Protocol of the Session on November 16, 2007

Insgesamt ist Ihr Antrag relativ substanzlos. Das, was Sie darin fordern, ist weitgehend nicht umsetzbar. Vor allen Dingen ist es auch ökonomisch nicht möglich, den Wald so zu bewirtschaften. Von daher wird Ihr Antrag nach der Beratung im Ausschuss sicherlich von uns abgelehnt werden. Wie gesagt: eine große Tüte Buntes. Gut, dass wir noch einmal darüber geredet haben! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt hat für die FDP Herr Ellerbrock das Wort. Bitte gehen Sie vorsichtig! Reden Sie lieber etwas schneller.

In Ordnung, Herr Präsident. Ich danke für die freundliche Einladung, langsamer zu laufen. Sie haben mir den Hinweis

gegeben, dass ich bitte schneller reden möge. Dies werde ich gerne tun. Mehr oder weniger verklausuliert zielen beide Anträge …

(Allgemeine Heiterkeit)

Ich glaube, ich spreche doch lieber in normaler Geschwindigkeit. – Mehr oder weniger verklausuliert zielen beide Anträge darauf ab, dirigistisch die Artenzusammensetzung der nordrheinwestfälischen Wälder zu steuern. Kollege Karthaus möchte gerne die Ausweitung des Niederwaldes, und Kollege Remmel macht es sich einfach und sagt: Wir wollen eine Quotierung für Sukzessionsflächen.

Liebe Kollegen, über nichts lässt sich so schnell, einfach und locker reden wie über Geld und Grund und Boden anderer Leute. Zwei Drittel unserer Wälder sind Privatwald. Das muss man noch einmal deutlich sagen. Hier wird jetzt auf die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand verwiesen. Da bin ich ja sofort dabei. Dann müssen wir aber auch sagen, wie denn die Einnahmeausfälle beim Landesbetrieb Wald und Holz NRW gedeckt werden sollen. Darüber müssen wir doch einmal nachdenken.

Der Antrag des Kollegen Karthaus hat für mich noch einen gewissen Informationsgehalt; das sehe ich anders als der Kollege Clemens Pick. Der Kollege Remmel macht es uns inzwischen aber einfach. Wenn ihm nichts einfällt, dann schreibt er: „Privat vor Staat“ ist des Teufels. – Und wenn ihm gar nichts mehr einfällt, dann schreibt er: „Privat vor Staat“ ist des Teufels. – Aber in Fettdruck! Genau das hat er hier gemacht. In diesem Antrag steht ja gar nichts drin – bis auf die Tatsache, dass er gerne 10 % Sukzessionsflächen hätte.

Herr Kollege Remmel, stellen Sie sich einmal folgende Situation vor: Der Sturm deckt Ihr schilfgedecktes Haus im Siegerland ab. Wir als Staat sagen: 10 % der abgedeckten Fläche verbleiben als Fledermaus-Refugium und dürfen nicht mehr neu gedeckt werden. – Das ist die Art und Weise, in der man hier vorgehen will. Man greift ganz locker in Bewirtschaftungsformen und anderer Leute Gut und Boden ein. Das kann einfach nicht sein.

Richtig ist, Herr Dr. Karthaus, dass der Förster vor Ort natürlich auch eine Beratungspflicht für die Aufforstung usw. hat. Das tun die ja auch. Das ist auch im Sinne der Betroffenen. Ich glaube, unsere Förster vor Ort erfahren Anerkennung dahin gehend, dass die Privatwaldbesitzer akzeptieren, dass die Förster ihnen eine qualitativ gute fachliche – auch in Richtung Artenvielfalt orientierte – Beratung angedeihen lassen.

Jetzt möchte ich dem Votum des Präsidenten folgen. Ich möchte auch einmal gelobt werden. Deswegen höre ich jetzt auf und mache dann im Ausschuss weiter. – Schönen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank. Sie haben sich ein besonderes Lob verdient. Sie haben von allen Rednern am kürzesten gesprochen.

(Beifall von FDP und CDU)

In Vertretung für Herrn Minister Uhlenberg spricht Frau Ministerin Thoben.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in ihrem Antrag zum wiederholten Male den konsequenten Aufbau naturnaher Wälder in allen Waldbesitzarten zur Erhöhung der Biodiversität im Wald und das Überlassen der Flächen für eine natürliche Sukzession auf mindestens 10 % der Kyrill-Schadflächen.

Die Landesregierung hat mit Empfehlungen zur Wiederbewaldung der Orkanflächen ein Instrument auf den Weg gebracht, das die Entwicklung einer zukunftsfähigen Bestockung mit standortgerechten, stabilen, strukturreichen und produktiven Wäldern zum Ziel hat. Es sollen Mischwälder aus standortgerechten Baumarten auch unter Einbeziehung von natürlich verjüngten Pionierbaumarten und bewährten fremdländischen Baumarten entstehen. Durch die damit gegebene Risikoverteilung können sich diese Mischwälder besser an sich ändernde Umweltbedingungen – Stichwort Klimawandel – anpassen als die früher üblichen Reinbestände. Die geplante Baumartenvielfalt und Mischwälder lassen für die Zukunft vitale Wälder erwarten.

Ich weise jedoch darauf hin, dass letztendlich – und das ist möglicherweise der Konflikt – der Waldbesitzer unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen selbst entscheidet, welche Baumarten er in seinem Betrieb künftig anbauen will. Hier kann und wird das Wiederbewaldungskonzept als Beratungsinstrument in Verbindung mit der forstlichen Förderung einen wichtigen Beitrag leisten.

(Beifall von der CDU)

Die SPD-Fraktion fordert in ihrem Antrag, dass die Landesregierung die Förderung des Waldtyps Niederwald aus energetischen, klimatischen und biologischen Aspekten kurzfristig aufnimmt. Im Siegerland stehen heute noch auf etwa 5.800 ha

stockausschlagfähige Niederwälder. Sie stellen sowohl kultur- und forsthistorisch als auch aus Naturschutzgründen einen besonders wertvollen Lebensraum dar.

Das Charakteristikum der Niederwaldwirtschaft ist ein flächiger Abtrieb in kurzen zeitlichen Abständen. Die nächste Waldgeneration entsteht schließlich natürlich durch Samenfall oder wird künstlich durch Saat oder Bepflanzung eingebracht.

Die Landesregierung weiß um die besondere Bedeutung der Niederwälder für die Region und unterstützt die örtlichen Waldbesitzer.

Dem SPD-Antrag kann aus Sicht der Landesregierung dennoch nicht in vollem Umfang entsprochen werden. Ziel der forstlichen Förderung in Nordrhein-Westfalen ist die Begründung von standortgerechten und naturnahen Hochwäldern. Dieser Grundsatz steht im Einklang mit den Förderbestimmungen des Bundes. Eine Förderung von reinen Niederwäldern als einer Betriebsart des Wirtschaftswaldes ist in NRW nicht vorgesehen.

Meine Damen und Herren, grundsätzlich sind stabile Hochwälder aus ökonomischer Sicht als Rohstoffquelle für die Holzwirtschaft, für die Erholung und aus Naturschutzgründen als Lebensraum für Pflanzen und Tiere in ihrem Gesamtnutzen der Niederwaldwirtschaft deutlich überlegen. Eine kombinierte stoffliche und anschließend energetische Verwertung sollte Vorrang haben vor einer rein energetischen Verwertung. Nicht zuletzt profitierte davon auch unsere starke Möbelindustrie in Ostwestfalen und im westlichen Münsterland, wo allein 30 % der bundesdeutschen Möbelindustrie angesiedelt sind.

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Karthaus?

Bitte.

Bitte schön.

Frau Ministerin, wie bewerten Sie die Darstellung, die Sie zu den Niederwäldern hier vorgetragen haben, die ja weitgehend den Beschreibungen unseres Antrags entspricht, im Zusammenhang mit der Darstellung von Herrn Pick, dass dies völlig substanzlos sei?

Ich versuche ja verzweifelt, mich bei meinen Einlassungen im Parlament nicht in der Kritik an anderen zu üben, sondern meine Sachverhalte inhaltlich zu präsentieren. Das werde ich auch in diesem Fall machen.

Trotz seiner wichtigen Bedeutung als Energieholzlieferant gibt es im Vergleich zum Niederwald ertragreichere Möglichkeiten der Energieholzerzeugung. Dies sind zum Beispiel Kurzumtriebsplantagen auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen oder auch auf Industriebrachen. Zur Intensivierung der energetischen Nutzung hat die Landesregierung einen Vertrag mit der Firma RWE Energy AG unterzeichnet, der den Einsatz sogenannter Forstbiomasse bis 2020 in bis zu zehn Biomasseheizkraftwerken vorsieht. Wir sind offen gegenüber Projekten, die in diese Richtung angelegt sind. Wir haben generell ein großes Interesse daran, die Energieerzeugung aus Biomasse, also auch aus holzigen Pflanzen, zu steigern.

Aber wir bleiben dabei realistisch. Die Bäume wachsen im wahrsten Sinne des Wortes nicht in den Himmel. Gerade der Beitrag der Biomasse zu einer regenerativen Energieversorgung wird gerne überschätzt. Das liegt vielleicht daran, dass Biomasse für alles gut ist. Man kann sie einfach verbrennen und damit heizen. Man kann sie in KWK-Anlagen sehr viel effizienter einsetzen. Man kann sie vergasen, und man kann Treibstoff daraus herstellen.

Dies alles geht aber nicht gleichzeitig, sondern entweder-oder, denn die land- und forstwirtschaftlichen Flächen lassen sich nicht beliebig vermehren. Sollte unser Bedarf an Biomasse zu einem großen Importgeschäft vielleicht aus Sibirien werden, wären Zweifel an der Nachhaltigkeit angebracht. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Meine Damen und Herren, ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Ich komme zum Schluss der Beratung.

Wir stimmen jetzt ab über die Beschlussempfehlung des Umweltausschusses mit der Drucksache 14/5371. Der Umweltausschuss empfiehlt in dieser Drucksache, den Antrag der SPD-Fraktion Drucksache 14/4345 abzulehnen. Wer der Empfehlung abzulehnen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP. Wer ist dagegen? – SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es eine Enthaltung? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die

Beschlussempfehlung angenommen und der Antrag der SPD entsprechend der Empfehlung des Fachausschusses abgelehnt.

Wir stimmen zweitens ab über die Überweisung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/5342. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – federführend – sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie mitberatend. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer stimmt der Überweisung dieses Antrags der Grünen zu? – Ist jemand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Dann ist die Überweisung des Antrags einstimmig beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir kommen zu:

8 Impfen statt Töten: Verbreitung der Blauzungenkrankheit eindämmen

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/5349

Es handelt sich um ein interessantes Thema.

Ich eröffne die Beratung und erteile dem Kollegen Deppe von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat: Es ist ein interessantes Thema.

Als wir im August des vergangenen Jahres die ersten Meldungen über die neue Tiersseuche, die Blauzungenkrankheit, bekamen, hatten viele Fachleute gehofft, mit dem Einbruch der kalten Jahreszeit werde die Krankheit wieder aus unseren Breiten verschwinden. Inzwischen wissen wir, dass die Blauzungenkrankheit bei uns heimisch geworden ist und sich nach wie vor ausbreitet. Seit einer Woche umfasst die sogenannte 150-km-Zone praktisch ganz Deutschland.

Mehr als 18.000 Fälle – und „Fälle“ heißt hier landwirtschaftliche Betriebe – sind bundesweit registriert. Der Schwerpunkt mit 9.226 Betrieben am gestrigen Tag ist ganz eindeutig NordrheinWestfalen. Dieses Thema ist zwar nicht jeden Tag in den Medien, aber dies bedeutet einen Anstieg von 2 % im Vergleich zur Woche davor.

Alle Landesteile Nordrhein-Westfalens, in denen in nennenswertem Umfang Rinder, Schafe und

Ziegen gehalten werden, sind betroffen. Mit Ausnahme der reinen Ackerbaugebiete und der Großstädte ist es de facto das ganze Land.

Die Landwirte hängen an ihren Tieren, und mit jedem toten Tier erleiden sie nicht nur einen wirtschaftlichen Verlust, sondern sie verlieren viel mehr. Sie verlieren ein Lebewesen, um das sie sich gekümmert und gesorgt haben und dem sie trotz allen Engagements nicht helfen konnten. Ich sage es ausdrücklich von dieser Stelle aus in Richtung der Tausenden von betroffenen Landwirten in Nordrhein-Westfalen: Sie haben unsere Solidarität und unser Mitgefühl, und wir lassen Sie als Betroffene einer Naturkatastrophe nicht im Stich.

(Beifall von der CDU)