Viele haben trotzdem Sorge, dass das demnächst nicht mehr möglich ist. Deshalb wird jetzt präzisiert, dass jedes Kind – auch das, das keine Beiträge zahlt – in Zukunft 45 Stunden in Anspruch nehmen kann. Das ist für viele, die Sogen hatten, eine große Beruhigung. Ich denke, wenn man so etwas nach einer parlamentarischen Beratung präzisierend in das Gesetz aufnimmt, hat das eine ganz wichtige Wirkung.
Dann ist im Konsens auf Vorschlag der LAGÖF ein Planungskorridor von 10 % eingeführt worden. Das ist mehr, als im Februar verabredet war. Die Träger hatten erst gesagt: 19 bis 21 Kinder, damit
können wir gut leben. Dann haben sie nachgetragen: Wir brauchen 18 bis 22. – Nun kann man von einem Konsensbruch reden, wenn man, nachdem 19 bis 21 verabredet sind und ich 19 bis 21 ins Gesetz aufgenommen habe, danach 18 bis 22 haben will.
(Britta Altenkamp [SPD]: Herr Minister, das ist so billig, das würde nicht einmal einer von uns machen!)
So kann man das machen, Frau Altenkamp. – Aber wir haben auch da gesagt: Wir verstehen die Sorge. Wir nehmen eine so große Veränderung vor und machen jetzt einen Planungskorridor von 10 %. Dazu brauchten Sie uns keine Demonstranten zu bringen, lieber Herr Jörg. Das ist ein Ergebnis …
Herr Minister, ich wollte nur darauf hinweisen: Die Redezeit ist abgelaufen. Sie können natürlich weitersprechen; das wird den anderen Fraktionen wiederum zugerechnet. Nur, damit Sie das im Blick haben! Danke schön.
Zu diesem Konsens, Herr Jörg, müssen Sie sich mal irgendwie mit Frau Asch einigen, was nun wahr ist. Sie merken an meiner Haltung, ich habe lange Gespräche geführt und hätte sie auch noch länger geführt. Frau Asch war das zu lange. Sie sagen, nur durch Demonstranten sei ich oder seien die Fraktionen dazu bewegt worden, etwas zu verändern.
Das, was da viele vorgetragen haben, wird sich nicht verändern. Wir wollen die Wahlfreiheit für Eltern, die Zeiten für Betreuungsverträge, mehr Geld im System. Aber wir haben die Träger ernst genommen und gesagt: Okay, wir verstehen, ihr braucht mehr Planungssicherheit. Und diese Planungssicherheit ist durch die Anträge der Fraktionen jetzt noch einmal erhöht worden.
Deshalb finde ich, Sie sollten jetzt nicht dazu aufrufen, den Widerstand weiter zu organisieren. Das können Sie zwar parteipolitisch machen, aber es
wird schiefgehen, weil viele, die dort arbeiten, ab morgen das große Interesse haben: Wie können wir das Gesetz zum Erfolg bringen?
Ich prophezeie Ihnen: Es gibt dort viele engagierte Menschen, die anders argumentieren als Sie und Frau Asch, die wollen, dass Kinder im Mittelpunkt stehen, die wollen, dass das Ganze ein Erfolg wird,
die wollen, dass das Geld – über eine Milliarde, so viel hat es noch nie gegeben – für die Kinder eingesetzt wird. Deshalb setze ich darauf, dass das Gesetz ein Erfolg wird, dass Kinder in den Blick rücken,
dass Familien gestärkt werden, dass wir bei der U-3-Betreuung aufhören, Schlusslicht zu sein in Deutschland, und dass es gelingt, für die vielen Kinder aus Zuwandererfamilien neue Bildungschancen zu schaffen,
weil wir eben zum Land der neuen Chancen werden. KiBiz ist ein riesiger Schritt, mit dem wir guten Gewissens, mit guten Zahlen, mit mehr Geld und mit mehr Bildung in die nächsten Auseinandersetzungen gehen. – Vielen Dank.
(Lang anhaltender Beifall von CDU und FDP – Britta Altenkamp [SPD] geht schon zum Rednerpult. – Wolfgang Jörg [SPD]: Warten Sie doch erst mal ab, was sie sagt!)
Vielen Dank, Herr Minister Laschet. – Wir kommen zum nächsten Redebeitrag. Für die SPD-Fraktion steht bereits Frau Kollegin Altenkamp am Pult. Bitte schön.
Minister Laschet hatte auch schon mal mehr Beifall. Das versucht man nun durch die Länge zu kompensieren. Aber lassen wir das! Auch das ist ein durchsichtiges Manöver.
Es ist heute sicherlich kein guter Tag für die Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen. Oder vielleicht doch? Denn dieses Gesetz am heutigen Tag markiert ganz sicher den Anfang
An keinem Gesetzesvorhaben wird die Janusköpfigkeit dieser Regierung so deutlich wie am KiBiz. Und schlimm für Sie: Die Menschen im Land, die Eltern, die Familien, haben lange erkannt, wie bei Ihnen die behauptete und die reale Politik auseinanderfallen.
Sie nennen Ihr Gesetz Kinderbildungsgesetz. Sie sagen, jetzt kommt Bildung in die Kitas. Tatsächlich aber haben wir es mit einem zwergenhaften Anspruch von Bildung zu tun. Denn Sie sind noch nicht einmal in der Lage, in Ihrem Gesetz frühkindliche Bildung zu definieren. Sie tun so, als gäbe es die Bildungsvereinbarung mit den Trägern von 2003 überhaupt nicht, denn Sie sind nicht bereit – das hätte nichts gekostet –, sie verbindlich ins Gesetz aufzunehmen.
Frühkindliche Bildung, Herr Minister – das sage ich Ihnen als Fachminister –, ist eben mehr als Sprachförderung oder die Vorbereitung auf die Schule. Sie aber verengen mit dem Auftrag, den Sie an die Kitas stellen, alles genau darauf. Es gibt also mit Ihrem Gesetz nicht mehr, sondern weniger Bildung.
Weil das viele Eltern und viele Menschen, die mit Kindertageseinrichtungen zu tun haben, begriffen haben, protestieren sie ganz heftig gegen dieses Gesetz.
Sie sagen, Sie verbessern das Betreuungsangebot für die unter Dreijährigen. Gerade eben haben wir das wieder gehört. Tatsächlich aber schaffen Sie den Unter-Dreijährigen-Ausbau über den Abbau von Qualitätsstandards. Das ist wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Sie sagen: Eigentlich wollen die Eltern ihre Kinder am liebsten zu Hause betreuen, wenn sie so klein sind. Anschließend schaffen Sie genau die Bedingungen, damit das eintrifft.
Die Eltern, vor allem die Mütter, bleiben zu Hause und betreuen ihre Kinder, weil die Qualität, die Sie mit diesem Gesetz in den Kindertageseinrichtungen anbieten, so schlecht ist. Sie betreuen ihre Kinder unter Verzicht auf Einkommen, berufliche Teilhabe und Karriere. Das ist Ihre Familienpolitik hier in Nordrhein-Westfalen.
Sie sagen: Mit den Buchungszeiten schaffen wir für die Eltern ein flexibles Angebot. – Tatsächlich aber legen Sie ein Finanzvolumen auf den Tisch, das das genaue Gegenteil erzielt. Für Träger entsteht so viel Planungsunsicherheit, dass Ihre Angebote eher starrer als flexibler werden. Tatsächlich steigt in Nordrhein-Westfalen der Bedarf nach echten Ganztagsplätzen, aber durch Ihr Gesetz haben die Träger deutlich größere Schwierigkeiten, diese Ganztagsplätze auch anzubieten.
Da hilft es den Eltern überhaupt nicht, Frau Doppmeier, dass wahrscheinlich die 25-StundenAngebote stark zunehmen werden, und die Öffnungszeiten flexibler. Denn eines ist klar: Wer hier flexibler werden muss, sind die Eltern. Die Eltern müssen nämlich in Zukunft schauen, wie sie Betreuung über Mittag und am Nachmittag organisieren. Das ist die Flexibilität, die Sie organisieren!
Sie sagen: Wir bringen mehr Wettbewerb in den Bereich der Kindertageseinrichtungen. Kommunen sollten frei sein zu entscheiden, wie hoch der Elternbeitrag ist; das schafft einen gesunden Wettbewerb. – Tatsächlich gibt es aber keinen Wettbewerb, sondern es gibt Kommunen, die deutliche Nachteile haben, und zwar von Anfang an in diesem Rennen, nämlich Kommunen in Haushaltsnotlagen. Denn die Eltern, die in diesen Kommunen leben, sind mit Ihrem Gesetz in der Situation, überhaupt nicht entscheiden zu können, wie lange ihre Kinder in die Kindertageseinrichtungen gehen können. Sie schaffen Bildungsnachteile von Anfang an. Es ist eben nicht so, dass die Kommunen in einen Wettbewerb treten. Die Wahrheit ist, die Familien und die Kinder in den Kommunen in Nordrhein-Westfalen treten in den Wettbewerb um ihre Bildungschancen. Das ist die Wahrheit über Ihr Gesetz.
Das ist besonders fahrlässig. Denn Sie wissen, wie sich der Elternbeitragsdefizitausgleich ausgewirkt hat, und Sie sind nicht in der Lage und nicht bereit, diese Fehlentscheidung zurückzunehmen.
Stattdessen kommen Sie mit einer pflaumenweichen Entschließung daher, deren gesetzliche Bindung gleich null ist. Und das ist – das muss ich Ihnen wirklich sagen – mein liebster Moment in diesem Gesetzgebungsverfahren: der Moment der Fraktionsvorsitzenden; denn jetzt kommt Kompetenz ins Spiel. Wie immer, wie Sie das auch schon bei der Gemeindeordnung und bei
anderen gemacht haben, kriegen Sie Ihren Koalitionsstreit nur mit einer Entschließung über die Bühne gebogen, die dann tatsächlich nicht mehr und nicht weniger ist als eine Verpflichtungserklärung für Sie selber, die aber gesetzlich überhaupt keine Bindung hat. Das ist der Grund, lieber Herr Lindner, warum die Kirchen Ihre Drohgebärde mit großer Gelassenheit ansehen.
Herr Minister, deutlich geworden ist, dass Sie nach wie vor die Proteste und die Ängste der Betroffenen nicht ernst nehmen. Sie haben eben gesagt, dass Sie eine große und schwere Umstellung im System vorhaben. Aber Sie sind nicht bereit, Übergangslösungen zu schaffen oder das auch nur in irgendeiner Form aufzunehmen, sondern Sie diskutieren darüber hinweg und meinen, die Opposition hätte Ihnen die Proteste besorgt und organisiert. Wenn Sie mit den Menschen so umgehen, dann ist es in der Tat der Anfang vom Ende Ihrer Regierung.