Protocol of the Session on December 21, 2006

21.12.2006 Nordrhein-Westfalen

Plenarprotokoll 14/48

zu bringen, wird so zunehmend unmöglich. Viele Beispiele und viele Kontakte in die Wissenschaftslandschaft Nordrhein-Westfalens hinein zeigen, dass dies der Fall ist.

Wenn dies so ist, müssen wir uns schließlich und endlich die Frage stellen: Wozu brauchen wir überhaupt einen Landesinnovations- und -forschungsminister, wenn das Land seine eigenständige Gestaltungskraft aufgibt und sich dies nicht selbst zur Aufgabe macht? Diese Frage müssen wir ernsthaft stellen. Wir werden dies nicht nur in den nächsten Monaten, sondern für die ganze Dauer der Wahlperiode thematisieren.

(Beifall von der SPD)

Der Etat der Hochschulkliniken wächst mit 0,3 % leicht an. Eine Kompensation der durch den Streik bedingten Einnahmeausfälle erfolgt nicht, obwohl die Mitglieder der Landesregierung – und hier namentlich Herr Finanzminister Linssen – persönliche Verantwortung dafür tragen. Finanzminister Linssen hat nämlich ganz wesentlich dazu beigetragen, dass sich die Tarifparteien nicht geeinigt haben. Insofern ist er mit an den finanziellen Ausfällen schuld.

Die Ausgaben für die Hochschulen selbst sinken über den Qualitätspakt hinaus um 0,3 %. Dies hat seine Ursache vor allem darin, dass die Stellen nicht mehr voll ausfinanziert werden. Aber es gibt auch andere Gründe, die ich noch benennen werde. Unter dem Strich sind es 24,7 Millionen € weniger.

Darüber hinaus ist festzustellen, dass im Zuge der Föderalismusreform die Mittel für den Hochschulbau stabil bleiben. Diese Mittel werden entsprechend dem neuen Artikel 91a Grundgesetz voll an die Hochschulen und die Kliniken weitergeleitet. Die Gefahr droht erst ab 2008. Aber das Jahr 2008 ist schnell da, und wir fragen die Landesregierung: Welche Vorsoge wird hier getroffen, um die Bauplanungen und die Investitionsplanungen zu sichern?

Meine Damen und Herren, wir haben die Auswirkungen Ihres sogenannten Hochschulfreiheitsgesetzes hier diskutiert. Bei der Anhörung am 24. August zu diesem Gesetzentwurf wurden von den offiziellen Hochschulvertretern unbekannte finanzielle Restrisiken und zunehmende Bürokratiekosten durch das Gesetz beklagt. Dem hat die Landesregierung wiederholt offen widersprochen und behauptet, dass alle diese Fragen geklärt seien. Das ist nachweislich falsch.

Der Kritik an den finanziellen und strukturellen Auswirkungen auf die Hochschulen begegnet sie

mit dem Argument, dass der Zukunftspakt mit den Hochschulen diesen bis 2010 finanzielle Sicherheit insofern gibt, dass die Zuschüsse bis dahin auf dem laufenden Niveau eingefroren sind.

Fakt ist aber: Die Hochschulen brauchen mehr als den Zukunftspakt, denn die Umwandlung zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes wird wegen der zunehmenden internen Bürokratie Geld kosten. Es muss alles daran gesetzt werden, dass die Studierendenzahlen in den nächsten Jahren ansteigen und sich die Tendenz des Jahres 2006 mit minus 10 % nicht fortsetzt.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

In den Haushalten sind keine Tarifsteigerungen berücksichtigt. Der Zukunftspakt sieht sogar einen Eigenanteil der Hochschulen in Höhe von 0,8 % an diesen vor. Mit der Umsetzung des Tarifvertrages der Länder werden aber Steigerungen auf die Hochschulen zukommen. Diese sind ohne Stellenabbau – das muss man realistisch sehen – von vielen Hochschulen aus den eigenen Budgets kaum zu finanzieren.

Eine Reihe von zusätzlichen Kosten ist noch gar nicht erfasst. Ein Beispiel ist die Vergütung für die zusätzlichen, nicht verwaltungsbezogenen Ausbildungsstellen an den Hochschulen. In den einzelnen Hochschulkapiteln finden sich die Stellen der Auszubildenden durchaus wieder. Wir haben darüber diskutiert. Aber die entsprechenden Zuschüsse steigen nicht an.

Zusätzliche Kosten, insbesondere die steigenden Energiekosten, über die allenthalben, auch hier im Hause diskutiert wird, und die GEZ-Kosten finden keine Berücksichtigung und werden wohl aus den Budgets finanziert werden müssen.

(Christian Lindner [FDP]: Stimmt gar nicht!)

Den Hochschulen wird nichts anderes übrig bleiben, als die Einnahmen aus den Studiengebühren zur Kompensation dieser Kostensteigerungen zu verwenden, wenn dies auch immer wieder negiert wird.

Bei den Studierenden wird im Endeffekt kein Cent ankommen, der die Lehre wirklich verbessern wird. Dies beweist den Zynismus der Hochschulpolitik dieser Landesregierung und der Mehrheitsfraktionen hier im Hause.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, man hätte erwarten können, dass die Ergänzungsvorlage zu all diesen Fragen, die ich hier kurz anreiße, Abhilfe schafft. Aber nein, mit der Ergänzungsvorlage werden die

haushalterischen Konsequenzen aus dem Hochschulfreiheitsgesetz nicht nachvollzogen, weil sie bisher niemand kennt oder nicht kennen will und sie erst in einem organisatorischen Blindflug im nächsten Jahr ermittelt werden. Beispielhaft sei hier auch die geteilte Verantwortung für die Pensionslasten zu nennen.

Viele Konsequenzen sind aber auch aus dem Haushaltsentwurf nicht ablesbar, wie etwa die Tatsache, dass alle Einnahmen aus Drittmitteln jetzt am Haushalt vorbeifließen. Das betrifft nicht nur die Studiengebühren, sondern auch die DFGMittel.

Wir müssen Ihre Aussagen und Plenarreden, Herr Minister Pinkwart, kritisieren. Die angekündigten Steigerungen – wir sehen ja, wie die Presse darauf reagiert; da muss man ja vorher einen entsprechenden Eindruck hinterlassen haben – finden nicht statt. Beispielhaft sind das Verschieben von Summen aus der Exzellenzinitiative und die Finanzierung des Hochschulpakts zu nennen.

Dieser Ansatz wird im Gegensatz zu dem Vorschlag der SPD-Landtagsfraktion um 10 Millionen € reduziert. Davon werden dann 7,7 Millionen € in den Hochschulpakt 2020 umgewidmet. Hier muss man fragen: Wie setzt sich die Summe von einer halben Milliarde € zusammen, von der Sie in Ihrer Pressemeldung am 2. November 2006 gesprochen haben? Hat die Landesregierung kein Vertrauen in den Erfolg der Hochschulen in der zweiten Runde des Exzellenzwettbewerbs, wenn sie diese Streichungen vornimmt? Was geschieht mit der Finanzierung, wenn sich in der zweiten Runde die Erfolge – wir gehen davon aus, dass dies so sein wird – doch einstellen werden?

(Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart: Lesen Sie die Verpflichtungsermächtigung, Herr Schultheis!)

Mogelpackungen gibt es an vielen Stellen, Herr Minister. So werden die Beiträge der Hochschulen zur Landesunfallkasse durch Einsparungen bei den Unikliniken gedeckt. Mit weniger Versicherungsschutz bei den Kliniken wird der Rest an Versicherungsschutz an den Hochschulen finanziert. Auch hier kann man Fragen stellen: Werden aus diesem Titel auch Beiträge finanziert, die diesen Betrag überschreiten? Ist es nicht eine Bestrafung der autonomen Körperschaft, die Sie ja in den Mittelpunkt Ihres politischen Tuns stellen, wenn Einspareffekte bei Kliniken auf die autonomen Körperschaften der Hochschulen übertragen werden? Ist das freiheits-, ist das autonomiefördernd? Das ist linke Tasche/rechte Tasche, meine Damen und Herren. Das ist Ihre Politik.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Lassen sie mich drei Punkte resümieren, die Ihre Politik kennzeichnen. In der Tat: Rechte Tasche/linke Tasche sieht man am Haushalt 2007. Hier werden die Mittel verschoben. Es gibt nicht mehr. In der Presse werden mehr Mittel angekündigt, als in diesem Haushalt realistisch wiedergegeben wird.

Das Zweite: Sie richten den Schwerpunkt auf Bund-Länder-Finanzierungen, auf EU-Förderungen aus, ohne eigene Anstrengungen zu unternehmen, die erforderlich sind, damit diese Mittel überhaupt gewonnen werden können.

(Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart: Lesen Sie den Haushalt!)

Ich habe den Haushalt sehr gut gelesen, Herr Minister, sonst würde ich das hier so nicht vortragen.

(Beifall von der SPD)

Und die Fachleute in den Hochschulen sehen das auch so: Sie sind nur zu vornehm, um Ihnen …

(Heiterkeit bei der CDU)

Oh, ja, das ist in der Wissenschaft so; es dauert eine gewisse Zeit, bis sie Ihnen auf der Matte stehen. Aber die Zeit wird sehr kurz sein, denn es brennt an unseren Hochschulen und in unseren Forschungseinrichtungen.

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion kann diesem Haushalt, auch diesem Einzelhaushalt, nicht zustimmen. Die Voraussetzungen hierfür fehlen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Schultheis. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Dr. Brinkmeier.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch der Entwurf des Haushaltsplans 2007 und der Nachtragshaushalt 2006 zeigen, wie ernst und wie solide die Regierungskoalition es meint, indem sie auf Dauer den Hochschulen, den Forschungsinstituten im Lande eine gesicherte Zukunft gibt. Denn das ist der große Unterschied zu Ihnen:

(Frank Sichau [SPD]: Es ist doch gar nicht wahr, was Sie da sagen!)

Alles, was wir mit diesem Einzelplan beschließen, und auch schon unsere Verpflichtung für die gesamte Wahlperiode, dass wir den Hochschulbe

reich konstant fahren werden, das hätten Sie nie hinbekommen,

(Beifall von der CDU – Frank Sichau [SPD]: Das kann doch nicht wahr sein, was Sie hier sagen!)

Weil Sie schlichtweg – wir kennen das – nicht mit Geld umgehen können. Das haben wir in den letzten Jahren hinreichend erlebt. Sie hätten doch hier noch über Kürzungen gesprochen, worunter, wenn Sie jetzt regieren würden, die Hochschulen wirklich gelitten hätten.

Herr Schultheis, wenn Sie mit einigen Tricks aus der Kiste kommen, dann sage ich Ihnen Folgendes:

(Karl Schultheis [SPD]: Das sind keine Tricks!)

Die vielen Falschaussagen, die Sie eben hineingeflochten haben, können wir gerne im Ausschuss im Detail noch einmal durchgehen. Wir wollen versuchen, das auseinanderzupflücken.

Ein Beispiel: Wir haben jetzt Erhöhungen von 25 Millionen € im Vergleich zu 2006 für Energie inklusive Mehrwertsteuererhöhung vorgenommen. Wir haben den Landesanteil an der gemeinsamen Exzellenzinitiative für Bund und Länder um 20 Millionen € erhöht. Darüber beschweren Sie sich in Ihrer Rede vorhin sogar noch. Wie kann das sein? Freuen Sie sich doch, dass wir dazu Geld bereitstellen!

(Beifall von der CDU – Zuruf von Karl Schultheis [SPD])