Protocol of the Session on March 28, 2007

Wichtig war, dass der Katastrophenerlass mit den damit verbundenen steuerlichen Erleichterungen für die Waldbesitzer gekommen ist. Wichtig ist weiterhin, dass Klarheit für das Wiederaufforstungsprogramm herrscht und dass man mit öffentlichen Geldern Hilfestellungen leisten will, mehr Laub- als Nadelwald anzuschaffen. Halten wir uns vor Augen: Der Brotbaum für die Waldwirtschaft ist der Nadelbaum. Wenn wir als öffentliche Hand aus den verschiedensten Gründen sagen, es sei richtig, mehr Laubwald anzupflanzen, sollten wir das unterstützen. Das wird gemacht. Ich habe mir aufgeschrieben, dass dafür 56 Millionen € bereitgestellt werden sollen.

Zentral ist natürlich auch die Aufgabe – die Kollegin Brunert-Jetter hat auch schon darauf hingewiesen –, das Holz aus dem Wald zu schaffen, um die Waldwege überhaupt wieder gangbar zu machen. Das Sauerland ohne Wanderwege ist touristisch kein großer Renner. Diese Maßnahmen sind also zwingend notwendig.

Ein Problem besteht für mich nach wie vor darin, dass man für den Sonderfonds Südwestfalen die Mehreinnahmen des Landesbetriebes sehr konzentriert einsetzen will. Das wird sich natürlich auch in der Bilanz des Landesbetriebs niederschlagen. Wir müssen wirklich darauf achten, dass der Landesbetrieb langfristig wirtschaftlich tragfähig arbeiten kann. Ich war nie ein Freund des Landesbetriebes. Ich hätte es lieber gesehen, wenn das in die Landwirtschaftskammer zurückgeführt worden wäre. Wir haben uns in der Koalition geeinigt, den Landesbetrieb am Leben zu erhalten, ihm eine Chance zu geben und zu prüfen, was dort noch geändert werden kann. Wir haben dazu Ja gesagt und haben dann die Verpflichtung, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Landesbetrieb sorgfältig auf eine solide Grundla

ge zu stellen. Ich glaube, damit sind wir auf einem guten Weg.

In den Wortbeiträgen heute Vormittag wurde gesagt, das sei alles viel zu spät gekommen. Meine Damen und Herren, was heute solide von diesem Minister abgearbeitet worden ist, nämlich nach einer Schadensaufnahme konkrete Erste-HilfeLeistungen zu machen und nach einer Schadensbewertung gestern das 100-Millionen-€-Programm vorzustellen, ist natürlich eine Abkehr von Ihrem Verhalten. Sie haben rot-grüne Symbolpolitik mit möglichst großer publizistischer Wirkung in den Vordergrund gestellt. Schwarz-Gelb sagt eindeutig: Wir wollen einen sachbezogenen und handlungsorientierten Ansatz haben und die Aufgaben sachorientiert abarbeiten. Das ist ein völliger Gegensatz zu rot-grüner Politik. Deswegen kann ich ihn nur unterstützen.

Im Übrigen – ich bin sofort fertig – erreicht mich gerade eine Presseinformation von Frau Höhn aus Berlin. Sie sagt: Es ist gut, dass die Bundesregierung jetzt endlich tätig wird. Nun muss auch die Landesregierung ihre Hilfe für benötigte Nasslager endlich auf den Weg bringen.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Sie ist schon lange nicht mehr in Nordrhein-Westfalen!)

Frau Höhn, ich kann in diesem Fall mit nordrheinwestfälischem Stolz nur sagen: Es ist schön und richtig, dass die Bundesregierung nunmehr beschlossen hat, den Antrag beim Europäischen Sozialfonds zu stellen. Eine Hilfestellung aus Berlin zur Katastrophenbewältigung in Form dieser Pressemitteilung haben wir jedoch nicht nötig. Nordrhein-Westfalen handelt und redet nicht. – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Abgeordnete Remmel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat: Die Messe in Südwestfalen ist gelesen. Heute ist hier im Landtag noch die eine oder andere Strophe von Lob und Preis abgesungen worden. Wie das nun einmal so ist, ist auch noch eine dicke Schaufel Weihrauch draufgeschüttet worden. Aber wenn wir den Dampf ein bisschen beiseite schieben und sich den Rauch der einen oder anderen Nebelkerze verziehen lassen, muss man realistischerweise auf das schauen, was bleibt.

Festzuhalten ist eben das Bild, das bei den Menschen hängengeblieben ist: Der Ministerpräsident feiert in rauchschwangeren Sälen Karneval, während die Menschen gleichzeitig vor den Schäden durch diesen Sturm und vor dem Aus stehen. Dieses Bild bleibt haften. Nicht umsonst hat die Landesregierung gestern diese Konferenz einberufen. Sie ist dazu genötigt worden. Sie hat gar nicht von sich aus die Initiative ergriffen, sondern es war die Unruhe in der Region. Der Regionalrat hat in deutlicher Sprache gefordert, dass endlich etwas passieren muss. Viele Resolutionen der einzelnen Gemeinde- und Stadträte machen deutlich, dass die Landesregierung in weiten Teilen über neun Wochen hinweg beim Krisenmanagement untätig geblieben ist.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Was vorgelegt worden ist, muss man auf seine Substanz hin prüfen; das ist unsere Aufgabe. Dabei muss man feststellen, dass gestern klipp und klar erklärt worden ist, dass man keinen Nachtragshaushalt vorlegen will. Ich frage mich, woher das Geld denn kommen soll, wenn nicht aus einem Nachtragshaushalt, der dem Landtag vorgelegt wird, um das Geld den Menschen zur Verfügung zu stellen. Es geht um 100 Millionen € für die Menschen, für die Waldbauern, für die Wege, für die Kommunen. Wir haben die Befürchtung, dass der eine oder andere Teil des gestern vorgestellten Programms tatsächlich die Bezeichnung Luftnummer verdient, weil es keine Substanz hat und auch nicht trägt.

Offensichtlich werden die 56 Millionen €, die versprochen worden sind, erst im nächsten Jahr bereitgestellt. In diesem Jahr passiert das jedenfalls nicht. Ich wüsste nicht, woher das Geld sonst kommen sollte. Es ist eine Mär zu behaupten, dass ein Nachtragshaushalt erst im Dezember Wirksamkeit entfalten würde. Wir Grüne jedenfalls sind bereit – und ich glaube, das gilt auch für die SPD-Fraktion –, das im Landtag in einem schnellen und unbürokratischen Verfahren hinzubekommen, um das Geld tatsächlich auch zu etatisieren, wie es sich gehört.

Wenn man sieht, dass 20 Millionen € aus Einnahmen des Landesbetriebs zur Verfügung gestellt werden, die noch gar nicht vorhanden sind, wird es umso dubioser, meine Damen und Herren. Es wird Geld versprochen, das einem Wirtschaftsbetrieb entzogen werden soll. Der Betrieb soll wirtschaftlich arbeiten; dennoch entzieht man ihm das Geld gleich wieder. Das ist ein Einschneiden in die Substanz, ohne dass sie einer parlamentarischen Befassung anheimgestellt

worden ist. Das kann letztlich keine Substanz haben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es wird keine Nasslagerplätze geben. Das heißt, dass der Verkauf …

(Minister Eckhard Uhlenberg: Was?)

Keine Nasslagerplätze, die vom Land unterhalten und gestützt werden. Das haben Sie gestern erklärt. Es gibt an verschiedenen Stellen in Südwestfalen bereits Vorbereitungen dazu; aber die Vorhaben können eben nicht starten, solange nicht klar ist, wer den Betrieb übernimmt.

Herr Kollege Remmel, gestatten Sie eine Zwischenfrage Ihres Kollegen Ellerbrock von der FDP?

Sehr gern.

Bitte schön, Herr Ellerbrock.

Herr Kollege Remmel, erinnern Sie sich bitte an die Ausschusssitzung und daran, dass ich den Problemkreis Nasslagerplätze als wichtig erachtet und nachgefragt hatte. Die Aussage des Ministers war sehr deutlich, dass der Landesbetrieb solche Nasslagerplätze in Dienstleistung für Sägewerkbesitzer usw. einrichten und betreiben wird. Es geht nicht darum, dass wir die Nasslagerplätze als Land selber betreiben. Würden Sie einfach zur Kenntnis nehmen, dass wir den Problemkreis Nasslagerplätze eigentlich abgeräumt haben?

Herr Ellerbrock, ich habe mich in diversen Gesprächen vor Ort sachkundig gemacht. Es gibt an mindestens vier oder fünf Stellen Initiativen, solche Nasslagerplätze einzurichten. Sie scheitern bei der Umsetzung daran, dass ungeklärt ist, wer den Betrieb übernimmt. Die Waldbauern sind durchaus bereit, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Aber es muss jemand die Organisation und den Betrieb übernehmen und die Grundlage dafür schaffen.

Die Landesregierung hat gestern erklärt, dass sie das nicht über den Landesbetrieb tun will. Ich kann nur feststellen, dass diese Maßnahme, die dazu dienen würde, einen Absatz über eine längere Zeit zu strecken, was dringend notwendig ist, offensichtlich nicht die Unterstützung der Landesregierung findet.

Im Übrigen ist auch nicht geklärt, ob es zu unbürokratischer Hilfe in Form von festen Sätzen kommt. Das war gestern sehr schwammig. Das müssen Sie heute erläutern. Eben haben wir schon über die Rahmenbedingungen gesprochen, die durch diverse große Verträge, insbesondere durch den Klausner-Vertrag, gesetzt werden.

Ich komme zum Schluss. Unter dem Strich muss ich feststellen: Was gestern verkündet worden ist, hält wahrscheinlich in Teilen einer dauerhaften Betrachtung nicht stand. Wir halten deshalb die Forderung aufrecht, dass dem Landtag ein umfassender Maßnahmenplan vorgelegt wird und dass dies insbesondere durch einen ernsthaften Nachtragshaushalt untermauert wird. Dann wird das Substanz, was Sie gestern verkündet haben. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Für die SPD-Fraktion erhält der Abgeordnete Unruhe das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Brunert-Jetter, das war ein sehr schöner Werbeblock. Nur haben die verschiedenen Resolutionen aus der Region bis gestern eine ganz andere Sprache gesprochen.

(Beifall von der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir beschäftigen uns heute mit drei Anträgen zu den Schäden, die der Sturm Kyrill in unserem Bundesland verursacht hat. Allen drei Anträgen ist die Sorge um den Wald und um die Waldwirtschaft gemein. Seit gestern hat sich die Situation durch die Regionalkonferenz in Siegen verändert. Nach neun Wochen Winterschlaf ist die schwarz-gelbe Landesregierung endlich aufgewacht und hat sich den Orkanschäden gestellt.

(Beifall von der SPD)

Noch vor einer Woche hatte CDU-Minister Uhlenberg die Aktivitäten und Hilfen für ausreichend erklärt. Nun musste die Regierung Rüttgers dem Druck von Waldbesitzern, Kommunen, Gewerkschaften und der Opposition nachgeben.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Wo war denn Ihre Vorsitzende? War sie einmal da?)

Die Landesregierung muss sich endlich der Realität stellen. Die durch Kyrill verursachten Schäden sind unübersehbar. In vielen Gebieten sind nicht nur einzelne Bäume und Baumgruppen, sondern

ganze Areale platt. Forstwege sind stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Wanderwege sind nach wie vor unpassierbar. Ich will die statistischen Zahlen gar nicht zum Besten geben; sie sind vielfach veröffentlicht.

Also ist es richtig, wie von uns schon lange gefordert, dass finanzielle Hilfen schnell und direkt mit dem Ziel bereitgestellt werden, dass kurzfristig forstliche Wirtschaftswege erneuert und repariert werden, dass der Holztransport zügig erfolgen kann, dass Nass- und Folienlagerkapazitäten geschaffen werden und dass die regionale Tourismuswirtschaft in dieser schwierigen Situation unbürokratisch unterstützt wird.

Selten war der Unmut der eher konservativen Sauerlandregion gegenüber einer Landesregierung größer als jetzt nach Kyrill. Denn die Regierung aus CDU und FDP handelte zögerlich und unzureichend.

(Beifall von der SPD)

In der heutigen Zeit wird viel von Nachhaltigkeit geredet. Diese Leitidee der Generationengerechtigkeit, die zu Recht in alle politischen Bereiche eindringt und gleichzeitig umfassend ist, hat in der Forstwirtschaft ihren Ursprung. An konkreten Fällen zeigt sich, ob wir Nachhaltigkeit nur in Sonntagsreden als Monstranz vor uns her tragen oder ob wir dieser Idee im Alltag treu bleiben und danach handeln. Kyrill bietet uns so einen Schadensfall. Lassen Sie uns den Problemen Waldschaden und Klimawandel nachhaltig gerecht werden!

Darum geht die SPD in ihrem Antrag noch ein Stück weiter. Es ist an der Zeit, ein Waldbaukonzept zu entwickeln, das die Anforderungen des Klimawandels berücksichtigt. Es ist an der Zeit, einen Wirtschaftsplan und ein Entwicklungskonzept für den Landesbetrieb Wald und Holz vorzulegen, die die finanziellen Auswirkungen der Wiederbewaldung umfassen. Wir brauchen dafür die Fachkompetenz aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Landesbetriebs Wald und Holz. Deshalb sollten wir den von dieser Landesregierung begonnenen destruktiven Umbau der Forstverwaltung stoppen.

Der Bund Deutscher Forstleute und die Industriegewerkschaft Bauen – Agrar – Umwelt haben in ihrer gemeinsamen eindringlichen Resolution an die Landesregierung NRW das Gebot der Stunde angesichts des Klimawandels formuliert:

„Um für die nächsten Generationen das grüne Drittel Nordrhein-Westfalens zu erhalten, muss

unverzüglich der Prozess des klimabedingten Waldumbaus begonnen werden.“

Mit Recht verweisen diese beiden Berufsverbände darauf, dass hierfür eine ortsnahe und leistungsstarke Fachverwaltung vonnöten ist. Die Auflösung von Forstämtern und Revieren ist kontraproduktiv. Sie richtet nachhaltigen Schaden an, und davon haben wir im Wald bereits genug.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich fordere Sie auf, dem Entschließungsantrag der SPD zuzustimmen. Er wird den Herausforderungen Kyrills und des Klimawandels nachhaltig gerecht.

Die Landesregierung fordere ich auf, das Ausmaß der zentralen Zukunftsaufgabe, die der Klimawandel dem Wald und im politischen Sinne auch uns stellt, endlich zu erkennen. Erkennen ist der erste Schritt. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.