Das Einzige, was wir im Jahre 2006 gemacht haben, war, einen Trägerkonsolidierungsbeitrag fortzuschreiben, den Sie eingeführt haben. Wenn Sie das jetzt Kürzung nennen, dann ist das ein eigenartiges Verständnis von Kürzung. Beim Elternbeitragsdefizitausgleich kann man darüber streiten, ob wir den Kommunen damit viel zumuten.
Man kann auch darüber streiten, ob man den Eltern etwas zumutet. Aber keine einzige Kindertagesstätte hat im Jahre 2006 weniger Geld als im Vorjahr bekommen, und deshalb sollten Sie auch nicht immer wieder behaupten, dass es so ist!
Wir reden jetzt darüber, dass die Einrichtungen 150 Millionen € mehr bekommen und dass die Einrichtungen in diesem Lande im Jahre 2009 zum ersten Mal über eine Milliarde € bekommen. Sie haben doch nur davon geträumt, jemals eine Milliarde € für Kindertageseinrichtungen zusammenzubekommen.
Ich kann es Ihnen vielleicht auch daran illustrieren, dass wir immer weniger Kinder haben. Wir werden in den nächsten Jahren 67.000 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren weniger im Lande haben.
Das ist der demografische Wandel. Selbst wenn man Jahr für Jahr aufgrund des gleichen Gesetzes gleich viel Geld ausgäbe, würde das bedeuten, dass jedem einzelnen Kind mehr Geld zukäme.
Wenn Sie dies anhand von Worten nicht so ganz nachvollziehen können, will ich es Ihnen anhand von Zahlen zeigen. Wir haben einmal errechnet, wie viel Geld wir pro Kind bereitstellen:
Das sind dramatische Steigerungen, die es in diesem Land vorher nie gegeben hat, und Sie sollten das zumindest respektieren, wenn Sie in eine Landtagsdebatte hineingehen.
Im Jahre 2005 gab es 910 € pro Kind. Im Jahre 2006 gab es 926 € pro Kind. Und im Jahre 2010 wird es nach dieser Planung 1.197 € geben. Denn jetzt wird jedes Kind mehr in den Blick genommen wird, als es vorher mit dem alten Gesetz möglich war. Insofern ist das ein kindgerechtes Gesetz mit einer kindgerechten Finanzierung, und das ist der große Vorteil dieser neuen Systematik.
Das zeigt auch – und das fordern wir überall –, dass die demografische Dividende, die es aufgrund von zurückgehenden Kinderzahlen gibt, eben nicht einkassiert wird, sondern dass wir trotz zurückgehender Kinderzahlen mehr Geld ins System geben und insbesondere die Drei- bis Sechsjährigen mehr in den Blick nehmen, als dies früher der Fall war.
Sie haben ja solch schöne Wortspiele wie „KiBiz ist Mumpitz“. Ich habe mir deshalb mal in Brehms „Tierleben“ angeschaut, was eigentlich der Kiebitz ist. Schon 1892 ist er dort wie folgt beschrieben – ich zitiere das einmal wörtlich; das ist übrigens auch eine schöne Schrift hier –:
„Je mehr man den Kiebitz beobachtet, umso fester wird man überzeugt, dass er ein sehr kluger Vogel ist.“
Ich kann Ihnen daher nur empfehlen: Je mehr Sie in das Gesetz hineinschauen, je mehr Sie sehen, welche Möglichkeiten es gibt, desto mehr werden Sie erkennen, welch kluges Gesetz für die Kinder in Nordrhein-Westfalen das ist. Davon sind wir fest überzeugt.
Kindertagespflege hat es immer schon gegeben, auch durch die Jugendämter vermittelt. Wir verankern sie zum ersten Mal gesetzlich. Wir verankern zum ersten Mal die Qualitätskriterien. Wir geben zum ersten Mal den Jugendämtern 725 € pro Kindertagesplatz. Also: Qualitätssteigerung auch in der Kindertagespflege.
Wir unterstützen, liebe Frau Asch, mit 30 % jeden Platz für unter Dreijährige. Kaum ein anderes Bundesland gibt so viel für die unter Dreijährigen aus. Der Rechtsanspruch besteht ja nur bei den Drei- bis Sechsjährigen. Baden-Württemberg gibt beispielsweise 10 % Zuschuss an die Kommunen. Insofern sind 30 % schon eine Leistung des Landes Nordrhein-Westfalen zugunsten der Kommunen.
Zu den Familienzentren: Ich weiß nicht, wer von Ihnen bei der Veranstaltung in Duisburg, an der 1.800 Vertreterinnen und Vertreter von Kindertageseinrichtungen teilnahmen, war, als die Gütesigel vergeben wurden. Sie hätten dort einmal die Freude und die gute Stimmung erleben sollen.
Das sind nicht die Verbandsvertreter. Da sitzen keine ver.di-Funktionäre. Das sind Erzieherinnen, die arbeiten und die uns mit großer Freude gesagt haben:
Wissen Sie, wir haben früher auch schon Kontakte zur Familienberatung gehabt, aber jetzt wird das auf eine neue Basis gestellt, und jetzt kriegen wir zum ersten Mal 12.000 € für etwas, was wir vorher nebenher geleistet haben. – Das ist der Unterschied: Wir geben Geld für neue Aufgaben, und wir belassen es nicht nur bei Erklärungen.
Wir führen ja noch die Debatte; es gibt also noch Gelegenheit, das zu präzisieren. Deshalb will ich nur noch eines sagen, weil viele Erzieherinnen bei dem neuen Gesetz natürlich die Sorge haben, dass damit Arbeitsplätze verloren gehen.
Eigentlich ist es logisch: Wenn wir 150 Millionen € mehr hineingeben und keine neuen Gebäude bauen, landet das Geld ja beim Personal, bei Menschen, die sich um Kinder kümmern. Wenn Sie mehr Kinder unter drei betreuen, brauchen Sie mehr Erzieherinnen. Das liegt schon von der Logik her auf der Hand. Wir haben es mal errechnen lassen. Das ist doch klar, Frau Kraft: Wenn Sie immer weniger Kinder...
Frau Kraft, wenn Sie 67.000 Kinder weniger haben, würden nach altem Gesetz Gruppen geschlossen, weil sie irgendwann unter eine Schwelle fallen. Das ist der demografische Wandel.
Das hat gar nichts mit Parteipolitik zu tun. Wenn Sie weniger Kinder haben, werden Sie weniger Kindergärten, irgendwann weniger Schulen haben. Auf der anderen Seite werden wir mehr Senioreneinrichtungen haben. Das bedeutet der geografische Wandel. Aber dass wir ihn jetzt stabilisieren, indem wir mit der Betreuung für unter Dreijährige eine neue Aufgabe schaffen, bringt 7.500 neue Stellen für Erzieherinnen.
Nun hat Frau Kollegin Altenkamp gesagt: Nein, stimmt nicht. Es sind nur 3.000 neue Stellen. – Aber auch 3.000 neue Stellen – deshalb danke ich für diese Aussage – nimmt den Erzieherinnen die Angst, dass da jemand entlassen werden soll. Auch Frau Altenkamp sagt, es gibt 3.000 neue Stellen für Erzieherinnen, und das bedeutet: Dieser Beruf hat Zukunft. Niemand muss um seinen Arbeitsplatz bangen. Mit unserem Gesetz bringen wir eben genau diese Aufgaben in die Kindergärten hinein.
Ich denke, durch das Motto „Rückenwind für jedes Kind“ nehmen wir jedes Kind in den Blick. Bei weniger Kindern, die wir in Zukunft haben werden, werden wir jedes Kind optimal fördern. Das ist die Botschaft dieses Gesetzes.
Deshalb wünsche ich uns engagierte Beratungen in den Ausschüssen, vor allem aber, dass wir gemeinsam, Landtag und Landesregierung, im Interesse der Kinder dieses Gesetz umsetzen und das viele Geld, das dafür mehr zur Verfügung steht, nutzen, damit wir zum Land der neuen Chancen für die Kinder werden. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Besuchertribüne! Erinnern wir uns knapp zwei Jahre zurück: In seiner Regierungserklärung vom 13. Juli 2005 erläutert Ministerpräsident Rüttgers, dass seine Regierung – Zitat – „ein lückenloses, bedarfsgerechtes und verlässliches Modell der Kinderbetreuung aufbauen will, das hohen pädagogischen Ansprüchen genügt“.