Was Sie als derzeitige Landesregierung aus den Sprachtests gemacht haben, beschreibt sehr kurz und treffend eine Schulleiterin und Sprecherin der Meerbuscher Grundschulen – ich zitiere aus der „Rheinischen Post“ vom 28. April 2007 – :
Genau das bringt es auf den Punkt. Sie können das landauf, landab in allen Lokalteilen der Zeitungen nachlesen und bekommen die entsprechenden Rückmeldungen aus den Kindergärten. Exakt das sind die Bewertungen der Fachleute. Herr Laschet, es ist albern und unglaubwürdig, wenn Sie sagen, die Opposition habe die Eltern aufgehetzt. Wo leben Sie? Was ist das für eine Realitätswahrnehmung? Landauf, landab bekommen Sie die Negativrückmeldungen,
beispielsweise vorgestern in einem fünfseitigen Schreiben der Wohlfahrtsverbände. Das sind die Träger der Einrichtungen.
Die sind ein bisschen näher an der Realität als Sie in Ihrem Ministerium. Das ist die Wirklichkeit, die dort beschrieben wird.
Das Fatale ist: Sie kannten diese Warnungen. Sie sind bereits im September des letzten Jahres ausgesprochen worden. Der Verband Bildung und Erziehung sowie der Landkreistag haben vor diesem Verfahren gewarnt.
Im Oktober haben sich dann die kommunalen Spitzenverbände und die Träger der Einrichtungen geweigert, die Vereinbarungen über dieses Verfahren mit Ihnen abzuschließen – auch das ist Ihnen bekannt –, und sie verweigern sich bis heute. Warum das so ist, das ist in der fünfseitigen Mängelliste nachzulesen. Sie sollten das, was die Experten Ihnen dort niedergeschrieben haben, einmal zur Kenntnis nehmen.
Meine Damen und Herren, ich konstatiere ein absolutes Versagen der Landesregierung bei der Einführung der Sprachtests für vierjährige Kinder, und zwar auf Ansage.
Ja, so ist das. – Das Schlimme ist: Sie, Frau Sommer, Herr Laschet, ziehen dieses Verfahren nach der Devise durch: Avanti dilettanti, Hauptsache schnell – egal, ob gut oder schlecht.
Das Schlimme ist: Sie schlagen – das wird bei dieser Landesregierung langsam zur Gewohnheit – alle Expertenwarnungen und Expertenmeinungen in den Wind. Das interessiert Sie nicht. Sie könnten diese Positionen leicht übernehmen. Sie erzählen uns, das Verfahren ginge aus Rechtsgründen nicht anders. Das ist absoluter Quatsch. Ein von Ihnen selbst beauftragter Rechtsgutachter, Herr Prof. Wabnitz, hat nämlich einen konkreten Vorschlag unterbreitet, wie man dieses Verfahren auf sehr viel bessere Weise im Schulgesetz und Kindergartengesetz hätte verankern können.
Das Problem war nur, dass Sie auf diesen Gutachter nicht gehört haben, weil Sie das Verfahren schon anders angelegt hatten und davon nicht mehr heruntergekommen sind. Das ist die Situation bis zum heutigen Tage. Sie haben Mist gebaut und nicht die Größe, das jetzt einzugestehen.
Sie wollten sich ja öffentlichkeitswirksam – das ist Ihnen ja auch gelungen – feiern lassen: Über Delfin 4 gab es wunderbare Schlagzeilen in der Presse. Wie es in der Praxis aussieht und was das für die Kinder und die Eltern bedeutet, das sehen wir erst jetzt:
ich erzähle es Ihnen gleich, Herr Laschet, wie Sie es hätten machen können, zum Beispiel auf Prof. Wabnitz hören, auf das, was er vorgeschlagen hat –: Die Fragen der Validität, der Reliabilität des Verfahrens, des Unterrichtsausfalls, der Einbeziehung und Vorbereitung der Eltern sind miserabel. Viele Eltern haben lediglich einen Zettel bekommen. Das war ihre Vorbereitung auf dieses Verfahren. Das ist Ihnen aber offenkundig alles vollkommen egal.
Sie präsentieren uns heute Zahlen, von denen jeder mit der Problematik vertraute Mensch weiß, dass sie nicht die geringste Aussagekraft haben, weil Sie mit den Tests nicht das messen, was Sie zu messen vorgeben. Angeblich haben 50 % der Kinder einen Sprachförderbedarf. Das widerspricht allen Präjudizien und Vorhersagen, die die Fachleute machen.
Klar ist: Wir wissen nach dieser ersten Phase bis heute nicht, wie viele Kinder nach den Sommerferien eine Förderung brauchen. Denn darüber, was Sie erfasst haben, haben wir keine verlässlichen Aussagen. Der Test ist mit heißer Nadel gestrickt. Frau Prof. Fried hat das ja im Schulausschuss sehr freimütig zugegeben. Sie hat gesagt, das ganze Verfahren sei – ich zitiere – „mit hängender Zunge“ entwickelt worden.
Das, Frau Sommer, Herr Laschet, hat mit Sorgfalt und Verantwortung gegenüber den Kindern und den Eltern nichts zu tun. Das ist schlicht fahrlässig.
Ein Zitat aus der Mängelliste der Träger der Kindergärten – ich kann das jetzt im Einzelnen nicht alles auflisten, weil mir die Zeit fehlt –:
„Der Test misst nicht ein wie auch immer objektiv zu bemessendes Sprachpotenzial der Kinder, sondern misst, wie gut Kinder im Alter von vier Jahren mit für sie als beängstigend erlebten komplexen Anspruchssituationen umgehen können.“
Sie haben uns heute nicht das Ergebnis eines Sprachtests, sondern eines Stresstests präsentiert. Das ist die Aussage.
Dieses chaotische Verfahren wurde – jetzt komme ich dazu, wie Sie es hätten anders machen können – ohne Not entwickelt. Die Kindergartenkinder hätten ohne Weiteres von ihren Erzieherinnen und Erziehern in den Einrichtungen getestet werden können. Das tun die nämlich schon heute, das steht in der Bildungsvereinbarung NordrheinWestfalen. 96 % der Vierjährigen – das betonen Sie ja auch immer wieder – besuchen eine Einrichtung. Insofern hätte man das, wie Herr Wabnitz es vorgeschlagen hat, mit einem standardisierten Beobachtungsverfahren in der Alltagssituation mit den vertrauten Erzieherinnen und Erzieher machen können. Dann hätten Sie valide Ergebnisse bekommen.
Alle Kinder, die nicht in den Kindergarten gehen, hätten dann, wie in der zweiten Phase vorgesehen, in der Grundschule getestet werden können.
Meine Damen und Herren, Herr Laschet, mit diesem Verfahren entwerten Sie die Erzieherinnen und Erzieher.
Ich erwarte von Ihnen als zuständigem Minister, dass Sie mehr Vertrauen in die wichtige und gute Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher in unserem Land haben. Das geht weit über den Sprachtest hinaus. Sie gehen nämlich auch bei der Entwicklung des Kindergartengesetzes in herabwürdigender Weise mit den Erzieherinnen und Erziehern um. Das kann so nicht weitergehen, das muss Grenzen haben. Selbst den Berufsvertretungen setzen Sie bei den Verhandlungen um das Kindergartengesetz den Stuhl vor die Tür.
rhein-Westfalen zu Versuchskaninchen in einem Großversuch gemacht. Das ist fahrlässig und verprellt die Eltern und die Kinder.
Das ist die Wahrheit. – Wenn wir es mit der Sprachstandserhebung und Sprachförderung ernst meinen, dann dürfen wir uns ein solches chaotisches Verfahren nie wieder erlauben. Setzen Sie endlich die Voten der Fachleute um! Ändern Sie das Verfahren! Zeigen Sie sich endlich einmal lernfähig!