Protocol of the Session on January 25, 2007

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie haben gerade zu den Kosten der Träger gesagt, das mache überhaupt nichts aus. Natürlich ist es eine Wettbewerbsverzerrung. Wenn ein Träger ausbildet und die Ausbildungskosten auf den Pflegesatz umlegt, dann hat er damit einen höheren Faktor als derjenige, der nicht ausbildet. Auch das können Sie sich von Experten, die Ihnen das noch einmal vorrechnen können, erklären lassen.

Ich schlage vor: Setzen Sie sich doch einmal mit den anderen Sozialministern zusammen! Das wird den Horizont wahrscheinlich erweitern. Vielleicht stimmen Sie einer Umstellung in einem solchen System dann doch zu.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Steffens. – Bitte schön, Herr Kollege Henke.

Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Ich habe mich nur noch einmal gemeldet, um die Aufregung ein bisschen herunterzufahren. Minister Laumann hat gesagt, dass er sich dem Gedanken stellt, ein Gutachten in Auftrag zu geben, das die Frage, ob es rechtlich zulässig ist oder nicht, klären soll. Frau Howe hat mit Recht dargestellt, dass heute im Sinne der bundesrechtlichen Grundlagen, die die Möglichkeit dafür schaffen, ein Umlageverfahren einzuführen, vermutlich kein Pflegenotstand vorliegt. Dass wir alle ein Interesse daran haben müssen, einen eventuellen künftigen Pflegenotstand zu verhindern, darüber wird doch in diesem Haus Konsens herrschen. Es hat auch niemand diese Aussage bestritten.

Wenn man der Meinung ist, dass man in dieser Projektion auf die Zukunft das Recht dazu hätte, eine solche Umlage einzuführen, dann muss man das rechtlich klären, dann ist eine gutachterliche Prüfung dieser Frage ein besserer Weg, Frau Steffens, als sich mit anderen Sozialministern zusammenzusetzen, weil dann natürlich die Aussage wäre: andere Länder, andere Verhältnisse, andere Wanderungsbewegungen, andere Bereitschaften, in die Pflege hineinzugehen, andere Bedarfssituationen, andere Altersschichtung. – Man kann doch nicht jede Entscheidung, die in einem anderen Bundesland getroffen wird, für das Bundesland NRW übernehmen. Ich finde den Weg richtig, den Karl-Josef Laumann vorgeschlagen hat. Er sagt: Lasst uns die rechtlichen Bedin

gungen für Nordrhein-Westfalen prüfen! – Deswegen finde ich Ihre Empfehlung an dieser Stelle, Frau Steffens, nicht passend.

(Beifall von der CDU)

Es gab ja die Diskussion um die Fragen: Wie sieht die Verpflichtung der Bundesagentur für Arbeit aus, sich zu engagieren? Wie ist die Einstellung des Landes? – Erst einmal stelle ich fest, dass sich die vom Land geförderte Platzzahl deutlich erhöht hat. Das sind mehr als 1.000 zusätzliche Ausbildungsplätze in der Altenpflege. Das ist die Leistung des Landes.

(Beifall von der CDU)

Ich darf daran erinnern, dass wir in früheren Debatten, die wir hier geführt haben, von der damaligen rot-grünen Landesregierung immer vorgetragen bekommen haben: Wir, das Land NordrheinWestfalen, können doch nicht der Ausfallbürge für eine Entscheidung sein, die die Bundesagentur – früher: die Bundesanstalt für Arbeit – in dieser Frage trifft. Wir sind nicht der Ausfallbürge für das Handeln der Selbstverwaltung im Bereich der Arbeitslosenkasse. – Das war die Position, die Sie parlamentarisch zu Zeiten Ihrer Mehrheit hier vertreten haben.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Deswegen habe ich kein Verständnis dafür, wenn Sie versuchen, diese Position, wenn sie heute vorgetragen wird, dem Minister gewissermaßen um die Ohren zu hauen, indem Sie sagen: Das ist doch keine Position, die man vertreten kann. – In den Bewertungen müssen wir schon ehrlich sein und ehrlich bleiben. Ich bitte Sie sehr herzlich um Kontinuität in Ihrer eigenen Argumentation. – Schönen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall von der CDU)

Herr Henke, haben Sie noch Zeit für eine Zwischenfrage von Frau Steffens?

Nein, nicht mehr.

Gut, danke schön.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Dann melde ich mich!)

Ich sehe eine Wortmeldung. Der Minister hatte sich auch gemeldet. Dann lassen wir in der Reihenfolge, wie die Meldungen erfolgt sind, zunächst den Herrn Minister sprechen und danach Frau Steffens, die wie der Minister noch Redezeit hat. – Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gerne noch einmal in aller Ruhe die Lage zusammenfassen: Die SPD hat hier beantragt, in der Altenpflege eine Umlagefinanzierung einzuführen, weil wir in Nordrhein-Westfalen einen Pflegenotstand haben oder verhindern wollen.

(Britta Altenkamp [SPD]: Erwarten und ver- hindern wollen!)

Ich sage Ihnen: Die Kriterien zur Einführung einer Umlage sind vom Bundesgesetzgeber rechtlich eng gesetzt worden.

(Zuruf von der SPD: Das ist uns sogar be- kannt!)

Dann fordern Sie bitte nicht etwas von mir, was angesichts von über 3.000 arbeitslosen Pflegefachkräften sozialrechtlich nicht geht.

Ich habe ganz klar gesagt – wir können uns gerne unter den Obleuten darüber unterhalten, damit mir nachher nicht vorgeworfen wird, ich hätte einseitige Rechtsgutachten bestellt –: Ich bin dafür, wir lassen ein Rechtsgutachten über die Frage machen, ob in Nordrhein-Westfalen überhaupt die rechtliche Grundlage für solch eine Umlage vorhanden ist. Ich sage Ihnen noch einmal: Ich bin nicht gegen eine Umlage in der Altenpflegeausbildung. Sie hat viele Vorteile – sie hat auch ein paar Nachteile –, aber sie muss rechtlich möglich sein.

Früher hat in Nordrhein-Westfalen wie in allen anderen Bundesländern die Bundesagentur für Arbeit zwischen 40 und 45 % der Fachkräfte mit ihrem Geld herangebildet. Mit Beitragsmitteln wurde knapp die Hälfte der Fachkräfteausbildung in einem Berufszweig finanziert. Das ist zurückgegangen, weil der Bund gesagt hat: Es ist nicht unsere Aufgabe, dass wir in einem ganzen Berufsfeld große Teile der Berufsausbildung über Beitragsmittel finanzieren.

Ich will nur in aller Ruhe feststellen: Die nordrheinwestfälischen Pflegeheime engagieren sich heute über eigenes Geld und eigene Ausbildung mehr in der Fachkräfteausbildung als zu den Zeiten, wo den Heimen 40 bis 45 % quasi über Bundesmittel bezahlt wurden. Ich danke allen Leuten in den Heimen, die diese gewaltige Kraftanstrengung in Richtung duales System in den letzten Jahren erbracht haben.

(Beifall von der CDU)

Noch nie haben die Heime so viel auf eigene Kosten ausgebildet wie jetzt.

Dann möchte ich gerne vor der Gefahr warnen, zu sagen: Wir sollten den Trägern in der Altenpflege nicht die Kosten für die Ausbildung zumuten, weil das Wettbewerbsnachteile mit sich bringt. – Die gleichen Leute muten jedem Handwerksbetrieb Ausbildung zu. Diese kostet auch Geld und hätte auch Wettbewerbsnachteile, wenn wir es so sehen würden.

(Beifall von der CDU)

Legen Sie bitte mit solch einer Argumentation nicht die Axt an die duale Berufsausbildung, den größten und besten Zug, den wir in der Berufsausbildung in Nordrhein-Westfalen, in Deutschland haben!

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Eben haben Sie noch gesagt, Sie sind für die Umlage!)

Seien Sie da sehr vorsichtig!

(Rainer Schmeltzer [SPD]: War das jetzt Hü oder Hott!?)

Nein, es ist nicht Hü und Hott! Es geht um die Argumentation von Frau Steffens, die sagt, die Heime wären zu sehr belastet, weil sie die Ausbildungskosten tragen. Es ist erst einmal das Normalste der Welt, dass ein Arbeitgeber die Ausbildungskosten für sein Personal übernimmt. Im Übrigen wird es bei der Umlage auch so sein.

Jetzt noch einmal ganz ruhig zur Umlage: Es gibt in Deutschland drei Länder, die eine Umlage haben: Baden-Württemberg – Sie wissen, dass in Süddeutschland die Pflegefrage eine andere ist als bei uns –, Rheinland-Pfalz und SachsenAnhalt. Sachsen-Anhalt setzt die Umlage zurzeit aus, weil es sie rechtlich nicht mehr halten kann. Das ist die Lage in den 16 Bundesländern.

Ich erwarte von einer großen Oppositionsfraktion nur eines: dass sie hier Anträge einbringt und meinetwegen einen Arbeits- und Gesundheitsminister angeht und ihn fragt, was er rechtlich kann. Aber von einem Landesminister etwas zu verlangen, was er rechtlich nicht kann, weil er sich über Bundesrecht hinwegsetzen müsste, das Rot-Grün in Berlin selber beschlossen hat, ist eine abenteuerliche Argumentation. Das möchte ich in diesem Hohen Hause festhalten. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Frau Abgeordnete Steffens noch einmal zu Wort gemeldet.

Herr Minister Laumann, Ihr Redebeitrag war zwar gerade sehr impulsiv, hat aber demonstriert, dass Sie das Finanzierungssystem in der Altenpflegeausbildung nicht verstanden haben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Es geht nicht darum, dass eine stationäre Einrichtung die Kosten nicht umlegen kann. Die Ambulanten können es nicht! Ein Ambulanter kann die Ausbildungskosten nicht auf den Pflegesatz umlegen. Das geht nicht.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Aber Sie können sich mit Sicherheit jenseits des Gutachtens – ich begrüße sehr, dass man das in Auftrag gibt und dass man darüber auch redet – darüber informieren, wie die Finanzierung in der Ausbildung funktioniert. Das kann man nicht mit der Ausbildung in einem Handwerksunternehmen vergleichen; denn ein Handwerksunternehmen kann die Ausbildungskosten natürlich auf die Leistung, die es erbringt, umlegen.

Herr Henke, ich finde es nett, dass Sie die Argumentation der damaligen rot-grünen Landesregierung bezogen auf die Ausfallbürgschaft noch einmal angeführt haben. Aber es wäre schön gewesen, wenn Sie auch die Argumentation Ihrer eigenen Fraktion, der damaligen Oppositionsfraktion, der CDU, ergänzend erwähnt hätten. Herr Henke, Sie waren nicht der Einzige, der immer gefordert hat, dass jeder Ausbildungsplatz, den die BA nicht mehr finanziert, nicht nur 1:1 vom Land übernommen wird. Sie haben immer noch ein Schüppchen obendrauf gelegt. Ich würde es begrüßen, wenn Sie heute wenigstens einen Bruchteil dessen, was Sie damals gefordert haben, umsetzen würden.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Steffens. – Für die Fraktion der SPD hat sich noch einmal Frau Howe gemeldet. Bitte, Frau Howe.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Minister Laumann, Sie haben eben zu Recht gefragt: Warum regen wir uns eigentlich alle so auf? – Aber Sie gehen auch nicht mit gutem Beispiel voran.

(Beifall von der SPD – Minister Karl-Josef Laumann: Das ist, weil mich Doppelzüngig- keit aufregt! – Rainer Schmeltzer [SPD]: He, he, he!)