimmung von der SPD)

Darüber hinaus halten auch wir es für überzeugend, dass nach Synergien gesucht wird. Die Frage, ob das auch in anderen Formen kommunaler Zusammenarbeit möglich gewesen wäre – Frau Ministerin hat einen Hinweis darauf gegeben –, ist aus unserer Sicht akademisch. Ich glaube, wir sollten hier weitestgehend dem Willen der beteiligten Gebietskörperschaften folgen. Wichtig sind die jetzt im Gesetz eindeutig vorgesehenen Festlegungen. Wir haben kein Sonderrecht geschaffen. Wir bewegen uns im Rahmen der Kreisordnung. Ich finde, das ist in Ordnung.

Des Weiteren gibt es die ausdrückliche Festlegung, dass wir uns im Bereich der Kommunalfinanzen auf gesichertem Terrain bewegen. Es gibt keine Auswirkungen nach innen oder außen bezogen auf den kommunalen Finanzausgleich. Ich finde, auch das war eine wichtige Voraussetzung, um große Einmütigkeit in der Angelegenheit zu schaffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, da wir alle diesem Vorhaben positiv gegenüberstehen, sollten wir uns im Rahmen der anstehenden Beratungen intensiv über die Auswirkungen informieren. Ich wünsche, dass es einen positiven Impuls für die gesamte Region gibt, und glaube, dass wir uns in großer Einmütigkeit auf die Beratungen im Ausschuss einrichten können. Ich wünsche dem weiteren Beratungsverlauf einen guten Weg. – Danke.

(Beifall von SPD, CDU und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Körfges. – Für die CDU-Fraktion spricht unser Kollege Einmahl.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Aachen-Gesetz liegt vor. Der Rahmen und die Inhalte sind geschrieben. In Analogie zu Neil Armstrong könnte man sagen: ein kleiner Schritt für Nordrhein-Westfalen, ein großer Schritt für die Aachener Region.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Die Bildung der Städteregion Aachen, deren gesetzliche Grundlage wir heute in erster Lesung beraten, ist für das Land Nordrhein-Westfalen von

untergeordneter Bedeutung. Für die fast 568.000 Menschen, die in den zehn Kommunen der zukünftigen Städteregion leben, ist die Städteregion jedoch ohne Alternative. Deshalb waren wir besonders hartnäckig in unserem Bestreben, die regionalen Verwaltungsstrukturen neu zu ordnen, was – das war uns immer klar – auch auf Skepsis stoßen würde.

Aachen unterscheidet sich von anderen Regionen in unserem Land. Dieser Satz ist nicht Ausfluss eines übersteigerten Patriotismus, sondern das Resultat eine Bestandsaufnahme. Wir haben andere Rahmenbedingungen und spezielle Probleme, aber auch besondere Potenziale. Und um diese Potenziale heben zu können, müssen wir uns besser aufstellen.

Die Bildung der Städteregion bedeutet keine Gleichmacherei, sondern folgt dem Prinzip „in pluribus unum“ – in der Vielfalt die Einheit –, und genau das bildet sich im Aachen-Gesetz ab. Der Idee und der Weg sind neu und bisher einmalig in Nordrhein-Westfalen: Eine kreisfreie Stadt und neun kreisangehörige Kommunen bilden eine Gebietskörperschaft, die unter Beibehaltung der Kreisfreiheit der Stadt Aachen eine kreisähnliche Zusammenarbeit anstrebt. Der Kreis Aachen wird aufgelöst und bringt alle seine bisherigen Aufgaben in die Städteregion ein, die als Rechtsnachfolgerin auftritt.

Die Stadt Aachen überträgt 43 Aufgaben. So wird die Städteregion örtlicher Träger der Sozialhilfe. Die Städteregion übernimmt die Schulaufsicht für Grund-, Haupt- und Sonderschulen. Die Gesundheitsämter werden zusammengelegt. Die Aufgaben des Chemischen- und Lebensmitteluntersuchungsamtes sowie die Veterinärüberwachung werden unter dem Dach der Städteregion zusammengefasst. Die Aufgaben der Ausländerbehörden gehen in die Zuständigkeit der Städteregion über. Adoptionsangelegenheiten werden zukünftig städteregional geregelt. Die Liste ließe sich weiter fortsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, warum machen wir die Städteregion? – Diese Frage wird uns nahezu täglich gestellt. Ich möchte Ihnen meine persönlichen Antworten hierauf geben.

Warum machen wir die Städteregion? – Weil wir, obwohl wir im Zentrum Europas liegen, nicht im Abseits enden wollen. Zwar liegt die Aachener Region im Herzen Europas und ist Knotenpunkt europäischer Verkehrsnetze, doch die politisch Verantwortlichen haben erkannt, dass die Zukunft der Region Aachen davon abhängt, dass die Zu

sammenarbeit verstärkt wird und dass wir einheitlich auftreten.

Unsere gemeinsamen Interessen bilden den Grundstein für unsere Zusammenarbeit. Sie finden gerade im Hinblick auf die Konkurrenz jenseits der Grenzen, wo es bereits größere Zusammenschlüsse wie die niederländische Parkstad Limburg und die deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens gibt, nur dann Beachtung, wenn wir den benachbarten Gebietskörperschaften auf gleicher Augenhöhe begegnen können. Auf diese Weise wird auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Regionen befördert, da die Chancen auf Zuschüsse der Europäischen Union, die zunehmend grenzüberschreitende Regionen und Projekte unterstützt, steigen.

Warum machen wir die Städteregion? – Weil wir sie bereits leben. Erste Erfahrungen auf dem Gebiet der Zusammenarbeit wurden bereits im Rahmen eines Zweckverbandes gemacht: durch die Zusammenlegung des Straßenverkehrsamtes, die Gründung eines Schulverbandes und die Fusion der Sparkassen von Stadt und Kreis Aachen.

Warum machen wir die Städteregion? – Weil wir Mehrwerte ohne Mehrkosten erzeugen können. Beispiel dafür sind die Familienkarte, mit der Familien Waren und Dienstleistungen in den beteiligten Unternehmen günstiger einkaufen können, sowie der Handwerkerparkausweis. So gibt es bei uns nicht mehr zehn verschiedene Parkausweise für Handwerker, sondern nur noch einen, der in der gesamten Städteregion gültig ist. Sie können versichert sein, dass das Handwerk eine derartige politische Hilfestellung begrüßt.

Warum machen wir die Städteregion? – Weil wir eine stringente und transparente Politik machen wollen. Die derzeitige Zersplitterung in 23 Kooperationsformen und diverse öffentlich-rechtliche Vereinbarungen bis hin zur gemeinsamen Müllentsorgungsgesellschaft soll beendet und alles unter einem Dach zusammengeführt werden. Das ist bürgerfreundlich, weil Strukturen vereinfacht werden.

Warum machen wir die Städteregion? Last but not least, weil wir effizienter werden wollen. Durch die Schaffung von Synergien werden Ressourcen geschont und Geld gespart. Bis zum Jahre 2009 sollen 3 % und bis zum Jahre 2014 weitere 10 % an Personal- und Sachkosten eingespart werden.

Der neue Weg, die Bildung einer Städteregion, ist sinnvoll und richtig. Wir Aachener aus Stadt und Kreis haben uns daher in einem einstimmigen Votum in zehn Gemeindeparlamenten über alle Parteigrenzen hinweg entschlossen, effizientere

Strukturen zu schaffen und gemeinsam neue Perspektiven zu entwickeln. Aus unserer Sicht gibt es zur Städteregion Aachen, zur verbindlichen und dauerhaften interkommunalen Kooperation keine Alternative.

Die Landesregierung kennt unsere Probleme, aber auch unsere Potenziale und hat den ebenso steinigen wie komplexen Weg mitgetragen. Ich danke insbesondere Innenminister Dr. Ingo Wolf und Staatssekretär Manfred Palmen für ihre unermüdliche Unterstützung und Hilfe.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Gesetzgebungsverfahren werden wir uns sicherlich noch über Details unterhalten können, doch wir sollten uns im Ziel einig sein: Unser Land lebt von starken Regionen. Stärken Sie uns mit dem AachenGesetz, dann stärken Sie Nordrhein-Westfalen!

(Allgemeiner Beifall)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Einmahl. – Für die FDP-Fraktion hat Kollege Engel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Kommunalwahl 2009 soll die Städteregion Aachen entstehen. Der Kreis und die Stadt Aachen sowie die neun angehörigen Gemeinden wollen sich zu einem neuen Gemeindeverband zusammenschließen, um enger und effizienter zusammenwirken zu können. Kostendruck und demografische Entwicklung gaben den Anstoß.

Die Landesregierung und der Landtag machen jetzt mit dem Artikelgesetz, das wir heute beraten, den Weg frei für den neuen einzigartigen Gemeindeverband ab der nächsten Kommunalwahlperiode. Als Vorbilder für diesen Gesetzentwurf haben der seit 1974 bestehende Stadtverband Saarbrücken und auch die seit 2001 existierende Region Hannover gedient.

Ausdrücklich möchte ich erwähnen, dass durch diesen Gesetzentwurf keine neue kommunale Gebietsreform ausgelöst wird. Das wollen wir wirklich nicht. Das ist auch in Niedersachsen und im Saarland nicht geschehen.

Wir Liberale begrüßen, dass der Gesetzentwurf signalisiert, dass freiwillig vor Ort gewollte Lösungen in die Tat umgesetzt werden können, möglicherweise auch – ein Stückchen Spekulation – erste Bestrebungen im Lipperland durch die Gemeinden Kalletal, Extertal, Barntrup und Dörentrup. Das muss man sehen. Ich warne aber – Vorsicht an der Bahnsteigkante! –: Die Region Aa