Vielen Dank, Frau Kollegin Gottschlich. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Abgeordneter Remmel.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wiederhole gern meine erste Feststellung aus der Debatte um die Einbringung dieses Gesetzes: Ich kann nach der Gesetzgebungsphase durch die Koalitionsfraktionen und durch die Anhörung nicht erkennen, dass sich das Landeswassergesetz, das wir am 25. April 2005 verabschiedet haben – Herr Ellerbrock hat das erwähnt – wesentlich verbessert hat. Nein, dieses Gesetz ist durchweg verschlechtert worden, meine Damen und Herren.
In keinem Bereich, der durch dieses Gesetzgebungsverfahren betroffen ist, hat das zu irgendwelchen Verbesserungen für die Umwelt geführt.
Wie unsolide diese Gesetzesarbeit gemacht worden ist – weit entfernt von guter Gesetzgebung –, macht die Revolte um § 90 deutlich. Erst rein in die Kartoffeln, dann raus aus den Kartoffeln und dann noch einmal herumgedreht! – So kann man keine Gesetzgebung machen. Das ist nicht seriös. Das ist nicht rechtsfest. Wenn das beispielgebend für den Rest des Gesetzgebungsverfahrens ist, prophezeie ich Ihnen, dass Sie noch an der einen oder anderen Stelle auf Grund laufen werden.
Herr Pick hat ganz stolz davon erzählt, dass Sie mit diesem Gesetzgebungsverfahren 60 Verwässerungen umgesetzt hätten. Ich würde sogar noch weitergehen: Das sind nicht nur 60 Verwässerungen, sondern 60 Verschlechterungen, die Sie im Landeswasserrecht, im Abfallrecht, aber auch beim Hochwasserschutz eingeführt haben.
Ich will Ihnen einige Beispiele nennen. Den Trinkwasserschutz haben Sie nicht etwa verbessert, sondern Sie haben Regelungen, die bisher enthalten waren, gestrichen. Das haben Sie bei einer Problematik gemacht, bei der wir rauf und runter diskutieren, dass wir entsprechende Eingriffsmöglichkeiten brauchen. Sie haben die Möglichkeiten, die im Gesetz stehen, verschlechtert. Das wird der Problematik nicht gerecht.
Im Hochwasserschutz waren vorher klare Verbote für bestimmte Überschwemmungsgebiete vorgesehen. Diese Verbote sind gestrichen worden. Stattdessen wird ein Genehmigungsvorbehalt eingeführt. Der Hochwasserschutz wird mit diesem Gesetz durchlöchert und verschlechtert, meine Damen und Herren.
Nun zur Frage der Dichtigkeitsprüfung. Das hört sich so kompliziert an. Aber dahinter steckt die Frage der Fremdwassereinträge. Das wird rauf und runter diskutiert. Wir haben Fremdwassereinträge, die es den Betreibern von Kläranlagen schwermachen. Anstatt zu schnellen Ergebnissen zu kommen, strecken Sie die Fristen bei der Dich
tigkeitsprüfung und verlagern die Zuständigkeiten zu den Wasserbehörden, wobei jedem bekannt ist, dass dort sehr viel weniger Personal vorhanden ist als bei den Baubehörden. Die Möglichkeiten einzugreifen und im Vollzug zu Verbesserungen zu kommen, werden durch Ihren Gesetzesvorschlag verändert.
Im ersten Ansatz, Herr Kollege Remmel, könnte man Ihnen zustimmen. Im zweiten Ansatz verkehrt es sich durch Nachdenken ins Gegenteil. Würden Sie bereit sein zuzugeben, dass unter Ihrer Regierung der Problemkreis Dichtigkeitsprüfung und Fremdwassereintrag überhaupt nicht behandelt worden ist, sodass die im Gesetz vorgeschriebene Zeit 2005 verstrichen ist, ohne dass Sie überhaupt reagiert hatten, wohingegen die Koalition der Erneuerung nunmehr klare Ziele und praxisorientierte Wege aufzeigt?
Im Zusammenhang mit der Dichtigkeitsprüfung gibt es zwei Zielmarken. Die Zielmarke 2005 ist in der Tat nicht erreicht worden. Aber wir hatten wenigstens dieses Ziel. Es hat auch entsprechende Anstrengungen gegeben.
Sie haben überhaupt keine Ansprüche, schnell zu Ergebnissen zu kommen. Das ist der Unterschied. Wir haben wenigstens an der einen oder anderen Stelle versucht, das Problem zu lösen und Druck zu machen. Sie nehmen den Druck völlig aus dem Kessel und sagen: Letztlich ist es uns egal, ob es im nächsten Jahr oder erst 2020 passiert. – Das ist der Unterschied zwischen uns. Wir haben die Probleme ernst genommen; Sie nehmen sie auf die leichte Schulter.
Beim Thema Klimaschutz hätten Sie die große Chance gehabt, in diesem Gesetzgebungsverfahren beim Hochwasser, Trinkwasser und im Abfallbereich Ergänzungen zu machen. Sie haben die
se Ergänzungen nicht vorgenommen. Insofern ist das eine weitere verpasste Chance, zum Klimaschutz etwas Gesetzgeberisches, das an anderer Stelle schon passiert, auf den Weg zu bringen.
Die zentrale Frage, die uns in den Diskussionen beschäftigt hat, war die Frage der Privatisierung der kommunalen Wasser- und insbesondere Abwasserwirtschaft. Dabei ist das Trojanische Pferd, das ich in der Eingangsdebatte beschrieben habe, sichtbarer geworden.
Mit diesem Gesetzentwurf und mit der in der Begründung vorgesehenen Gesetzesfolgenabschätzung wird der Weg beschrieben, zu einer Privatisierung der hoheitlichen Aufgabe der Abwasserentsorgung zu kommen. Das ist Ihre Zielsetzung, insbesondere die Zielsetzung der FDP.
Und die CDU macht an dieser Stelle einfach mit. Ich verstehe Ihre Position nicht. Sie werden doch auch die Diskussionen mit den Wasserverbänden und mit Ihren Kommunalvertreterinnen und Kommunalvertretern haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die CDU in der Breite eine Privatisierung der hoheitlichen Aufgabe der Abwasserentsorgung will.
Ja sicher, steht das drin. Warum machen Sie denn eine Gesetzesfolgenabschätzung? Weil Sie genau wissen, was dabei herauskommt. Dabei wird, weil Sie nämlich auch den Gutachter durch die FDP bestimmen lassen, herauskommen, dass es auch wenn die Umsatzsteuer eben nicht entfällt mit der Privatwirtschaft möglicherweise billiger sein kann. Wahrscheinlich wird es sogar so sein, dass die Privatwirtschaft solche Angelegenheiten in den ersten zwei oder drei Jahren wie immer billiger wird erledigen können. Aber – das haben wir an vielen Fällen durchbuchstabiert – zum Schluss wird es so sein, dass die Privatwirtschaft die Rosinen herauspickt und der Rest bei der Allgemeinheit, bei den Kommunen bleibt.
Das ist die Entwicklung, die vorgezeichnet ist und die insbesondere auch schon im Wasserbereich vielfach durchexerziert wird. In England wird die Wasserversorgung mittlerweile …
Ja sicher, Herr Minister, das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Sie wird von den Privaten wieder zurückgegeben, weil sie eben keine Gewinnmargen verspricht. Diese Tatsachen sind schon
lange bekannt. Wollen Sie die Erfahrungen neu sammeln? Wir halten das eindeutig für den falschen Weg, und mit diesem Gesetzentwurf wird die Tür weit aufgemacht.
Herr Kollege Remmel, warum hat denn Ihre frühere Kollegin Frau Höhn die Genehmigungen für die Übergabe der Kanalnetze der Städte Zülpich und Hamm nicht erteilt?
Herr Pick, da sind wir wieder an einem Punkt, wo es in der Diskussion zugegebenermaßen schwierig und auch kompliziert wird und wo ich auch die eine oder andere Diskussion mit der sozialdemokratischen Seite führe. Ich rate allen – vielleicht können wir das auch zusammen tun –: Lassen Sie uns einmal nach Brüssel fahren und uns mit den entsprechenden Vertretern der Kommission unterhalten, wie sie die Lage einschätzen.
Es gibt nämlich in Brüssel zwei Beschwerden des BDE an entscheidender Stelle. Herr Ellerbrock weiß das im Übrigen, und er setzt auch auf diese Beschwerden.
Der BDE hat sich in Brüssel über die Umsatzsteuerbefreiung und über die Übertragung der Netze beschwert. In beiden Fragen gibt es große Unsicherheit, wie sich die Kommission tatsächlich entscheiden wird. Ich habe die große Befürchtung, dass das Ganze aufgrund der allgemeinen Entscheidungslage aus Brüssel nicht unbedingt für die kommunale Seite ausgehen wird.
Deshalb ist meine feste Überzeugung, dass wir alles tun müssen – das war auch der Impuls von Frau Höhn –, jeglichen Angriff von Brüssel so abzuwehren, dass er erst gar nicht erfolgreich ist.