Protocol of the Session on January 26, 2007

Der Bürgerfunk soll künftig landesweit zu einheitlichen Sendezeiten stattfinden. Ausnahmen gelten für den Bereich der Medienkompetenzförderung von Schülerinnen und Schülern. Dies kann dann vor Ort frei vereinbart werden.

Hörfunkbeiträge, die in einer Fremdsprache abgefasst sind, schließen die Bevölkerung fast vollständig von der Teilnahme am lokalen Programm aus.

Aufgrund der begrenzten Sendezeit gebietet eine sinnvolle Förderung der Meinungsvielfalt im Verbreitungsgebiet jedoch, dass die Programmbeiträge von einem Großteil der Bevölkerung in diesem Gebiet verstanden und rezipiert werden können. Meinungsvielfalt dient letztlich dem Zweck, dass im Rahmen des Meinungsbildungsprozesses im demokratischen Gemeinwesen verschiedene Meinungen aufgenommen und gegeneinander abgewogen werden können. Die Erreichung dieses Zieles ist durch die Ausstrahlung fremdsprachlicher Beiträge gefährdet.

Zudem muss sichergestellt werden, dass die Veranstaltergemeinschaft ihrer gesetzlichen Ver

pflichtung nachkommen kann, Programmbeiträge abzulehnen, die den gesetzlichen Bestimmungen nicht entsprechen.

Die Zuweisung von Verantwortung an die Veranstaltergemeinschaften erfordert eine Anpassung des Gesetzes, um eine effektive Kontrolle der Einhaltung von Werbe-, Straf- und Jugendschutzvorschriften fremdsprachlicher Beiträge durch die Veranstaltergemeinschaften zu gewährleisten.

Die Produktionshilfen in § 74 des Landesmediengesetzes werden gestrichen, weil die Fördersystematik der LfM auf eine neue Grundlage gestellt wird. Die LfM fördert den Bürgerfunk in NordrheinWestfalen auf einer neuen Grundlage und mit erweiterter Satzungskompetenz. Sie erfüllt damit den gesetzlich festgelegten Funktions- und Programmauftrag, und zwar im Wesentlichen durch schulische Medienkompetenzprojekte sowie durch Qualifizierungsmaßnahmen.

Dabei sollen vornehmlich Vorhaben gefördert werden, durch die Jugendliche – wie eben gesagt – im schulischen Kontext durch die Produktion von Beiträgen in Zusammenarbeit mit den Hörfunkveranstaltern lernen, die Mechanismen der Produktion und die Wirkung von Beiträgen in elektronischen Medien aus der Praxis heraus zu verstehen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch einmal betonen, dass wir mit diesem Gesetzentwurf ganz dezidiert das Ziel verfolgen, die Rahmenbedingungen des Lokalfunks wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen. Wir werden dazu natürlich mit allen beteiligten Gruppen, wie wir es auch schon im Vorfeld getan haben, viele Gespräche führen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Das ist aber eine Drohung! Nach den Erfahrungen ist das eine Drohung für die!)

Wir haben viele, sehr viele Zuschriften bekommen. Sie enthielten ein breites Meinungsspektrum: von totaler Ablehnung bis zu konstruktivkritischen Beiträgen und auch bis zu großer Zustimmung. Aus einem Schreiben an die CDULandtagsfraktion möchte ich Ihnen noch abschließend zitieren:

„Sehr geehrte Damen und Herren, zu Ihrer ersten Novelle zum Landesmediengesetz zur Neuordnung von Lokal- und Bürgerfunk dürfen wir Ihnen unseren Glückwunsch aussprechen.

Nach jahrelangen Diskussionen mit den Bürgerfunkgruppen und Veranstaltergemeinschaften über Fragen der Positionierung, Finanzierung und Qualität des Bürgerfunks kann man jetzt feststellen, dass logisches Denken, öko

nomische Vernunft und Qualitätsaspekte greifen, die den Lokalfunk in seiner schwierigen Konstruktion einen deutlichen Schritt nach vorne bringen werden.“

Ich meine, das wollen wir doch alle.

„Die von Ihnen in Angriff genommenen Veränderungen finden unsere volle Unterstützung. …

Wir können Ihnen versichern, dass die durch die Westfunk GmbH & Co. KG operativ geführten Lokalradios mit Beteiligungen der WAZMediengruppe ihren Beitrag zu einer Qualitätssteigerung und einer weiteren ökonomischen Stabilisierung leisten werden.

In einer Hoffnung auf eine vollständige Umsetzung Ihrer Novelle verbleiben wir

mit freundlichen Grüßen Gezeichnet: Bodo Hombach“

Wir freuen uns auf die Beratung. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Brinkmeier. – Für die FDP-Fraktion, die zweite antragstellende Fraktion, erhält Herr Witzel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Förderung des ehrenamtlichen Engagements und die Kulturförderung haben für die Koalition der Erneuerung einen wichtigen politischen Stellenwert. Deshalb haben wir auch den in den letzten Tagen beleuchteten Ansatz für die Kulturförderung im Jahre 2007 im Vergleich zum Vorjahr nochmals um mehr als 20 Millionen € auf insgesamt über 130 Millionen € erhöht.

Gerade die grundrechtlich verankerte Kunst- und Meinungsfreiheit sind wichtige Güter einer Demokratie. Menschen, die sich in ihrer Freizeit im musikalischen Bereich betätigen und medial, so auch im Rahmen des Bürgerfunks, engagieren, sind erfreulicherweise der Musik und Kultur eng verbunden und engagieren sich persönlich.

Die Landesanstalt für Medien hat die konkrete Entwicklung, die der Bürgerfunk in den letzten Jahren in Nordrhein-Westfalen genommen hat, näher untersucht. Insofern zitiere ich nicht irgendwelche Expertisen der FDP-Landtagsfraktion, sondern die Institution, die über alle Fraktionsgrenzen hinweg dafür auch als neutral und seriös angesehen wird.

Im Rahmen der Evaluation durch die LfM ist deutlich geworden, dass die unterschiedlichen Einrichtungen und Personen, die Bürgerfunk erstellen, die eingeräumten Möglichkeiten in sehr, sehr unterschiedlicher Qualität und Quantität nutzen.

Neben dem Vorhandensein einiger ambitionierter Hörfunkangebote und Hörfunkproduzenten, aus denen gelegentlich auch Nachwuchskräfte für den Rundfunk hervorgehen, war festzustellen, dass das Programm des Bürgerfunks aber auch in zahlreichen Bereichen erhebliche Qualitätsdefizite sowie strukturelle Probleme im Gesamtsystem aufweist. Das ist das Ergebnis der Volpers-Studie der LfM, einer Analyse der publizistischen Leistungen des Bürgerfunks in 46 Lokalradiostudios in NRW mit aller wissenschaftlichen Begleitung, aus der ich nun zitiere.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der Bürgerfunk beim Lokalbezug von Beiträgen, Themen und Ereignissen im Verbreitungsgebiet oft nur sehr eingeschränkt informiert, zu wenig auf Qualität achtet und sich bei journalistischen Darstellungsformen zu stark auf Interviews konzentriert, die als monoton und langweilig empfunden werden.

Im Bereich der Musik werden Formate gespielt, die völlig außerhalb des sonstigen Sendeangebots liegen.

Journalistisch anspruchsvollere Darstellungsformen im Medium Hörfunk, wie Reportagen, Features oder gar Hörspiele, werden so gut wie gar nicht ausgenutzt.

Die Studie stellt weiter fest, dass durch den geringen Anteil an Information die publizistische Funktion des Bürgerfunks, zur Meinungsbildung in der Bevölkerung im lokalen Raum beizutragen, viel zu selten deutlich werde und rechnerisch knapp 70 % der LfM-Fördermittel für die Ausstrahlung von sehr individuellen Musikformaten ausgegeben werden, die für immer mehr Hörer – so die Studie – einen Ausschaltfaktor darstellen.

Es hat sich gezeigt, dass der Bürgerfunk deshalb verbesserungsfähig ist. Weil wir ihn erhalten wollen, deshalb wollen wir ihn qualitativ weiterentwickeln. Wir glauben, es ist im Interesse aller Radiohörer – der Bürgerfunker, die für sich selber diese Qualitätsmaßstäbe formuliert haben, genauso wie in der breiten Masse der Hörerschaft –, dass in diesem Bereich eine Neuaufstellung erfolgt.

Natürlich geht es auch um die Vorteile derjenigen, die privat selber Kapital in die Hand nehmen, unternehmerische Risiken suchen und Programm

veranstalter sind und die völlig zu Recht erwarten, dass die staatlichen Wünsche von gesetzlicher Seite in adäquater Proportion formuliert werden und dass der vorgesehene rechtliche Verpflichtungsumfang maßvoll ist.

Die FDP-Landtagsfraktion vertritt die Auffassung, dass der Rundfunk in Nordrhein-Westfalen im Zusammenwirken von öffentlich-rechtlichem Funktionsauftrag und privaten Angeboten eine breite Vielfalt gewährleisten muss.

Deshalb setzt unsere erste Novelle zur Änderung des Landesmediengesetzes folgende Politikschwerpunkte: Verbesserung der Qualität im Bereich des Bürgerfunks, Einführung eines Funktionsauftrages für den Bürgerfunk, Stärkung der Medienkompetenz von Schülern – Stichwort: Radio in der Schule –, Umstellung der Fördersystematik für den Bürgerfunk, Festlegung fester Sendezeiten und Entschlackung des Gesetzes durch Abschaffung von Medienrat und Medienversammlung.

Die von der Wissenschaft festgestellten Qualitätsdefizite sowie die strukturellen Probleme im Gesamtsystem sind nach Ansicht der Koalitionsfraktionen auf Umstände zurückzuführen, die nun entsprechende Veränderungen erfordern.

Das Landesmediengesetz sieht bislang für den Bürgerfunk keinen Funktionsauftrag vor. Das Gesetz erlaubt zudem weder den an der Produktion von Bürgerfunkbeiträgen Beteiligten noch der LfM oder den lokalen Hörfunkanbietern, Standards für die durch den Bürgerfunk zu erbringenden programmbezogenen und gesellschaftlichen Leistungen abzuleiten. Daher wird ein Funktionsauftrag ins Gesetz eingefügt, und aus diesem Grunde wird die Fördersystematik geändert.

Ich möchte hier deutlich machen, dass sich an der Höhe der Förderung von jährlich knapp 2 Millionen € entgegen anders lautenden Gerüchten der Opposition nichts geändert hat. Diese Gelder werden von der LfM zur Verfügung gestellt. Sie sind nicht Mittel des Haushalts, sondern werden von den Gebührenzahlern über die GEZ bereitgestellt. An diesem Budgetvolumen wird sich zukünftig nichts ändern.

Die Qualitätsverbesserung ist also evident. Wenn es einen quantitativ geringeren Sendekorridor gibt, aber die gleichen finanziellen Ressourcen investiert werden, steigt logischerweise die publizistische Leistung der Beiträge, die es zukünftig im neuen Format gibt. Das ist unsere Vorstellung von gelungenem Bürgerfunk.

Dieser setzt neben guten strukturellen Rahmenbedingungen auch voraus, dass die Handelnden die notwendigen Fertigkeiten und Fähigkeiten der Produktion und Gestaltung von Hörfunkbeiträgen erwerben und erweitern können. Einzelne Radiowerkstätten hatten bereits eigenständig eine Qualitätsoffensive gestartet, um die bestehenden Missstände anzugehen. Zukünftig sollen bedarfsgerechte Qualifizierungsangebote gefördert werden, die die Produzenten im Bürgerfunk erfolgreich absolvieren müssen.

In Zukunft soll zudem die Vermittlung von Medienkompetenz insbesondere für Schüler stärker im Mittelpunkt stehen. Konkret wird deshalb die Förderung der Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen so im LMG verankert, dass ein Teil der bisherigen Bürgerfunkmittel der LfM explizit dem Zweck „Radio in der Schule“ vorbehalten wird. Für die lokale Radiostation wird ein Anreiz geschaffen, zum Beispiel mithilfe einer Radiowerkstatt Radioproduktionen, die ganz konkret aus Schulprojekten hervorgehen, in ihr Lokalprogramm aufzunehmen.

Wir sind zudem der Ansicht, dass ein Bürgerradio für alle da sein muss – nicht nur für eine Minderheit, aber eben auch für eine solche – und den Dialog zwischen ausländischen und deutschen Bürgern fördern soll. Dieses Angebot muss aber für alle Radiohörer verständlich sein, die der deutschen Sprache mächtig sind. So bietet sich auch den an einer anderen Kultur interessierten deutschsprachigen Zuhörern die Chance, mehr über eine solche zu erfahren. Die Beiträge werden zukünftig für alle verständlich in deutscher Sprache ausgestrahlt.

Meine Damen und Herren, der Lokalfunk steht im direkten Wettbewerb mit den sechs WDRRadioprogrammen – und natürlich auch insgesamt im Geflecht der einzelnen Lokalradiostationen innerhalb des Rahmens von Radio NRW.

Wir wollen, dass die Bürger zukünftig ortsnah unterrichtet werden und zeitnah die lokalen Ereignisse und Geschehnisse nachvollziehen können. Außerdem treten wir dafür ein, dass der qualitative Mindeststandard, den die Fleißigen sich bislang auch selber gesetzt haben, weiterverbreitet wird und perspektivisch für alle gilt.

Es geht um eine Weiterentwicklung des Bürgerfunks mit verlässlichen Zeiten im Fenster, sodass jeder genau weiß: Was findet sich im Programmschema Radio NRW? Wann gibt es die unmittelbare Berichterstattung meiner lokalen Radiostation? Wo konkret ist der Anteil des Bürgerfunks?

Das ist ein klares Schema – transparent und einheitlich für Nordrhein-Westfalen, für die Veranstalter von Rundfunk wirtschaftlich zu betreiben und unter der großen Zielsetzung gesteigerter Qualität für die Hörer stehend.

Dieses Zukunftskonzept sollten wir beschließen. Deshalb werbe ich für eine breite parlamentarische Mehrheit für die von uns vorgelegte Neuausrichtung des Bürgerfunks und für das neue LMG. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Für die SPD-Fraktion erhält Frau Kollegin Nell-Paul das Wort.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Herr Breuer, könnten Sie noch einmal Ihre Bemerkung zur Präsenz in den Reihen der CDU wiederho- len? – Minister Michael Breuer: Nachher, bei der Abstimmung! – Claudia Nell-Paul [SPD]: Ja, da kommen immer alle; das stimmt! – Gi- sela Walsken [SPD]: „Glashaus“ lautet das Stichwort!)