Ein weiteres Werkstattgespräch zur Rolle und Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird folgen.
Frau Kollegin Nell-Paul, Sie haben eben drastisch und fast schon sarkastisch gesagt, hier würde nichts geschehen. Haben Sie übrigens gar nicht den Punkt 111 der Großen Anfrage durchgelesen? Dort wird eine ganze Reihe von Unterpunkten aufgeführt, in denen das Engagement der Landesregierung aufgezeigt wird. Ich möchte der Landesregierung im Namen der CDU-Landtagsfraktion ganz herzlich für dieses Engagement danken und klarmachen: Hier tut sich mehr als bei Ihnen!
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Koalition ist dabei, die Medienpolitik in diesem Lande zu erneuern. Wir lassen uns von der Devise leiten, dass viele Akteure im Land sind, die bei geeigneten Rahmenbedingungen noch mehr Kräfte entfalten könnten.
Wir gehen weg von einer von oben herab verordneten Glückseligkeit. Wir vertrauen den Medienschaffenden und werden ihnen dabei helfen,
Liebe Kolleginnen und Kollegen, herzlichen Dank, Herr Dr. Brinkmeier. – Am Podium sehen Sie meinen geschätzten Kollegen Keymis. Er darf für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort ergreifen. Bitte schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Moron! Ich ergreife gerne das Wort und freue mich auf die nachfolgenden Beiträge. Mein eigener Beitrag soll gar nicht so lang werden, weil wir es mit einer Großen Anfrage zu tun haben, die – das muss man sagen – schon sehr weit zurückliegt, Frau Kollegin Nell-Paul, und deren Beantwortung schon einige Zeit her ist. Es ist völlig klar, dass in dem schnellen Wandel in der Medienwelt, in dem wir uns aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung und immer neue Zusammenschlüsse und die aufgeworfenen Fragen, die Sie im Zusammenhang mit der Zusammenführung von Kanälen und Inhalten angesprochen haben, befinden, natürlich insgesamt die Zeit so schnell vergeht, dass es nicht leicht ist …
Herr Kollege, gestatten Sie, obwohl Sie noch nicht viel haben sagen können, eine Zwischenfrage Ihrer geschätzten Kollegin Nell-Paul?
Lieber Kollege Keymis, würden Sie mir zustimmen, dass die Drucksache uns vom 11.12.2006 vorliegt, was sechs Monate zurückliegt, und dass es sicherlich nicht der Zeitraum der letzten sechs Monate war, in dem wir Digitalisierung, Medienordnung, KEG, OnlineAngebote, EU-Richtlinie diskutieren?
Vielen Dank für die Frage. Ich stimme dem sehr zu; das ist so. Wir diskutieren das schon länger. Der Beleg dafür ist übrigens der eigene Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom Mai 2006, in dem wir mit einem großen Antrag zur Zukunft der Medien in NRW alle diese Fragen schon angesprochen haben. Die SPD hat – muss man sagen – mit dieser Fleißarbeit von 128 Fragen an die Regierung natürlich entsprechende Fragen aufgeworfen. Als größere Fraktion kann sie ja auch mehr Fragen stellen.
Fairerweise muss man auch anerkennen: Die Beantwortung dieser Fragen unterliegt einem laufenden Prozess. Von daher bin ich mit vielen Antworten zwar nicht unzufrieden, bin aber insgesamt – auf den Punkt müssen wir noch einmal eingehen – mit dem, was sozusagen in dieser Beantwortung in die Zukunft weist, nicht zufrieden. An der Stelle ist es wirklich nicht hinreichend. Frau Kollegin NellPaul hat eine Reihe wichtiger Beispiele genannt.
Herr Kollege Brinkmeier, ich habe auch festgestellt, dass Sie bestimmte Fragen so, wie Sie sie aufgearbeitet haben, offenbar nicht im Zusammenhang mit der Beantwortung gesehen haben, sondern schon mit Blick auf das, was Sie offenbar für viel wichtiger nehmen als die Antwort Ihrer eigenen Regierung, nämlich die 92 Seiten der Kommission.
An der Stelle bin ich irgendwie unempfindlicher: Mir ist zwar nicht egal, was in Brüssel diskutiert wird, aber ich gehe von der Grundvoraussetzung aus, dass der Amsterdamer Vertrag gilt. Ich gehe ferner davon aus, dass durch Einstellung des Beihilfeverfahrens klar ist – auch in Brüssel und dem VPRT bei uns –, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Gemeinwohlgut ist und wir es so, wie wir es all die Jahre hier betrieben haben, vom Prinzip her weiter betreiben dürfen, können und sollen. Von der Voraussetzung ausgehend bin ich mit all dem, wo Sie eine Art „Gleichheit im Wettbewerb“ darstellen, nicht Ihrer Meinung. Ich sage nach wie vor und bleibe für meine Fraktion auch dabei: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein verfassungsrechtliches Gut. Das ist in Deutschland verfasste Rundfunkangelegenheit.
Vielen Dank, der Beifall liegt richtig. Er war zwar nicht bestellt, aber lag richtig. Das ist nicht wie bei Ihnen.
Diese Verfasstheit hat eben genau damit zu tun, dass wir einen Unterschied sehen zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk einerseits und dem privaten, kommerziellen Rundfunk auf der anderen Seite.
Es gibt ein duales System, zu dem wir gemeinsam stehen. Aber man muss feststellen: Das duale System hat nicht nur gute Früchte getragen, sondern es hat auch für Dinge gesorgt, die uns die Menschen inzwischen ziemlich heftig um die Ohren hauen, wie zum Beispiel die Verflachung der Programmangebote. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist manches ist von dem abgekupfert
Wir wissen inzwischen, dass diese Art der Programmgestaltung dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht gut tut. Gott sei Dank gibt es eine Reihe von Erkenntnissen und Bewegungen, mit denen er davon wieder abrückt. Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Regierung zum Beispiel in Bezug auf das Werbeverbot nach 20 Uhr eine klare Ansage gemacht hat. Ja, dafür sind wir auch. Das muss dann aber noch umgesetzt werden. Wir alle haben noch eine Menge zu tun – übrigens auch in den zuständigen Gremien.
Insofern gibt es aus unserer Sicht eine Unterscheidung, auf die es nach wie vor ankommt. Nichts gegen das private Angebot; das sollen die entsprechenden Anbieter so machen, wie sie es wollen. Aber, das stellen wir gerade beim DVB-T fest: In Münster gibt es seit Kurzem DVB-T, jedoch ohne die Beteiligung der privaten Anbieter.
Da greift offenbar der Grundsatz „Eigentum verpflichtet“ nicht, sondern da muss der öffentlichrechtliche Rundfunk kraft seines ordentlichen Gebührenaufkommens – das ist auch gut so – für die entsprechende digital-terrestrische Verbreitung alleine sorgen. Ich finde das sehr bedauerlich. Es ist natürlich die Entscheidung der privaten, kommerziellen Anbieter. Aber diese Entscheidung hat offenbar nicht die Kunden im Blick, sondern nur das eigene Budget. Ich finde das etwas kurzfristig gedacht, weil natürlich über den digitalen Weg – so würde ich als privat-kommerzieller Anbieter denken – Kundschaft mit meinem Angebot zu erreichen ist.
In der Betrachtung stimmt dabei etwas nicht. Aber das ist deren Angelegenheit; wir müssen damit leben.
Umso wichtiger ist uns, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk genau da stark und auch technisch stark bleibt und wir dafür weiter sorgen. Deshalb haben wir Grünen immer gesagt: Wir möchten die Rundfunkgebühren in ein neues, geräteunabhängiges System überführen. Wir haben noch keine abschließende Lösung dafür. Der 10. Rundfunkgebührenänderungsstaatsvertrag, soweit ich ihn bisher kenne, sieht dafür auch keine Lösung vor. Aber wir werden diese Diskussion weiter voranbringen müssen, weil die Akzeptanz der Menschen natürlich eine große Rolle spielt. Ich stelle in immer mehr Gesprächen fest, dass die Leute schon wissen, was sie am öffentlich
rechtlichen Rundfunk haben – gerade auch im Unterschied zum privaten, oft von Werbung durchbrochenen Angebot.
Die Landesregierung hat zur Frage 6, ob sie Reformbedarf bei den Aufsichtsstrukturen sehe, festgestellt, dass sie keinen Reformbedarf sieht. Sie schreibt – ich zitiere von Seite 4 –:
„Die Aufsichtsstrukturen der übrigen in der Frage genannten Rundfunkanstalten haben sich grundsätzlich bewährt.“
Das binnenplurale System wird also auch hierdurch nicht infrage gestellt. Das ist richtig und gut so. Das sehen wir auch so. An dieser Stelle gibt es Gott sei dank keine unterschiedliche Einschätzung. Brüssel weicht davon sicherlich in vielen Einschätzungen ab und der VPRT sowieso. Aber es ist deutlich zu unterscheiden zwischen den öffentlichen Interessen auf der einen Seite im Rundfunkwesen und den privat-kommerziellen auf der anderen Seite.
Interessant ist auch eine Antwort im Hinblick auf die Verfassungsbeschwerde, bei der ich den Eindruck habe, dass Sie es wirklich missverstanden bzw. nicht richtig verstanden haben. Ich habe es bisher immer wie folgt verstanden: Die Verfassungsbeschwerde zu den Rundfunkgebühren, die Gegenstand der derzeitigen Verhandlungen in Karlsruhe ist, bezieht sich eben nicht auf die Höhe der Rundfunkgebühr – das ist nicht das Thema –, sondern auf das Verfahren. Diese Antwort ist wirklich falsch; diesen Hinweis möchte ich Ihnen geben.
„Zudem ist die Höhe der Rundfunkgebühr Gegenstand der von sämtlichen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erhobenen Verfassungsbeschwerde.“
Das ist nicht richtig. Es ist nicht die Höhe, sondern das Verfahren. Dieses Verfahren haben wir übrigens mit der SPD-Fraktion – das ehrt Sie, weil es Ihr eigener Ministerpräsident war – an Ministerpräsident Steinbrück kritisiert. Er hat damals dieses Verfahren zusammen mit Herrn Stoiber und mit Herrn Milbradt durch sein Vorgehen infrage gestellt.
mente am Zustandekommen von Rundfunkänderungsstaatsverträgen in der Debatte beteiligt werden sollen. Sie sollten nicht nur als „Abnickverein“, wie Sie es genannt haben, agieren; das tun Parlamente ohnehin nicht. Aber das ist aus meiner Sicht ein völlig anderer Punkt.
In Bezug auf die Rundfunkgebührenhöhe allerdings hat uns das Verfassungsgericht in den 90erJahren mit seiner Entscheidung einen bestimmten Weg aufgezeigt. Nach ihm soll die KEF, die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, eben auch verfahren. Das tut sie bisher auch. Es war aus meiner Sicht auch der falsche Weg der damaligen Ministerpräsidenten, das wegen ein paar Cent infrage zu stellen. Ich weiß auch nicht, warum. Niemand hat Herrn Steinbrück dafür wiedergewählt.
Sie dürfen nicht so laut lachen, weil auch zwei Ministerpräsidenten aus Ihrer politischen Richtung dabei waren. Aber das hat nichts gebracht. Es hat nur die Diskussion an einer Stelle aufgeworfen, an der wir sie nicht brauchen können.
Wir Grüne sagen ganz klar: Solche Anfragen und ihre Beantwortungen sind immer interessant zu lesen; sie bringen uns aber nicht wirklich weiter. Bisher lebt die Regierung immer noch von der Ankündigung – das muss man Ihnen so offen ins Stammbuch schreiben –, eine Menge novellieren zu wollen. Wir haben bisher die kleine Novellierung des Landesmediengesetzes mit Abschaffung des Bürgerfunks erlebt. Die Folgen erleben wir.
(Ralf Witzel [FDP]: Er ist nicht abgeschafft worden! Das ist unseriös, Herr Keymis! – Zu- ruf von Frank Sichau [SPD])
Ja, aber fast, Herr Witzel! Lesen Sie nach, was die katholische Kirche im westfälischen Raum schon beschlossen hat; dort werden die ersten Radios bereits dichtgemacht. Das ist sehr bedauerlich. Es entspricht unseren Voraussagen.