Protocol of the Session on December 5, 2007

Wo sind Sie denn, wenn gerade in Berlin ein neues BKA-Gesetz diskutiert wird, das die föderale Struktur der Polizei und der Gefahrenabwehr komplett aushebelt,

(Ralf Jäger [SPD]: Bei der NATO-Übung!)

und dem BKA ein Best-of an Kompetenzen des Überwachungsstaates ohne jegliche Kontrolle überträgt? Wo sind Sie denn, um die Polizeikompetenzen der Länder zu vertreten? Und letztlich: Wo

waren Sie bei der Anhörung zum Verfassungsschutzgesetz? Alle Verfassungsrechtler haben schon in der Anhörung gesagt: Dieses Gesetz entspricht nicht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz der Privatsphäre und zum Schutz von Bürgerrechten.

Sie, Herr Kruse und Herr Engel, haben im Parlament dieses Gesetz ohne Änderungen durchgewunken. Sie müssen wie alle Sicherheitspolitiker der letzten Jahre, die dicke Sheriffsterne am Revers tragen, erst von Karlsruhe gestoppt werden, wenn es darum geht, Bürgerrechte in diesem Land zu verteidigen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Herr Minister, weder die Bürgerrechte noch die Sicherheit sind bei Ihnen in guten Händen! Dieses Land wird an beiden verlieren: an Bürgerrechten und an Sicherheit. Das ist das Schlimme für dieses Land. Ich setze hier nicht auf Einsicht, sondern ich befürchte, dass dies so weitergeht. – Danke schön.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Frau Düker. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Innenminister Dr. Wolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von der Opposition kommen Tiraden der Reformverweigerung. Haushaltsberatung? – Fehlanzeige! Aber das kennen wir ja schon aus den letzten Jahren, meine Damen und Herren. Ich kann nur sagen: Sie sind in all den Fragen, die wir heute diskutieren, schlichtweg nicht satisfaktionsfähig.

(Widerspruch von SPD und GRÜNEN – Syl- via Löhrmann [GRÜNE]: Das müssen Sie gerade sagen!)

Beim Thema Strukturreformen in diesem Lande war bei Ihnen in den letzten zehn Jahren Fehlanzeige – bei der SPD noch ein bisschen länger.

(Beifall von CDU und FDP – Widerspruch von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Verwaltungsstruktur, Gemeindeordnung, Polizeistruktur: Sie reden, Sie reden, Sie reden, aber Sie haben in Ihrer Regierungszeit nicht ein einziges Ding umgesetzt.

(Beifall von CDU und FDP – Lebhafter Wi- derspruch von der SPD)

Die zweite Falschmeldung an der Stelle kam natürlich wieder vom Kollegen Rudolph. Richtig ist:

Der Polizeietat steigt. Er stieg in den vergangenen Jahren immer; Herr Kruse hat das gesagt. Es gibt keinen Rückgang bei der Finanzierung, sondern einen Aufwuchs. Die innere Sicherheit ist uns sehr viel wert.

Ich will auch für die Zuhörerinnen und Zuhörer sehr deutlich sagen: 2,4 Milliarden € für die Polizei können sich sehen lassen. Ich glaube, wir können ein Stück stolz sein, dass wir das trotz schwierigster Haushaltslage immer noch ermöglichen, meine Damen und Herren.

(Beifall von CDU und FDP)

Sie haben sich – da hat sich Frau Düker natürlich wieder besonders hervorgetan – auf die Polizeiorganisationsgesetzesreformen I und II gestürzt, die nach allem, was man draußen hört, sehr wohl Anerkennung finden.

(Horst Becker [GRÜNE]: Wo? – Zurufe von SPD und GRÜNEN: Bei wem? Nennen Sie Namen!)

Sie entsprechen genau dem Motto: Mehr fahnden statt verwalten!

(Ralf Jäger [SPD]: Sie brauchen ein Hörge- rät!)

Es ist natürlich bezeichnend, wenn eine Vertreterin der Grünen, die bekanntlich für Anarchie und Chaos stehen,

(Lautes Lachen und Widerspruch von SPD und GRÜNEN – Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Vorwürfe gegen das macht, was wir an Freiheit ermöglichen.

(Achim Tüttenberg [SPD]: Frau Präsidentin, das ist einseitig! Was ist mit den Rügen?)

Ich darf Sie – nur zur Klarstellung – ein bisschen beruhigen: Von den 47 Behörden hat ein sehr großer Teil – es werden in Kürze 39 sein – bereits auf die Direktionsstruktur umgestellt.

Ich kann Sie auch beruhigen, was die übrigen Behörden angeht: Die Kolleginnen und Kollegen finden sich untereinander völlig unproblematisch. Wir suchen nach einer Veränderung, die ein weiteres Stück Verbesserung bringt. Aber es ist weiß Gott nicht so, als ob uns die Tatsache irgendwie Kopfzerbrechen bereitet, dass auf dem Weg der Freiheit ein unterschiedliches Tempo in der Frage der Binnenmodernisierung gegangen wird.

Geradezu schäbig ist es allerdings, meine Damen und Herren

(Zurufe von der SPD: Oh, oh, oh!)

da bitte ich doch mal genau hinzuhören –,

(Ralf Jäger [SPD]: Aber wir sitzen doch hier!)

wenn man die Strukturreformen der Polizei und den Wegfall der Bezirksregierungsebene mit den Ereignissen in Köln in Zusammenhang bringt. Die Staatsanwaltschaft hat klipp und klar gesagt: Kein Fehlverhalten der dort Handelnden, weder im Schulbereich noch im Polizeibereich! – Daran halten wir fest.

Dass sich dynamisch entwickelnde Erkenntnislagen auch schon mal vom einen auf den anderen Tag Neuerungen bringen und dass das natürlich entsprechend durch die Medien vermittelt wird, das ist doch völlig klar. Daraus einen Skandal zu machen, das ist einfach nicht anständig, meine Damen und Herren. Wir wollen an dieser Stelle die Reformen mit den Kolleginnen und Kollegen.

(Sören Link [SPD]: Was Sie fabrizieren, ist politischer Autismus!)

Wir haben das auch, gerade was die Verwaltungsstrukturreform betrifft, sehr gut gemeinsam hinbekommen. Sie ziehen sich da an Einzelfragen hoch. Die werden alle einer Lösung zugeführt.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt, wo leider nicht die Wahrheit gesagt worden ist! Herr Rudolph, wenn Sie mit steigenden Zahlen in der Kriminalstatistik arbeiten, dann sagen Sie doch zunächst einmal, dass Sie nicht über Jahreszahlen sprechen. Sie nehmen mitten im Jahr irgendwelche Zahlen heraus und versuchen, Vergleiche heranzuziehen. Wir können jedenfalls feststellen, dass wir gegenüber 2004, also dem letzten Jahr, in dem Sie in Nordrhein-Westfalen in Regierungsverantwortung waren, deutlich besser dastehen.

Im Übrigen: Wenn es an der ein oder anderen Stelle zu Steigerungen kommt, darf man auch nicht vergessen, dass wir neue Straftatbestände eingeführt haben und dass es ein verbessertes Anzeigeverhalten gibt. Man sollte also auch an dieser Stelle nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.

Lassen Sie mich zum Thema Neueinstellungen und Altersstruktur kommen. Das ist jedes Mal die gleiche Leier hier im Parlament: Sie erklären, wir hätten nichts gemacht. – Ich frage zurück: Was haben Sie eigentlich gemacht? Sind die Polizisten eigentlich nur in den letzten zweieinhalb Jahren älter geworden?

(Beifall von der CDU)

Sind die Probleme nicht seit zehn, seit 20 Jahren erkennbar? Wir haben sie im Unterschied zu Ih

nen angepackt, meine Damen und Herren! Wir haben von Ihnen eine niedrige Zahl an Neueinstellungen übernommen! Wir kommen zu einer höheren Zahl an Neueinstellungen! Wir gehen das Thema Altersstruktur ganz konsequent an, meine Damen und Herren.

(Beifall von CDU und FDP)

Da wir zusätzlich – das ist eben von meinen beiden Kollegen Kruse und Engel auch schon vorgetragen worden – aus der Reform der Polizei nach dem Motto „Mehr fahnden statt verwalten“ mehr Kolleginnen und Kollegen in den operativen Bereich holen, steht natürlich definitiv mehr operative Polizeiarbeit für die Bürgerinnen und Bürger draußen zur Verfügung: im Wach- und Wechseldienst, in den entsprechenden Bereichen der Ermittlungskommissariate, aber auch im Bezirksdienst. Wenn Sie sich nur anschauen, dass wir in Düsseldorf zwei Präsenzeinheiten geschaffen haben, die draußen in den entsprechenden Stadtteilen zusätzlich wirken, dann wird das auch für den Bürger deutlich.

Ich bin froh und glücklich, dass uns das im Rahmen der Reform gelungen ist. Meine Damen und Herren, dafür gilt allen Kolleginnen und Kollegen vor Ort, die einen schwierigen Job machen, mein herzlicher Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Frau Düker, wir können die Sache mit den Bürgerrechten natürlich hier jedes Mal ritualisiert abspulen. Wenn Sie sich aufblasen und die Rechtsstaatsliberalität vor sich her tragen, kann ich nur sagen: Packen Sie sich doch an die eigene Nase! Sie haben unter Rot-Grün Onlinedurchsuchungen durch Herrn Schily aufgrund einer Dienstanweisung ohne Gesetz möglich gemacht. Da gab es null und nichts an Rechtsstaatsliberalität.

(Beifall von Wolfgang Schmitz und Walter Kern [CDU])

Sie haben Flugzeugabschussgesetze verabschiedet, Sie haben die Kontenschnüffelei eingeführt. All das haben wir Ihnen zu verdanken. Halten Sie sich einfach ein Stückchen zurück. Wir werden sehen, was das Bundesverfassungsgericht sagt. Dass die Materie ausgesprochen kompliziert ist, weiß jeder, der sich damit beschäftigt. Wir werden schauen, inwieweit dann eventuell neue Erkenntnisse durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil umzusetzen sind.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)