Protocol of the Session on August 23, 2007

Das heißt nicht, dass die Landesregierung bisher noch nichts tut. Wir haben der Öffentlichkeit bereits vier Bausteine vorgestellt. Unsere Zielhierarchie ist: erstens Energieeinsparung, zweitens effizienzsteigernde Nutzung nicht zuletzt durch alternative Energiekonzepte und drittens Kraftwerkserneuerung. Auf eines dieser Felder zu verzichten schadet dem Wirtschaftsstandort NordrheinWestfalen.

Um die spezifischen Prioritäten für NordrheinWestfalen noch genauer zu formulieren, haben wir ein Gutachten an die EFFA GmbH in Berlin in Zusammenarbeit mit dem energiewirtschaftlichen Institut in Köln vergeben, dessen Ergebnisse wir noch in diesem Monat erwarten. Wir werden auf dieser Grundlage noch besser abwägen – und auch Prioritäten setzen können –, welche Maßnahmen für das Wohl des Landes am besten geeignet sind, um Klimaschutz, Versorgungssicherheit und wirtschaftliche Entwicklung gleichermaßen zu gewährleisten.

Herr Priggen, ich gebe Ihnen ausdrücklich recht, wenn Sie sagen, wir sollten hier nach der Kabinettsverabschiedung in Meseberg ruhig noch einmal darüber reden: Gibt es unterschiedliche Vorstellungen darüber, woran es liegt, dass bestimmte Dinge nicht vorangetrieben worden sind?

Aber gerade wenn Sie von der Kraft-WärmeKopplung sprechen, sage ich Ihnen: Wir müssen der Realität ins Auge sehen und davon ausgehen, dass die Fernwärmeschiene irgendwann nicht weiter ausgebaut würde, dafür aber die Gasnetze. Das reduziert die Chancen für die Kraft-WärmeKopplung. Aber danach müssen Sie diejenigen fragen, die damals den Ausbau der Gasnetze vorangetrieben haben.

Jetzt bräuchten wir Parallelinvestitionen, was ziemlich teuer und damit unwirtschaftlich ist. Wir müssen sehr intensiv darüber nachdenken, ob eine dezentrale Versorgung durch kleinere Anlagen an die Stelle der früheren Großnetze treten kann.

Letzte Anmerkung. Manche freuen sich darüber, dass das KfW-Programm zur Gebäudesanierung – zur energetischen Ertüchtigung – angeblich erheblich aufgestockt wird. Das Aufstocken wird nach meiner Überzeugung – Herr Römer, das sage ich auch an die Adresse der SPD gerichtet -deshalb nicht helfen, weil man die Bedingungen massiv verschlechtert hat. Lassen Sie sich von der KfW oder auch von uns einmal vortragen, wie stark die Nachfrage nach diesen Krediten zurückgegangen ist.

Da hilft kein Aufstocken des Volumens. Die Konditionen müssen wieder so sein, dass es für den privaten Häuslebauer interessant ist, sein Gebäude beschleunigt energetisch zu ertüchtigen. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie an geeigneter Stelle mit dafür werben würden. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin Thoben. – Für die SPD-Fraktion hat noch einmal Herr Abgeordneter Römer das Wort. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, ich bin Ihnen für Ihren Beitrag ausdrücklich dankbar, weil er – das meine ich gar nicht polemisch – eine Untermauerung unserer Position ist, dass wir das Thema wegen seiner Wichtigkeit und seiner Komplexität in einem Sonderausschuss behandeln sollten, um die Chancen auszuloten. Ich habe gerade mit Interesse vernommen, dass Sie sich jetzt als Klimaschutzministerin bezeichnen.

(Ministerin Christa Thoben: Bin ich!)

Damit verbinde ich auch die Hoffnung, dass endlich das vorgenommen wird, was Herr Uhlenberg seit vielen Monaten verweigert, was wir immer wieder eingefordert haben: Es geht um die Fortschreibung des Klimaschutzberichtes dieser Landesregierung. Dort können und müssen die Ziele festgelegt werden, um die es geht. Auch nach zwei Jahren schwarz-gelber Regierungskoalition habe ich bisher den Eindruck, dass Sie in diesem Bereich die Schulaufgaben, die NordrheinWestfalen machen muss, überhaupt nicht erfüllt haben.

Ihre Bilanz in diesem Bereich ist wirklich erschreckend. Sie tragen dazu bei, dass wir – das sage ich noch einmal ganz deutlich – bundespolitisch als Energie- und Klimaschutzland wirklich ins Hintertreffen geraten. Sie haben viele Hinweise auf bundespolitische Aktivitäten gegeben. Mir wäre wohler, wir kämen endlich dazu, dies auch in

Nordrhein-Westfalen mit Blick auf Chancen, die daraus entstehen, diskutieren zu können.

Ich weiß ja um die wahren Gründe, warum Sie einen solchen Sonderausschuss ablehnen, auch wenn Frau Fasse in sehr rührender Art und Weise das gerade sehr wortreich zu umschreiben versucht hat:

Erstens. Es ist in den Debatten immer wieder deutlich geworden – Herr Ellerbrock liefert dafür die Beispiele –, dass diese Koalition keine gemeinsame Position für einen zukunftsweisenden Klimaschutz in Nordrhein-Westfalen hat.

(Beifall von der SPD)

Sie werden eine solche gemeinsame Position auch nicht zusammenbringen.

Der zweite Grund, weshalb Sie es ablehnen, einen solchen Sonderausschuss einzurichten, ist der, dass Sie verhindern wollen, dass die Menschen in Nordrhein-Westfalen dies merken.

Ich will beide Punkte noch einmal kurz mit Zitaten belegen:

Der Kollege Ellerbrock hat am 6. April gesagt – ich zitiere –:

„Das Klima wandelt sich, ob wir nun etwas dagegen tun oder nicht.“

Bereits am 16. November letzten Jahres haben Sie gesagt:

„Es gibt kein Grundrecht auf ein konstantes Klima.“

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Ganz schlim- mer Satz!)

Die FDP – das darf ich mit Fug und Recht feststellen, Herr Ellerbrock – negiert also völlig die Handlungsnotwendigkeiten, die sich durch den Klimawandel ergeben.

Ich zitiere weiter:

„Wir brauchen kein Klimaschutzkonzept für NRW.“

Das hat der Kollege Kemper für die CDU am 25. Januar in der Debatte über Kyrill hier festgestellt.

Am 3. Mai begibt sich der Kollege Weisbrich sogar in den Weltraum und erklärt uns:

„Nun ist es klar, dass es auf dem Mars keine Menschen gibt. Denken Sie doch einmal darüber nach, wie das Phänomen zustande kommt, dass es auf dem Mars schneller warm wird als auf der Erde.“

Etwas anders hat sich der Umweltminister eingelassen. Er hat hier im Plenum am 16.11.2006 gesagt:

„Ich räume ein, dass wir mit dem Klimawandel große Probleme haben.“

Er hat weiter gesagt:

„Auch der Orkan Kyrill ist eine Folge des Klimawandels.“

So zitieren ihn die „Aachener Nachrichten“ vom 26.01.2007.

So weit zu diesem Punkt! Die Koalition hat keine gemeinsame Position.

Nun zu Punkt 2: Die Koalition will nicht, dass die Menschen in NRW diese Konzeptionslosigkeit bemerken. Auch hierzu bemühe ich den Kollegen Weisbrich, der uns am 14. Juni erstaunlich offen gesagt hat – Zitat –:

„Was haben wir von einem zusätzlichen Ausschuss, wenn zwei oder gar drei Minister darin herumrühren? Das gibt doch keine einheitliche Perspektive und keine einheitliche Lösung.“

So weit der Kollege Weisbrich. – Genau das ist Ihr Problem: Sie haben keine einheitliche Perspektive und keine einheitliche Lösung, und Sie wollen nicht, dass dies im Landtag und in der Öffentlichkeit bekannt wird.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will noch einmal herausarbeiten, warum denn dieser Sonderausschuss gute Möglichkeiten bietet, alle Chancen und Risiken des Klimawandels für das Energieland Nummer eins angemessen und über die Grenzen der Fachausschüsse hinweg zu beraten. Frau Thoben, wir wollen vor allem die Chancen eines wirksamen Klimaschutzes nutzen. Die Chancen sind im Übrigen groß. Manches haben Sie in Ihrem Beitrag ja herausgestellt. Groß sind die Chancen für die Menschen, für die Umwelt und für die Wirtschaft. Gerade im Industrie- und Energieland Nordrhein-Westfalen kann der Klimaschutz dann zum Motor des Fortschritts werden,

(Ministerin Christa Thoben: Das ist er doch längst!)

wenn wir uns klare, ehrgeizige und auch realistische Ziele setzen. Darum geht es: Minderungsziele setzen bei dem Treibhausgasausstoß und Ausbauziele beim Einsatz von erneuerbaren Energien. Solche Ziele bieten die Chance für Innovation, für neue Produktionsprozesse und neue Pro

dukte. Wir würden Sie herzlich gerne dazu einladen, das in dem von uns beantragten Sonderausschuss gemeinsam zu diskutieren, damit wir im Landtag, Frau Fasse, als das Hohe Haus, das dafür Verantwortung hat, unserer Verantwortung nachkommen.

Stimmen Sie unserem Antrag zu. Sie täten vor allen Dingen den Menschen in unserem Land einen großen Gefallen und würden ihre Interessen gut treffen. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Römer. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Weisbrich das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Römer, Herr Stinka, mir ist an und für sich rätselhaft, warum wir uns ausgerechnet mit diesem Antrag zum x-ten Mal befassen müssen. Da haben die Grünen und die Koalitionsfraktionen schon ganz andere Anträge gestellt. Der Inhalt Ihres Antrags ist Schnee von gestern. Konsequenzen für Nordrhein-Westfalen aus dem IPCC-Bericht haben wir in diesem Haus bereits am 7. Februar diskutiert. Am 9. März folgte die Debatte über den Antrag der Koalitionsfraktionen „Handlungsoffensive der Landesregierung zum Klimaschutz konsequent fortsetzen“. Selbst die organisatorischen Aspekte sind doch längst geklärt.

Meine Damen und Herren, was wir hier auf Wunsch der SPD veranstalten, ist reine Geschäftelhuberei. Um es deutlich zu sagen, liebe Genossen: Sie stehlen dem Parlament Zeit!

(Beifall von der CDU)