Protocol of the Session on December 5, 2007

Richtig Kohldampf schieben in diesem Land jetzt die Arbeitslosenzentren und Beratungsstellen. Sie leisten in diesem Land für Arbeitslose hervorragende Arbeit mit Unterstützung aus ESF-Mitteln – zumindest bisher –, und das gerade nicht nur für

Bezieher aus dem SGB-II-Bereich. Für sie bieten diese Anlaufstellen Beratung und Hilfe aller Art. Und weil die Fragen und Sorgen der Menschen nicht ausschließlich mit dem SGB II zu tun haben, sind es auch nicht die Argen, die Sie immer verpflichten wollen. Es sind auch nicht immer Menschen, die Leistungen aus dem SGB III bekommen. Deshalb kann auch nicht die Bundesagentur Ihre Suppe auslöffeln. Das Land muss selbst den Löffel in die Hand nehmen. Das ist eine Arbeit, die Sie zu großen Teilen mit Ihrer 100-%-Kürzung ab Oktober 2008 bei den Arbeitslosenzentren zerstören.

(Beifall von der SPD)

Die Argen und Optionskommunen können einen Teil der Beratung leisten, aber der weitaus größere Teil der Menschen, die in die Beratungsstellen kommen, bleibt dabei auf der Strecke. Ihre Mär, die Argen könnten dies organisieren, ist bereits durch eine sehr detaillierte Stellungnahme der Regionaldirektion widerlegt worden.

Die SPD-Fraktion hat einen Antrag hierzu in den Landtag eingebracht. Eine Anhörung wird Anfang des Jahres folgen. Ich bin gespannt, ob Sie die wahren Inhalte und Argumente zur Fortführung der Beratungs- und Arbeitslosenzentren aufnehmen.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle einen Hinweis an die Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen. Es ist schon verwunderlich, dass Sie ins Land tragen, dass sich die SPD nicht für den Erhalt der Arbeitslosenzentren einsetzt, weil wir in den Haushaltsberatungen Ihren Anträgen nicht zugestimmt hätten. Ein Verschieben von links nach rechts mit dem hehren Wunsch, so die Arbeitslosenzentren mitzufinanzieren, ehrt Sie, ändert aber nichts an den Fakten. Wir haben uns deshalb im Ausschuss enthalten. Dass wir alles erdenklich Mögliche parlamentarisch unternehmen werden, um die Finanzierung zu sichern, haben wir mit unserer Antragstellung und der folgenden Anhörung zum Ausdruck gebracht. Wir wollen gemeinsam das Gleiche, Frau Kollegin Steffens. Lassen Sie uns dann auch in der Sache gemeinsam weiterkämpfen.

Nach wie vor sind 50.000 junge Menschen ohne Ausbildungsplatz. In diesem Jahr gab es in der Tat mehr Ausbildungsplätze, und jedem, der einen neuen zusätzlichen Ausbildungsplatz zur Verfügung gestellt hat, gilt unser aller Dank.

Ich habe auch mit großer Freude festgestellt, dass in Bezug auf Ausbildung Anträge der SPDFraktion auch auf Zustimmung des Ministers stoßen können. Dass die Verbundausbildung gemäß unserem Antrag wieder ausgeweitet wurde und

somit auch die Verbundausbildung mit externen Weiterbildungsträgern möglich ist, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Im östlichen Revier liegt mir bereits die Kooperationsbereitschaft der IHK und der BA aus Dortmund zur Weiterführung eines Projektes vor. Wir werden davon ausgehen, dass die kompletten Programme auch im Land weitergetragen werden.

Aber damit alleine werden wir das Problem der Ausbildungsplätze nicht lösen können. Nach der Initiative der am Ausbildungskonsens Beteiligten im Jahre 2006 wurde das Sonderprogramm Ausbildung aufgelegt. Bei der Einbringung des Haushalts im Ausschuss verwies Minister Laumann allerdings darauf, dass eine Wiederholung im Jahre 2008 nicht erfolgen würde. Vielmehr war es den Medien zu entnehmen, dass er dafür plädiere, 200 Millionen € aus den Überschüssen der Bundesagentur für Arbeit in Ausbildung zu investieren. Wir danken Ihnen recht herzlich für diesen Vorschlag. Dies ist eine Wiederholung dessen, was wir bereits in den letzten Jahren gemeinsam mit dem DGB als Vorschlag unterbreitet haben.

(Zuruf von Minister Karl-Josef Laumann)

Herr Minister, zu Ihrem Ansatz beruflicher Bildungsstätten: Gerade diese beruflichen Bildungsstätten stellen einen wesentlichen Teil des Bereichs der Berufsausbildung dar. Hier darf nicht ausfinanziert, sondern hier muss weiter investiert werden. Der von Ihnen dargelegte Ansatz ist geradezu bedrohlich. Ersatzinvestitionen für defekte bzw. veraltete Maschinen und nicht zuletzt aufgrund neuer Ausbildungsordnungen erforderliche Ergänzungsinvestitionen in neue Techniken stehen an.

Mit gutem Grund hat der Westdeutsche Handwerkskammertag diese Kürzungen massiv kritisiert. Der Hinweis, dass, wenn mehr Anträge als Mittel zur Verfügung stünden, diese geschoben würden, zeichnet nicht wirklich Ihre Glaubwürdigkeit in Bezug auf die Ausbildungsmisere aus. Ich glaube, der Weg zur Aufklärung ist nicht weit. Reden Sie doch einmal mit dem Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses.

Springen Sie über Ihren Schatten und an unsere Seite. Zeigen Sie Ihr wahres Gesicht. Klären Sie Ihren Ministerpräsidenten über Tarifautonomie auf, damit er nicht wieder die immensen Managergehälter im Zusammenhang mit der Tarifautonomie verteidigt. Helfen Sie uns in den kommenden Monaten, wenn es darum gehen wird, Branche für Branche in das Entsendegesetz aufzunehmen. Ihr heutiger WDR-2-Auftritt war ein ers

ter guter Schritt. Mindestlöhne sind mehr als eine ökonomische Ziffer; sie sind ein Gebot menschlicher Würde. Die PINs und die Thumanns mögen noch so kräftig mit Horrorszenarien aufwarten. Wir wissen, Mindestlöhne sind notwendig, denn die Menschen müssen von ihrer Hände Arbeit leben können. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schmeltzer. – Ich habe auch einen vorweihnachtlichen Wunsch: die Redezeit künftig etwas genauer einzuhalten, weil wir bereits eine Stunde und 15 Minuten in Verzug sind. Ich sage das nur, damit wir das im Blick haben. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Post jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schmeltzer, zunächst einmal etwas zur Nettoneuverschuldung: Wenn wir über den Daumen gepeilt mit 5 Milliarden € Zinsen jährlich anfangen müssen, dann sind jetzige Nettoneuverschuldungen von knapp 2 Milliarden € sicherlich dazu in einer Relation zu sehen. Selbst das müssten Sie rechnen können. Das vorab.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Dann müssen Sie nicht solche Ver- sprechungen im Wahlkampf machen!)

Der Einzelplan 11 umfasst 3 Milliarden €. Das ist eine Reduzierung gegenüber dem vorigen Jahr. Das ist richtig. Dazu werde ich gleich noch etwas sagen.

Meine Damen und Herren, welchem Politiker fallen nicht, wenn er in der Opposition ist, sofort viele, nein, sehr viele schöne, wünschenswerte oder als nötig erklärte Maßnahmen auch in diesem Haushalt der Arbeitsmarktpolitik ein? Auf welcher Grundlage stehen wir aber? Ja, die Arbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen ist zurückgegangen. Sie ist stetig zurückgegangen. Wir haben den niedrigsten Stand seit sechs Jahren, und diese Tendenz geht weiter.

Die Konjunktur fördert Arbeitsplätze. Das ist richtig. Das sagt auch die Regionalagentur. Die CDU hat diesen Fortgang unterstützt mit der Wirtschaftspolitik, aber auch mit einer Sparpolitik, die anders als bei Ihnen eine Ausgabe nach „PrinzKarneval-Manier“ nicht mehr zulässt.

(Zuruf von der SPD)

Wir haben in Nordrhein-Westfalen derzeit noch 782.000 Menschen ohne Arbeit. Das ist viel zu

viel – daran gibt es nichts zu deuteln –, aber das sind immerhin 135.000 Menschen weniger als im Vorjahr.

Wichtiger aber ist der Anstieg der Zahl sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten um etwa 126.000 Menschen. Ältere und Jüngere profitieren davon. Bei den Älteren sank die Zahl der Arbeitslosen um etwa 16 %, bei den Jüngeren um etwa 18 %. Wenn Sie vor drei Jahren diese Zahlen – ob verdient oder unverdient – hätten nennen dürfen, liebe Kritiker von der Opposition, wären Sie mit Jubelrufen hinter Herrn Schartau hergelaufen, hätten ihn durch dieses Hohe Haus getragen und zum Ehrenbürger der Stadt Düsseldorf ernannt.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Bei dem wäre das auch leichter ge- wesen als bei Herrn Laumann!)

Übrigens können Sie das heute nachholen, indem Sie Herrn Minister Laumann zujubeln oder wenigstens ihn und die CDU bei der Förderung des Arbeitsmarktes durch kluge zielgerichtete Politik unterstützen.

(Minister Karl-Josef Laumann: Aber hallo!)

Genau. Das können Sie tun. Dann tun Sie etwas für die Arbeitslosen, aber nicht damit, indem Sie an kleinen Maßnahmen herummeckern,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: An kleinen Din- gen?)

die Sie mit der Gießkanne mehrere Jahre über das Land verteilt gefördert haben, die nichts gebracht haben und dass Sie heute immer noch darüber weinen, dass die weg sind.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Dann schauen Sie sich doch Ihre EU-Kanne an!)

So geht es nicht weiter, meine Damen und Herren. Davon können wir Ihnen schon ein Lied singen.

Die nominale Absenkung von 151 Millionen € in dem Haushalt des Ministeriums ist auf einen geringeren Bedarf im gesetzlichen Bereich zurückzuführen. Sie wissen ganz genau, dass es da um eine Ansatzminderung beim Wohngeld um 40 Millionen € geht. Sie wissen ganz genau, dass 86,5 % unseres Haushalts, also etwa 2,6 Milliarden €, durch Gesetz festgelegt sind. Das heißt, wir haben nur 13,5 % Mittel frei – „frei“ ist hier auch noch relativ – für Ausgaben.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Das war schon immer so!)

Ich komme nun zu den konkreten Sachverhalten in diesem Haushalt: Wir werden 2008 Neubewilligungen in Höhe von 135 Millionen € haben. Das ist die Ausfinanzierung der letzten Förderphase. Das sind nur 50 % der Mittel, und das wird auch so weitergehen. Das ist der neuen Förderphase geschuldet.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

In der Arbeitsmarktpolitik kann daher nicht mehr jedes einzelne Projekt – sei es gewünscht oder wünschenswert – gefördert werden, sondern wir müssen große Linien verfolgen. Das geschieht auch mit diesem Haushalt. Wir werden uns weiterhin auf klare Programmstrukturen konzentrieren. Wir müssen bei uns herausnehmen, wo andere, nämlich SGB II-, SGB III- oder auch SGB XII- oder SGB IX-Träger – Herr Schmeltzer, die haben Sie in Ihrer Aufzählung vergessen –,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Wollte ich Ihnen als Bonbon lassen!)

handeln können. Es kann nicht sein, dass sich alle in demselben Bereich tummeln und 80, 90 projektähnliche Maßnahmen laufen, die kein Mensch mehr vergleichen kann und die vor allen Dingen nicht zielgerichtet im Land angesetzt werden können.

Die Stützung der Beschäftigungsfähigkeit wird allerdings von uns ganz zielgerichtet fortgesetzt, denn darauf ist ein besonderes Augenmerk zu legen. Wir haben Potenzial- und Arbeitszeitberatung. Wir werden hierfür 7 Millionen € zur Verfügung stellen. Die Ergebnisse der letzten Jahre zeigen, dass es ganz besonders notwendig und sinnvoll ist, in dem Bereich zu investieren.

Wir müssen sehen, dass wir NRW, unseren Standort, so aufstellen, dass hier solche Arbeitsplätze geschaffen werden, die in unser Rohprodukt investieren. Unser einziges Rohprodukt bleibt unser Know-how, meine Damen und Herren. Das geht nicht mit der Gießkanne, sondern das geht nur mit zielgerichteten Projekten.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das sagen Sie einmal den Arbeitslosenzentren!)

Übrigens habe ich hier – das möchte ich ausdrücklich tun – ein Dankeschön an die TBS des DGB zu richten. Denn sie hat im vorigen Jahr Firmen in schwieriger Zeit beraten und dabei eine ganz hervorragende Arbeit geleistet. Ich durfte mir das an einigen Beispielen anschauen. À la bonne heure! Das ist eine vernünftige Sache, die nicht nur der Firma, sondern auch den Beschäftigten und dem Personal- bzw. Betriebsrat zugute kommt. Danke dafür!

Die Debatte allerdings, nicht billiger, sondern besser als andere zu sein, denn nur so können wir den hohen Lebensstandard, den wir haben, halten, müssen wir weiter führen. Die muss in dieser hoch technisierten Wirtschaft geführt werden.

Bei der Aus- und Weiterbildung werden wir besonders aktiv bleiben. Werkstattjahr, „Jugend in Arbeit plus“, überbetriebliche Lehrlingsunterweisung, Sonderprogramm Ausbildung – all das werden wir im Jahr 2008 weiterführen. Der Bildungscheck läuft weiter. Den anerkannten Trägern der Weiterbildung wurden für 2007 bis 2010 jährlich 6 Millionen € ESF-Mittel für Vorhaben im Rahmen der arbeitsmarktpolitischen und arbeitsmarktorientierten Programme des MAGS reserviert. Außerdem können diese Einrichtungen ab 2007 bis 2010 jährlich 6 Millionen € für zusätzliche Maßnahmen bekommen.

Ein Teil der Weiterbildung allerdings ist, wie Sie auch wissen – deshalb reduziert sich der Unterschied ja noch einmal –, auch in den Bereich Schule gewandert. Darüber haben wir jetzt nicht mehr zu befinden.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Schlimm genug!)

Das mag der sauberen Rechnung angedient sein.

Der Bildungscheck ist eine hervorragende Sache. Der hat sich mit 60.000 Teilnehmern im vergangenen Jahr bewährt. Dahinter steckt ebenfalls ein Ansatz.