Protocol of the Session on August 24, 2007

„Für Köln/Bonn, dem Flughafen mit den meisten Nachtflügen in Europa, halten wir am Ziel eines generellen Nachtflugverbotes fest.“

Ihr Ziel ist – das haben Sie schwarz auf weiß an alle Bürgerinnen und Bürger in NordrheinWestfalen verteilt – ein generelles Nachtflugverbot. Da unterscheiden wir uns ganz gewaltig.

(Horst Becker [GRÜNE]: Das ist doch das Wahlprogramm von 1994!)

Denn das bedeutet das Ende des CargoStandortes Köln/Bonn und den Verlust dieser 10.000 Arbeitsplätze.

Die FDP will den Flughafen Köln/Bonn als Frachtdrehscheibe erhalten und fördern.

(Britta Altenkamp [SPD]: Herr Rasche, wenn man solche Freunde hat, braucht man keine Feinde zu haben!)

Deshalb freuen wir uns besonders darüber, dass FedEx sich für Köln/Bonn entschieden hat: 70 Millionen € werden investiert und etwa 500 neue Arbeitsplätze entstehen. Die Standortentscheidung von FedEx stärkt den Flughafen als eine der wichtigsten Frachtdrehscheiben Europas.

Mein herzlicher Dank geht dabei an unseren Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers, der an dieser Standortentscheidung beteiligt war.

Meine Damen und Herren, auf der anderen Seite geht es der FDP um die berechtigten Interessen der Anwohner. Der Flughafen hat unbestritten bei Schallschutzmaßnahmen eine Vorreiterrolle in Deutschland übernommen. Aber, meine Damen und Herren, die Frage der Kernruhezeit für den Passagierflugbetrieb wird seit vielen Jahren diskutiert. Genau in dieser Frage legt sich die Koalition heute ganz gradlinig fest, Herr Tüttenberg. Da gibt es überhaupt keine Frage. Das ist eine glasklare Festlegung am heutigen Tag.

(Achim Tüttenberg [SPD]: Am heutigen Tag, ja!)

Ich erzähle Ihnen gleich auch noch etwas zur Abstimmung im Verkehrsausschuss.

Die Koalition ist für eine Kernruhezeit beim reinen Passagierflugbetrieb.

In Punkt 2 des Ihnen vorliegenden Entschließungsantrages gibt die Koalition – vielleicht mit Unterstützung der Opposition – der Landesregierung einen glasklaren Auftrag.

Es haben ganz kurz vor dieser Debatte noch Gespräche mit der SPD-Fraktion stattgefunden. Sie haben gebeten, folgenden Satz zu streichen:

„Die 2005 abgewählte rot-grüne Landesregierung hat das Ziel, ein Nachtflugverbot für Passagierflugzeuge in der Kernruhezeit einzuführen, nicht erreicht.“

Wir sind Diplomaten, wir sind für breite Mehrheiten. Deswegen wird dieser Satz gestrichen. An der Tatsache aber, meine Damen und Herren, ändert das überhaupt nichts.

Die Koalition versucht, die Zukunft des Flughafens zu sichern und die Interessen der Anlieger zu berücksichtigen. Das ist der Unterschied zu den Grünen und ihren Worthülsen. Die Grünen versuchen – so wie das mit dem Wahlprogramm geschehen ist –, Flughafen und Anwohner gegenseitig auszuspielen, um am Ende selber davon zu profitieren. Herr Becker, das ist ein ganz mieses Spiel.

Herr Tüttenberg, warum hat die Koalition die Anträge im Verkehrsausschuss vor acht Tagen, wie Sie es gesagt haben, abgelehnt? Auch das will ich Ihnen sagen.

Die von den Grünen beantragte Abstimmung in Abschnitten ist eine reine Strategie und nichts anderes. Das ist nicht dumm gemacht, aber es bleibt

eine reine Strategie auf dem Weg, auch den Frachtverkehr am Flughafen Köln/Bonn völlig zu verhindern. Das sagt das Wahlprogramm. Vielleicht sollten Sie es auch noch einmal lesen.

(Martin Börschel [SPD]: Entweder in der Sa- che dafür oder dagegen – das haben Sie ge- rade erzählt! Das ist doch eine Eierei!)

Dieser Strategie – den Fehler haben Sie ja schon früher in Ihrer Koalition gemacht und die SPD ist dabei in der Verkehrspolitik völlig untergegangen – darf man doch als Plenum nicht folgen. Meine Damen und Herren, ich sage es Ihnen ganz deutlich: Ich werde den Grünen auf ihrem Feldzug gegen den Flughafen Köln/Bonn keinen Zentimeter folgen. Deswegen haben wir diese Anträge abgelehnt. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. -Als nächster Redner hat Herr Minister Wittke für die Landesregierung das Wort. Bitte schön, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die geltende Nachtflugregelung garantiert den bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens am 1. November 1997 am Verkehrsflughafen Köln/Bonn operierenden Frachtfluggesellschaften die Beachtung ihres Vertrauensschutzes auf weitere flugbetriebliche Entwicklung mit Fluggerät, das auf der Bonusliste des Bundesministers für Verkehr steht.

Nach Ziffer 11 Abs. 2 der Nachtflugregelung ist im fünfjährigen Turnus eine Überprüfung der Wirksamkeit der Lärmschutzmaßnahmen durchzuführen. Der im Jahr 2005 durchgeführte Lärmvergleich hat unstreitig eine Lärmminderung zum Ergebnis gehabt. Die zum Vergleich berechneten Lärmkonturen haben sich von 1997 bis 2005 um 2,25 % verringert; der Lärm hat also abgenommen, obwohl die Anzahl der Flugbewegungen zugenommen hat.

Neben dem rein zahlenmäßigen Rückgang hat sich vor allem die Qualität der eingesetzten Flugzeuge in punkto Lärmverursachung verbessert. Bei den nächtlichen Einzelschallpegeln über 75 dB(A) sind nach vollständiger Ausmusterung der nicht auf der Bonusliste verzeichneten Flugzeuge Rückgänge zwischen 30 und 90 % erreicht worden. Die erzielte Lärmminderung entspricht der Vorgabe der Nachtflugregelung.

Die bereits bestehenden Flugbetriebsbeschränkungen wie beispielsweise der ausschließliche Einsatz von lärmarmem Fluggerät, Lärmvermeidung durch eingeschränkte Nutzung des Bahnsystems oder lärmmindernder Anflugverfahren haben sich als effektiv und effizient erwiesen.

Es ist richtig darauf hingewiesen worden, dass mit einer weiteren Lärmreduzierung allein durch die Veränderungen bei DHL und Lufthansa Cargo zu rechnen sein wird. Selbst wenn FedEx ab 2010 auch von Köln/Bonn aus fliegen wird, bleibt die Zahl der Flugbewegungen auch in der nächtlichen Zeit kleiner als zuvor. Ein Eingreifen der Luftfahrtbehörde in den bestandskräftigen Flugbetrieb ist deswegen weder erforderlich noch wäre er verhältnismäßig.

Nun, Herr Becker, zu den Vergleichen, die Sie zu Leipzig anstellen: Die Rechtslage am Flughafen Köln/Bonn ist mit der Situation am Flughafen Leipzig/Halle überhaupt nicht vergleichbar. Der am Flughafen Köln/Bonn in der Nachtzeit durchgeführte Flugbetrieb beruht auf einer bestandskräftigen Nachtflugregelung, die Bestandteil der Flughafengenehmigung ist. Auf bestandskräftige Flughafengenehmigungen hat das Urteil zur Planfeststellung für den Flughafen Leipzig/Halle keinen Einfluss. Zum Flughafen Köln/Bonn ist weder ein Planfeststellungsverfahren noch ein Verfahren zur wesentlichen Änderung des Flugbetriebes anhängig, übrigens auch nicht seit gestern, bei dessen Entscheidung die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze und Abwägungskriterien in die Überlegungen einzustellen wären.

Zu der im Antrag enthaltenen Forderung, die Nachtflugregelung nicht über das Jahr 2015 hinaus zu verlängern, will ich Folgendes sagen: Die Flughafen GmbH hat mittlerweile in der Tat einen Antrag auf Verlängerung der Nachtflugregelung gestellt. Das Ministerium als oberste Luftfahrtbehörde wird diesen Antrag prüfen und über ihn entscheiden. Ich sage an dieser Stelle aber genauso deutlich: Wir werden mit der Genehmigung unsere Politik fortsetzen, den Luftverkehrsstandort Nordrhein-Westfalen weiter zu stärken.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir lösen damit ein Wahlversprechen ein, dass die Jobmaschine Flughafen in Nordrhein-Westfalen nicht abgehängt werden darf, wie das über sehr viele Jahre der Fall gewesen ist. Wir wollen Arbeitsplätze an den großen Verkehrsflughäfen. Wir sind glücklich darüber, dass wir an den Flughäfen Köln/Bonn und Düsseldorf Wachstum haben. Wir wollen diesen Weg konsequent weiter gehen.

(Beifall von der CDU)

Herr Tüttenberg, der Weggang von DHL und Lufthansa Cargo ist nicht eine gute und eine schlechte Nachricht, sondern ist ausschließlich eine schlechte Nachricht, weil damit über 1.000 Arbeitsplätze am Flughafen Köln/Bonn und weitere über 1.000 Arbeitsplätze in der Region wegfallen und damit die Wertschöpfung nicht bei uns im Lande, sondern künftig in Sachsen stattfinden wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will noch eine Warnung aussprechen: Wer glaubt, mit der heutigen Beschlussfassung würde sich von heute auf morgen etwas ändern, der streut den Menschen Sand in die Augen. Es haben sich ganz Generationen von Verkehrsministern in Bonn und Berlin, angefangen von Matthias Wissmann bis zu Herrn Tiefensee, die Zähne daran ausgebissen, irgendetwas an der Nachtflugregelung für Passierflugzeuge in der Kernruhezeit zu ändern. Herr Becker, auch wenn mittlerweile der erste Satz aus dem Beschlussvorschlag der Koalitionsfraktionen gestrichen ist, bleibt es richtig, dass auch die Vorgänger-Landesregierung es nicht hinbekommen hat, diese zwei verbleibenden Punkte aus der 22-Punkte-Liste umzusetzen. Das ist die Wahrheit, und das wird die Wahrheit bleiben.

Herr Minister, Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Frau Präsidentin, ich möchte gern im Zusammenhang vortragen.

Unserer Auffassung nach ist es erst bei einer materiellen oder umfassenden Änderung beispielsweise im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens möglich, dass die Regelung für den Nachtflug in der Kernruhezeit für Passierflugzeuge tatsächlich geändert werden kann. Ich sage freimütig: Ich hätte gern eine andere Regelung. Ich hätte es gern, dass ab morgen in der Kernruhezeit von 0:00 Uhr bis 5:00 Uhr Passierflugzeuge nicht mehr in Köln/Bonn starten und landen können. Ich vermag aber nicht etwas zu versprechen, was ich nachher nicht halten kann. Herr Becker, Sie sollten nicht den Eindruck erwecken, als wäre irgendjemand in diesem Lande in der Lage, eine solche Forderung zu erfüllen.

(Beifall von der CDU)

Das haben Sie acht Jahre lang nicht hinbekommen, das hat die Bundesregierung nicht geschafft,

(Horst Becker [GRÜNE]: Sie wissen ganz genau, warum!)

und wir sehen uns auch außerstande, das zum jetzigen Zeitpunkt unter den derzeitigen Verhältnissen tatsächlich zu verwirklichen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Wittke. Damit hat sich auch der Wunsch zu einer Zwischenfrage von Herrn Kollegen Tüttenberg erledigt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weise darauf hin, dass noch Redezeiten zur Verfügung stehen.

(Unruhe)

Ganz ruhig. Ich weise nur darauf hin, und zwar insbesondere diejenigen, die nicht zu Zwischenfragen zu Wort gekommen sind, dass es noch die Möglichkeit gibt, Redezeit zu nutzen.

Diese Möglichkeit nutzt der Kollege Becker für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, dem ich selbstverständlich gern das Wort erteile. Bitte schön, Herr Kollege.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, es ist ja kein Wunder, dass Sie Frau Brüning aufschreiben und selber immer wieder vortragen, dass das Leipziger Urteil nichts mit der Problematik Passagierflug zu tun hätte. Das ist aber deswegen nicht richtig. Ich sage Ihnen auch gerne, warum.

Es geht nicht um ein Planfeststellungsverfahren und nicht um die Laufzeit bis 2015. Es geht deswegen nicht darum, weil beim Inkrafttreten der Betriebsgenehmigung für diesen Flughafen im Jahre 1997 ganz klar festgehalten worden ist: Der Vertrauensschutz gilt nicht für zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen zwecks Einschränkung der Passagierflüge sowie des Einsatzes von Strahlflugzeugen mit einer höchstzulässigen Startmasse von mehr als 340.000 t im Frachtverkehr. Das ist ausdrücklich vom Vertrauensschutz ausgenommen und jederzeit einführbar.