Es geht darum, ob Frauen bei gleichen Eingangsvoraussetzungen, gleicher Ausbildung, gleicher Qualifikation im gleichen Job gleich bezahlt werden oder nicht. Es wäre ein Skandal, wenn es nicht so ist. Das müssen wir ändern, das ist ganz klar. Aber, in einem gleichen Job bei gleicher Qualifikation – Herr Groth, sie nicken so zustimmend, das freut mich –,
gleicher Ausbildung und gleicher Sachbearbeitertätigkeit wird beispielsweise im Einkauf eines Unternehmens immer weniger verdient als im Vertriebsbereich.
Das gilt gleichermaßen für Männer. Die Vergleiche, die hier gezogen werden, sind mir nicht seriös genug.
Damit müssen wir uns einmal intensiver beschäftigen. Hierfür bin ich sehr offen, aber wir sollten es auch tun. – Danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf den ersten Blick erscheint der Antrag der SPD-Fraktion „Junge Frauen in Berufe mit Zukunft“ plausibel und nachvollziehbar. Er ist sehr ausführlich und beschreibt vieles richtig. Auch die Reden heute Morgen haben sehr vieles richtig beschrieben. Wir sind uns im Wesentlichen in der Problembeschreibung und in den Zielen einig.
Am Ende des Antrages fordern Sie ein Handlungskonzept und eine jährliche Berichtspflicht. Diese Mittel sind natürlich nicht geeignet, etwas an der Situation, um die es in diesem Problemfeld geht, zu verändern.
Wenn man sich den Antrag genau durchliest – Frau Kollegin Steffens hat ja bereits einige Bemerkungen gemacht –, dann stellt man fest, dass er in Teilen durchaus etwas altbacken ist. Es wird ein Blick zurück in die Vergangenheit geworfen, und wie bei allen SPD-Anträgen wird die Fortführung vielfältiger erfolgversprechender Ansätze gefordert. Alles das, was man früher einmal gemacht hat, muss man also weitermachen.
Der Antrag ist weder in den Problembeschreibungen noch in den Forderungen präzise. Darüber hinaus fehlt ihm ein wenig der Hauch von Innovation, die wir eigentlich an drei, vier Punkten – das haben alle Redner deutlich gemacht – brauchen.
In dem Antrag wird ein Handlungsprogramm gefordert. Das ist eine beliebte politische Allzweckwaffe. Handlungsprogramme braucht man aber dann, wenn es neue Situationen gibt.
Die Vorgängerregierung hat zum Beispiel richtigerweise ein Handlungsprogramm zum Thema „Häusliche Gewalt“ beschlossen. Das war vor ei
nigen Jahren ein wichtiges neues Thema, auf das man reagiert und für das man ein Handlungsprogramm beschlossen hat. Wir machen derzeit das Gleiche beim Thema Zwangsverheiratungen, für das man ein Handlungskonzept braucht. Die Berufsorientierung und die Berufsausbildung von Mädchen und Jungen ist jedoch ein solches Uraltthema, dass es nicht sehr innovativ wirkt, wenn jetzt die Politik ein Handlungsprogramm dafür erstellt. Vor 30 Jahren gab es die ersten Aktionen Mädchen in Männerberufe. Es gibt eine unüberschaubare Flut an Analysen, Maßnahmenkatalogen, Projekten und Modellen, um das nach wie vor zu enge Berufsspektrum von jungen Frauen zu erweitern.
Alle von Ihnen in Ihrem Antrag genannten Akteure sind seit vielen Jahren genau mit dieser Problematik beschäftigt. Es ist also keineswegs so, dass wir mit der Erstellung eines machtvollen Handlungsprogramms ein Signal zum Aufbruch geben würden. Die Situation ist viel komplexer und komplizierter, als es der Antrag nahelegt.
Der Übergang junger Frauen in eine berufliche Ausbildung wird durch zahlreiche Faktoren beeinflusst. Dies ist sozusagen ein multikausales Geschehen, das sich nicht so einfach steuern lässt. Es gibt sehr viele Gründe, weshalb bestimmte Entwicklungen so laufen, wie sie laufen. Es ist nicht so, dass man an ein paar wenigen Stellschrauben drehen müsste, um gewünschte Ergebnisse zu erzielen. Wir wissen zum Beispiel, dass die Einflüsse von Bezugspersonen wie Eltern, Lehrern, Lehrerinnen und Gleichaltrigen beim Berufsfindungsverhalten eine ganz wichtige Rolle spielen. Den Schulen kommt eine Schlüsselfunktion zu.
Wichtig sind die Gegebenheiten auf dem lokalen Ausbildungsmarkt und natürlich die Wahrnehmung von Ausbildungsberufen durch junge Frauen selbst. Ihre Vorstellungen darüber spielen eine ganz zentrale Rolle. Entscheidend sind nicht zuletzt die Rekrutierungspraktiken der Betriebe, die oft alles andere als geschlechtsneutral sind.
Diese Faktoren beeinflussen viel stärker die Berufsfindungsentscheidungen junger Frauen als die Dinge, die Sie in Ihrem Antrag benennen. Nur wenn man diese Bedingungen in ihrem Zusammenwirken sieht, versteht man, warum vieles nicht so greift, wie man sich das wünscht, und man erkennt, wie man gezielter vorgehen kann. Ich glaube, dass das die entscheidenden Fragen sind, die uns als Politik beschäftigen sollten.
qualitative Weiterentwicklung an den Stellen, wo wir glauben, dass man etwas mehr machen könnte. Man sollte die personell und finanziell knappen Ressourcen nicht für die Erstellung langer und aufwendig zu erstellender Jahresberichte binden. Wir können Ihnen das gerne liefern. Damit wären jedoch zig Mitarbeiter die nächsten Wochen beschäftigt. Sie bekämen dann einen langen Bericht, aber wir würden keinen Millimeter bei dem weiterkommen, was wir eigentlich erreichen wollen.
Deshalb müssen wir genau hinsehen. Als Beispiel möchte ich Ihnen ein Projekt unseres Hauses anführen. Es geht darum, den Frauenanteil in den Ingenieurwissenschaften zu erhöhen. Sie erwähnen in Ihrem Antrag, dass der Anteil der Frauen in diesem Bereich regelmäßig unter 20 % liegt. Er ist übrigens noch geringer, wenn man die Architekturstudiengänge hinausrechnet, und das trotz eines Mangels an ingenieurwissenschaftlichen Fachkräften. Uns fehlen real im Moment 22.000 Ingenieure. Obwohl das so ist und dieses Berufsfeld solch riesige Perspektiven bietet, ist der Frauenanteil nur so gering.
Die Problematik ist nicht neu, spitzt sich aber weiter zu. Deshalb meine ich, dass man sich einige Initiativen genauer anschauen muss, zum Beispiel spezielle Angebote für Mädchen an den Schulen, Sommeruniversitäten, ein Mentoring für Studentinnen, Maßnahmen von technikorientierten Unternehmen für ihre weiblichen Beschäftigten sowie der Girl’s Day, Schnuppertage und vieles andere mehr.
Wir haben das Projekt „Mehr Frauen in die Ingenieurwissenschaft“ gestartet, übrigens aus den Mitteln, Frau Kollegin Steffens, die in den Regionalstellen waren. Man kann natürlich fordern, die Regionalstellen zu erhalten, aber das zielgerichtete Wirken in den neuen Feldern konnte man damit nicht erreichen. Deshalb stellen wir nun das Geld für das Projekt „Mehr Frauen in die Ingenieurwissenschaften“ zur Verfügung. Das Ziel ist, Ansätze kritisch zu analysieren, zusammenzuführen und weiter auszubauen.
Mit dem Projekt soll der Clusteransatz, der in der Wirtschaftsförderung vielfach praktiziert wird, auf die Potenzialentwicklung übertragen werden. Partner sind Schulen, Universitäten, Fachhochschulen, Betriebe, Verbände und Stiftungen. Das Projekt läuft, das Kompetenzzentrum in Bielefeld macht derzeit eine Bestandsaufnahme. Wir schauen uns im Ruhrgebiet alle Initiativen genau an, die Mädchen und Frauen für Technik und Naturwissenschaften motivieren. Ab Mitte des Jahres
2007 wird dann die eigentliche Konzeptentwicklung, Akquisition von Partnern, Begleitung von Maßnahmen, und die Evaluierung, beginnen.
Ja. – Das ist nur ein Beispiel, wo man an einem Thema mal in die Tiefe gehen kann, ohne all die Probleme additiv zu benennen. – Frau Kollegin.
Danke schön. – Herr Minister, ich höre Ihnen immer wieder gerne zu, weil Sie so schön erklären, warum unsere Anträge schlecht sind und wir in der Vergangenheit so viel falsch gemacht haben.
Jetzt haben Sie davon gesprochen, auf die qualitative Weiterentwicklung zu setzen. Würden Sie mir in dem Zusammenhang und insbesondere für die Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Tribüne bitte einfach nur erklären, was es bedeutet, wenn Sie davon sprechen, dass der Clusteransatz auf die Potenzialentwicklung übertragen werden soll.
Ja, natürlich ist das eine sehr spannende Frage. Aber ich will zunächst etwas zu Ihrer einleitenden Bemerkung sagen. Ich sage nicht, dass früher alles schlecht war. Wir haben zahlreiche Projekte, die sehr gut sind. Nur ist nicht jedes Projekt, das 1986 einmal eingerichtet worden ist, für die Frauenpolitik im Jahre 2007 immer noch das geeignete.
Ich würde bei vielen anderen Maßnahmen, die wir in Nordrhein-Westfalen haben, durchaus würdigen, was die Vorgängerregierung gemacht hat. Wir sind in Vielem in der bundesdeutschen Diskussion vorne. Nur: In den Ergebnissen sind wir nicht vorne. Wenn wir immer noch mit die niedrigste Frauenerwerbsquote der deutschen Bundesländer haben, ist das eben nicht erfolgreich.
Clusteransatz hat ja die Grundlage in der Wirtschaftsförderung. Das ist ein Mechanismus, den Frau Thoben bei ihren Projekten anwendet.
Schon länger. Das ist schon länger so, und man wird bald im Ruhrgebiet und an vielen Orten spüren, wie nach einer neuen Industriephase dieser Clusteransatz eine Region wirklich zu einer Zukunftsregion in Europa machen wird. Das Modell, das sie da anwendet und das da erfolgversprechend ist, brauchen wir auch hier. Wir müssen uns auf bestimmte Felder verständigen, das heißt Clusteransatz. Sie wollten, dass ich diesen Begriff erläutere.
Ja, aber Sie haben gesagt, ich solle den Zuhörern erklären, was das ist. Deshalb sage ich es jetzt etwas klarer. Das heißt, wir definieren: Wo sind unsere Stärken? Unser Ministerpräsident hat gesagt, wir sollen nicht so viel „Denglisch“ reden. Cluster ist ein englisches Wort. Es heißt: Potenziale nutzen, die da sind, sie vorher definieren, und dann alle Mittel, die man hat, dafür einsetzen.
Wir brauchen jetzt nicht über Begriffe zu diskutieren. Ich habe es, wie die Frau Kollegin es erbeten hat, einmal mit der Zielrichtung erläutert, warum wir es bei Ingenieurwissenschaften so machen, wie wir es vorhaben, nämlich Technikinteresse von Mädchen fördern, und das schon in den Berufswahlkonzepten und im Schulalltag.