Sie müssen also zum Beispiel nicht mehr darüber streiten, dass für eine teilzeitbeschäftigte Mutter eine Schule auf dem Weg zur Arbeit liegt oder bei Betreuung durch Großeltern eine andere Schule besser geeignet wäre.
Klar ist dabei auch: Höhere Kosten für die Schülerbeförderung müssen dann die Eltern und nicht die Allgemeinheit tragen.
Wie wir alle wissen, wird die Zahl der Kinder in unserem Land leider zurückgehen. Diese demographische Entwicklung kann nicht ohne Auswirkungen auf die Anzahl der Schulen bleiben. Der Landesrechnungshof hat in seinem Jahresbericht 2005 festgestellt, dass bereits heute viele öffentliche Grundschulen in Nordrhein-Westfalen zu klein sind. Dieser Trend wird sich leider auch noch weiter verstärken.
Eine Ursache für zu kleine Grundschulen sieht der Landesrechnungshof darin, dass Grundschulen häufig in unmittelbarer Nähe, teilweise nur einen Kilometer voneinander entfernt, errichtet wurden. Der Landesrechnungshof empfiehlt daher zu prüfen, ob sich das Land in Zukunft noch eine so
Wenn Eltern nun die Grundschule frei wählen können, erhalten wir Anhaltspunkte dafür, welche Grundschulen attraktiv sind und gute Arbeit leisten und welche nicht.
Dies erleichtert Schulträgern und Schulaufsicht die Entscheidung darüber, welche Schulen erhaltenswert sind. Bei einer Beibehaltung der Schulbezirke würde es einen solchen Anhaltspunkt nicht geben.
Wir meinen - das habe ich eben schon betont -, dass die Eltern am besten wissen, was gut für ihr Kind ist. Wir wollen sie deshalb nicht unnötig bevormunden. Wenn sie der Meinung sind, dass ihr Kind an einer anderen als der wohnortnächsten Schule besser gefördert werden kann, werden sie dafür gute Gründe haben. Wir vertrauen darauf, dass Eltern vernünftige Entscheidungen im Sinne ihres Kindes treffen. Die im Antrag beschriebenen Szenarien halte ich deshalb für deutlich überzogen.
Ich bin davon überzeugt, das ist ein vernünftiger Wettbewerb unter den Schulen - ich nehme noch einmal auf, was eben gesagt wurde - zum Wohle unserer Kinder. Denn das ist der Maßstab aller Dinge. Wir werden mit entsprechenden Stellschrauben sicherstellen, dass es auch nicht zu sozialen Schieflagen kommen wird.
Wir haben ja in dieser Diskussion über die Schulbezirksgrenzen heute auch sehr viele Zitate gehört. Ich möchte meinen Beitrag auch mit einem Zitat schließen. Ich halte dieses Zitat für ein ganz wichtiges Zitat, denn es stammt aus einer Schule. Das ist ja unser Bestreben, dass sich unsere Beschlüsse dort positiv auswirken. Eine Schule aus Hambach schreibt heute:
„Auch die Schulen müssen sich heute aus unserer Sicht dem Wettbewerb stellen, und jede Schule sollte ihr Profil finden. Hier ist der Schulausschuss des Landtags gefordert, die Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag einzuhalten.“
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man als zweiter Redner seiner Fraktion zu einem Antrag Stellung nehmen darf, ist es häufig so, dass man den vorbereiteten Redetext an die Seite legen muss, weil man zu viel Zeit benötigt, um auf die vorangegangenen Argumentationen der Sprecher der anderen Fraktion einzugehen. So ist es leider auch heute.
Ich glaube, dass man sich einige Äußerungen und einige Zitate auf der Zunge zergehen lassen muss, um sich vorstellen zu können, wie ernsthaft, objektiv und seriös wir in den nächsten fünf Jahren eigentlich in diesem Hause über schulpolitische Vorstellungen diskutieren sollten. Bei Herrn Witzel habe ich mir eigentlich ursprünglich einmal geschworen, überhaupt keine Stellung mehr zu seinen pseudoliberalen ideologischen Vorstellungen zu nehmen.
Kollege Witzel, wenn man allen Ernstes hier in diesem Hause die Tatsache von bestehenden Schulbezirksgrenzen im Grundschulbereich in Zusammenhang mit obrigkeitsstaatlichem Denken bringt, wenn man sich zu der Äußerung hinreißen lässt - ich zitiere -, „jeder bekommt in NordrheinWestfalen den Schulabschluss, den er gerne hätte“, dann macht das deutlich, dass man Sie in den nächsten Wochen und Jahren zumindest schulpolitisch nicht mehr ernst nehmen muss.
Herr Kaiser, wir erkennen an, dass Sie es heute als Sprecher der CDU verdammt schwer hatten, zu dem Antrag und - aus Ihrer Sicht besonders - zu dem Inhalt des Koalitionsvertrages Stellung zu nehmen. Denn Sie waren das Opfer Ihrer Fraktion, um deutlich zu machen, welchen Salto mortale die CDU-Fraktion gerade in der Frage der Schulbezirksgrenzen in den letzten Monaten offensichtlich gezwungenermaßen machen musste.
Deswegen lasse ich es mir nicht entgehen, die Kollegin Kastner aus der Plenardebatte vom 14. Februar 2001 zu zitieren, die das eigentlich
damals schon auf den Punkt gebracht hatte. Mit Erlaubnis des Präsidenten darf ich aus dem Protokoll vorlesen. Frau Kastner hat damals gesagt:
„Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Gesichtspunkt dieses Antrags benennen, der mir echte Sorgen macht. Ich könnte mir vorstellen, dass bei Aufhebung der Schuleinzugsbezirke für Grundschulen ein Effekt eintritt, der so hoffentlich von keinem in diesem Hause gewollt ist, nämlich dass es in unserem Land Gebiete gibt, in denen Eltern die Aufhebung der Schulbezirke dazu nutzen, ihre Kinder in ‚bessere’ Schulen zu schicken. … So wäre es durchaus möglich, dass es Klassen geben könnte, in denen keine deutschen Kinder mehr zu finden wären. Dabei ist es, so meine ich, neben dem Vermitteln von Lese-, Schreib- und Rechenkünsten eine der vornehmsten Aufgaben von Kindergärten und Grundschulen, zur Integration unterschiedlichster Gruppierungen in unserer Gesellschaft beizutragen.“
Dem ist eigentlich inhaltlich nichts mehr hinzuzufügen; denn genau das ist der Effekt, der auftreten wird.
Ich darf ganz konkret aus meinem Wahlkreis berichten, welche Effekte in der Vergangenheit schon aufgetreten sind. Denn in der Tat, Frau Ministerin Sommer, gibt es Ausnahmeregelungen. Es gibt sogar die Möglichkeit, ohne Ausnahmeregelung - ich unterstelle einfach einmal: unter Vortäuschung falscher Zielsetzung seitens der Eltern die Schulwahl im Grundschulbereich ohne Schuleinzugsbereiche zu manipulieren.
Insbesondere in den Großstädten gibt es nämlich nach wie vor das Problem, dass in den Ballungsräumen Schulen existieren, die als katholische Bekenntnisgrundschulen andere Schuleinzugsbereiche haben als die Gemeinschaftsgrundschulen. Sie sind zum Teil gemeinsam unter einem Dach mit einer Gemeinschaftsschule untergebracht. Lässt man sich die statistischen Daten einmal vorlesen, stellt man fest, dass das Schulwahlverhalten in diesen Bereichen ganz eindeutig nicht von Qualitätskriterien, sondern von migrationspolitischen Kriterien im negativen Sinne geprägt ist. Das heißt, dass die Gemeinschaftsgrundschulen einen erheblich höheren Anteil an Migrationskindern haben zugunsten der katholischen Bekenntnisschulen, die nicht in diesem Maße darunter zu leiden haben.
Das hat schon so weit geführt, dass es in meinem Wahlkreis Oberhausen katholische Bekenntnisschulen gibt, an denen die Schülerpopulation zum
überwiegenden Teil nicht katholisch ist, sondern anderen Religionen angehört. Das macht die Farce deutlich.
Wenn Sie sagen, Frau Ministerin Sommer, dass es schon immer Ausnahmen gegeben hat und deswegen die Schuleinzugsbereiche aufgelöst werden müssen, kann ich nur den Kopf schütteln und muss einfach sagen: Nach der Logik müssten wir auch alle Ampelanlagen abschaffen, weil es immer noch Leute gibt, die auch bei rot über die Straße fahren. Das kann nicht Ziel seriöser Bildungspolitik sein.
Meine Redezeit ist leider zu Ende. Ich hätte gerne noch nachgefragt, was ich nun in meinem letzten Satz tun will. Frau Ministerin Sommer, wenn Sie sich tatsächlich hier hinstellen und sagen, bevor wir die Schuleinzugsbereiche fallen lassen, werden wir die Schulen in die Lage versetzen, in ihrem Wettbewerb untereinander mit gleichen Chancen tätig werden zu können, dann sind Sie uns schuldig geblieben, auch nur ansatzweise zu beschreiben, mit welchen Maßnahmen und konkreten Schritten, mit welchen Instrumentarien Sie tatsächlich die Schulen in die Lage versetzen wollen, in den nächsten zwei Jahren gleiche Wettbewerbschancen bei fallenden Schuleinzugsbereichen überhaupt gewährleisten zu können. Darauf sind wir neugierig, und das werden wir sicherlich weiter mit Ihnen diskutieren müssen. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie von Rot-Grün haben immer noch nicht verstanden, worum es uns in dieser Frage geht. Verstehen Sie, dass Sie mit den Methoden von gestern wirklich nicht die Probleme von morgen lösen können? Wir müssen neue Wege gehen, meine Damen und Herren. Ich möchte meine Ausführungen mit einigen Passagen aus der „Rheinischen Post“ vom 25. August zu diesem Thema beginnen, das es auf den Punkt bringt. Mit Erlaubnis des Präsidenten darf ich zitieren:
„Die SPD ist mit ihrer Schulpolitik gescheitert. … Kaum in der Opposition angekommen, verziehen sich die Bildungspolitiker der NRW-SPD in die linke Schmollecke. Die Abschaffung von Grundschulbezirken, wie von Schwarz-Gelb
geplant, teile die Gesellschaft in Arm und Reich, weil angeblich nur Reiche ihre Kinder umherfahren könnten. Dabei hat ElternEngagement nichts mit Reichtum zu tun. Sozialdemokraten in Finnland, Schweden oder Großbritannien wissen das: Sie ermöglichen dort die freie Schulwahl. Und die von ihnen regierten bzw. mitregierten Staaten liegen bei Pisa vorn.“
Besser kann man die Situation in NRW nicht darstellen. Ja, wir wollen Wettbewerb. Aber wir werden die Schulen vorher für diesen Wettbewerb fit machen. Das unterscheidet uns.
Wenn die Schulen sich in einem besonders schwierigen Umfeld befinden, werden wir entsprechende Unterstützung gewähren. Vergessen Sie bitte bei der Diskussion nicht, wo der Grund für die Schwierigkeiten der Schulen in sozialen Brennpunkten liegt! Er liegt in der mangelnden Sprachfähigkeit. Genau da werden wir ansetzen. Wir werden die Sprachfähigkeit aller Kinder nach dem vierten Lebensjahr überprüfen und bei festgestellten Defiziten verbindliche Förderungen durchführen. Sie kennen unser Ziel: Wer nicht Deutsch sprechen kann, wird nicht eingeschult. Diese Maßnahme wird ein Meilenstein sein, um Gettoisierung in der Schule zu vermeiden.