Nach Abschaffung der Stichwahl und der Entkopplung der Bürgermeister- und Ratswahlen jetzt der nächste Manipulationsversuch!
Ja, das darf man als Demokratin bei dem, was da gerade passiert, mit Fug und Recht sagen, meine Damen und Herren von der FDP.
Herr Ministerpräsident, Ihr Generalsekretär offenbart damit ein fragwürdiges – ich finde: ein erschreckendes – Verhältnis zur Demokratie.
Sie offenbaren damit Ihre Ignoranz den 14 Millionen Wählerinnen und Wählern gegenüber, die innerhalb von vier Wochen zweimal zur Wahl gehen sollen, weil Sie Ihre Macht gefährdet sehen. Das ist der alleinige Grund für diese Vorschläge.
Das Schlimme daran ist die Botschaft an die Kommunalpolitikerinnen und -politiker, auch die der CDU. Sie nehmen bewusst in Kauf,
dass die mit einer viel geringeren Wahlbeteiligung abgespeist werden. Das entspricht nicht guten demokratischen Regeln, meine Damen und Herren.
Auch ein Blick auf die Kostenseite ist interessant. Es wird davon gesprochen, dass diese Trickserei, das Auseinandernehmen der Wahltermine, rund 40 Millionen € kosten wird. Ich darf noch einmal daran erinnern; ich habe es gerade gesagt: 10 Millionen € geben Sie für die Kinder, 40 Millionen € würde uns dieses Tricksen kosten.
(Christian Lindner [FDP]: Die Zahlen stim- men nicht! – Rainer Schmeltzer [SPD]: Dann sind es vielleicht 42 Millionen €!)
Herr Ministerpräsident, nur 10 Millionen € geben Sie an dieser Stelle aus, aber locker 40 Millionen € auf der anderen Seite. Ihr Schiff gerät in Schieflage. Sie produzieren Wahlfrust und Politikverdrossenheit. Sie schaden der Demokratie, weil für die Menschen der Eindruck entsteht, sie seien nur Spielball politischer Winkelzüge.
Herr Ministerpräsident, Sie haben heute die Gelegenheit, hier in der Öffentlichkeit dieses unsägliche Spiel zu beenden. Ich fordere Sie dazu auf.
Meine Damen und Herren, bleiben wir beim Haushalt: Der Haushalt ist das Buch der Wahrheit. Diese Wahrheit passt so gar nicht zu den tollen Überschriften, die Sie so gern produzieren und auch lesen wollen. Bildung hat bei Ihnen keine Priorität. Sie sind nur für Überschriften und Schlagworte gut. Ein Zuwachs von 40 Millionen € im Schuletat ist keine politische Schwerpunktsetzung, meine Damen und Herren von CDU und FDP. 40 Millionen € mehr bei einem Gesamtetat von 50 Milliarden € bilden keine adäquate Schwerpunktsetzung für den Bereich Bildung.
Wir sind übrigens gespannt – wenn Sie vielleicht gleich darauf eingehen –, mit welchem modischen Schlagwort Sie uns nach dem nächsten bildungspolitischen Symposium überraschen werden. Dieses Symposium kostet – ich zitiere aus Einzelplan 05, Seite 143 – die nicht unbeträchtliche Summe von 100.000 €. Wir sind gespannt darauf, Frau Ministerin, mit welchen Ideen Sie da wieder auf uns zukommen.
Auch mit Ihrer Initiative für Samstagsunterricht agieren Sie völlig an den Menschen vorbei. Kaum jemand folgt Ihnen in dieser Frage. Das dürften Sie bemerkt haben. Vielleicht muss man ja auch um die Ecke denken, und Sie wollen auf diese Weise verhindern, dass die Menschen an Samstagen gegen Ihre Politik demonstrieren.
Es ist ein wichtiges Thema, in NordrheinWestfalen dafür zu sorgen, dass der Unterricht in adäquater Weise organisiert werden kann. Was jetzt an den Gymnasien läuft, dass die Kinder neun oder zehn Stunden ohne Mittagessen dort sitzen, das geht nicht. Da hilft auch nicht Unterricht am Samstag. Wir brauchen ein vernünftiges Ganztagskonzept. Das hat uns schon PISA gesagt. Wir haben zu wenig Unterricht, und wir brauchen ein vernünftiges Ganztagskonzept.
Gute Bildungspolitik lässt sich nicht mit Schnellschüssen und Flickschusterei betreiben. Wir als SPD haben uns auf den Weg gemacht. Wir haben lange diskutiert, Meinungen gesammelt und Fachleute befragt. Es war ein langer Weg. Wir wissen auch, dass uns Blockadepolitik nicht aus dem Tal bringt, in dem wir uns im Augenblick befinden.
Wir wissen, dass es Mut für neue Ideen und neue Wege braucht. Diesen Mut in zentralen Fragen der Landespolitik wie etwa in der Bildungspolitik bringt die schwarz-gelbe Koalition nicht auf. Das ist schlecht für unser Land.
Wir haben ein umfassendes Gesamtkonzept von der frühkindlichen Bildung und Betreuung bis zur Weiterbildung und zur Hochschulbildung entwickelt. Dabei sind wir von vier zentralen Leitsätzen ausgegangen:
Und: Die Angebote und die Qualität im vorschulischen Bereich müssen spürbar ausgebaut und verbessert werden.
Alle Experten sagen uns, dass der frühkindlichen Bildung entscheidende Bedeutung zukommt. Hier werden die Weichen gestellt. Darum brauchen wir mehr Plätze für unter Dreijährige. Wir brauchen einen Rechtsanspruch ab dem ersten Geburtstag, einen Bildungsförderplan für jedes Kind und die schrittweise Beitragsfreiheit verbunden mit dem verpflichtenden letzten Kindergartenjahr.
Herr Ministerpräsident, Ihr Kollege Wulff in Niedersachsen hat das übrigens gerade eingeführt. Auch in der Bundespartei wird das nicht anders gesehen. Wie in dieser Woche in einem Antrag,
der dem Bundesvorstand vorlag, zu lesen war, hat die CDU jetzt auch vor, das letzte Kindergartenjahr verpflichtend und beitragsfrei zu gestalten.
Mich hat dabei gewundert: Der Antrag soll von Herrn Minister Laumann vorgestellt worden sein, wie ich der „Süddeutschen Zeitung“ entnommen habe. Wir fragen uns jetzt natürlich, warum Sie nicht in diesem Land damit anfangen.
Für die weiterführende Schule setzen wir auf die Gemeinschaftsschule. Hier sollen alle Kinder unter einem Dach von einem Kollegium unterrichtet werden. Dieses Konzept wird von vielen in unserem Land heute schon unterstützt. Auch hierfür gibt die WDR-Umfrage gute Hinweise. 49 % wollen noch die Dreigliedrigkeit behalten, 40 % sind aber schon Befürworter der Gemeinschaftsschule. Dabei haben wir unseren Parteitag noch gar nicht gehabt. Wir haben noch gar nicht entschieden, und wir haben noch gar nicht mit Kampagnen angefangen. Das ist ein guter Wert, auf den sich aufbauen lässt.