Wir hatten eine Lösung in Anlehnung an das Modell „Samhall“ vorgeschlagen. Sie schlagen nun Ihr Modell vor. Wir können darüber diskutieren, welches der sinnvolle Weg ist. Aber dass wir einen solchen Weg gehen müssen und dass wir ein dauerhaftes Angebot schaffen müssen, das ist wohl klar.
Die Modelle, die bisher auf dem Tisch lagen, egal ob Kombilohn oder andere, bringen es nicht, wie sich ganz klar zeigt. Auch Ihr Kombilohnmodell liegt sehr weit unter den Erwartungen, die Sie dazu hatten. Über 4.000 Plätze waren geplant, knapp über 1.000 sind es geworden. Es ist also letztendlich kein sinnvolles Modell für diese Personengruppe. Das heißt, wir müssen hier etwas anderes schaffen.
Wir haben in Nordrhein-Westfalen genauso wie bundesweit gleichzeitig eine Menge von Menschen, die mit Armutslöhnen klarkommen müssen. 70 % der Betroffenen sind Frauen.
Zusammengefasst heißt das: Wir brauchen einen Mindestlohn. Auch das vorgeschlagene SPDModell wird nur dann funktionieren, wenn wir einen Mindestlohn haben, damit ein solches Modell nicht wieder ein Kombilohnmodell ist. Und wir brauchen neben dem Mindestlohn ein dauerhaftes Modell.
Ich freue mich auf eine spannende Debatte. Ich habe eben Zustimmung gesehen zu unserem Vorschlag, uns damit in einer Anhörung intensiv zu beschäftigen. Ich fände es spannend, Ihre Vorschläge für einen flächendeckenden Mindestlohn und dessen Höhe zu hören. Sie haben beim Hotelgewerbe einen Aufschlag mit der allgemeinen Verbindlichkeitserklärung gemacht. Wir hoffen, dass es nicht dabei bleibt und dass das nicht
schon das Ende Ihrer Ankündigungen ist, sondern dass wir zu einem Mindestlohn kommen, der natürlich über dem Bofinger-Vorschlag von 4,50 € liegt. Ich freue mich auf die Debatte.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Schmeltzer, die SPD ist nicht Wächter über die soziale Kompetenz in diesem Land. Sie versuchen es zwar ab und zu, man wird es Ihnen aber nicht glauben.
Und erst recht nicht nach 30 Jahren Verschuldungspolitik in diesem Land auf Kosten künftiger Generationen!
Frau Steffens, wenn Sie so pauschal sagen, die Langzeitarbeitslosen würden im Aufschwung nicht mitgenommen, dann machen Sie die Menschen mutlos.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das sind Fakten! – Barbara Steffens [GRÜNE], einen Zeitungs- ausschnitt hochhaltend: Können Sie lesen?)
Konkret sieht es schon anders aus: In den letzten zwölf Monaten ist die Zahl der Arbeitslosen in NRW um 170.000 auf unter 900.000 gesunken. Das ist ein ermutigendes Zeichen, aber noch nicht der ersehnte Durchbruch. Vieles wird davon abhängen, welche weiteren Schritte eingeleitet werden.
Wir müssen weg von dem Vorurteil, dass flexible Lösungen in der Arbeitsmarktpolitik alleine den Arbeitgebern helfen. Das sollten wir nach unserer Ausschussreise nach Wien auch noch einmal reflektieren: Die Österreicher haben einen dynami
schen Arbeitsmarkt. Ich würde nicht sagen, dass das soziale Gefälle in Österreich im Vergleich zu NRW besonders hoch ist. Flexible Lösungen helfen, dass mehr Menschen in Arbeit kommen. Dabei fände ich auch Gedanken von der Opposition, wie man das in den Arbeitsmarkt hineinbringen könnte, hilfreich.
Die maßvolle Tarifpolitik der letzten Zeit hat gezeigt, dass auch Arbeitnehmer davon profitieren, durch niedrigere Löhne an der Reduzierung der Arbeitslosigkeit mitzuwirken. Trotzdem ist es gerade für Langzeitarbeitslose immer noch schwer, den Weg in die Arbeitswelt zu finden. Bei 135.000 Langzeitarbeitslosen in NRW gibt es keinen Grund, sich entspannt zurückzulehnen. Aber es ist nicht so, dass die konjunkturelle Entwicklung – wie die SPD schreibt – „nahezu spurlos“ an den Langzeitarbeitslosen in NRW vorbeigegangen ist. Es ist Ihnen vielleicht entgangen, dass zwischen 2006 und 2007 eine beachtliche Entwicklung stattgefunden hat. Im März 2006 lag die Zahl der Langzeitarbeitslosen in NRW noch bei 534.000. Daraus folgt, dass diese Zahl innerhalb eines Jahres um rund 100.000 gesunken ist.
Rainer Schmeltzer*) (SPD) : Herr Kollege Dr. Romberg, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass die von Ihnen eben dargestellte Zahl von 135.000 Langzeitarbeitslosen in Nordrhein-Westfalen für uns alle eine Wunschzahl wäre, dass wir uns hier derzeit bei rund 430.000 Langzeitarbeitslosen befinden?
Dann habe ich mich versprochen. Also: 435.000! Da sind wir völlig d’accord. Aber es sind faktisch 100.000 weniger als im letzten Jahr. Das spricht denen Mut zu, die langzeitarbeitslos sind und sich auf dem ersten Arbeitsmarkt betätigen wollen. Anders ist es, wenn man sagt: Aufschwung bringt für
Bekanntlich gibt es in der Gruppe der Langzeitarbeitslosen einen Personenkreis, der besondere Aufmerksamkeit verdient: Das sind häufig Menschen mit unzureichender Bildung, vielfältigen gesundheitlichen Problemen, aber auch kommunikativen Defiziten. Viele dieser Menschen haben über Jahre keine Arbeitsstelle mehr. Es ist allerdings fraglich, ob die genannten Problemlagen tatsächlich der Grund für die Langzeitarbeitslosigkeit sind oder ob nicht auch umgekehrt die Langzeitarbeitslosigkeit selbst die vielen genannten Probleme verursacht hat. Die negativen Auswirkungen von dauerhafter Arbeitslosigkeit auf Körper und Seele sind bekannt.
Um diesen Menschen eine Chance zu geben, haben wir in NRW das Kombilohnmodell eingeführt – trotz der gewissen Zurückhaltung, die Liberale gegenüber dem Thema Kombilohn haben. Aber dieses Kombilohnmodell zielt genau auf die Personengruppe, die in Ihrem Antrag beschrieben wird.
Besonders positiv ist die Tatsache, dass es sich nicht um eine bezahlte Beschäftigungstherapie handelt, sondern um sinnvolle Dienstleistungsangebote. Unter anderem geht es darum, die Selbstständigkeit älterer Mitbürger zu erhalten. Solche Elemente können gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, wenn wir es mit der gesellschaftlichen Teilhabe durch Arbeit ernst meinen. In diesem Zug sollen auch Integrationsfirmen ausgebaut werden, um weitere Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Es bedarf sicher noch weiterer Anstrengungen und damit noch mehr Engagement, Menschen mit besonderen Vermittlungshemmnissen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Es darf aber nicht passieren, dass arbeitslose Menschen vorschnell aufgegeben und guten Gewissens in einen staatlich subventionierten Arbeitsmarkt entsendet werden.
Das Grundproblem eines dauerhaft etablierten sogenannten dritten Arbeitsmarkts – die SPD sagt „sozialer Arbeitsmarkt“; da zeigt sich wieder der Euphemismus beim Wort „sozial“ – besteht darin, dass er auch zur Sackgasse führen kann. Innerhalb der Gruppe der arbeitslosen Menschen sind die Übergänge zwischen denen, die leicht vermittelt werden können, und denen, die schwer vermittelbar sind, fließend. Es gibt nicht den schwer Vermittelbaren oder den leicht Vermittelbaren. Die Entwicklung von Menschen wird in diesem System an den Rand gestellt. Das ist eben die
Wir müssen darauf achten, dass die Durchlässigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt niemals aus dem Blick gerät. Alles andere kommt einer dauerhaften Stigmatisierung gleich, denn dann haben wir Arbeitnehmer erster und zweiter Klasse. Dies wollen wir nicht. Wir Liberale sehen das mit Sorge.
Auch Arnd Schwendy, der Vorsitzende der AG der Integrationsfirmen, weist darauf hin, dass die Förderung für Langzeitarbeitslose möglichst eng in die Angebote des allgemeinen bzw. ersten Arbeitsmarktes integriert werden muss. Der Aufstieg müsse stets als Perspektive offenbleiben und aktiv verfolgt werden. Er verweist auf die Erfahrung, wonach sich selbst solche Menschen, die als hoffnungslose Fälle galten, im Laufe der Zeit sehr positiv entwickelt haben und dann wirklich sinnvollen Aufgaben und Jobs im ersten Arbeitsmarkt nachgehen konnten.
Wir brauchen ein Maßnahmenbündel, um die strukturellen Probleme und damit auch die Ursachen der Langzeitarbeitslosigkeit anzugehen. Ich meine zum Beispiel eine weitere Verbesserung der Vermittlung der Arbeitslosen, wo es immer noch große Defizite gibt. Wir müssen alles daransetzen, arbeitslose Menschen so schnell und so effektiv wie möglich zu unterstützen, wieder eine Stelle zu finden.
Seit vielen Jahren beklagt die FDP die Höhe der Lohnnebenkosten als eine Hauptursache der arbeitsmarktpolitischen Krise. Das hat nichts mit purer Arbeitgeberrhetorik zu tun. Das wissen mittlerweile auch die Reihen der SPD. Deshalb freut es uns, wenn auch Prof. Bofinger den Befund bestätigt, wonach hohe Sozialabgaben den Beschäftigungsaufbau vor allem am unteren Ende der Lohnskala bremsen.
„Bonus für Arbeit“ nennt die SPD den Lösungsvorschlag, über Steuergutschriften die Aufnahme von Beschäftigung im Niedriglohnsektor attraktiver zu machen. Dabei lehnt sie sich deutlich an die FDP an. Wir haben seit vielen Jahren die Prinzipien der negativen Einkommensteuer – das ist Bestandteil unseres Bürgergeldmodells – aktiv propagiert. Allerdings ist das SPD-Modell nicht konsequent zu Ende gedacht. Es reicht nicht, dass der Staat die Abgaben übernimmt. Man muss sie auch senken. Auf diese Weise können wir dafür sorgen, dass sich die Kluft zwischen Brutto- und Nettolöhnen verringert. Gibt es irgendeinen Arbeitnehmer, der mit dem zufrieden ist, was unten auf dem Gehaltsstreifen stehen
Auch die Fragen der Finanzierung des SPDModells sind nach wie vor ungeklärt, weshalb sich auch die Begeisterung des Bundesfinanzministers in Grenzen halten dürfte.
All das spricht gegen die Erprobung in NRW. Auf die weitere Diskussion im Ausschuss freue ich mich natürlich. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Romberg. – Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Laumann das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal finde ich es gut, dass wir heute eine arbeitsmarktpolitische Debatte haben, weil wir in Nordrhein-Westfalen heute 72.800 mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze haben als an dem Tag, als ich ins Amt gekommen bin.
Wir haben heute in Nordrhein-Westfalen 160.000 Arbeitslose weniger als an dem Tag, als ich ins Amt gekommen bin. Und wir haben jetzt den dritten Monat hintereinander, Herr Schmeltzer, in dem die Langzeitarbeitslosigkeit in NordrheinWestfalen mehr abnimmt als im Bund.