Im Übrigen: Derjenige, der es erlegt hat, war kein Christdemokrat, war kein Liberaler, war kein Bündnisgrüner, sondern das war Ihr Parteifreund Peer Steinbrück in Berlin, der Bundesfinanzminister, der schnell eingesehen hat, dass dieses Volksaktienmodell nicht dazu geeignet ist, die Probleme und die Herausforderungen der Bahn in den Griff zu bekommen.
Deshalb verwundert es schon ein wenig, dass Sie so tun, als hätten Sie mit diesen seligmachenden Parteitagsbeschlüssen von Hamburg den Stein der Weisen gefunden, wo schon nirgendwo anders mehr in der Republik über diesen Antrag von gestern gesprochen wird.
In der Tat: Die Diskussion ist über Sie hinweggeschwappt. Ich weiß nicht, ob Sie die vergangenen Wochen nicht mitbekommen haben. Ich finde es bemerkenswert, dass ein Antrag, der schon längst zu den Akten genommen worden ist, nämlich in die „Ablage rund“ abgelegt worden ist, überhaupt noch von Ihnen in diesem Hohen Hause diskutiert und vertreten wird.
Zur Sache, Herr Bischoff, weil Sie gesagt haben, im Gutachten von Prof. Ehlers stehe, ein Volksaktienmodell sei immerhin verfassungsgemäß. Ja, das ist richtig. Aber wenn Sie gerade aufmerksam zugehört haben – das sollte man in einer solchen Debatte tun –, dann werden Sie festgestellt haben, dass ich nicht nur die Verfassungswidrigkeit des Tiefensee-Entwurfes angesprochen habe. Ich habe gesagt, dass dieser Gesetzentwurf keine Diskriminierungsfreiheit, keinen Wettbewerb auf der Schiene ermöglicht. Ich habe gesagt, dass er
zulasten der Länder geht, weil große finanzielle Lasten auf die Länder abgewälzt werden. Ich habe insbesondere vorgetragen, dass die Gefahr besteht, dass Schienenstilllegungen auf kaltem Wege in der Fläche erfolgen, wenn dieser Gesetzentwurf tatsächlich verwirklicht wird.
Das waren nur vier Gründe. Ich könnte weitere Gründe aufzählen, die dazu geführt haben, warum wir Bundesländer – übrigens alle 16 Bundesländer, egal, ob sozialdemokratisch oder christdemokratisch oder wie auch immer regiert – gesagt haben, dieser Gesetzentwurf dürfe auf keinen Fall so Gesetzeskraft erlangen. Deshalb haben wir umfangreiche Änderungen angeregt, die mittlerweile aber obsolet geworden sind, weil ich davon ausgehe, dass Herr Tiefensee diesen Gesetzentwurf nun zügig zurückziehen wird.
Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie in diesem Haus, deshalb noch einmal: Bitte kehren Sie zu einer Sachpolitik zurück, die sich damit auseinandersetzt, wie wir die Herausforderungen der Deutschen Bahn tatsächlich lösen können. Bringen Sie eigene Vorschläge in dieses Parlament ein, damit wir wenigstens diskutieren können. Versuchen Sie doch nicht, mit Denkschablonen, die Ihnen irgendein Bundesparteitag vorgibt, eine verkehrspolitische Debatte in diesem Haus zu führen.
Diese Debatte hat noch einmal gezeigt, dass Sie plan- und perspektivlos sind, was die Zukunft der Deutschen Bahn anbelangt. Ich kann nur sagen: Gut, dass wir von Ihnen nicht im Bundesrat vertreten werden. Denn so können wir die Gelegenheit nutzen, eine Bahnreform mit Zukunft zu machen, die insbesondere den Erfordernissen NordrheinWestfalens gerecht wird. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich jetzt die Beratung.
Die Fraktionen haben sich entgegen dem Ausdruck in der Tagesordnung inzwischen darauf verständigt – Herr Lorth hatte das erwähnt –, über diesen Punkt nicht direkt abzustimmen, sondern den Antrag Drucksache 14/5359 einschließlich des Entschließungsantrags der Grünen Drucksache 14/5455 an den Ausschuss für Bauen und Verkehr zu überweisen. Die abschließende
Beratung und Abstimmung wird dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Ist jemand dagegen? – Stimmenthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.
Der Antrag wurde gemäß § 79 Abs. 2 Buchstabe b der Geschäftsordnung vom Plenum an den Ausschuss für Frauenpolitik überwiesen mit der Bestimmung, dass eine Beratung und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sprache und Gesellschaft sind nicht völlig losgelöst voneinander, sondern sie beeinflussen sich gegenseitig, und zwar auf sehr komplexe Weise. Dazu gibt es ausreichend Studien und Untersuchungen von Linguisten, Linguistinnen, aber auch von Sozialwissenschaftlern. Es beeinflusst sich wechselseitig. Deswegen ist klar, dass alle diejenigen, die die Gesellschaft verändern wollen, auch die Sprache verändern müssen. Die Sprache muss der Veränderung der Gesellschaft gerecht werden.
Wenn wir uns die Plenardebatten der letzten Monaten ansehen, in denen es darum ging, dass wir mehr Frauen in Wissenschaft und Technik, mehr junge Frauen in neue Berufsfelder, eine frauenfreundlichere Gesellschaft haben wollen, dann ist klar, dass gerade in diesen Arbeitsbereichen Sprache sehr stark prägt und dass sprachliche Veränderungen stattfinden müssen.
Wer also die Gesellschaft verändern will, der muss Sprache, Sprachnormen verändern, denn Sprache strukturiert das Denken. Sprache strukturiert alles das, was in unserem Kopf passiert. Dazu möchte ich ein Beispiel bringen:
liegen, wird von einem Zug erfasst und mitgeschleift. Der Vater stirbt bei dem Unfall, der Sohn überlebt und wird schwerverletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Bei der Einlieferung ins Krankenhaus ist der Zustand kritisch. Jede Sekunde zählt. Doch als der diensthabende Chirurg den OP betritt und den Jungen sieht, sagt er: Ich kann nicht operieren, das ist mein Sohn. – Das ist die Stelle, wo sich viele fragen, wieso das sein Sohn ist. Ja, nicht mit gesprochen, nicht mit gedacht: Der diensthabende Chirurg ist die Mutter des Sohnes.
Wir haben eine Sprache, in der immer wieder männliche Begriffe und Bezeichnungen für Frauen verwandt werden. Das prägt Bilder. Wir denken nicht die Chirurgin, die Mutter mit, wenn wir „Chirurg“ sagen, sondern wir denken immer an einen Vater und überlegen, welche Familienverhältnisse vorliegen könnten, ob es vielleicht der Stiefvater ist. Wir kommen nicht auf die Idee, dass der Chirurg die Mutter ist.
Viele andere Länder und auch Bundesländer sind sehr viel weiter als wir in Nordrhein-Westfalen und haben begriffen, dass sprachliche Gleichbehandlung notwendig ist. Das ist weiß Gott nicht schwierig. Die CDU blickt ja auch sonst immer gerne nach Bayern. Schon im Jahre 2003 – im Januar 2004 traten die Änderungen in Kraft – ist in den Organisationsrichtlinien von Bayern die sprachliche Gleichbehandlung neu geregelt worden. Wenn man alleine diese Regelungen in Nordrhein-Westfalen anwenden würde, dann wären wir um Lichtjahre weiter vorne.
Es gibt etliche andere Beispiele, zum Beispiel die Bundesstelle für Büroorganisation, die Universität Linz, die Regelungen in der Landesregierung Österreich, die Leitfäden des Landes SchleswigHolstein, andere Bundesländer, die Bundesregierung sowie angrenzende Länder. In der Schweiz gibt es einen Leitfaden zur sprachlichen Gleichbehandlung im Deutschen, der schon 1996 von der Bundeskanzlei herausgegeben worden ist. Wir hingegen sind noch lange nicht dort angekommen.
Wir haben diesen Antrag gestellt, nachdem wir uns noch einmal angesehen haben, wie es mit der Umsetzung dessen, was im Gleichstellungsgesetz steht, in Nordrhein-Westfalen aussieht. Wenn man sich Anträge, Veröffentlichungen der Landesregierung und Gesetzentwürfe ansieht, dann kann man durchgängig feststellen, dass es in allen Bereichen massiv hapert. Deshalb finden wir es wichtig, dass, wenn man sich klar macht, dass Sprache das Bewusstsein prägt, wir gemeinsame Vereinbarungen darüber treffen und festhalten, nach welchen Richtlinien wir mit unserer Sprache
Im Rahmen der Debatte im Frauenausschuss hat die Landesregierung gesagt, dass sie eine Normsprache entwickeln will. Vor dem Hintergrund finde ich es absolut unverständlich, warum man diesem Antrag nicht zustimmen will, denn wir wollen nicht mehr als eine Normsprache, mit der Geschlechtergerechtigkeit hergestellt wird, und zwar in den Ministerien, aber auch in den Fraktionen und im Landtag. Wir als Landtag müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu dem Antrag.
Vielen Dank, Frau Kollegin Steffens. – Jetzt hat für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Westerhorstmann das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist unstrittig, dass über die Sprache Welt wahrgenommen und interpretiert wird. Diese Erkenntnis ist weder neu noch sonderlich originell. Richtig ist aber auch, dass manche Zeitgenossen dies bis heute nicht verinnerlicht haben.
Die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verweist in ihrem Antrag darauf, dass bereits seit 1999 im Landesgleichstellungsgesetz eine entsprechende Regelung getroffen wurde, um der sprachlichen Benachteiligung von Frauen zu begegnen. Die Landesregierung hat in ihrer Stellungnahme ebenfalls darauf hingewiesen, dass diese Vorgabe nicht primär tatsächliche, sondern vielmehr gefühlte Diskriminierung beheben solle.
Wir sind uns wohl alle einig, dass die Gleichheit der Geschlechter ein förderungswürdiges Gut ist, welches meines Erachtens nicht Gegenstand von tagespolitischen Spielereien werden sollte.
Denn damit liefert man den Kritikern nur unnötiges Wasser auf die Mühlen. Wenn sich der Eindruck verfestigt, dass hier nur ein Antrag zur Profilierung gestellt wird, so leistet man der Sache insofern einen Bärendienst, als man damit unausgesprochen ein nicht unberechtigtes Anliegen verbrennt und als Munition für parteipolitische Spielereien herabwürdigt.
Meine Damen und Herren, wir verhandeln über einen Antrag, bei dem es darum geht, welche Assoziationen und Reaktionen Sprache hervorrufen
Danke schön. – Frau Westerhorstmann, Sie haben vorgetragen, dass Sie das als parteipolitische Profilierung ansehen. Warum sind Sie dann nicht auf das Angebot eingegangen, einen fraktionsübergreifenden Antrag dazu zu vereinbaren und zu gestalten?
Liebe Frau Kollegin Beer, ich würde Ihnen raten, zunächst einmal zuzuhören, dann würde sich vielleicht auch die Antwort ergeben.