Protocol of the Session on December 21, 2006

Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Ich gebe den Hinweis, dass es dazu Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gibt, die Ihnen mit den Nummern 49 bis 62 der Tischvorlage vorliegen.

Ich eröffne die Beratung und gebe das Wort an Frau Schulze von der SPD-Fraktion. Bitte schön.

Meine Damen und Herren! Der EU-Umweltkommissar Stavros Dimas hat erst vor Kurzem deutlich gemacht, welche Verluste uns im Umweltbereich drohen. In der EU beschleunigt sich der Artenverlust: 42 % der Säugetiere, 43 % der Vögel und 52 % der Fische sind vom Aussterben bedroht. Wir wissen gleichzeitig, welches Bild Kinder und Jugendliche heute von Natur und Umwelt haben. Dazu hat uns der „Jugendreport Natur“ deutliche Hinweise gegeben.

(Unruhe – Glocke)

Wir haben hier im Parlament auch schon öfter über den Klimawandel geredet. Allen ist eigentlich klar: Das ist eine große Herausforderung für die Politik hier in Nordrhein-Westfalen. NordrheinWestfalen hat nächstes Jahr den Vorsitz in der Umweltministerkonferenz. Deutschland wird die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen; dort wird ein Schwerpunkt die Energiepolitik sein. Also riesige Herausforderungen für das Energieland Nummer eins!

Darauf müsste diese Landesregierung auch mit ihrer Haushaltspolitik eine Antwort geben. Aber wie in den anderen Einzelplänen zeigt sich auch hier die Koalition der Täuschung und Enttäuschung.

(Beifall von der SPD)

Diese Regierung hat kein eigenes Klimaschutzkonzept. Diese Regierung hat keine Antworten auf die von Dimas benannten Herausforderungen. Diese Regierung hat keine Antworten auf steigende Energiekosten und keine Antworten auf Naturschutzfragen. Hier wird versucht, Umweltpolitik im Dialog mit Wirtschaft und Umwelt wegzumoderieren. So geht das aber nicht. Dialog von Umwelt und Wirtschaft kann nicht bedeuten, dass Umwelt- und Naturschutzverbände gar nicht erst eingeladen werden, um miteinander zu reden.

Das Verständnis dieser Regierung von Umweltpolitik beschränkt sich darauf, möglichst wenige Regelungen für die Landwirte zu beschließen. Was Sie in diesem Haushalt machen, ist ein Kahlschlag in der Naturschutz- und Umweltpolitik. Das ist die Fortsetzung des letzten Haushalts. Dieser Haushalt ist eine einzige Enttäuschung.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich will das nur an wenigen Punkten deutlich machen. Sie streichen Mittel für das nachhaltige Wirtschaften. Davon ist zum Beispiel die Effizienzagentur betroffen. Sie hat sehr viele Projekte im Bereich der Umwelttechnologie gefördert.

Die CDU führt einen großen Parteitag zum Thema Umwelt durch. Ausgerechnet an den Stellen, an denen es konkret wird und um konkrete Hilfe für innovative Unternehmen geht, wird das Geld gestrichen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie sagen also wieder einmal das eine und tun das andere. Sie enttäuschen damit die fortschrittlich denkenden Unternehmerinnen und Unternehmer in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der SPD)

Sie streichen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung. Sie streichen die Titelgruppe so weit zusammen, dass kaum noch etwas übrig bleibt.

Herr Minister, erklären Sie uns doch einmal, was alles konkret wegfällt. Was ist mit der Umweltbildung, die gerade aus diesem Topf finanziert worden ist? Was ist mit den ganzen Projekten zur lokalen Agenda, die wir auf der kommunalen Ebene haben? Was passiert damit? Sollen das jetzt alles die Kommunen bezahlen, wie es bei vielen anderen Punkten im Haushalt der Fall ist? Sie können den Kommunen nicht alle Lasten aufbürden. So geht das nicht. So kann man nicht mit Umweltpolitik umgehen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie streichen wieder einmal bei der Verbraucherzentrale. Der Ministerpräsident sagt, NordrheinWestfalen solle das Verbraucherschutzland Nummer eins bleiben. Wenn es dann konkret wird, streichen Sie. Im Vergleich zur SPD-geführten Regierung muss die Verbraucherzentrale mit 3 Millionen € weniger auskommen.

(Zuruf von der SPD: Das ist ja ein Ding!)

Sie halten Sonntagsreden. Wenn es aber konkret wird, streichen Sie die Mittel. Sie versuchen, die Menschen in Nordrhein-Westfalen zu täuschen. Die Menschen in Nordrhein-Westfalen werden merken, dass sich Ihr Verbraucherschutz auf Sonntagsreden beschränkt. Das werden sie Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall von der SPD)

Sie wissen um das veränderte Naturverständnis von Jugendlichen. Dann müsste man mehr für die Umweltbildung tun. Sie machen genau das Gegenteil. Sie streichen bei den biologischen Stationen und damit ausgerechnet bei denjenigen, die praktischen Umweltschutz vor Ort betreiben. Noch vor Kurzem wurde die Arbeit der biologischen Stationen gelobt. Nach einer Umfrage sind alle sehr zufrieden damit. Sie kürzen genau an der Stelle,

an der sich Ehrenamt und Naturschutz ganz hervorragend verbinden.

(Beifall von der SPD)

Sie schließen die Stiftung für Umwelt und Entwicklung praktisch. Genau diese Stiftung hat sehr wichtige Projekte gefördert. Sie hat viele Anstöße auf kommunaler Ebene geben können. Ich frage Sie auch in diesem Fall, wer diese Aufgabe übernehmen soll. Das können weder die Kommunen noch irgendwelche Privaten. Sie schieben Lasten und Verantwortung ab. So kann man Umweltpolitik nicht machen.

Sie von der CDU haben einen großen Parteitag durchgeführt. Es gab viel Brimborium. Wenn es allerdings um das konkrete Handeln geht, machen Sie das genaue Gegenteil. Sie schwächen diejenigen, die bei Ihnen keine Lobby haben. Sie schwächen Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie schwächen den Umweltschutz. Sie schwächen auch kleinere und mittlere landwirtschaftliche Betriebe. Sprechen Sie einmal mit den Milchbauern und fragen Sie sie, was die von Ihrer Politik halten. Sie schwächen innovative Firmen, die auf Nachhaltigkeit und Effizienz setzen.

Es ist interessant, zu sehen, an welchen Stellen Sie Geld ausgeben. Es gibt eine Organisation, die von einer CDU-Abgeordneten geführt wird. Diese Organisation ist von Kürzungen ausgenommen. Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, deren Vorsitzende Marie-Luise Fasse ist, kann ihre Förderung innerhalb von zwei Jahren um fast 50 % erhöhen. Ich möchte nicht bewerten, was diese Stiftung tut. Das ist sicherlich eine sinnvolle und gute Arbeit. Es wird aber überall gekürzt. Und ausgerechnet bei den Organisationen, bei denen Ihre Leute den Vorsitz innehaben, sind Sie so schamlos und bedienen diese einfach. Ich finde, das ist schon ein starkes Stück.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Mit Ihrer Kürzungspolitik im Einzelplan 10 schaden Sie den vielen Ehrenamtlichen, die im Umweltschutz und im Naturschutz arbeiten. Sie schaden denjenigen, die bei der Lokalen Agenda 21 aktiv sind. Sie arbeiten damit komplett an den Menschen in Nordrhein-Westfalen vorbei. Sie kennen die Umfragen. Es gab erst vor Kurzem eine aktuelle Umfrage, nach der 93 % der Menschen Umweltschutz für wichtig halten. Und die schwarz-gelbe Regierung hat nichts Besseres zu tun, als ausgerechnet beim ehrenamtlichen Engagement zu kürzen und das Engagement dort zu behindern. Das ist eine herbe Enttäuschung für alle, die dort aktiv sind. Das sind viele Menschen in Nordrhein-Westfalen.

Zwei Drittel der Bevölkerung sehen in einer konsequenten Umweltpolitik keine nachteiligen Effekte für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Die Menschen in Nordrhein-Westfalen sind damit mehrheitlich deutlich klüger, als die Landesregierung uns mit ihrer Marktgläubigkeit zu erklären versucht.

Allen ist klar: Der Staat muss als Pionier vorangehen. Er muss den Weg für Innovationen ebnen. Bundesumweltminister Gabriel hat Recht, wenn er angesichts der Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, jetzt eine ökologische Industriepolitik verlangt.

Nordrhein-Westfalen hätte sehr gute Startchancen. Wir haben unter der SPD-geführten Regierung eine ganze Menge Profil gewonnen. Viele Unternehmen sind auf dem Sektor der Umwelttechnologie äußerst profiliert. Was Sie von Schwarz-Gelb jetzt machen, ist der Versuch, Wirtschaft und Umwelt gegeneinander auszuspielen.

(Zuruf von Holger Ellerbrock [FDP])

Das ist nicht die Herausforderung dieser Zeit. Sie sind damit eine herbe Enttäuschung für die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen. Sie sind eine herbe Enttäuschung für alle, die im Ehrenamt, im Naturschutz tätig sind. Sie sind eine herbe Enttäuschung für die Milchbauern.

Sie enttäuschen mit den Streichorgien im Einzelplan 10 die Menschen in Nordrhein-Westfalen. Einem solchen Haushalt können wir nicht zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Frau Schulze. – Frau Fasse hat nun das Wort für die CDU.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch bei der Aufstellung des Einzelplans 10 über die Ausgaben im Bereich des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Haushalt 2007 wurden alle Anstrengungen unternommen, um das Ziel der mittelfristigen Finanzplanung des Landes zu erreichen. Die in dieser mittelfristigen Planung für 2007 veranschlagten Ausgaben in Höhe von 917,3 Millionen € wurden sogar um 53,5 Millionen € unterschritten.

Der Einzelplan 10 des MUNLV ist wie bereits im Jahr 2006 maßgeblich von einer umsichtigen verantwortungsvollen Sparpolitik gekennzeichnet. Bei allem Sparwillen sollen den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes Lebensqualität und Grund

lagen für ein gesundes Leben erhalten und, wenn irgend möglich, verbessert werden. Dazu gehören intakte Landschaften, reine Luft und saubere Gewässer. Auch für die kommenden Generationen dürfen diese Grundlagen nicht auf neuen Schulden aufgebaut sein.

Unter dieser Prämisse hat das MUNLV den Einzelplan 10 mit Umsicht zukunftsweisend aufgestellt. Dass es dabei wegen der erforderlichen Haushaltskonsolidierung teilweise zu erheblichen Einschnitten kommen musste, ist eine Selbstverständlichkeit; denn sparen heißt ganz einfach: weniger ausgeben.

(Beifall von Holger Ellerbrock [FDP])

Die vorgenommenen Einsparungen führen jedoch in keinem Falle dazu, dass in den die Zukunft betreffenden Schwerpunkten wie Verbraucherschutz, Umsetzung der EU-Richtlinien für Luftqualität und Umgebungslärm oder Hochwasserschutz die zu Recht hohen Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger nicht mehr erfüllt werden können. Hier bleiben die bestehenden Strukturen erhalten und werden gestärkt. Auch im Jahr 2007 stehen ausreichende Mittel zur Verfügung, um Bundes- und EU-Mittel einzufordern und bedarfsgerecht mitzufinanzieren.

Auch Verwaltungskostenerstattungen für Aufgaben des Landes, die von dritter Seite erfüllt werden, wie zum Beispiel von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen und dem Landesbetrieb Wald und Holz, sind in erforderliche Höhe im Haushaltsentwurf vorgesehen.

Unter Berücksichtigung dieser Fakten und des weiteren Umstandes, dass die aus Einnahmen finanzierten zweckgebundenen Ausgaben angestiegen sind, ist es dennoch gelungen, für 2007 eine Entlastung von 5 % gegenüber dem Haushalt 2006 zu erreichen. Die Einsparbemühungen im Haushaltsentwurf finden jedoch überall dort ihre Grenze, wo es um vitale Interessen der Menschen in Nordrhein-Westfalen geht.

Für Lebensqualität ist eine intakte Umwelt unerlässlich. Sie ist nachhaltig zu erhalten und zu verbessern und deshalb vorrangiges Ziel unserer Politik. In der Vergangenheit mussten sich die Menschen über den Zustand der Gewässer oft sorgen. Fischsterben und PFT-Belastung waren Gründe für Beunruhigung. Deshalb ist der Gewässerschutz im Umweltbereich von besonderer Bedeutung. Zunächst ist der Gewässerzustand entsprechend der EU-Wasserrahmenrichtlinie festzustellen. Für Monitoring und Planungsaufgaben werden deshalb im Haushalt 2007 zusätzliche Mittel bereitgestellt.

Auf der Grundlage so zu gewinnender Erkenntnisse bei der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie sollen weitere Maßnahmen zur ökologischen Verbesserung der Gewässer ergriffen werden. Die Einnahmen aus der Abwasserabgabe werden dabei zielgerecht in einem entsprechenden Aktionsprogramm und in einem Investitionsprogramm eingesetzt. Der Emscherumbau und das Ökologieprogramm Emscher-Lippe sind herausragende Beispiele einer zukunftsorientierten Gewässerpolitik.

Dem Schutz vor Hochwasser mit möglichen Großschäden für Menschen, Umwelt und Industrie dient das bis 2015 reichende Hochwasserschutzkonzept. Der Haushalt 2007 sieht dafür aus EU-Mitteln, Landesmitteln und Mitteln der Abwasserabgabe eine Summe von 68,5 Millionen € vor. Das sind 4 Millionen € mehr als im laufenden Haushalt.

Feinstaubbelastungen über den EU-Richtlinienwerten beunruhigen regelmäßig die Bürgerinnen und Bürger in den Ballungsgebieten. Auch Lärm über EU-Werten verschlechtert die Lebensqualität. Zur Minderung dieser Belastungen werden effiziente Konzepte auf der Grundlage von Forschungen entwickelt. Forschungsmittel sind deshalb im Haushalt 2007 vorgesehen.