Meine Damen und Herren, auf der anderen Seite werden wir allerdings auch nicht dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zustimmen, sondern wir werden uns der Stimme enthalten. Er ist uns, schlicht gesagt, zu forsch.
Die teilweise sehr emotional auch in der Öffentlichkeit geführte Diskussion dieses Themas zeigt, dass man sehr verantwortungsbewusst zu einer Entscheidung kommen muss und dass man die heute noch Zweifelnden bzw. Unentschlossenen auf dem Weg zu dem neuen Ziel nicht ausgrenzen darf, sie mitnehmen muss, und zwar am besten, indem man sie von der Stichhaltigkeit und der Werthaltigkeit der Argumente für ein Tempolimit überzeugt, anstatt dass man ihnen einfach das Ergebnis überstülpt. Dabei sind präzise, nachprüfbare und aktuelle Daten gerade aus Nordrhein-Westfalen mehr als hilfreich.
Ich finde auch, dass der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in die richtige Richtung zielt und dass er sachlich gute Argumente beinhaltet. Sie machen uns aber einfach zu viel Zeitdruck bzw., um es salopp zu sagen, zu viel Tempo für das Tempolimit. Das sollte man nicht so einfach durchdrücken, sonst bekommt das auch einen Touch von Ideologie.
Wir Sozialdemokraten sind davon überzeugt, dass man einen solchen richtigen Schritt und auch auf dem Bundesparteitag in Hamburg für richtig gehaltenen Zielanspruch unideologisch und auf einer breiten Akzeptanzbasis mit einem möglichst breiten gesellschaftlichen Konsens am besten voranbringen kann. Deswegen bitten wir darum, un
Vielen Dank, Herr Kollege Tüttenberg. – Nun hat als nächster Redner für die Fraktion der FDP der Kollege Christof Rasche das Wort. Bitte.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Forderung, die Autofahrer in Deutschland mit einem generellen Tempolimit zu gängeln, kannten wir bisher nur von den Grünen. Nach Ihrem Hamburger Parteitag Ende Oktober gehört nun auch die SPD zu denjenigen, die mit reiner Symbolpolitik die Autofahrer weiter schikanieren wollen. Daran ändert auch der Entschließungsantrag der SPD-Fraktion nichts, in dem die Landesregierung aufgefordert wird, über eine Reihe von angeblich offenen Sachfragen Auskunft zu geben.
Meine Damen und Herren, alle Fakten liegen längst auf dem Tisch. Diese besagen eindeutig: Ein allgemeines Tempolimit ist weder zum Klimaschutz noch zur Erhöhung der Verkehrssicherheit wesentlich geeignet.
Herr Tüttenberg, Ihre Rede und auch Ihr Antrag haben nur ein Ziel: den Widerspruch zwischen dem SPD-Bundesparteitag auf der einen Seite und der NRW-SPD auf der anderen Seite, die nämlich gegen das Tempolimit ist, zu verbergen. Nur damit kommen Sie nicht durch.
Meine Damen und Herren, auf 99 % aller Straßen in Deutschland besteht bereits ein Tempolimit. Von den ca. 644.000 km, die das öffentliche Straßennetz umfasst, entfallen nur 12.000 km auf Autobahnen. Auf fast der Hälfte des deutschen Autobahnnetzes gibt es schon eine dauerhafte oder zeitweilige Geschwindigkeitsbegrenzung. Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, ist es völlig klar, dass der ökologische Nutzen eines Tempolimits auf Autobahnen verschwindend gering sein muss.
Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes würde sich die CO2-Emission lediglich um 0,3 % reduzieren. Der Verein Deutscher Ingenieure, VDI – die wissen eigentlich, wovon sie sprechen –, sieht den
Minderungseffekt sogar nur bei gerade 0,08 % der gesamtdeutschen CO2-Emissionen. Ein Geschwindigkeitslimit auf deutschen Autobahnen wäre dann wohl nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein des Klimawandels. Das sieht übrigens auch Umweltminister Sigmar Gabriel von der SPD so, der sagt: Tempo 130 hilft der Umwelt kaum.
Meine Damen und Herren, der beste Beitrag zum Klimaschutz ist die Vermeidung von Staus durch dynamische Verkehrsleitsysteme und den bedarfsgerechten Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Ziel muss es sein, den Verkehrsfluss zu verbessern.
Es macht keinen Sinn, Autofahrer auf leeren, gerade in Deutschland sehr gut ausgebauten Autobahnen bei guter Witterung und guten Sichtverhältnissen mit einem Tempolimit zu schikanieren.
Sind die Sicherheitsbedingungen dagegen nicht ideal, ist ein Tempolimit sehr wohl sinnvoll und bereits heute, meine Damen und Herren, Realität.
Um den Verkehrsfluss zu verbessern, müssen Systeme weiter ausgebaut werden, die eine aufkommensabhängige Verkehrssteuerung und Temporegulierung erlauben.
Meine Damen und Herren, das Tempolimit auf Autobahnen lässt sich auch mit dem Argument der Verkehrssicherheit nicht rechtfertigen. Obwohl 34 % des gesamten Verkehrs über Autobahnen läuft, liegt der Anteil der Unfälle mit Personenschäden nur bei 6,2 %. Die meisten Unfälle in Deutschland ereignen sich innerhalb geschlossener Ortschaften. Die meisten Todesopfer sind leider auf Bundes- und Landesstraßen zu beklagen.
Im Vergleich zu anderen EU-Staaten mit Tempolimit sind deutsche Autobahnen eher als ungefährlich einzustufen. Länder wie Österreich und Frankreich beklagen deutlich mehr Unfalltote, obwohl sie ein Tempolimit haben. Die Hauptursache für Unfälle ist unangepasste Geschwindigkeit und unterliegt damit selbst bei bestehenden Tempolimits der Eigenverantwortung der Autofahrer. Außerdem, meine Damen und Herren, zeigen die Erfahrungen in den USA, dass ein Tempolimit keinesfalls zum Bau von leistungsschwachen PKW führt.
Im Ländervergleich stellt sich die Frage: Warum sollen wir ein Tempolimit von 130 km/h in Deutschland einführen, wenn in Italien auf allen dreispurigen Strecken 150 erlaubt ist?
bilindustrie. Diese ist weltweit führend in der Premium-Klasse, bei starken, großen, technologisch anspruchsvollen Autos. Diese Leistungsfähigkeit wird täglich auf deutschen Autobahnen bewiesen. Ein Land, meine Damen und Herren, in dem jeder sechste Arbeitsplatz von der Automobilindustrie abhängt, sollte gewichtige Gründe haben, um Standortvorteile wesentlich zu reduzieren.
Meine Damen und Herren, der Beschluss des Bundesparteitages der SPD für 130 ist sachlich nicht zu begründen und ist vergleichbar mit einer Schnapsidee: aus dem Bauch heraus, ohne Sinn und ohne Verstand.
Die Grünen haben sich längst von einer seriösen Verkehrspolitik für alle Verkehrsträger, zu denen auch Straße und PKW gehören, verabschiedet: ein großes Risiko für Arbeitsplätze und Wohlstand in Nordrhein-Westfalen.
Meine Damen und Herren, warum sollten wir die Autofahrer in Nordrhein-Westfalen schikanieren und erhebliche Risiken für den Wirtschaftsstandort Deutschland eingehen, wenn die Beiträge für Klimaschutz und Sicherheit nachweislich überaus gering sind?
Pauschale Tempolimits sind dagegen nichts weiter als ein Rückfall in die grüne Symbolpolitik. Herr Becker, keine Person steht so wie Sie für grüne Symbolpolitik zulasten von Straßen, zulasten von Autos und zulasten der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Wittke das Wort. Bitte schön, Herr Minister.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich wollte eigentlich meine Rede mit der Frage beginnen, warum SPD und Bündnis 90/Die Grünen ihre achtjährige Regierungsverantwortung in Berlin nicht dazu genutzt haben, das, was Sie heute als grüne Landtagsfraktion hier beantragen, und das, was der SPD-Bundesparteitag in Ham
Nachdem aber Herr Kollege Tüttenberg einen Eiertanz par excellence hier hingelegt hat, erübrigt es sich, diese Frage zu stellen. Denn die Antwort haben Sie selbst gegeben. Sie selbst wissen, dass das Instrument eines generellen Tempolimits auf deutschen Autobahnen weder mehr Sicherheit noch mehr Klimaschutz bedeutet. Sie wissen, dass es ein untaugliches Mittel ist, um tatsächlich die Straßen sicherer zu machen, dass es ein untaugliches Mittel ist, um den Schadstoffausstoß von Automobilen zu reduzieren.
Darum ist das, was Sie in Hamburg beschlossen haben, allein ein Ablenkungsmanöver von anderen Beschlussfassungen in Sachen Afghanistan oder Bahnreform. Es war alleine ein Ventil, um der Parteilinken ein Stück weit das Wort zu reden. Sie in Nordrhein-Westfalen konnten sich nicht einmal dazu durchringen, den Bundesparteitagsbeschluss hier im Landtag noch einmal einzubringen. Das zeigt, dass Sie es nicht ernst meinen mit dem, was Sie dort beschlossen haben.
Meine Damen und Herren, selbst leibhaftige Bundesumweltminister und ihre Vorgänger haben in der Vergangenheit und in der Gegenwart immer wieder Zweifel daran geäußert, ob Klimaschutzziele überhaupt mit der generellen Einführung eines Tempolimits zu erreichen sind.
Ich möchte Ihnen einige Beispiele nennen. Bundesumweltminister Trittin hat 1999 beim Bundesumweltamt eine Studie in Auftrag gegeben mit dem Titel „Umweltauswirkungen von Geschwindigkeitsbeschränkungen“. Diese Studie kommt zu dem Schluss, dass – ich zitiere wörtlich –
„das Minderungspotenzial eines allgemeinen Tempolimits von 120 km/h sowohl für die Stickoxid- als auch die Kohlendioxid-Emissionen nur in der Größenordnung von 2 % liegen würde. „
In einer aktuellen Debatte hat der ehemalige Bundesumweltminister noch einmal ausdrücklich festgestellt, dass – wörtlich – „vor dem Hintergrund der Verringerung des klimaschädlichen Kohlendioxidausstoßes ein generelles Tempolimit von 120 km/h oder 130 km/h nicht zu rechtfertigen ist“. Recht hat Herr Trittin an dieser Stelle, meine Damen und Herren.
In das gleiche Horn stößt übrigens der aktuelle Bundesumweltminister. Herr Gabriel hat in einer Fernsehdebatte vor wenigen Tagen gesagt, dass die generelle Einführung eines Tempolimits eine ähnlich symbolträchtige Wirkung wie das heute praktizierte Mülltrennen hätte. Und auch da kann ich nur sagen: Recht hat der Herr Bundesumweltminister, wenn er klar und deutlich sagt, dass die generelle Einführung eines Tempolimits nicht dazu geeignet sei, die ambitionierten Klimaschutzziele von Bundes- und Landesregierung zu erreichen und zu einer kräftigen Absenkung von Kohlendioxid- und Stickoxidemissionen zu kommen.
Das gilt im Übrigen auch für die Lärmemissionen. Die gerade schon zitierte Untersuchung, die vom damaligen Bundesumweltminister Trittin in Auftrag gegeben wurde, hat erwiesen, dass die generelle Einführung eines Tempolimits von 120 oder 130 km/h zu einer Lärmreduzierung von weniger als 2 dB(A) führen würde und somit keine nachhaltige Wirkung für die Lärmschutzziele hätte. So können wir feststellen: Aus umweltpolitischen Gründen ist die Einführung eines generellen Tempolimits nicht erforderlich.