Erste Anmerkung: Wir sind der Auffassung, dass sich ein paar Rahmenbedingungen so geändert haben, dass ich Verständnis dafür habe, dass die RWE ihre Stilllegungsplanung nunmehr quasi gerichtsfest formuliert überarbeitet hat. Sie können sagen: Das ist immer noch nicht ehrgeizig genug. Aber aus dem Plan können sie nicht mehr heraus.
Zweite Anmerkung: Ich glaube, wir müssen bei all dem, was uns sonst in der Argumentation unterscheidet, sehr aufpassen, dass wir gemeinsam dafür sorgen, dass die neuen Kraftwerke möglichst schnell gebaut werden; das gilt für Steinkohle und Braunkohle. Wir dürfen nicht draußen, weil sich das so gut anhört und sich der eine oder andere auch freut, den Eindruck erwecken, man könnte ohne jede Beschwernis als Industrieland in überschaubarer Zeit weiterexistieren. Dahinter mache ich ein Fragezeichen. Ich mahne uns alle zur Vernunft.
Deshalb bin ich Ihnen, Herr Priggen, dankbar, dass Sie die Position zur Braunkohle differenziert darstellen. Ich hoffe, Sie dürfen für die Grünen sprechen.
Nein, das mache ich alles selbst. Frau Löhrmann, es ist doch gut, dass es auch bei den Grünen, so sage ich es einmal positiv, differenziertes Überlegen, unideologisches Überlegen gibt. Es reicht in einem Land wie Nordrhein-Westfalen und anderswo nicht, sich gegen alles zu stellen und am Ende zu sagen: Ich weiß auch nicht mehr, wie wir die Stromversorgung organisieren.
Nochmals: Wir sind gegen einen sofortigen Stopp. Wir achten auf das, was RWE jetzt zugesagt hat. Gehen Sie davon aus: Wir werden weiter darauf drängen, wenn sich Spielräume ergeben, das noch einen Schlag schneller zu machen.
Ich bin auch sehr einverstanden, die Beteiligten noch einmal anzuhören, um zu überlegen, ob man noch irgendetwas beschleunigen kann. Aber dann bitte ich, auch den anderen Teil ein Stück mit zu vollziehen und dort zu helfen, wo es beim Kraftwerkserneuerungsprogramm noch hakt. Darauf könnten wir, so hoffe ich, gemeinsam ein Stück stolz sein.
Es ist richtig, CO2 kann man auch noch auf andere Art und Weise reduzieren. Aber in einem Industrieland werden wir auch weiterhin das eine oder andere Großkraftwerk positiv begleiten müssen. Ich hoffe, dass Sie alle daran mitwirken.
Vielen Dank, Frau Ministerin. – Meine Damen und Herren, wir sind am Schluss der Beratung. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/4027 an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie – federführend – und an den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Die abschließende Beratung wird im federführenden Wirtschaftsausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? – Damit haben wir die Überweisung einstimmig beschlossen.
Ich weise darauf hin, dass es zu dem Antrag der Fraktionen der CDU und der Fraktion der FDP den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/4088 gibt.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Keine andere Region in ganz Deutschland ist vom Sturm Kyrill so hart getroffen worden wie Südwestfalen. Viele Waldbauern sehen ihre Existenz und die ihrer Kinder akut gefährdet. Sauerland und Siegerland
werden noch jahrzehntelang unter den Folgen des Jahrhundertorkans zu leiden haben. Wo Kyrill gewütet hat, ist die Zukunft im wahrsten Sinne des Wortes plattgemacht.
Das Betreten der vormals schönen Wälder ist in weiten Teilen nur Forstarbeitern erlaubt. Wege sind nicht begehbar, Touristen bleiben aus: kein Wald, kein Wandern, keine Urlauber, kein Geld. Auch in der Touristikbranche kämpfen Betriebe um ihr Überleben.
Umso richtiger und wichtiger ist es, dass wir hier und heute im Parlament die Folgen von Kyrill durch einen CDU/FDP-Antrag, einen inhaltlich ähnlichen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen und einen Entschließungsantrag der SPD noch einmal diskutieren. Der Ton der Anträge ist allerdings höchst unterschiedlich. Wen wundert’s?
Zurück zur Sache: Sechs Tage nach der Sturmkatastrophe, nämlich in der Aktuellen Stunde am 25. Januar 2007, haben wir das erste Mal über das bis dahin erkennbare Ausmaß des Orkans, das bereits eingesetzte Krisenmanagement und ein Sofortmaßnahmenpaket diskutiert. Da ich selbst zu diesem Thema hier gesprochen habe, kann ich heute eindeutig feststellen, was von den angekündigten Hilfsmaßnahmen tatsächlich umgesetzt worden ist. Ich darf den vermutlich erstaunten Oppositionsparteien verraten: alles. Alles, was der Minister in seinem damaligen Redebeitrag angekündigt hat, ist umgesetzt worden, sogar noch einiges mehr,
zum Beispiel die befristete Aufhebung des Kabotageverbots, eine Maßnahme, die erst bei der Aufarbeitung des Sturmholzes erkennbar wurde.
Die Landesregierung hat umgehend nach Kyrill innerhalb des Landesbetriebs Wald und Holz Personalverschiebungen in das Sturmgebiet geregelt, eine landesweite Schadensaufnahme veranlasst, private Waldbesitzer bei der Holzabsatzstrategie unterstützt und beraten, die Nutzlast von LKWs angehoben und das Sonntagsfahrverbot aufgehoben.
Sofort konnten unbürokratisch Spezialisten aus dem Ausland beschäftigt werden, und die Sonntagsarbeit wurde erlaubt. Umgehend wurde in Arnsberg – erstmalig in Deutschland – eine Anlaufstelle für Sicherheit, Kommunikation und Koordination eingerichtet.
Es ist auch gelungen, beim Bund eine weitgehende Steuerentlastung für die Betroffenen zu erreichen, indem der steuerrechtliche Teil des Forstschädenausgleichsgesetzes angewandt werden kann.
Auf Initiative des Landes NRW ist in ganz Deutschland eine Schadensabfrage gemacht worden, um mit dieser Bilanz eventuell am europäischen Solidaritätsfonds partizipieren zu können.
Von meinen Fraktionskollegen aus Südwestfalen weiß ich, dass sie genauso wie ich unzählige Gespräche und Abendveranstaltungen mit Betroffenen hatten, um sich ein konkretes Bild von der Schadenslage zu machen, damit gut abgestimmte und nachhaltig angelegte Hilfsmaßnahmen stattfinden können.
Auch die Besuche des Ministerpräsidenten in der Region und ganz besonders der sehr enge, oft mehrmals wöchentlich stattfindende Kontakt von Minister Uhlenberg mit den Betroffenen, aber auch die ressortübergreifenden Gespräche in der Region mit der Wirtschaftsministerin, dem Verkehrsminister oder dem Europaminister zeigen: Die Region wird nach Kyrill nicht allein gelassen.
All diese Gespräche haben jetzt zu einem weiteren, umfassenden Hilfspaket geführt, das der Ministerpräsident und die entsprechenden Ressortminister gestern bei der Regionalkonferenz in Siegen vorgestellt haben. Mit 100 Millionen € wird das Land die Region mit Direkthilfen unterstützen. Diese werden in die Wiederaufforstung, den Wegebau und die touristische Infrastruktur fließen.
Darüber hinaus wird das Kreditvolumen für zinsverbilligte Kredite von heute 80 auf nunmehr 120 Millionen € erhöht, um Privatkapital für Zukunftsinvestitionen zu mobilisieren.
In 2008 und 2009 werden die Mittel für Straßenerhaltungsmaßnahmen in der Region verdoppelt, damit das Verkehrswegenetz zeitnah wieder instandgesetzt werden kann. Denn bereits heute erkennt man deutlich die Spuren, die die Holztransporter hinterlassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Wehklagen ist nicht Westfalenart. Das ist gestern in der Regionalkonferenz noch einmal deutlich geworden. Und noch eines ist deutlich geworden: Die Waldbesitzer wollen keine Almosen vom Land. Sie haben die unternehmerische Entscheidung getroffen, vom Wald zu leben, und das birgt auch Risiken. Die Katastrophe des Orkans war allerdings absolut nicht vorhersehbar, und deshalb bitten sie um Hilfe zur Selbsthilfe.
Genau das ist die Antwort, verehrte Damen und Herren der Opposition: Nicht Aktionismus, sondern wohlüberlegtes und mit der Region eng abgesprochenes Handeln ist gefragt.
Da hilft es wenig, wenn sich der Parlamentarische Geschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, der auch Abgeordneter in Südwestfalen ist, pressewirksam durch gesperrte Waldflächen schlängelt, um öffentlich gut anzukommen.
Das erinnert mich immer wieder an den netten Kommentar in der „taz“ vor einigen Wochen, in dem es hieß: „Der Mann aus Siegen muss bellen …“ Gleichzeitig stellte der Journalist auch fest: „Opposition heißt nicht, um jeden Preis laut zu sein.“ Wo dieser Journalist Recht hat, hat er Recht. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kyrill und kein Ende. Es ist richtig, dass wir uns damit befassen. Wenn ich sage, dass die Waldbesitzer, aber auch die regionale Tourismuswirtschaft vor allem durch ein regionales Naturereignis betroffen worden sind, das tief in die wirtschaftliche Existenz diese Betriebe eingreift, beschreibt das die Situation für den Einzelnen eigentlich nur unzureichend. Gleichwohl: Land- und Forstwirtschaft – darüber müssen wir uns klar sein – sind seit Menschengedenken vom Wetter abhängig. Sie sind seit Menschengedenken gewohnt, mit Sturm umzugehen. Das gilt heute wie auch für früher. Das wird auch immer so bleiben.
Bundesweit und in Nordrhein-Westfalen sind erhebliche Vermögenswerte geschädigt worden. Darauf hat Frau Kollegin Brunert-Jetter eben noch einmal hingewiesen. Die Landesregierung, der Landesbetrieb Wald und Holz und die nachgeordneten Behörden haben professionell reagiert und schnell und angemessen gehandelt. Die Prioritäten waren von Anfang an klar: Gefahrenabwehr steht im Vordergrund. In diesem Zusammenhang haben wir in diesem Hause gemeinsam allen Mitarbeitern der Landesforstbehörden, der Feuerwehr, der Polizei und der Katastrophendienste unseren Dank gezollt. Das gilt nach wie vor und war richtig.
Im zweiten Schritt waren natürlich Aufräumarbeiten in den betroffenen Gebieten zu organisieren. Das ist erfolgt und läuft ganz normal ab. Die Landesregierung hat von Anfang an deutlich gemacht, dass sie sachbezogen Hilfestellung leisten will. Das hat sie auch gemacht. Die einzelnen
Programmpunkte könnte ich gern wiederholen; ich habe sie mir herausgeschrieben. Aber das erspare ich uns, denn Frau Brunert-Jetter hat deutlich darauf hingewiesen.
Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang erreichen mich zwei verschiedene Nachrichten. Einerseits wird gesagt, die Deutsche Bahn habe an sechs verschiedenen Bahnhöfen sehr schnell und sehr angemessen reagiert und wirklich geholfen. Gleichwohl höre ich vor Ort immer wieder, dass man Züge vermisst, dass Züge ausgefallen sind, dass rollendes Material nicht im notwendigen Umfang bereitgestellt worden ist und dass man sich zusätzliche Hilfestellungen von der Bahn wünscht. Man sollte wirklich nachhaken, wo noch etwas gemacht werden kann und wo wir helfen können.
Wichtig war, dass der Katastrophenerlass mit den damit verbundenen steuerlichen Erleichterungen für die Waldbesitzer gekommen ist. Wichtig ist weiterhin, dass Klarheit für das Wiederaufforstungsprogramm herrscht und dass man mit öffentlichen Geldern Hilfestellungen leisten will, mehr Laub- als Nadelwald anzuschaffen. Halten wir uns vor Augen: Der Brotbaum für die Waldwirtschaft ist der Nadelbaum. Wenn wir als öffentliche Hand aus den verschiedensten Gründen sagen, es sei richtig, mehr Laubwald anzupflanzen, sollten wir das unterstützen. Das wird gemacht. Ich habe mir aufgeschrieben, dass dafür 56 Millionen € bereitgestellt werden sollen.