Ich spüre eine Einigkeit darin, dass uns der momentane Zustand unbefriedigend erscheint und dass wir hier etwas machen müssen. Allein der Weg dorthin bleibt wohl die strittige Frage, Frau Milz.
Das norwegische Beispiel der 40-%Mindestabsicherung für jedes Geschlecht war für uns in der SPD-internen Debatte um eine Quotierungsregelung ein Vorbild. Das könnte und sollte es unserer Meinung nach auch hier sein.
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDUFraktion, haben sich nach langer kritischer Diskussion über eine Quotierungsregelung für Ihre Partei für ein sogenanntes Quorum entschieden. Den Erfolg können Sie hier und heute im Landtag deutlich sehen: Sie haben zwölf Frauen in Ihrer großen Fraktion, was einem Anteil von 13,48 % entspricht.
Wir hingegen haben 32 Frauen und einen Anteil von 43,24 %; dies sind Daten aus der Statistik der Frau Präsidentin.
Auch wir verstehen die Quote dabei als Ultima Ratio, welche greift, wenn andere Instrumente der Gleichstellungspolitik die erhoffte Wirkung nicht erzielen. Da steht für uns zunächst eine Selbstverpflichtung der Unternehmen im Vordergrund. Wir sähen gerne als ersten Schritt eine SollEmpfehlung zur deutlichen Erhöhung des Frauenanteils im Deutschen Corporate Governance Kodex.
Wenn diese Selbstverpflichtung nicht greift, müssen wir deutliche Zeichen setzen. Wir dürfen es nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben. Wir sagen: Wenn sie bis 2012 nicht greift, dann müssen auch wir eine solche gesetzliche Regelung verabschieden.
Wir sehen auch keine verfassungsrechtlichen Probleme. Es gibt ein Rechtsgutachten von Lerke Osterloh, welches die vorige Landesregierung in Auftrag gegeben hat und zu dem Ergebnis kommt, dass solche Maßnahmen rechtlich möglich sind. Außerdem sind solche Maßnahmen auch frauenpolitisch wünschenswert.
Die Landesregierung könnte mit den MentoringProgrammen die Übernahme von Aufsichtsratsmandaten in den Fokus nehmen, und sie sollte alles tun, um Unternehmen im Findungsprozess für Aufsichtsrätinnen zu unterstützen. Sie könnte eine Datenbank von qualifizierten und kompetenten Frauen einrichten und noch vieles andere mehr tun.
Es bleibt dabei: Wir lehnen den Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen ab, weil die Unternehmen eine Zeit der Selbstfindung brauchen. Wenn das aber nicht klappt, werden wir als Ultima Ratio eine gesetzliche Regelung fordern. Daher bitte ich um Ihre Unterstützung für unseren Entschließungsantrag.
Vielen Dank, Frau Kollegin Gießelmann. – Für die FDP-Fraktion hat nun Frau Kollegin Freimuth das Wort.
Ich gebe mir Mühe, Frau Kollegin Löhrmann. Ich kann Ihnen eine Frage auch direkt vorab beantworten: Wir haben in der FDP keine Quote. Ich bin nach wie vor von der Richtigkeit dieser Position überzeugt.
Herr Priggen, ich erlaube mir, mich dazu zu äußern, obwohl ich nicht Vater von Töchtern, sondern Mutter eines Sohnes bin. Im Jahrhundert der Frauen wurde mir ein Sohn geboren.
Nichtsdestotrotz sind wir uns in einem Punkt einig: Alle Studien, die wir zur Kenntnis nehmen müssen, zeigen auf, dass Frauen in den Führungspositionen großer Unternehmen und insbesondere als Mitglieder eines Aufsichtsrates oder eines Vorstandes nach wie vor unterrepräsentiert sind; das wird von keinem ernsthaft zu bestreiten sein.
Wir stimmen auch der Bundeskanzlerin Merkel zu, die sagt, dass es ein Skandal sei, dass in keinem einzigen Vorstand eines im Deutschen Aktienindex notierten Unternehmens eine Frau sitze. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, wir sind uns alle darin einig, dass die Ziele der rechtlich verankerten beruflichen Gleichstellung von Männern und Frauen faktisch noch lange nicht erreicht sind.
Angesichts eines sich ständig vergrößernden Wettbewerbs um die besten Fachkräfte in einer sich auch in der Altersstruktur und damit auch mit Auswirkungen auf das Erwerbsleben befindlichen Gesellschaft und Bevölkerung müssen wir die Erkenntnis gewinnen, dass es ein Verlust ist, wenn sich weibliche Potenziale aufgrund von Diskriminierung nicht optimal entfalten können. Es ist ein unmittelbarer Schaden für unsere Volkswirtschaft, und deshalb ist es von herausragender Bedeutung, dass wir für die jungen Frauen und Mädchen Akzente setzen, wie sie ihre Chancen in der Gesellschaft optimal nutzen können. Das heißt, dass wir das, was wir schon in der Vergangenheit in den Fokus gerückt haben, auch weiterhin in die Bildung und Ausbildung von jungen Frauen und Mädchen investieren.
Es sind durchaus erste Erfolge erkennbar; ich habe es gerade schon gesagt: Wir haben die Generation der bestausgebildeten jungen Frauen an der Schwelle zum Berufseinstieg.
Insofern finde ich es bedauerlich, dass sich sowohl der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen als auch der Entschließungsantrag der SPD nicht mit der Frage, ob Frauenförderung stattfinden solle, sondern ausgerechnet mit der Frage, wie Frauenförderung stattfinden solle, beschäftigen, und dies tun die beiden Anträge meiner Meinung nach in einer nicht richtigen Art und Weise. Deswegen werden wir – um dies vorwegzunehmen – beiden Anträgen die Zustimmung versagen.
Wir sprechen uns gegen die Einführung einer Quote und damit für die eigene Wettbewerbsfähigkeit der Frauen aus.
Wir haben zudem verfassungsrechtliche Bedenken ganz erheblicher Art hinsichtlich Art. 14 sowie Art. 12.
Ich möchte nicht verhehlen, dass ich die Ausführungen der Kollegin Milz zur Fächerauswahl bzw. zur beruflichen Qualifikation unterstütze. Ich habe
früher einen sogenannten Männerberuf mit einer technischen Ausbildung zur Werkzeugmacherin ergriffen.
Ich habe dann auch dafür geworben, dass sich Frauen für andere Berufsfelder als nur die klassisch weiblichen entscheiden, weil sie sich dadurch berufliche Perspektiven eröffnen und Karrierechancen erarbeiten können, die sie halt in klassisch weiblichen Berufen oftmals so nicht vorfinden.
Ich habe mit einem Berufsberater gesprochen, der ganz verzweifelt war. Er sagte: Was soll ich denn machen? Manchmal habe ich das Gefühl, dass junge Frauen gerne Arzthelferin werden möchten, weil sie die Hoffnung haben, eventuell einmal ihren Chef zu erreichen. – Der Mann war offensichtlich mit einem Berufsauswahlverhalten von jungen Frauen konfrontiert, von dem ich mir nicht vorstellen konnte, dass es das in unserer heutigen Zeit noch gibt.
Ich möchte kurz einige Programme ansprechen, die die Landesregierung Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf bessere Chancen für Frauen zu bieten hat.
Das ist zum einen das Mentoring-Programm Personal Partnership, eines der erfolgreichsten unternehmensübergreifenden Mentoring-Programme gerade für den weiblichen Führungsnachwuchs bundesweit. Zum anderen fördert das Frauenministerium das Projekt „PePon – PersonalPotenziale nutzen!“, ebenfalls ein MentoringProgramm, das Unternehmen direkt einbezieht. Zwei weitere Programme des Generationenministeriums haben zum Ziel, mehr Frauen in Ingenieurwissenschaften zu bringen bzw. den Anteil von Frauen in der industriellen Forschung zu erhöhen. Das Innovationsministerium hat Programme aufgelegt, um Wissenschaftlerinnen an den Hochschulen stärker einzubeziehen und dort in Führungspositionen zu bringen.
Meine Damen und Herren, wenn man Ihrem Weg einer gesetzlichen Regelung folgen wollte, dann kann das nur die Ultima Ratio sein. Wir haben in diesem Bereich aber noch lange nicht die Potenziale ausgeschöpft, um einen Eingriff in die private
Wir sind das Volk der Aktienbesitzer. Wenn wir alle als Aktionäre, wer auch immer welche hat – es werden nicht nur Männer sein –, die Gelegenheit nutzen, bei Aktionärsversammlungen Frauen in Aufsichtsräte zu wählen und zu entsenden, dann sollte man auch diesen Weg stärker promoten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Landesregierung spricht jetzt Frau Ministerin Müller-Piepenkötter.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf darauf hinweisen: Der Frauenminister der Landesregierung ist ebenfalls im Raum. Er wird der Debatte folgen. Aber die Landesregierung hat Frau Ministerin Müller-Piepenkötter als Rednerin vorgesehen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie können sehen, dass dieses Thema für die Landesregierung ein Thema aller Ressorts und nicht allein des Frauenministers ist. Deshalb rede ich jetzt.
In einem grundsätzlichen Punkt dürfte in diesem Haus Einigkeit bestehen. Es ist zutreffend, dass Frauen in Führungspositionen großer Unternehmen, insbesondere in Aufsichtsräten oder als Mitglied des Vorstandes, nach wie vor unterrepräsentiert sind. Die Landesregierung ist – ich denke, da stimmen Sie mir zu – der Meinung, dass die bestehende Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen weder deren Können und Fähigkeiten noch den wirtschaftspolitischen Anforderungen entspricht.
Chancengleichheit ist ein fundamentales Grundrecht und hat vor allem auch wesentlichen Einfluss auf das wirtschaftliche Wachstum. Personalpolitische Beobachtungen zeigen, dass sich eine gleichmäßigere Beteiligung von Männern und Frauen an wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen positiv auf die Produktivität auswirken würde. Damit liegt eine Steigerung des Frauenanteils im eigenen Interesse der Wirtschaft.
Auch die Landesregierung strebt eine Erhöhung des Frauenanteils in leitenden Positionen an. Wir wollen die Chancen der Frauen in allen Lebensbereichen weiter verbessern, und wir wollen die Talente unserer hervorragend qualifizierten Frauengeneration für die Gesellschaft nutzen, allerdings, meine Damen und Herren, auf anderem Wege als über die mit dem Antrag vorgeschlagenen Maßnahmen.