Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bundesrechnungshof hat einen Entwurf eines Berichtes über die Schieneninfrastruktur auf den Tisch gelegt, der für reichlich Zündstoff und gestern auch im Bundestag für viele Diskussionen gesorgt hat. Die Fachwelt ist sich einig: Es besteht ein riesiger Instandhaltungsbedarf. Ob er nun 1 Milliarde, 2 Milliarden oder 3 Milliarden € beträgt, kann noch keiner genau sagen.
Fest steht: Die DB hält das Schienennetz nicht ausreichend instand. Meine Damen und Herren, „nicht ausreichend“ heißt ganz klar: Mangelhaft! Das Europäische Netzwerk der Privatbahnen bezeichnet den Bericht des Bundesrechnungshofes gar nur als Spitze des Eisbergs.
Meine Damen und Herren, wie erleben denn die Bürger und Unternehmen die DB in NordrheinWestfalen? – Verspätungen stehen auf der Tagesordnung. Anschlusszüge fahren vor der Nase weg. Die Fahrgäste werden schlecht informiert. Beim Güterverkehr gibt es an vielen Tagen eine Pünktlichkeitsquote von lediglich 50 %. Ausweichstrecken werden kontinuierlich zurückgebaut.
An der Bezeichnung „mangelhaft“ ist wirklich etwas dran. Herr Jung bezeichnet – das fand ich gerade klasse – Nordrhein-Westfalen als Bahnland Nummer eins.
Herr Jung, das, was ich Ihnen gerade vorgestellt habe, ist das Ergebnis Ihrer Regierungsarbeit. Zehn Jahre Rot-Grün haben doch zu dieser Infrastruktur geführt.
Bei diesem Zustand der Infrastruktur und dem, was die Bahn an Service für die Kunden in unserem Land vorhält, ist Nordrhein-Westfalen nicht mehr Bahnland Nummer eins.
Herr Jung, aber nicht alles, was Sie berichtet haben, war falsch. Sie haben in Ihrer Rede sehr schön die Blockadestrategie der Grünen in alten Koalitionszeiten beschrieben. Das war genau richtig. Mit denen hätten Sie – so haben Sie gesagt – Wegberg nicht hinbekommen. So haben Sie vieles mit den Grünen in den letzten zehn Jahren nicht hinbekommen. Es war also gar nicht alles
Meine Damen und Herren, wenn man mit den Bürgerinnen und Bürgern spricht, fehlt insbesondere Verständnis für die Person Mehdorn. Denn der Bürger glaubt doch, die DB sei ein Unternehmen des Staates, bei dem der Staat, die Bürgerinnen und Bürger mitreden könnten, was sich in dem Unternehmen tut.
Allerdings weiß jeder: Der Einfluss des Staates ist gleich null. Unter der letzten Bundesregierung wurden die Verkehrsminister ausgetauscht, wie Herr Mehdorn es sich gewünscht hat. Herr Mehdorn bezeichnet die DB als seine Firma und handelt entsprechend. Für diese Vorgehensweise fehlt in der Öffentlichkeit jegliches Verständnis.
Ein weiteres Feld ist die Finanz- und Infrastrukturpolitik der Deutschen Bahn. Dort bestehen riesige Widersprüche. Zum einen gibt es den enormen Instandhaltungsbedarf von 1 bis 3 Milliarden €. Aber die DB sagt in Pressekonferenzen, dies liege am Bund, weil der angeblich zu wenig Geld zur Verfügung stelle. Tatsache ist aber, dass die DB von den Geldern, die der Bund jährlich zur Verfügung stellt, Jahr für Jahr dreistellige Millionenbeiträge nicht abruft.
Zum Anderen stehen hier mal 500 Millionen, da mal 1 Milliarde oder dort mal 2 Milliarden € für Großprojekte zur Verfügung, ob das der Hamburger Hafen oder andere Projekte in Deutschland sind. Dafür ist das Geld bei der DB offensichtlich da. Mehdorn forciert also große Leuchtturmprojekte. Die Instandhaltung der Schieneninfrastruktur wird demgegenüber völlig vernachlässigt.
„Langsamfahrstellen“ ist ein Begriff, der heute schon mehrfach gefallen ist. Jeder Lokführer muss ein kleines Heft bei sich haben, wenn er im Dienst ist, in dem die Langsamfahrstellen Woche für Woche fortgeschrieben werden. Über Jahrzehnte hinweg hatte dieses Heft eine Stärke von nicht einmal einem Zentimeter. In den vergangen Jahren hat sich die Stärke dieses Heftes verdreifacht. Bei der Deutschen Bahn weiß man also ganz genau, wo es in Deutschland und damit auch in Nordrhein-Westfalen Probleme gibt. Und man weiß seit Jahren ganz genau, dass man hätte handeln müssen. Man hat es aber absichtlich vernachlässigt, die Infrastruktur des Landes auszubauen. Weit über 1.000 Weichen im Ruhrgebiet, im westlichen Nordrhein-Westfalen sind marode.
Dann erleben wir eine Informationspolitik der Deutschen Bahn, die uns eben keine klaren Aussagen über den Zustand von Ausbau und Erhal
Das ist die Transparenz eines Monopolisten, meine Damen und Herren. Die FDP – so habe ich es gerade auch von CDU und Grünen gehört – fordert nach wie vor ganz klar die Trennung von Netz und Betrieb. Herr Jung hat soeben in seiner Rede wie sonst auch Herr Wißen leider keine Aussage zu dieser Thematik getroffen. Wenn die DB erst mit dem Netz an der Börse ist, wird sich doch die Kooperations- und Informationsbereitschaft dieses Unternehmens nicht erhöhen. Im Gegenteil: Sie wird viel schlechter.
Die Grünen haben diese Aktuelle Stunde mit der Begründung eines durch den Bundesrechnungshof offengelegten Defizits in der Infrastruktur beantragt. Meine Damen und Herren von den Grünen, haben Sie dieses Defizit nicht schon viel früher festgestellt? Haben Sie die zahlreichen Informationen über Verspätungen, Langsamfahrstellen und unzufriedene Kunden denn über Jahre ignoriert?
All das, was jetzt vorgestellt wird und in den Zeitungen steht, ist doch lange bekannt. Die alte Koalition von SPD und Grünen in Düsseldorf hat sich bei diesem Thema wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Ihre Strategie – insbesondere die der SPD –, die Deutsche Bahn in Debatten als Buhmann zu missbrauchen, und zahlreiche persönliche Konflikte zwischen führenden Verkehrspolitikern von Rot-Grün auf der einen Seite und maßgeblichen Personen der DB auf der anderen Seite haben Nordrhein-Westfalen nachhaltig geschadet. Das ist doch der wahre Grund dafür, warum in Nordrhein-Westfalen viel zu wenig passiert ist.
Meine Damen und Herren, wir gehen einen anderen Weg. Wir können die Probleme auf der Schiene nur mit der DB und nicht gegen die DB lösen. Zunächst benötigen wir klare Informationen der Deutschen Bahn, zum Beispiel zum Schienennetz, zu Langsamfahrstellen und zum Rückbau von zahlreichen Ausweichstrecken, zu Verspätungen auf einzelnen Streckenabschnitten. Auf dieser Grundlage streben wir verlässliche Absprachen und auch Verträge zwischen DB und Bund – führend ist hier der Bund – sowie dem Land an.
Wir dürfen es nicht dem Zufall oder der DB überlassen, was mit dem Schienennetz in NordrheinWestfalen passiert. Wir, dieses Hohe Haus, sollten gemeinsam mit dem Bund und der DB einen Masterplan zum Schienennetz in NordrheinWestfalen erarbeiten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die nordrhein-westfälische Landesregierung ist nach der Vorlage des Berichtes des Bundesrechnungshofes alarmiert. In der Tat sind die Befürchtungen, die wir seit vielen Monaten hegen, noch übertroffen worden. Die Bahn hat über Jahre und Jahrzehnte hinweg zur Verfügung stehende Bundesmittel nicht abgerufen und nicht investiert, weder bei uns in Nordrhein-Westfalen noch in anderen Bundesländern. Das an sich ist schon eine Tatsache, die alarmieren muss und die auch schon Vorgängerregierungen hätte alarmieren müssen.
Wir haben den Eindruck, dass das Engagement der Deutschen Bahn im Ausland offenbar als wichtiger eingeschätzt wird als die Instandhaltung des deutschen Netzes.
Wir haben den Eindruck, dass der Börsengang der Deutschen Bahn offenbar als wichtiger eingeschätzt wird als die Aufrechterhaltung der Funktionstüchtigkeit unseres Netzes.
Herr Jung, Sie machen es sich etwas zu einfach, wenn Sie sagen: Die Verantwortung dafür liegt allein bei der Deutschen Bahn. – Wer ist denn Eigentümer dieses Unternehmens? Wer sitzt denn im Aufsichtsrat dieses Unternehmens? Wer trägt denn die Verantwortung für dieses Unternehmen? Das ist selbstverständlich die Bundesregierung, und das ist selbstverständlich der Bundesverkehrsminister.
Wir erwarten, dass dieser Verkehrsminister endlich seine Verantwortung wahrnimmt, die er gegenüber der Bahn und damit gegenüber der Allgemeinheit hat.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung erwartet vom Bund und vom Bundesverkehrsminister, dass sie ihre Verantwortung als Eigentümer für die Deutsche Bahn wahrnehmen. Die nordrhein-westfälische Landesregierung erwartet von Bund und Bundesverkehrsminister, dass sie ihre Verpflichtung für eine funktionierende Schieneninfrastruktur endlich ernst nehmen. Und die nordrhein-westfälische Landesregierung erwartet von Bund und Bundesverkehrsminister, dass sie
Ich hätte es gut gefunden – und dazu wäre heute Gelegenheit gewesen –, wenn Sie sich klar und deutlich für die SPD-Fraktion positioniert und gesagt hätten – vielleicht nutzen Sie, Frau Kollegin Kraft, die Gelegenheit gleich noch –,
Wir wollen keinen integrierten Börsengang. Und wir sind durch den Bericht des Bundesrechnungshofes bestätigt worden, der jetzt vorliegt.
(Beifall von CDU und FDP – Hannelore Kraft [SPD]: Sie reden wie immer mit gespaltener Zunge! Sie ziehen sich doch aus allem raus!)
Es ist allerdings, Frau Kollegin Kraft, Ihr Parteifreund Tiefensee, der immer wieder neue Anläufe unternimmt – immer unter anderen Titeln; mal heißt es Eigentumsmodell, dann integriertes Modell usw. –, um doch noch zu einem integrierten Börsengang zu kommen.
Ich fände es gut, nachdem sich hier heute drei Fraktionen klar und deutlich positioniert haben – wir in Nordrhein-Westfalen sollten gegenüber der Bahn und dem Bund durchaus selbstbewusst auftreten –, wenn auch die vierte Fraktion heute Farbe bekennen und klipp und klar erklären würde, ob sie einen integrierten Börsengang möchte – ja oder nein.
Herr Kollege Jung, noch eine Bemerkung zu Wildenrath, nachdem Sie die Vorgängerregierung in höchsten Tönen gelobt und Wildenrath als das Symbol für die richtungsweisende Schienenverkehrspolitik der Vorgängerregierung dargestellt haben: Ist Ihnen eigentlich bekannt, dass in den letzten Monaten mehrere hundert Waggons in Wildenrath getestet worden waren, bevor sie nach China exportiert wurden? Ist Ihnen eigentlich bekannt, dass diese mehreren hundert Waggons über die Straße mit dem LKW nach Wildenrath transportiert worden sind, weil Sie damals nicht in der Lage waren, auch noch die letzten paar Kilometer zu elektrifizieren, sodass Eisenbahnverkehr bis nach Wildenrath hätte stattfinden können?
Stümperhaft war Ihre Politik, die Sie da betrieben haben! Stümperhaft und zu kurz gesprungen sind Sie bei dem, was Sie hier als Leuchtturmpolitik vorgestellt haben.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, nach Art. 87e Abs. 4 des Grundgesetzes gewährleistet der Bund, „dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes … Rechnung getragen wird“. Die Pflicht zur Gewährleistung der Eisenbahninfrastruktur der Deutschen Bahn AG obliegt damit ausschließlich dem Bund.
Das Land kann dementsprechend eine Verantwortung für die Instandhaltung der Eisenbahninfrastruktur grundsätzlich nicht übernehmen. Eine intakte Eisenbahninfrastruktur ist für das Land, das insbesondere für den Schienenpersonennahverkehr verantwortlich ist, allerdings gleichwohl von überragender Bedeutung. Deshalb wird Nordrhein-Westfalen den Vollzug der Lösungsvorschläge, die die Bahn AG angekündigt hat, kritisch verfolgen und den Bund zu seiner Verantwortung als Gewährleistungsträger der Eisenbahninfrastruktur und als Alleingesellschafter der Deutschen Bahn anhalten.
Die Bahn hat nach eigenen Angaben im Jahr 2006 in Nordrhein-Westfalen etwa 590 Millionen € in das Schienennetz investiert, davon etwa 500 Millionen € in die Sanierung des Netzes. Sie wird das Netz in NRW in den Jahren 2007 bis 2011 mit Bruttoinvestitionen von etwa 2,7 Milliarden € durch Ausbau und umfassende Instandhaltung für den wachsenden Verkehr ertüchtigen.
Kernelemente des Programms ProNetz sind die enge Verzahnung von Instandhaltung und Investition sowie die Ausweitung vorbeugender Maßnahmen im bestehenden Schienennetz.