Das Energiewirtschaftliche Institut der Universität Köln rechnet nach der gegenwärtigen Entwicklung mit einem Anstieg der Einspeisevergütung allein aus dem EEG auf knapp 5 Milliarden € im Jahr 2010. Heute schon liegt der Anteil der Windkraft an den förderfähigen EEG-Strommengen bei jährlich etwa 2,6 Milliarden €.
Zusammen mit der Privilegierung von Windkraftanlagen im Baugesetzbuch hat das zu einem explosionsartigen Anstieg der Anzahl von Windrädern geführt, wie Sie selbst berichtet haben. Allein in Nordrhein-Westfalen drehen sich mittlerweile mehr als 2.300 solcher Anlagen.
Aber - und jetzt kommt es - die liefern nach ihren eigenen Angaben alle zusammen nur 3,7 Milliarden kWh Strom. Das sind etwa 2 % der nordrhein-westfälischen Jahreserzeugung. Das ist so gut wie gar nichts.
Meine Damen und Herren, ich bin der Letzte, der Windenergie verteufelt. Aber Sie werden vor dem Hintergrund dieser Zahlen doch auch sagen: So kann es nun wirklich nicht weitergehen. Ein derart mageres Ergebnis rechtfertigt weder die durch die Windräder verursachte Landschaftszerstörung noch die Subventionshöhe insgesamt.
Herr Priggen, es mag durchaus zutreffen, dass in der Windkraftbranche in Nordrhein-Westfalen 10.000 Arbeitsplätze entstanden sind. Aber nach den Zahlen, die Sie vorgelegt haben, fördern wir als Stromkunden jeden davon mit jährlich mehr als 33.000 € aus dem EEG. Das ist eine massive Kaufkraftabschöpfung - und jetzt komme ich auf das zurück, was Kollege Dr. Papke gerade gefragt hat -, das ist eine Abschöpfung von Kaufkraft, die für andere Investitionszwecke dann nicht mehr zur Verfügung steht. Das Bremer Energieinstitut kommt deshalb zu der Bewertung:
Durch das EEG verbindlich festgeschriebene Vergütungen, die über dem energiewirtschaftlichen Wert des erzeugten Stroms liegen, führen zur Verringerung des für andere Konsumausgaben zur Verfügung stehenden Budgets und
Das ist eine ganz eindeutige Aussage. Also: Durch Windenergieanlagen wird volkswirtschaftlich insgesamt zusätzlich keine Beschäftigung geschaffen, sondern volkswirtschaftlich führt das auf Sicht zu einer Vernichtung von Arbeitsplätzen, weil die Energiepreise überteuert sind und nicht dem tatsächlichen Wert der erzeugten Energie entsprechen.
Herr Priggen, was Sie hier vorschlagen, ist nicht mehr und nicht weniger als der Tausch von Subventionen für Bergleuten, gegen die wir immer gemeinsam gekämpft haben, gegen Subventionen für Windradbauer. Das möchten wir nicht.
Falls es in der nordrhein-westfälischen Windkraftindustrie künftig zu Arbeitsplatzverlusten kommen sollte, dann ganz bestimmt nicht durch unsere neue Standortpolitik mit Augenmaß, wie sie Herr Wittke zitiert hat. Der Grund könnte allenfalls sein, dass durch Ihre hektische Windkraftvorrangpolitik der heimische Markt bereits total gesättigt ist. Wo in Nordrhein-Westfalen wollen Sie denn noch Windräder aufstellen?
Das sieht doch wohl auch das von Ihnen ansonsten hochgeschätzte Wuppertal Institut so, denn es kommt in einer Analyse aus dem Jahr 2004, als von unseren Plänen - auch von der Aussage von Herrn Minister Wittke - überhaupt noch nichts bekannt und noch nicht die Rede war, zu der Bewertung, dass für nordrhein-westfälische Unternehmen bei der Windenergie künftig Marktpotenziale vor allem im Bereich Repowering und Sonderanwendungen liegen, außerdem bei Zulieferern und Dienstleistungen für Offshore- und Exportanwendungen. Dafür gibt es ja nun wohl in NordrheinWestfalen mittlerweile genug Referenzanlagen.
Die nordrhein-westfälische Windenergieindustrie wird also nicht darunter leiden, dass wir es schwerer machen wollen, die Landschaft weiter zu verspargeln. Sie wird vielmehr darunter leiden, dass der heimische Markt gesättigt ist und dass sie in Zukunft ihr Heil in der Ferne suchen muss, wogegen wir überhaupt nichts haben.
Eines muss ich außerdem noch sagen: Herr Priggen, wir sind unseren Wählern - das ist mittlerweile die Mehrheit der Menschen im Land, wie Sie wissen - eine Neufassung des Windenergieerlasses schuldig.
Das haben wir vor der Wahl versprochen, und dieses Versprechen, Herr Horstmann, lösen wir ein. Da können Sie ganz beruhigt sein. Und wir werden es mit Augenmaß und rechtssicher einlösen. Undurchdachte Schnellschüsse, wie das Ihr Regierungshandeln immer ausgezeichnet hat, wird es bei uns nicht geben.
Was wir darüber hinaus brauchen, ist ein energiepolitisches Gesamtkonzept - Herr Priggen, da gebe ich Ihnen Recht -, das in sich schlüssig und wenigstens für die nächsten 30 Jahre funktionsfähig ist.
Daran arbeitet die Landesregierung mit Hochdruck. Ich darf Ihnen versichern: Schwarze Löcher wie in Ihrem Szenario wird es darin nicht geben. Ich erinnere nur an die ungelöste Frage der Grundlastversorgung im Falle des Atomausstieges. Sie haben nie erklären können, wie Sie dieses Riesenloch schließen wollen. Wir wollen eine zukunftsoffene und ideologiefreie Energiepolitik, die objektiv an den Zielen der Wirtschaftlichkeit, der Versorgungssicherheit sowie der Umwelt- und Sozialverträglichkeit orientiert ist.
In unserem Fokus stehen Effizienzsteigerung und tabufreie Energieforschung. Bei uns wird Nordrhein-Westfalen garantiert das Energieland Nummer eins bleiben. Wir wollen einen breiten Energiemix, zu dem auch wachsende Anteile an erneuerbaren Energien gehören, aber wir sind nicht bereit, Wirtschaft und Verbraucher mit völlig überzogenen Preisen für ein Energiekonzept zu belasten, das sich - entschuldigen Sie mir den Ausdruck - nur Ideologen mit vernebeltem Hirn ausgedacht haben können. Wir werden deshalb die Verteuerung der Energie durch staatliche Eingriffe ebenso beenden wie die Überförderung der Windkraft. - Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Weisbrich. - Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der SPD die Kollegin Schulze das Wort.
Diskussion um Windkraft in den letzten Monaten eigentlich nur eins ganz deutlich erkennen: Es geht wirklich nur noch um Ideologie. Ich finde es unverantwortlich, wenn durch eine Landesregierung so ideologisch gehandelt wird und dadurch ein ganzer Industriezweig in Nordrhein-Westfalen gefährdet und verunsichert wird. Mit Genehmigung der Präsidentin zitiere ich Johannes Schiel vom Verband des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus, der in der „Westdeutschen Zeitung“ am 24. August gesagt hat:
Wenn die Unternehmen das politische Signal unerwünscht bekommen, werden sie auf Dauer dort produzieren, wo sie verkaufen.
Das wird dann nicht hier bei uns in NordrheinWestfalen sein. Wenn diese Industrie bei uns abwandert, hat das deutliche Folgen: Es arbeiten in der Windradindustrie 62.000 Menschen - 10.000 davon hier in Nordrhein-Westfalen. Vor der Wahl hat die CDU großartig versprochen, 1 Million Arbeitsplätze zu schaffen. Nach der Wahl wird als Erstes die Abschaffung von Arbeitsplätzen angegangen. Ich finde, das ist ein deutlicher Widerspruch.
Es gibt auch noch ein paar andere Widersprüche. Frau Thoben, die heute leider nicht hier ist, hat gesagt, dass sie die mittelständische Wirtschaft fördern will. Die Windkraftindustrie vor allen Dingen hier in Nordrhein-Westfalen ist eine überwiegend mittelständische Industrie. Warum wird die denn dann nicht gefördert? Gerade im Ruhrgebiet sind in diesem Bereich ganz viele kleine mittelständische Unternehmen, die früher Steinkohlezulieferer waren, wie zum Beispiel JahnelKestermann, inzwischen zu Windkraftzulieferern geworden und haben Weltmarktplätze erreicht. Die werden nicht gefördert, andere sollen gefördert werden. Das ist doch einfach nur noch Ideologie.
- Ich weiß das. - Obwohl das erfolgreiche Unternehmen sind, die international wettbewerbsfähig sind, wollen Sie mit dem Windkrafterlass verhindern, dass hier in Nordrhein-Westfalen weitere Windkrafträder gebaut werden und dass diese Industriesparte weiter ausgebaut werden kann.
Das führt dann aber auch dazu, dass so etwas wie Repowering - also der Ersatz und die Verbesserung von Anlagen - nicht mehr stattfinden kann.
Repowering ist nach Angaben des Bundesverbandes Windenergie vor allen Dingen deshalb wichtig, weil man damit alte Anlagen aus den 80er- und 90er-Jahren leistungsfähiger machen kann. Der Bundesverband Windenergie weist in seiner heutigen Pressekonferenz noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass man weniger Anlagen bauen muss, wenn man die bestehenden leistungsfähiger macht. Mit dem neuen Windkrafterlass verhindern Sie also sogar, dass Windkraftanlagen durch effizientere Anlagen ersetzt und dadurch Anlagen abgebaut werden können. Sie zementieren damit den Zustand, wie er jetzt besteht, und verhindern Innovation.
Es reicht nicht, nur einen Innovationsminister zu haben, wenn Sie solche Innovationen nicht auch fördern. Sonst kann man das Ministerium auch direkt in Innovationsverhinderungsministerium umbenennen.
- Nein, Sie fragen mich wieder, ob ich die Studien kenne. Ich kenne diese Studien. Lesen Sie die Studien mal!
- Nein! Lassen Sie mich das erst einmal ausführen. Bei dieser Debatte kann man fragen: Gibt es ein Gesamtkonzept? CDU und FDP haben sich etwas ausgedacht. Steckt da vielleicht mehr dahinter? Im Moment kann man Zweierlei erkennen.
Erstens. Die CDU will auf Bundesebene noch weiter gehen, als wir es hier in Nordrhein-Westfalen bisher diskutiert haben. Merkel und Co. wollen die Zuschüsse im Rahmen des ErneuerbareEnergien-Gesetzes reduzieren.
Das ist eine zusätzliche Gefährdung für die Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen. Das muss man doch sehen.
Zweitens. Sie wollen die Laufzeiten für Atomkraftwerke verlängern. Aber auch Uran ist endlich; es ist nur noch für 40 Jahre vorhanden. Sie müssten also dazusagen, dass Sie auch die SchnelleBrüter-Technik wieder wollen oder was auch immer. Sagen müssten Sie auch, was das für Nordrhein-Westfalen heißt. Stehen Sie auch in Nordrhein-Westfalen dazu, alte Atommeiler weiterlaufen zu lassen, Druck herauszunehmen, das EEG zu schleifen? Wie sollen dann alternative Energiequellen noch gefördert werden?