Meine Damen und Herren, ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. 2008 sind hierfür wieder Mittel in Höhe von rund 11,7 Millionen € vorgesehen. Wir erhalten die vorbildliche Infrastruktur. Auf dem Niveau der beiden Vorjahre werden die 62 Frauenhäuser, die 55 allgemeinen Frauenberatungsstellen sowie 48 Frauennotrufe weiter gefördert.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, besonderes Augenmerk richten wir auf Frauen mit Zuwanderungsgeschichte in Nordrhein-Westfalen. FDP und CDU wollen den Blick für die Verbesserung der beruflichen Möglichkeiten schärfen. Wir fördern zum Beispiel das Projekt „Neue Wege in den Beruf – Mentoring für junge Frauen mit Zuwanderungsgeschichte“ mit Landes- und EU-Mitteln in Höhe von 400.000 €. Dieses Projekt unterstützt bei der beruflichen Orientierung, die so wichtig ist.
Das Projekt „Erfolgreich arbeiten mit zwei Kulturen. Zuwanderinnen und ihre Unternehmen“ zur Erweiterung des Gründungspotenzials von Frauen mit Zuwanderungsgeschichte wird im Jahre 2008 weiterentwickelt.
FDP und CDU treten aber auch sehr entschieden gegen Zwangsheirat und häusliche Gewalt ein. Das Handlungskonzept gegen Zwangsheirat und Verbrechen im Namen der Ehre liegt vor. Die ü
beraus erfolgreiche Onlineberatung zum Schutz vor Zwangsheirat wird mit 170.000 € finanziert. In diesem Zusammenhang verweise ich ausdrücklich auf die Erhöhung des Ansatzes zur Stärkung der Schutz- und Zufluchtsmöglichkeiten für minderjährige Opfer von Zwangsheirat von 250.000 €, die den Fraktionen gelungen ist, auch wenn sich dieser Posten nicht explizit im Frauenhaushalt, sondern an anderer Stelle wiederfindet.
2008 wird es Fortbildungsmaßnahmen zum Thema „Häusliche Gewalt und Zuwanderinnen“ zur Stärkung der interkulturellen Kompetenzen der Fraueninfrastruktur geben. Außerdem werden die Vernetzungsprojekte in diesem Bereich mit rund 150.000 € fortgesetzt.
Meine Damen und Herren, da bleibt nichts anderes, als um Ihre Zustimmung zum vorgelegten Haushaltsentwurf zu bitten. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Frau Pieper-von Heiden. – Nun hat Frau Steffens für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde es erstaunlich, wie die beiden letzten Rednerinnen wieder in fünf Minuten versucht haben, den Frauenhaushalt im Landeshaushalt schönzureden. Das Verhältnis dieses Frauenhaushalts zum gesamten Etat zeigt, dass das Peanuts sind. Außerdem muss man sehen, dass Sie im letzten Jahr massive Kürzungen in diesem Bereich vorgenommen haben und trotz heftiger Kritik und trotz der Bilanz, welche verheerenden Auswirkungen die Kürzungen haben, keine einzige Kürzung zurückgenommen haben. Insofern finde ich es fatal, wie Sie hier etwas schönzureden versuchen, was das Gegenteil von schön ist. Es ist vielmehr der Abbau der Frauenpolitik in diesem Land.
Sie haben hier eben so schön gepriesen, Minister Laschet, wie toll und wie riesig aufgestockt Ihr Kinder- und Jugendbereich ist. Es wäre schön, wenn der Frauenhaushalt auch nur um einen Bruchteil irgendeiner Zahl, die Sie hier in den Raum gestellt haben, vergrößert worden wäre. Das scheint allerdings nach wie vor ein Bereich zu sein, für den Ihnen die Möglichkeit des Einsatzes fehlt oder der sich im Kabinett nicht durchsetzen lässt.
Bei den Frauenhäusern ist die zweite Fachkraftstelle mit dem letzten Haushalt gestrichen worden. Wir haben die Auswirkungen im Ausschuss mehrfach diskutiert und angesprochen. Die Auswirkungen sind massiv. Sie können hier nicht sagen: Es gibt nicht einen einzigen Platz weniger. – Uns liegen die Zahlen der Beratungsstellen, der Frauenhäuser vor. Es gibt Einschränkungen im Angebot sowohl in der Quantität wie auch in der Qualität, und das bei einer steigenden Nachfrage und einem höheren Bedarf. Das ist eine Katastrophe.
Zur Zwangsheirat! Ich finde es immer ganz drollig, wie Sie sich seitens der CDU hier hinstellen und sagen, was Sie alles Tolles gemacht hätten. Das war eine Initiative, die wir hier gestartet haben. Das war eine Initiative, wo wir versucht haben, einen fraktionsübergreifenden gemeinsamen Antrag hinzubekommen. Dem hat sich die CDU-Fraktion versperrt, indem sie zwei wesentliche Forderungen von SPD und Grünen nicht mit in den Antrag aufgenommen hat. Die hat das Ministerium dann aber doch umgesetzt. Die CDU-Fraktion kann ja nicht in die Handlungen des Ministeriums eingreifen. Sonst wären wir an der Stelle noch weiter zurück, als wir es an der Stelle sowieso schon sind.
Zum Thema Zwangsheirat möchte ich noch einen Punkt erwähnen: Sie bauen eine Beratungsstruktur als Onlineberatung auf, machen eine Postkartenaktion. Das alles ist lobenswert. Aber das Problem der Unterbringung der Mädchen haben Sie nicht gelöst. Sie haben es auch nicht mit dem gelöst, was Sie im Kinder- und Jugendplan über Kinder- und Jugendmaßnahmen zu machen versuchen. Denn wir brauchen für die Mädchen ein mädchenspezifisches Angebot. Wir brauchen ein Angebot, das geschlechterdifferenziert ist; denn es darf keine gemischtgeschlechtliche Unterbringung geben. Und wir brauchen die Anknüpfung an die Mädchenhausstruktur, an deren Kompetenzen und Erfahrungen. Wir haben Ihnen dazu auch heute noch einmal einen Änderungsantrag vorgelegt. Sie können noch heute über Ihren Schatten springen und diesem Antrag zustimmen. Das wäre im Interesse der Opfer eine wirkliche Maßnahme, die notwendig ist, und nicht wieder nur irgendeine Pseudomaßnahme, die von Ihnen hier in den Raum gestellt wird.
Wir haben andere Änderungsanträge zum Haushalt gestellt: zur Aufstockung der Notrufstellen, der Frauenberatungsstellen und der spezialisierten Beratungsstellen, die wir in Nordrhein
Westfalen haben. Die bekommen von Ihnen noch nicht einmal mehr das als Plus, was sie aufgrund der tariflichen Veränderungen zahlen müssen. Sie bekommen von Ihnen nicht oben drauf, was sie infolge der Mehrwertsteuererhöhung und Ähnlichem an Sachkosten zusätzlich aufzubringen haben. Das heißt, faktisch bauen Sie die Beratungsstruktur ab, denn Sie sind trotz steigender Kosten nicht bereit, diesen Beratungsstrukturen eine Kompensation dieser Mehrausgaben zur Verfügung zu stellen. Das ist eine Kürzung, auch wenn Sie das nicht wahrhaben wollen.
Es gibt aber neben dem gesamten Bereich des Haushalts, den Sie explizit als Minister zu verantworten haben, eine Menge Bereiche in anderen Etats, die absolut betrachtet – das muss ich feststellen – einen Rückgang in der Frauenpolitik darstellen. Dies gilt beispielsweise für den gesamten Bereich der Frauengesundheit und der Sucht- und Drogenhilfe im Haus von Herrn Laumann, aber auch für den Bereich der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt mit Ziel-2-Mitteln im Haus von Frau Thoben.
Frau Thoben hat im Ziel-2-Begleitausschuss klar gesagt, dass sie den neuen Fachbereich Chancengleichheit, der festgeschrieben ist, nicht einrichten will. Da saß die Vertreterin Ihres Ministeriums als Gast und hat resigniert aufgeben müssen. Ich frage mich: Wo bleibt der Minister, der versucht, Frauenpolitik in diesem Land durchzusetzen?
In der Wirtschaftspolitik passiert es nicht, bei Laumann in der Arbeitsmarktpolitik passiert es nicht, in der Gesundheitspolitik passiert es nicht. Ich kann nur sagen: Schade, dass wir kein Frauenministerium und keinen Frauenminister in diesem Land haben, sondern nur einen Minister, der für Kinder, Jugend, Familie und Migration zuständig ist. Aber die Frauenpolitik bleibt dabei natürlich immer auf der Strecke.
Danke schön, Frau Steffens. – Jetzt spricht der Minister für Frauenpolitik, Herr Armin Laschet. Bitte schön.
Knapp 9,25 Millionen Frauen leben in NordrheinWestfalen. Das ist mehr als die Hälfte der Menschen in unserem Land. Wir wollen, dass diese mehr als 50 % ihrer Möglichkeiten, nämlich 100 %, nutzen können. Solange das nicht erreicht ist, verbauen wir den Frauen weiterhin Wege, mindern ihre Chancen, aber verschenken auch als Land enorme Potenziale.
Nur ein Schlaglicht darauf, wie weit der Weg zu diesen 100 % noch ist: Nach einer EU-Studie vom März dieses Jahres verdienen Frauen in Deutschland im Schnitt 22 % weniger als ihre männlichen Kollegen und besetzen nur 13 % der Führungspositionen.
Das können wir uns nicht leisten. Das verstößt gegen das Gebot der Gleichstellung, und es verstößt auch gegen das Gebot, das uns der demografische Wandel auferlegt, nämlich die Potenziale aller Menschen in diesem Lande zu nutzen. Frauenpolitik ist also alles andere als Politik für Randgruppen oder eine Klientelpolitik. Frauenpolitik ist Politik für die Zukunft unserer Gesellschaft.
Liebe Frau Steffens, wir versuchen, das in allen Ministerien querschnittsmäßig umzusetzen. Sie haben nicht über die Regionalstellen „Frau und Beruf“ gesprochen, dafür aber Frau Kollegin Kieninger. Genau diese sind ein Beispiel, wie es gelingen muss, Existenzgründungsberatung, Wiedereingliederungsprogrammen in den Beruf etc. in allen vor Ort arbeitenden Institutionen zu verankern.
Wenn Frau Kollegin Thoben das in die Industrie- und Handelskammern hineingetragen hat, wenn es jetzt in den Starter-Centern besondere Beratungsangebote gibt, dann ist das genau das, was wir uns vorgenommen haben.
Und weil es ein Schwerpunkt ist, ist das auch der Grund, warum wir in Zeiten weiterer nötiger Konsolidierungen die Haushaltsmittel in diesem Bereich nicht verringern. Mit einem Gesamtvolumen von 14,8 Millionen € erfährt der Etat zum zweiten Mal keine Kürzungen. Und das ist angesichts einer Verschuldung von 120 Milliarden € keine Selbstverständlichkeit.
Der Entwurf, über den wir hier sprechen, ist ein Haushalt der Kontinuität und Innovation. „Kontinuität“ deshalb, weil wir Bewährtes fortführen können. Da hat auch die alte Landesregierung Gutes geleistet. Das kann man an dieser Stelle
ruhig würdigen. „Innovation“ deshalb, weil das Bewährte mit neuen Ideen innovativ weiterentwickelt werden muss, um neue Akzente zu setzen.
Als einer der Schwerpunkte unserer Arbeit ist das bundesweit vorbildliche Frauenhilfenetz zu nennen, das mit 11,7 Millionen € auch im Jahre 2008 auf dem hohen Niveau der beiden Vorjahre weitergeführt werden kann. Wenn Sie fragen, liebe Frau Kieninger, mit wem wir uns vergleichen sollen, dann vergleichen wir uns doch einmal mit einem Land, in dem die SPD die absolute Mehrheit hat, nämlich mit unserem Nachbarland RheinlandPfalz. Dort gibt es 17 Frauenhäuser. Sie werden mit jeweils 77.670 € gefördert. Wir haben 62 Frauenhäuser mit jeweils 87.604 € Förderung. Wir geben mehr als Rheinland-Pfalz für Frauenhäuser aus.
Vielleicht können Sie einmal Ihrem potenziellen Kanzlerkandidaten ausrichten, dass in NordhreinWestfalen Frauenpolitik ernster genommen wird
Auch beim Thema Zwangsheirat nimmt die Landesregierung Geld in die Hand. Ich danke den Fraktionen, dass sie für den Bereich, auf den wir durch die Frage aufmerksam geworden sind, was wir für minderjährige Mädchen, die nicht durch die Fraueninfrastruktur aufgefangen werden, tun können, 250.000 € mehr einsetzen, die die Jugendämter genau so, wie Sie es beschrieben haben, Frau Steffens, sensibilisieren und Möglichkeiten schaffen sollen, dass auch Kinder- und Jugendhilfe überall im Land genau dieses Problem erkennen.
Sie müssen es aber letztlich erkennen, Frau Steffens, weil für Minderjährige die Kinder- und Jugendhilfe zuständig ist. Und die Kinder- und Jugendhilfe zu sensibilisieren, ist das mit diesen 250.000 € verfolgte Ziel.
Herr Laschet, wissen Sie, wie viele Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen zur Unterbringung von Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit der geschlechterdifferenzierten Unterbringung haben? Wissen Sie das?