Protocol of the Session on March 8, 2007

(Beifall von CDU und FDP)

Es tut mir leid, Herr Eiskirch, Sie rennen einer Vergangenheit nach, über die Sie sich eigentlich eher grämen sollten, weil Sie sie mit zu verantworten haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Deshalb ist Ihrem Antrag nicht mehr zu entnehmen – mehr wissen Sie auch nicht – als Flächen-

und Sondertöpfe. Das reicht nicht. Das kann man an der Vielzahl der Sondertöpfe in der Vergangenheit und der Art der Verwendung ablesen.

(Beifall von der CDU)

Ich wiederhole es: Zum Beispiel hat die Gießkanne bei Technologiezentren nach einer ganz aktuellen Evaluierung dazu geführt, dass von 21 ganze acht in die Nähe des beabsichtigten Ziels gekommen sind.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Das ist nur eine Betrachtung, Frau Ministerin!)

Das ist aber eine.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Sehen Sie die Arbeitsplätze auf der anderen Seite!)

Wenn es Ihnen reicht, dass sie mit 100 % Finanzierung aus Landesmitteln privaten Gewerbeimmobilien Konkurrenz machen,

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Das habe ich nicht gesagt!)

ist das Ihr Verständnis,

(Beifall von der CDU)

aber nicht unseres.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Das ist Ihr Verständnis!)

Ja, wir haben ein anderes. Das tauschen wir gerade eben aus. Ich glaube, dass das nötig ist.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Darüber sollten wir wirklich reden!)

Was die Bergbauzulieferer angeht – das hört sich ja wunderbar an, Herr Eiskirch –, haben Sie wahrscheinlich nicht mitbekommen, dass auch wir, die neue Landesregierung, die Bergbauzulieferindustrie mit großem Erfolg auf Messen ins Ausland begleiten und Kontakte herstellen. Ich selber war mit einer großen Gruppe von Bergbauzulieferern in Peking. Wahrscheinlich wissen Sie auch nicht – ich sage es Ihnen gerne –, dass sich zum Beispiel sehr große Bergbauzulieferer aus dem Ruhrgebiet mit ganz erheblichem Erfolg auf erneuerbare Energien umgestellt haben.

(Beifall von der CDU)

Entschuldigung, das gehört zur Wirklichkeit, Herr Eiskirch, außer dem, was Sie hier vortragen.

Ich komme zu den Punkten, deren Umsetzung Sie im Antrag fordern:

Es ist doch vereinbart – deshalb brauchen wir Ihre Forderung nicht –, das Auslaufen der subventio

nierten Steinkohlenförderung sozialverträglich auszugestalten. Es wurde – nur als Beispiel – längst beschlossen, bestehende Vorruhestandsregelungen zur Beendigung des Steinkohlenbergbaus fortzuführen. Die Landesregierung wird daher mit der Bundesregierung Verhandlungen zur Verlängerung der Anpassungsgeldrichtlinien über das Jahr 2008 hinaus aufnehmen und sich an der Finanzierung des Anpassungsgelds beteiligen. Hoffentlich helfen Sie uns beim Durchsetzen dieser Forderung in Berlin.

Zu Forderung Nummer 4 Ihres Antrags: Die Landesregierung unterstützt Aktivitäten, um in kleinen und mittleren Unternehmen, die nicht oder nicht mehr ausbilden, zusätzliche Ausbildungsstellen zu gewinnen und die Besetzung der bestehenden Ausbildungskapazitäten zu verbessern. Wir haben ein Bündel bewährter Förderinstrumente. Wir sind allerdings davon überzeugt, dass durch eine dauerhafte Fokussierung auf ein einzelnes Förderinstrument die Probleme am Ausbildungsmarkt nicht gelöst werden können.

Herr Eiskirch und Herr Priggen, auch die Landesregierung sieht die Notwendigkeit eines regional abgestimmten Vorgehens bei der Flächenentwicklung. Dabei müssen wir aber ein paar Dinge beachten:

Erfahrungsgemäß sind längst nicht alle Flächen des Bergbaus gewerblich nutzbar. Ein sehr großer Teil wird anderer Nutzung zuzuführen sein, und nicht wenige Hektar sind bereits als Ausgleichsflächen belegt. Vielleicht erkundigen Sie sich da auch mal! Viele werden sich nur als Grünflächen erhalten lassen.

Die gewerbliche Nutzung einzelner Bergbauflächen ist doch wohl im Kontext zu den übrigen bereits bestehenden Gewerbeflächen zu sehen. Vielleicht ist Ihnen nicht bewusst, wie viele andere Anbieter von Gewerbeflächen zum Beispiel unter den Alteigentümern im Ruhrgebiet aktiv sind. Nach Informationen des RVR sind rund 4.300 ha Gewerbeflächen im Ruhrgebiet aufbereitet; sie stehen zur Verfügung. Damit kommt auf jeden Quadratkilometer Ruhrgebiet ein Hektar Gewerbefläche.

Das Ruhrgebiet dürfte, abgesehen von einzelnen lokalen Engpässen und einer gewissen Unterversorgung mit Industrieflächen, kaum Bedarf an zusätzlichen Gewerbeflächen haben. Die Notwendigkeit eines eigenen Investitionsprogramms für die Revitalisierung der nicht mehr beanspruchten Bergbauflächen zur gewerblichen Nutzung besteht also nicht, weil es keinen signifikanten Bedarf an Gewerbeflächen gibt. Für die wenigen

Ausnahmefälle bestehen Finanzierungsmöglichkeiten in den laufenden Programmen.

Die SPD fordert Verhandlungen mit der RAG über die Einbringung der Grundstücke „zu günstigen Konditionen in einen Flächenpool“. Auch da muss ich Sie ein wenig aufklären. Das hört sich so an, als ob Sie nicht wissen, dass wir die Flächen nicht unterhalb des Verkehrswerts dort einbringen dürfen. Das ist beihilferechtlich untersagt. Wenn Ihnen das egal ist und Sie solche Forderungen aufstellen, muss ich staunen.

Vorsicht, Herr Priggen, deshalb auch mit der Forderung, sie besonders günstig abzugeben! All diese Dinge – wir sind ja gemeinsam dieser Auffassung – sind als Ergebnis massiver Subventionen in der Form entstanden, wie sie heute da sind. Im Rahmen der künftigen Kohlefinanzierung wird wie bisher sicherzustellen sein, dass Vermögenswerte aus dem schwarzen Bereich nur zu ihrem wirtschaftlichen Wert veräußert werden.

Zum sechsten Punkt: Mit dem Ausstieg aus dem subventionierten Steinkohlenbergbau wird der Landeshaushalt ab 2015 spürbar entlastet. Unsere Absicht ist es, den Einsatz der frei werdenden Mittel dann zeitlich so anzuordnen, dass die damit finanzierten Projekte und Initiativen bis zum Zeitpunkt des Auslaufens der Bergbausubventionen bereits ihre positiven Auswirkungen auf Innovation, Wachstum und Beschäftigung in der Metropole Ruhr voll entfalten können.

Weiterhin werden die Bergbaustandorte überdurchschnittlich von den Ziel-2-Mitteln profitieren. Wir haben entschieden, dass 50 % der Mittel aus dem EFRE-Teil des Ziel-2-Programms in besonders strukturschwachen Regionen einzusetzen sind.

Bis auf die Standorte Kamp-Lintfort, Dinslaken und Ibbenbüren ist zudem der Einsatz von Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur möglich. Damit ist die Finanzierbarkeit von kompensatorischen Maßnahmen in den Standortkommunen gesichert. Es besteht daher kein Anlass für ein Sonderprogramm in Höhe von 200 Millionen € jährlich. Oft drohen nämlich Projekte nicht deshalb zu scheitern, weil keine staatlichen Mittel zur Verfügung stehen, sondern weil die Kommunen aufgrund ihrer prekären Haushaltslage ihren Eigenanteil nicht aufbringen können.

Sollten die Kommunen im Ruhrgebiet dem Aufruf der Landesregierung nach mehr Kooperation folgen, sichert die Landesregierung im Gegenzug zu: Die Kooperationsrendite wird in der Region bleiben. Wer durch interkommunale Kooperation

Einspareffekte erzielt, gewinnt Spielräume. Die kommunale Finanzaufsicht wird zulassen, dass diese Spielräume nicht nur zum Schuldenabbau, sondern auch zu Reinvestitionen in die Zukunft genutzt werden können.

In gut begründeten Einzelfällen können wir auch darüber nachdenken, ob wir den Eigenanteil einer Kommune deutlich reduzieren. Aber es sollen nur Einzelfälle bleiben, denn nach unserer Erfahrung nehmen Prestige- und Mitnahmeprojekte an Zahl zu, wenn wir nicht genug Eigenanteil fordern.

Einen Ideenwettbewerb „Neue Arbeit für alte Standorte“ sehen wir nicht. Der Beitrag der Hochschulen sollte nicht primär in der Erarbeitung von Konzeptionen für die Regionalentwicklung bestehen, sondern vor allem in einer engen Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Unternehmen.

Der Antrag der Fraktion der SPD enttäuscht. Wenn wir Bergbaustandorten helfen wollen, müssen wir uns nicht primär um Gewerbeflächen sorgen, sondern um Innovation und Kreativität. Das Tonnendenken aus vergangenen Tagen können wir uns nicht mehr leisten. Natürlich brauchen die Bergleute und Arbeitnehmer Unterstützung, aber die besteht nicht in neuen zusätzlichen Quadratkilometern Gewerbeflächen.

Unter den Forderungen, die die SPD erhebt, lautet eine lapidar: „Das Land darf Börsengang und Stiftungsgründung nicht weiter behindern.“ Ich hätte gerne einmal gehört, was Sie als Behinderung empfinden. Dass wir Landesinteressen formulieren und Fragen stellen? Was meinen Sie damit? Den Satz sollten Sie schleunigst einpacken, Herr Eiskirch. Sie schaden dem Land.

(Beifall von der CDU)

Zu dem Vorwurf, wann wir endlich mit Wettbewerben kämen: Herr Eiskirch, wir sind das erste Land – schriftlich bestätigt durch die Europäische Kommission –, das komplette Unterlagen eingereicht hat. Uns wurde gesagt, kein anderes Land sei so weit. Das heißt, wir haben eine Chance, dass wir sehr schnell die abschließenden Gespräche führen dürfen. Wenn Ihnen nicht bekannt ist, dass man vorher nicht bewilligen darf, Herr Eiskirch, dann muss ich Ihnen das noch einmal erklären.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir haben die abstrakten Bedingungen für den Wettbewerb längst kommuniziert und veröffentlicht.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Reden Sie mal mit den IHKs!)

Das Ausloben der Themen wird zeitnah erfolgen. Deshalb empfehle ich Ihnen, Herr Eiskirch, die Lektüre der Pressemeldung: Die Landesregierung beschließt neue Clusterstrategie – Wachstumspotenziale sollen gezielt gefördert werden. Wenn Sie danach noch Fragen haben, will ich sie gerne beantworten. Aber wenn Sie glauben, dass die Landesregierung – egal in welcher Konstellation – nicht die Kraft hat, zukunftsweisende Antworten für alle Teile des Landes und auch für das Ruhrgebiet zu geben, dann haben Sie sich schwer getäuscht.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Frau Ministerin. – Herr Groschek hat nun für die SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem Frau Ministerin Thoben ansonsten immer bestritten hat, dass Strukturwandel im Ruhrgebiet noch nötig sei, hat sie heute erklärt, dass er am besten privatisiert über die Bühne gehen und der Staat sich weitestgehend raushalten sollte. Sie haben zum ersten Mal deutlich gemacht, Frau Thoben, dass das Ruhrgebiet weitere Einschnitte bei der Förderung hinnehmen soll, denn Sie haben gerade ausgeführt: 50 % der Ziel-2-Mittel bleiben reserviert für das Revier.

(Ministerin Christa Thoben: Nein, das habe ich nicht gesagt!)