Als Viertes haben Sie definiert, die Anpassung solle sozialverträglich sein. Ja, in dieser Hinsicht sind wir uns einig. Darauf wird auch der Finanzminister großen Wert legen. Das werden Sie an den APG-Zahlungen erkennen. Die APG-Zahlungen betragen pro Jahr allein 53 Millionen €. Diese müssen anderen Ressorts im Rahmen unseres
Sparkurses auch erst einmal weggenommen werden. Und zu Recht weisen Sie sonst auf Interessen anderer Gruppen bei uns hin.
Ich bitte Sie, dies einmal im Kontext zu sehen, statt aus einer ideologischen Verklemmung heraus und lediglich, weil Sie es jahrzehntelang so gemacht haben, immer nur die Kumpelinteressen zu sehen.
Bei der sozialverträglichen Anpassung haben Sie auch die besondere Hilfe erwähnt, die wir für den Strukturwandel leisten sollten. Ja, meine Damen und Herren, die Gebiete, die sich in dieser Anpassung befinden, benötigten eigentlich besondere Hilfe.
Woher will dieses Land die Hilfe aber holen, wenn wir sie nicht auch aus Berlin bekommen? Sie selbst haben dieses Land finanziell so ruiniert, dass wir dafür praktisch keine Möglichkeiten mehr haben.
Ich erinnere noch einmal an die Debatte aus dem Jahre 1997. Lesen Sie nach, wie ich in meiner Oppositionsrolle Strukturhilfen für NordrheinWestfalen eingefordert und gesagt habe: Liebe Landesregierung, bitte mach das.
Herr Rau und Herr Clement haben sich hierher gestellt und gesagt, das verlange man von der Bundesregierung. Die Bundesregierung hat aber gesagt, sie übernehme die Anpassungsgelder und das Land den Strukturwandel.
Was ist damals passiert? Herr Rau hat eine Kohlekonferenz für Gelsenkirchen einberufen. Schauen Sie sich einmal an, wie er damals alle Pfeile gegen Bonn gerichtet und gesagt hat, der Bund sei für die Strukturmittel in Nordrhein-Westfalen verantwortlich. Vielleicht schauen Sie einmal nach und erinnern sich in den nächsten Wochen an diese Art der Argumentation.
Meine Damen und Herren, es geht um Milliarden. Herr Kollege Priggen hat zu Recht auf den Betrag von 40 Milliarden € aufmerksam gemacht, die es bis zum Jahr 2018 kostet. Das Land NordrheinWestfalen trägt anteilig 21 %. Sie kennen unseren Anteil. Er lag früher einmal niedriger. 1997 wurde er erhöht. Die Frage, ob man von so etwas herunterkommt, ist offen.
Bis zum Jahr 2016 kostet das Ganze 37 Milliarden €. Das sind 3 Milliarden € weniger als bis 2018. Es lohnt sich, darüber zu sprechen, wenn
Ich will gerne etwas dazu sagen, warum es richtig ist, darüber zu sprechen. Es wird sozialverträglich zugehen. Das sage ich Ihnen noch einmal. Erinnern Sie sich einmal an die Situation, als das Datum der Schließung der Zeche Sofia Jacoba feststand. Tausende haben sich verabschiedet.
Herr Römer, Sie müssten es als jemand, der dieses ganze System besonders gut kennt, wissen. Ich nehme an, Sie kennen die vorläufige Anpassung und die Anpassungsregelungen. Sie wissen, was damals passierte. Die Deutsche Steinkohle hat nachher dafür sorgen müssen, dass Leute von überallher geholt und eingestellt wurden, damit der Bergbau überhaupt noch aufrechterhalten werden konnte. Nun stellen Sie sich hierher und sagen bei jedem, der über das Jahr 2016 spricht, das sei nicht sozialverträglich.
Wenn die Koalition in Berlin meint, es müsse bis 2018 dauern, dann soll es so sein. Das muss Nordrhein-Westfalen aber nicht auch noch bezahlen.
Heute schreibt ein Journalist: „Kohle frisst Zukunft“. Ja, meine Damen und Herren, das ist mittlerweile so. Wir vergeben uns praktisch aller Möglichkeiten, unser Land zukunftsträchtig auszurichten. Ich vermute, dass andere Länder wie Bayern und BadenWürttemberg, die 1997 noch vital dafür gekämpft haben, dass der Ausstieg schneller passiert – von denen hören Sie heute gar nichts –, die Haltung einnehmen: Lasst doch, bitte schön, NordrheinWestfalen diese Milliarden weiter bezahlen! Wenn die meinen, das wäre gut für sie, dann sollen sie es machen.
Aber das hindert uns daran, im Wettbewerb schneller aufzuholen, als wir es eigentlich wollen. Wir wollen die Nummer 1 in der Bundesrepublik werden, und dafür brauchen wir mehr Mittel!
Meine Damen und Herren, Herr Priggen und Herr Papke haben die Probleme deutlich benannt, um die es geht. Es geht darum, ob NordrheinWestfalen früher entlastet wird. Es geht darum, ob wir die Ewigkeitslasten alleine tragen.
Es geht darum – Herr Priggen hat mit Deutlichkeit darauf hingewiesen –: Was ist denn mit dem angeblichen Fehlbetrag bei der Ruhrkohle aus dem Schröderschen Modell, den Zusagen, jetzt von 2,5 Milliarden auf 1,5 Milliarden reduziert bis 2012? Wer soll die anderthalb Milliarden bezahlen? Das
ist doch eine wichtige Frage. Wenn sich der Konzern nicht richtig darauf eingestellt hat oder wenn er sich bei der Verabredung mit Schröder vertan hat, dann darf das nicht zu Lasten der nordrheinwestfälischen Landesregierung und unserer Interessen als Land Nordrhein-Westfalen gehen, meine Damen und Herren.
Und dass wir über Sprechklauseln und über Kappungsgrenzen reden, ist ja wohl das Selbstverständlichste von der Welt. Wir sind die ersten, die es geschafft haben, die Differenz zwischen Weltmarktpreis und Kappungsgrenze, nämlich 46 € zu 64 € je Tonne, endlich für Nordrhein-Westfalen und natürlich auch für den Bund hereinzuholen. Meine Damen und Herren, das sind die Interessen Nordrhein-Westfalens.
Frau Kraft, wenn Sie ausweislich Ihrer Pressemitteilung vom 31. Januar 2007, nach der Vereinbarung der Koalitionäre in Berlin, erklären: „Die Kohlevereinbarung steht und ist nicht nachverhandelbar“, dann haben Sie sich mit dieser Position an den Interessen Nordrhein-Westfalens versündigt!
Wir wollen die Solidarität auch der anderen Länder. Nordrhein-Westfalen hat den Buckel hingehalten. Ich zitiere Herrn Römer, der das vorhin hier erklärt hat: Das Ruhrgebiet ist im Durchschnitt vierzehn Meter tiefer gelegt worden.
Meine Damen und Herren, sollen wir auch noch die Ewigkeitslasten alleine tragen? Es kann doch nicht wahr sein, dass Sie seit einer Woche gegen die Interessen Nordrhein-Westfalens verstoßen,
Frau Kraft, indem Sie einfach erklären, das sei nicht verhandelbar. Wir verhandeln, um ein besseres Ergebnis zu bekommen!
(Beifall von CDU und FDP – Gisela Walsken [SPD]: Da! Ihr Koalitionspartner! – Zurufe von SPD und FDP)
Aber die Menschen, die Ihnen zugehört haben und applaudiert haben, werden sich erinnern, wenn die Diskussion zu Ende ist, wer Millionen- und Abermillionen-Beträge für Nordrhein-Westfalen nachverhandelt hat, um damit die Zukunft und
Dann wird auch erkennbar werden, Frau Kraft – in Abwandlung eines schönen Spruches –: Sie tanzte nur eine Woche lang.
Vielen Dank, Herr Dr. Linssen. – Bevor ich als nächstem Redner für die SPD-Fraktion dem Kollegen Römer das Wort gebe, erlaube ich mir noch einmal aus aktuellem Anlass den Hinweis, dass Sie nicht nur bei Reden hier vorne am Rednerpult, sondern auch in den Zwischenrufen Ausrufe wie: „Sie lügen!“ unterlassen mögen.
Wenn Sie zum Ausdruck bringen wollen, dass Sie glauben, dass jemand nicht die Wahrheit gesagt hat, dann bitte ich, eine andere Formulierung zu benutzen. Aber Formulierungen „Sie lügen“ oder „Da haben Sie gelogen“ bitte ich in diesem Hause nicht zu verwenden. So sollten wir nicht miteinander umgehen. Vielen Dank. – Bitte, Herr Römer.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, damit keine Geschichtsklitterung – so wie Sie es ausgedrückt haben – im Raume bleibt: Kollege Papke hat vorhin mit entwaffnender Offenheit den Prozess dargestellt, dass der Ministerpräsident dieses Landes, nachdem er öffentlich dem Kohlekompromiss in Berlin bereits zustimmt hatte,
im Koalitionsausschuss von Ihnen auf einen anderen Weg gebracht worden ist und diesem Kohlekompromiss dann nicht mehr zustimmte. Das haben Sie, Herr Papke, gerade verdeutlicht.
Herr Minister, ein Zweites! Sie haben gerade Sozialverträglichkeit anders definiert als wir. Wenn Sie davon ausgehen sollten, dass ein Börsengang dadurch unterstützt werden kann, dass man dem Beteiligungsbereich der RAG Aktiengesellschaft die arbeitslosen Bergleute, die nach Ihrer Definition arbeitslos würden, oben draufpackt, dann kann ich Ihnen mit den Worten von Herrn Müller im Wirtschaftsausschuss – er hat dies Herrn Papke gesagt – sagen: Das ist Staatswirtschaft pur! Wie soll das überhaupt gehen?
Ich komme zu einem anderen Punkt. Hier wird so getan, als wenn der Steinkohlenbergbau alle öffentlichen Finanzmittel in Deutschland auffressen würde. Mehr als 150 Milliarden € werden Jahr für Jahr an Subventionen ausgegeben. Der Steinkohlenbergbau bekommt davon einen Teil. Es ist viel Geld, was er bekommt. Aber es sind gemessen an den Gesamtsubventionen 1,7 %. Auch das müssen Sie den Menschen sagen, damit Relationen klar werden!
Ich greife einen letzten Punkt auf – ich bin gleich fertig –, weil Herr Papke ihn gerade angesprochen hat. Herr Papke, ich antworte Ihnen, was die Bergbauzulieferer und den Mittelstand angeht, mit einem Zitat: