Protocol of the Session on September 20, 2007

Das Ba-Praktikum muss fachdidaktisch ausgerichtet sein. Daher verbietet sich allerdings die von Ihnen vorgeschlagene Anrechnung des Schulassistenzpraktikums, das ganz anders ausgerichtet sein soll.

Zur Reform der zweiten Phase konnte oder durfte die Baumert-Kommission keine Aussagen machen, doch tritt sie eher für eine Trennung als für eine Vermischung ein. Davon unterscheidet sich die radikale Lösung von Herrn Stahl. Die Eckpunkte bedeuten nun einen Kompromiss zwischen beiden Positionen. Aus meiner Sicht bleibt weiterer Reformbedarf für die zweite Phase, die

allerdings im Dialog mit allen Betroffenen und Experten diskutiert werden sollte.

Zum Schluss möchte ich noch einen Blick auf einen besonders interessanten Punkt werfen, der allerdings nur im Sprechzettel des Wissenschaftsministers auftauchte, nämlich die Ankündigung von rund 100 Millionen € zusätzlicher Mittel bis 2015.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU] und Ingrid Pieper-von Heiden [FDP])

Über diesen Geldsegen könnte man sich freuen, wenn es denn frisches Geld wäre. Man muss allerdings berücksichtigen, dass bei der Reform der Lehrerausbildung an anderer Stelle Geld eingespart wird,

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Hört, hört!)

nämlich durch die Verkürzung des Vorbereitungsdienstes und über die Einsparungen bei den Fachleitern.

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

Unter dem Strich bleiben dann 100 Millionen € eingesparte Mittel übrig – zufällig genau der Betrag, der in die Hochschulen fließen soll. Es ist also das bekannte Spiel von Schwarz-Gelb:

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Hört, hört!)

rechte Tasche, linke Tasche.

(Beifall von der SPD)

Hat die Schulministerin eigentlich schon gemerkt, dass sie bei diesem Spiel diesmal die Verliererin ist? – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Dr. Bovermann. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Frau Beer.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: So schnell verschwinden 100 Millionen €!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir machen es heute einmal so, wie es Lehramtsanwärterinnen erleben, wenn es um die Besprechung ihrer Unterrichtsstunden geht – Frau Ministerin kennt das ja –: In der ersten Runde gibt es die sogenannte warme Dusche für das, was positiv gelaufen ist. In der zweiten Runde hören sie dann, was noch nicht so gut ist;

das ist dann die kalte Dusche. Ich verspreche Ihnen heute Morgen eine gute Kneipp-Kur.

(Lachen von GRÜNEN und SPD)

Zuerst möchte ich für ein bisschen wärmende Berieselung sorgen: Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, es gibt bei den Eckpunkten einige klare Weichenstellungen, die wir als Grüne ausdrücklich begrüßen. Es ist völlig richtig, keine Unterscheide bei der Ausbildungsdauer der verschiedenen Lehrämter zu machen. Es darf auch keine Bachelor-light-Lehrer geben. Das ist die notwendige und überfällige Aufwertung der Ausbildung für die Arbeit mit Grundschulkindern, die wir immer gefordert haben. Die Arbeit mit jüngeren Kindern ist anders, aber sie ist nicht weniger wert

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

als zum Beispiel die Arbeit in der gymnasialen Oberstufe, deren Schüler zum Teil handverlesen – weil aussortiert – daherkommen. Ich lege Wert darauf und betone, dass die Grundschularbeit und die Grundschullehrerinnen auch in internationalen Leistungsstudien hervorragende Ergebnisse zu verzeichnen haben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ihnen haben wir diese Ergebnisse zu verdanken.

Die Grundschule braucht also mehr Unterstützung und Aufwertung. Sie müssen aufhören, an der Grundschule herumzudoktern, weil die Hauptbaustelle im System in Wahrheit in der Sekundarstufe I liegt. Gerade da passiert es durch das fatale Aussortieren, dass viel von dem verloren geht, was die Grundschullehrkräfte gut anlegen.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Oh!)

Zudem habe ich wahrgenommen, dass Sie auch die Überzeugung der Grünen teilen, dass die gleiche Ausbildungslänge auch eine gleiche Besoldung erfordert.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Hier erwarten wir von der Landesregierung eine klare Zusage an die zukünftigen Grundschullehrkräfte – nicht zuletzt um auch die Attraktivität dieses Berufes für die Männer zu steigern.

Wir Grünen begrüßen auch ausdrücklich die Bildung der Zentren für Lehrerausbildung mit Fakultätsrang. Das ist eine notwendige Aufwertung der Ausbildung an den Hochschulen, wenn dieser Ansatz konsequent weiter ausgestaltet und mit den notwendigen Kapazitätsberechnungen versehen

wird, damit sich Lehrerausbildung auch für die Lehrenden an den Hochschulen lohnt.

Die bisherigen Phasen der Aus- und schon gar nicht der Fortbildung sind nicht aufeinander bezogen. Oft genug entsteht der Eindruck, die entsprechenden Akteur/innen seien in unterschiedlichen Raumschiffen unterwegs. Klar ist aber: Alle gehören mit ihren speziellen Aufgaben und Stärken auf ein Schiff, da es sich um gemeinsame Mission handelt, die notwendige Professionalität für das Berufsfeld Schule zu entwickeln.

In diesem Sinne hat Professionalität Vorrang vor Polyvalenz. Ich persönlich folge sogar dem Satz von Hans-Dieter Rinkens vom Paderborner PLAZ, Polyvalenz gebe es gerade durch notwendige und ausgebaute Professionalität.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir brauchen in der Tat eine wissenschaftsreflektierte Praxis und eine praxisreflektierende Lehre sowie eine intensive didaktische Forschung. Deshalb begrüßen wir grundsätzlich das Ziel, die erste und zweite Phase enger miteinander zu verzahnen. Aber in Bezug auf die konkrete Umsetzung haben wir in der Tat etliche Fragen.

Sie haben der Expertenkommission unter dem Vorsitz von Prof. Baumert einige Denkverbote in den Auftrag geschrieben. Dazu gehört auch, die zweite Phase mit der Arbeit der Studienseminare, die Entwicklung und die Institutionalisierung einer Berufseingangsphase für Lehrkräfte, nicht mit zu untersuchen. Dazu gehört auch, dass die Anbindung an abgesicherte Prozesse der Fortbildung nicht in das Gutachten aufgenommen worden ist. Auf diese Fragen werden wir aber den Finger legen, damit die Verzahnung der Phasen auch wirklich gelingt und qualitativ mehr für Kolleginnen und Kollegen herauskommt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will noch einmal ganz deutlich sagen: Die Grünen wollen die Besten für den Lehrerinnenberuf gewinnen und ein attraktives Berufsfeld gestalten in einer Schule, die Chancengleichheit und Leistung gleichermaßen verpflichtet ist und die die individuelle Förderung mit der Stärkung des sozialen Zusammenhalts verbindet. Wer die Besten will, kann sich das unsägliche Gehampel, das Sie im Augenblick mit den Seiteneinsteigerinnen und mit der Eingruppierung in den TVL vollziehen, nicht erlauben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Schaffen Sie endlich Verlässlichkeit, sonst erleben wir einen Lehrerinnenexodus!

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Das ist die Aufgabe der Gegenwart, sonst brauchen Sie sich über die Zukunft gar keine Gedanken mehr zu machen.

Die Qualität der Ausbildung ist deutlich zu erhöhen. Wir müssen aus der Schule des 19. Jahrhunderts endlich die Schule für das 21. Jahrhundert machen, die sich auf kulturelle und soziale Heterogenität einzustellen versteht und die Verantwortung für das eigene Handeln übernimmt.

(Ralf Witzel [FDP]: Einheitsschule!)

Dass Sie das nicht anders verstehen können, ist mir klar. Aber über Ihren begrenzten Horizont, Herr Witzel, rede ich gar nicht.

(Lachen von Ralf Witzel [FDP] – Heiterkeit und Beifall von GRÜNEN und SPD – Wider- spruch von der CDU)

Ich rede über Zukunftsperspektiven für die Lehrerausbildung in NRW.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Es ist mehr als enttäuschend, dass Sie angesichts dieser Herausforderung den Ewiggestrigen durch Ihre Eckpunkte mit dem x-ten Aufguss Ihrer Schulformneurose mit schulformbezogenen Lehrämtern Tribut zollen mussten.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Bildungsziele und -standards sind die Referenz und nicht das gegliederte Schulsystem aus der Mottenkiste der ständischen Gesellschaft.