Sie wollen uns doch nicht ernsthaft verkaufen, ein gegliedertes Schulsystem sei leistungsfeindlich. Allerspätestens heute haben Sie den Anspruch verloren, ernst genommen zu werden, Frau Beer.
Die Opposition lässt – das belegt der heutige Antrag aufs Neue – wirklich keine Gelegenheit aus, um die überflüssige und ideologische Schulstrukturdebatte hochzuziehen. Es geht heute einmal mehr um die Einheitsschule, in die die Opposition unsere Kinder stecken möchte.
Dass sich die SPD für die Gründung der ersten Gemeinschaftsschule Nordrhein-Westfalens in Horstmar und Schöppingen ausspricht, verwundert nicht. Es wird aber auch niemanden erstaunen, dass wir den Antrag der SPD ablehnen. Dafür haben wir gute Gründe.
Wir setzen mit unserem neuen Schulgesetz auf individuelle Förderung jedes einzelnen Kindes und eben nicht auf Gleichmacherei wie Rot-Grün. Deshalb ist das von den beiden Gemeinden Horstmar und Schöppingen angestrebte Gemeinschaftsschulkonstrukt auch nicht mit unserem neuen Schulgesetz in Einklang zu bringen.
So passt schon der geplante gemeinsame Unterricht bis einschließlich siebter Klasse nicht zum übrigen Schulsystem in Nordrhein-Westfalen. Aber davon abgesehen mutet es seltsam an, dass jeder Standort in der Planung jeweils nur drei Jahrgänge versorgen soll, nämlich die Klassen 5, 6 und 7 in dem einen, die Klassen 8, 9 und 10 in dem anderen Ort, und dann die letzten drei Jahrgänge der Sekundarstufe I noch nach drei Schulformen aufgeteilt. Da waren echte Schulpraktiker am Werk, die diese Idee ausgebrütet haben – mit dem Ziel, dass unsere Schüler unnötig durch die Gegend geschickt werden sollen, so als ob ihre Eltern während der Schulzeit den Wohnort wechseln würden.
Da das geplante Modell zudem keine Oberstufe vorsieht, hätten die Schülerinnen und Schüler aus Horstmar und Schöppingen auch ein Problem beim Wechsel in die Oberstufe zu umliegenden Gymnasien, denn die Mittelstufe endet durch die Reform der gymnasialen Oberstufe bereits nach Klasse 9 und nicht erst nach der 10. Klasse. Die Schülerinnen und Schüler aus Horstmar und Schöppingen würden das Abitur wie bei der Gesamtschule also erst nach 13 anstatt nach zwölf Schuljahren ablegen können.
Das von den beiden Gemeinden genannte Modell könnte nur als Schulversuch nach § 25 Schulgesetz genehmigt werden.
Unserer Auffassung nach machen Modellversuche jedoch nur Sinn, wenn eine flächendeckende Anwendung vorauszusehen ist. So steht es auch im Schulgesetz, und das ist vernünftig so.
Dies wird aber eben aus den genannten Gründen nicht der Fall sein. Demografie findet überall statt, auch in Lippe, auch im Sauerland. Wir wollen unser Land aber deshalb doch nicht mit Modellversuchen überziehen, vom finanziellen Aufwand ganz zu schweigen.
Das Horstmar/Schöppingen-Modell ist generell nicht nötig, denn mit dem neuen Schulgesetz ist die demografische Entwicklung selbstverständlich berücksichtigt worden.
Es gibt für die Gemeinden Horstmar und Schöppingen andere und effizientere Wege, das heutige Schulangebot in den beiden Gemeinden zu erhalten.
Laut § 82 des Schulgesetzes kann eine Hauptschule mit notfalls nur einer Klasse pro Jahrgang fortgeführt werden. Nach § 83 des Schulgesetzes könnten die beiden Gemeinden einen organisatorischen Zusammenschluss eingehen, auch schulträgerübergreifend. Da sind sogar Zweckverbünde mit mehreren Schulträgern denkbar.
Es fällt also sofort ins Auge, dass die Planungen der beiden Gemeinden auf eine neue Schulform hinauslaufen sollen.
Mit einem für Nordrhein-Westfalen gesetzlich verankerten differenzierten Schulsystem hat das nicht mehr viel zu tun. Wir stehen fest dazu. FDP und CDU sind angetreten, um die Bildungsqualität im gegliederten System weiterzuentwickeln und zu verbessern. Diesen Schulversuch brauchen wir
Frau Kollegin, dem geneigten Zuhörer fällt auf, dass Sie bereits diesen Schulversuch ablehnen, während Ihr CDU-Kollege hier vorgetragen hat, ihn ergebnisoffen prüfen zu lassen. Können Sie dem Parlament diese Diskrepanz näher erklären?
Das ist weiter kein Problem. Natürlich muss man formal jeden Antrag prüfen. Das ist doch selbstverständlich.
Es ist ja nicht so, dass vorher in der Öffentlichkeit nicht über ein Konzept gesprochen worden wäre. Das ist ja über Wochen in den Medien transportiert worden. In den Medien war auch sehr genau nachzulesen, wie dieses Konzept aussehen soll. Wenn man voraussetzen darf, dass die Medien die Vorschläge und die Ideen aus Horstmar und Schöppingen auch nur einigermaßen korrekt aufgenommen haben – ich möchte den Medien unterstellen, dass sie dazu in der Lage sind und das tun –, dann bin ich der Auffassung, dass man ein solches Modell beurteilen kann, darf und soll. Denn es gibt ja ein Schulgesetz, und in dem liest man ordentlicherweise nach, was möglich und was nicht möglich ist, wenn man es schon nicht im Kopf hat. Man stellt dann fest, welche Optionen es gibt.
Selbstverständlich muss man überprüfen, ob man alles berücksichtigt hat. Dieses Schulgesetz, das FDP und CDU auf den Weg gebracht haben, berücksichtigt alles, was mit demografischer Entwicklung, mit einem Rückgang der Schülerzahlen zu tun hat. Wir haben der damaligen Landesregierung vorgeschlagen, den § 83 zu erweitern, haben damals noch eine Option hinzugefügt. Ich möchte auch daran erinnern, dass seinerzeit unter RotGrün dieser § 83 in der Form der Erweiterung überhaupt erst von der FDP angeregt worden ist. Aber Sie hatten nicht den Mut und den Willen dazu, unseren Antrag zu übernehmen, sondern Sie haben das in einen fast wortgleichen eigenen Antrag – ich kann mich noch sehr genau daran erinnern; es gab auch Anhörungen dazu – aufgenommen. Wir waren schon damals sehr viel weitsichtiger als Sie, und heute sind wir es allemal.
Sehr geehrte Frau Kollegin, haben Sie mitbekommen, dass im Schulgesetz der schwarz-gelben Landesregierung die Verbundmöglichkeit derartig eingeschränkt worden ist, dass Gymnasien nicht mehr in einen Schulverbund hineingehen können? Das war beim rot-grünen Schulgesetz noch anders.
Das ist eine ganz sinnvolle Maßnahme. Denn genau wie wir wissen auch Sie, Frau Beer, dass wir uns da sowohl mittelfristig als auch langfristig nicht um rückläufige Schülerzahlen sorgen müssen.
Sie wissen auch, dass mehrere Schulsysteme unter einem Dach vereinigt Probleme mit der Lehrerzuteilung und der fachgerechten Unterrichtsversorgung bringen. Deswegen haben wir uns für diese Option entschlossen, die vernünftig und sinnvoll ist, verantwortlich mit Ressourcen umgeht und dafür sorgt, dass wir diese differenzierten Bildungsgänge innerhalb dieser organisatorischen Zusammenschlüsse, die maximal zwei Schulformen vorsehen, auch hinbekommen.
Danke schön, Frau Pieper-von Heiden. Weitere Zwischenfragen kann ich nicht berücksichtigen, da die Redezeit zu Ende war. – Als Nächstes spricht Frau Ministerin Sommer.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zwei Gemeinden wollen gemeinsam Schule machen. Das ist zunächst einmal ein ganz interessanter Ansatz.
Die Gemeinden Horstmar und Schöppingen wollen sich zusammentun, und die Presse sagt: Für dieses Modell gibt es auch eine Begründung, nämlich die Demografie. Eine andere Begründung nennen Sie, sehr verehrte Damen und Herren von der SPD-Opposition: PISA ist der Auslöser.
Im Internet kann man sich weiter informieren. Es gibt Stellungnahmen von Beratern und Experten. Auf der Basis von Informationen, Kommentaren und persönlichen Meinungsbegründungen aus verschiedensten Quellen kann man zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine verbindliche Stellungnahme zu der Frage von Jahrgangsstufen, Standorten, Elternbefragungen, Lehrplänen usw. abgeben, denn – das ist auch mehrfach angemerkt worden – das Wichtigste fehlt: der Antrag selbst. Ein solcher liegt dem Schulministerium zurzeit nicht vor. Ich nehme aber an und alle bisherigen Informationen sprechen dafür, dass es sich um einen Schulversuch handeln wird.
In der Tat ermöglicht § 25 des Schulgesetzes die Durchführung von Schulversuchen. Für die Genehmigung von Schulversuchen ist das Schulministerium zuständig. Damit ist der Weg klar. Alle bei uns eingehenden Anträge werden sorgfältig und nachvollziehbar geprüft. Dabei werden folgende Prüfkriterien angewendet:
Erstens. Ist das neue Schulmodell auf das ganze Land übertragbar? – Neue Schulversuche werden nur noch dann genehmigt, wenn die Möglichkeit einer landesweiten, flächendeckenden Umsetzung besteht. Wir wollen keine Projektruinen.
ich möchte gerne weiterreden, Frau Beer – ihr eigenes Schulsystem strickt – bei aller Vielfalt, die wir uns wünschen. Dies würde die Qualität der Bildung und die Mobilität der Menschen zu sehr beeinträchtigen. Deshalb entscheidet auch klar das Land über die Schulstruktur und nicht einzelne Gemeinden.
Eng zusammen mit dem Kriterium der Flächendeckung hängt ein zweites Kriterium: Schulversuche müssen zeitlich begrenzt sein. Wer einen Modellversuch unternehmen will, muss hierzu eine deutliche Aussage machen.