Für die weiterführende Schule setzen wir auf die Gemeinschaftsschule. Hier sollen alle Kinder unter einem Dach von einem Kollegium unterrichtet werden. Dieses Konzept wird von vielen in unserem Land heute schon unterstützt. Auch hierfür gibt die WDR-Umfrage gute Hinweise. 49 % wollen noch die Dreigliedrigkeit behalten, 40 % sind aber schon Befürworter der Gemeinschaftsschule. Dabei haben wir unseren Parteitag noch gar nicht gehabt. Wir haben noch gar nicht entschieden, und wir haben noch gar nicht mit Kampagnen angefangen. Das ist ein guter Wert, auf den sich aufbauen lässt.
Das gegliederte deutsche Schulsystem führt zu starken Benachteiligungen und zu sozialen Ungerechtigkeiten und leider auch zu schlechten Ergebnissen. Auch das war heute wieder zu lesen. In der „Rheinischen Post“ steht: Jeder dritte Schüler kann kaum lesen.
Wie viele Jahre wollen Sie denn noch darauf warten, endlich Verantwortung zu übernehmen, Herr Kollege? Wie lange dauert es denn noch?
Interessant ist bei dieser Studie ein Blick auf die Gymnasien. Dort erreichen 35 % der Schüler von vier Kompetenzstufen nur die Stufen 1 und 2. Ich glaube, einen besseren Hinweis darauf, dass das Schulsystem in dieser Form nicht leistungsfähig genug ist, kann es nicht geben.
Der Finanzminister hat vorhin gern Göran Persson zitiert. Vielleicht sollten Sie einmal schauen, was die in Skandinavien in der Bildungspolitik machen. Vielleicht hilft Ihnen das dann auch weiter. Manchmal soll man ja von anderen lernen können.
Sie ignorieren den Wunsch vieler Eltern und den Rat von anerkannten Experten. Sie bauen stattdessen durch den Sonderweg der Gymnasien neue Mauern auf.
Übrigens kritisiert diesen Sonderweg auch – ich weiß nicht, ob die Kollegen von der FDP das mitbekommen haben – Patrick Meinhardt. Das ist der bildungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Er hat nach der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom 15. August darauf hingewiesen, dass die Durchlässigkeit zwischen den Schulformen durch diesen Sonderweg verloren geht – das ist eine gute Erkenntnis –, die aber für die Bildungsgerechtigkeit unerlässlich sei.
Meine Damen und Herren von der FDP, vielleicht sollten Sie mit dem Kollegen häufiger einmal essen gehen. Vielleicht hilft das ja.
Meine Damen und Herren, wir müssen, um die Zukunft für unser Land erfolgreich zu gestalten, so viele Kinder wie möglich zu einem guten Schulabschluss führen. Das geht nur, wenn wir wirklich Chancengerechtigkeit herstellen. Wir müssen viel mehr Kinder zu höheren Abschlüssen führen. Viel mehr!
PISA hat uns aufgezeigt, was zu tun ist. Der Facharbeitermangel kostet uns in Deutschland jährlich 20 Milliarden €, sagt eine Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministers. Meine Damen und Herren, das können und sollten wir uns nicht leisten.
Für uns ist klar: Wir müssen vorangehen. Man muss Mut haben. Man braucht Mut. Wir haben diesen Mut. Sie verweigern sich allen Diskussionen. In der letzten Zeit haben Sie danach gefragt, wann wir einen Gesetzentwurf auf den Tisch legen. Diesen Gesetzentwurf werden wir vorlegen, und zwar wenn wir regieren. Warten Sie es ab!
Wir wollen keine Schnellschüsse, und wir produzieren auch kein Chaos, sondern wir machen das mit großer Sorgfalt, Schritt für Schritt. Ich finde es außerordentlich interessant, dass Sie für diese Plenartage eine Aktuelle Stunde beantragen, in der Sie über unseren Leitantrag zu unserem Parteitag debattieren wollen, der noch gar nicht entschieden ist. Das ist ein ziemlich einmaliger Vorgang. Wir freuen uns darüber, dass wir noch einmal Gelegenheit erhalten, den Menschen draußen im Land unsere Positionen zu verdeutlichen. Wir freuen uns auf eine anregende Debatte, Herr Ministerpräsident.
Herr Wüst, ich weiß nicht, ob das stimmt, weil ich es nur höre: Sie arbeiten an einem Schwarzbuch über unsere Bildungspolitik. Das sollten Sie weiter tun. Ich habe vorhin schon festgestellt, dass Ihre politische Erfahrung geringer ist, als man annehmen konnte. Herr Kollege Wüst, ein Schwarzbuch ist ein klassisches Oppositionsinstrument. Warten Sie damit noch bis 2010. Dann lohnt es sich.
Sie enttäuschen die Menschen nicht nur in der Bildungspolitik, weil Sie sich den Diskussionen versagen, sondern Sie enttäuschen die Menschen auch in anderen wichtigen Bereichen, in lebenswichtigen Bereichen wie zum Beispiel der Gesundheit. Investitionspauschalen werden eingeführt. Darüber lässt sich diskutieren. Aber indem Sie in diesem Jahr wiederum keine neuen Investitionen zulassen, begehen Sie Wortbruch, Herr Minister.
Das geht so nicht. Die Menschen haben sich darauf verlassen. Hier geht um die gesundheitliche Leistung für die Bürgerinnen und Bürger.
Dieser Bereich ist hochsensibel. Sie wissen doch, dass man dort investieren muss, damit man eine qualitativ vernünftige Leistung erbringen kann.
Doch während Sie Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser im Regen stehen lassen, sind Sie, schaut man in den Haushalt, beim Stellenzuwachs weiterhin so großzügig wie am Anfang Ihrer Amtszeit, Herr Ministerpräsident.
Interessant ist auch, dass Sie sich in der Staatskanzlei sechs neue Stellen genehmigen wollen, davon zwei alleine zur Verstärkung Ihrer Pressestelle. Wir wissen das zu werten.
Meine Damen und Herren, der Finanzminister hat im Vergleich zum Vorjahr für das Jahr 2008 1,19 Milliarden € Steuermehreinnahmen veranschlagt. Bis Ende Juli diesen Jahres ist gegenüber dem Vorjahr sogar ein Steuerplus von 2,67 Milliarden € in die Landeskassen geflossen. Wahrscheinlich wird es noch mehr werden. An dieser Stelle muss man daran erinnern, dass Finanzminister Linssen versprochen hatte, alle Mehreinnahmen vollständig in den Abbau der Neuverschuldung zu stecken. Dieses Versprechen ist erneut gebrochen worden.
Im Jahre 2008 wollen Sie 500 Millionen € der 1,19 Milliarden € zusätzlicher Steuereinnahmen zur Finanzierung höherer Ausgaben verwenden.
Herr Minister Linssen, Sie wollten sich doch als Haushaltssanierer profilieren. Ich befürchte, das ist Ihr Beitrag zum Thema „kreative Ökonomie“.
Meine Damen und Herren, zusammenfassend müssen wir feststellen, dass Sie die Menschen erneut täuschen und enttäuschen. Mit jedem Haushalt, den Sie verabschieden, wird klarer, dass Sie nicht halten, was Sie versprechen, nicht willens sind, klare politische Prioritäten für die Kinder in unserem Land zu setzen. Mit jedem Haushalt wird auch den Menschen klarer, dass weder Ihr „Privat vor Staat“ noch das „Staat statt Privat“ der Linkspartei der richtige Kurs für unser Land sind. Für uns gilt „Privat und Staat“. Für uns steht ein funktionierendes und für die Bürgerinnen und Bürger bezahlbares Gemeinwesen im Mittelpunkt.
die Redenschreiber wollen beschäftigt sein –: „Die Marktwirtschaft muss sozial bleiben“. Herr Ministerpräsident, soziale Marktwirtschaft darf und
kann nicht nur auf dem Papier stehen. Soziale Marktwirtschaft muss mit konkreten Inhalten und konkreter Politik gestaltet werden. Soziale Marktwirtschaft bedeutet deshalb, dass sich der Staat, das Land nicht zurückziehen darf, sondern den Rahmen gestalten, politische und soziale Verantwortung übernehmen muss. Fangen Sie endlich damit an.
Vielen Dank, Frau Kollegin Kraft. – Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf nun für die Fraktion der CDU dem Fraktionsvorsitzenden Helmut Stahl das Wort geben.