Protocol of the Session on December 21, 2006

Der Einzelplan umfasst die Teilbereiche Wirtschaft und Mittelstand, Energie sowie Landesplanung. Ich weise noch hin auf die Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit den Nummern 74 bis 76 der Tischvorlage.

Ich eröffne hiermit die Beratung über den Teilbereich „Wirtschaft und Mittelstand“.

Zu Wort gemeldet hat sich für den ersten Teilbereich für die SPD-Fraktion Herr Kollege Eiskirch. Das Rednerpult steht ihm offen. Bitte, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Bevor Herr Eiskirch beginnt, möchte ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitten, Ihre Gespräche – wenn sie denn nötig sind – draußen fortzusetzen. Noch schöner wäre es natürlich, Sie würden im Saal bleiben und den Ausführungen des Redners der Opposition folgen. – Herr Eiskirch, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland geht es wirtschaftlich wieder besser. Es gibt wieder mehr Wachstum, ein besseres Investitionsklima und etwas mehr Arbeitsplätze. Es muss zweifelsohne noch mehr geschehen, aber all das gibt es wieder.

(Beifall von einem Abgeordneten der CDU)

Da klatscht jemand aus der richtigen Richtung. Das ist nämlich vornehmlich ein Verdienst der Wirtschaft und beruht auf den Rahmenbedingungen und Impulsen, die die Große Koalition in Berlin aus SPD und CDU richtigerweise gesetzt und gegeben hat.

(Lachen bei CDU und FDP)

Es ist völlig richtig, dass die Politik kein Wirtschaftswachstum schaffen kann. Sie kann aber Impulse geben und Rahmenbedingungen setzen. Die Große Koalition in Berlin hat genau das getan. Sie hat ein Wachstums- und Marktanreizprogramm aufgelegt. Dieses umfasst 6 Milliarden € für zukunftsträchtige Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, 9,4 Milliarden € für die Mittelstandsförderung – zum Beispiel für das wirklich gut anlaufende Gebäudesanierungsprogramm –, 4,3 Milliarden € für Verkehrsinvestitionen und 2,5 Milliarden € für die steuerliche Berücksichtigung haushaltsnaher Dienstleistungen.

Jeder Euro dient als Impulsgeber. Aus jedem Euro werden weitere Euros, weil Investitionen wiederum Investitionen nach sich ziehen. Das hat die Große Koalition in Berlin aus SPD und CDU gut gemacht.

In Berlin wird gehandelt. In Düsseldorf wird der Mond angeheult und gehofft, dass von den Impulsen aus Berlin möglichst viel in NRW ankommen möge, statt durch eigenes Handeln diese Entwicklung zu unterstützen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ja, hier in Düs- seldorf gibt es auch keine FDP! – Beifall von der SPD)

Sie, Frau Ministerin Thoben, legen für das Jahr 2007 einen absolut impulsarmen Haushalt in Bezug auf die Bereiche Wirtschaft und Mittelstand vor, in dem Sie vornehmlich Landesgeld durch Geld anderer Ebenen ersetzen. Man kann den Eindruck gewinnen, dass jeder Euro...

(Unruhe – Der Redner wendet sich an den Präsidenten.)

Gilt das, was Sie vorhin zu den Kolleginnen und Kollegen gesagt haben, auch für die Regierungsbank?

Sie haben das Wort, Herr Kollege, und die Regierungsbank lehnt sich jetzt schweigend zurück.

Frau Ministerin, man kann den Eindruck gewinnen, dass jeder Euro ungefähr dreimal durch einen anderen kofinanziert wird, dass Sie aber leider Gottes das dadurch freiwerdende Landesgeld nicht zusätzlich zur Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung in Nordrhein-Westfalen einsetzen.

Frau Thoben, wenn Sie vom Sparen sprechen, habe ich mittlerweile den Eindruck, dass Sie nicht nur Geld meinen. Ihr Haushaltsentwurf macht deutlich: Sie sparen an Ideen! Ich meine Ideen, wie man die aufkeimende positive wirtschaftliche Entwicklung in Nordrhein-Westfalen unterstützt und stabilisiert.

Ideen sind gefragt, wenn Sie schon kein frisches Geld in die Hand nehmen. Sie sollten aufhören zu hoffen und dafür mehr handeln. Machen Sie sich das zumindest für die nächsten Haushalte zur Maxime.

Die wirtschaftliche Entwicklung ist ein Prozess und die Bedingungen verändern sich immer wieder. Deshalb sind Ideen gefragt und nicht bloß die Fortführung der zweifelsohne richtigen Programme der Vorgängerregierung. Veränderte Bedingungen brauchen auch neue Antworten. Wir fordern Sie auf, endlich auch mit neuen Antworten zu kommen, und nicht nur – richtigerweise – alte Dinge fortzuführen, ohne sie durch Neues zu ergänzen.

Sie werden mir nun erwidern, dass Sie natürlich gehandelt haben, zum Beispiel 2006 durch die deutliche Erhöhung der Meistergründungsprämie.

(Beifall und Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Aber freuen Sie sich nicht zu früh, Herr Kollege Brockes; das passiert Ihnen ja öfter. Denn Sie haben nicht die Meistergründungsprämie erhöht, Sie haben den Titelansatz für die Meistergründungsprämie erhöht.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Hören Sie mir doch einmal in Ruhe zu. Sie haben den Titelansatz für die Meistergründungsprämie erhöht, die Bedingungen im Jahr 2006 a

ber gar nicht verändert. So viele Neugründungen konnte es gar nicht geben.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Sie haben unter diesem Haushaltstitel eine Freudund-Leid-Kasse angelegt, um durch Deckungsvermerke ganz andere Dinge – keinesfalls aber die Gründungen – zu finanzieren!

(Beifall von der SPD)

Hören Sie doch auf!

Wenn das im Jahr 2006 mutlos war – man hätte die Bedingungen verändern können –, muss man sagen: Im Zuge dessen, was Sie jetzt machen, kann man nur von Feigheit sprechen.

Im Jahr 2006 sahen die Bedingungen so aus: 10.000 € gibt es für die Meistergründung in den strukturschwachen Gebieten. Das ist doppelt so viel wie im Rest des Landes, weil die Gründungsvoraussetzungen und die Gründungsintensität schwächer sind und man insofern mehr Geld braucht, um eine Gründung zu stabilisieren, die erste Zeit im Markt zu bestehen. Deswegen war es richtig, 10.000 € Meistergründungsprämie in den strukturschwachen Gebieten vorzusehen und 5.000 € im Rest des Landes.

In Kenntnis der 2006er Zahlen müssen wir für 2007 als allererste Reaktion der Ministerin mitnehmen, dass überall auf 5.000 € gekürzt wird, statt neues Geld in die Hand zu nehmen, um den richtigen Weg weiter zu gehen. Bis jetzt haben Sie das Geld nämlich nicht für die Meistergründung in die Hand genommen, sondern mit Deckungsvermerken für ganz andere Dinge. Es wäre der richtige Weg gewesen, dort etwas zu tun.

Ich bin froh, dass zumindest die Abgeordneten der CDU auf diesen Zug aufgesprungen sind, nachdem wir öffentlich Druck gemacht haben, weil es nicht sein kann, dass auf 5.000 € heruntergekürzt wird, statt ein von allen richtig anerkanntes Programm vernünftig fortzuführen. Ich bin froh, dass Sie über diesen Druck dazu gekommen sind, wenigstens überall im Land auf 7.500 € zu erhöhen, um den Haushaltstitel zumindest für das auszunutzen, was draufsteht. Damit drinsteckt, was oben draufsteht, haben Sie auf unseren Druck hin zumindest auf 7.500 € erhöht. Das ist ein richtiger Weg. Es ist schade, dass Sie nicht gleich selbst darauf gekommen sind.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Schreien hilft nicht, Herr Brockes.

(Beifall von der SPD)

Noch richtiger wäre es gewesen, in den Gebieten, die strukturschwach sind, einen Bonus vorzusehen, damit dort mehr gegründet werden kann. Sie hätten in den alten Ziel-2-Gebieten mindestens bei 10.000 € bleiben müssen, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD)

Damit gleich keine Ausflüchte kommen, lassen Sie sich gesagt sein: Sie dürften das auch. Sie dürfen die Meistergründungsprämie aus den Mitteln des alten Programms der Jahre 2000 bis 2006 auch in der Nachlauffrist in diesen Gebieten weiter fördern. Das nur, damit gleich von dieser Stelle aus keine Ausreden kommen.

7.500 € im Land, 10.000 € in strukturschwachen Gebieten wären das richtige Signal an die Handwerker gewesen, die sich selbstständig machen wollen, um Arbeitsplätze zu schaffen. Denn nur diese können das als Zuschuss mitnehmen.

Frau Thoben, da wir gerade beim Ruhrgebiet sind – dort gilt das ebenso: Endlich einmal handeln, statt nur reden!

Für die Periode 2007 bis 2013 fange ich nicht zum wiederholten Male mit dem an, was wir hier zum Ziel-2-Thema des Öfteren diskutiert haben. Ich halte es aber nicht für richtig, dass Sie das Ausgleichsziel, sozusagen den Grundtenor des EFRE-Programms, an die oberste Stelle stellen, sondern parallel versuchen, andere Ziele zu erreichen. Das ist deshalb nicht richtig, weil das Programm dazu da ist, diejenigen, die ein Stück hinterherhinken, wieder heranzuholen und dort vernünftige Bedingungen zu schaffen.

(Beifall von der SPD)

Frau Thoben, ich will auch nicht darauf zu sprechen kommen, dass es nicht richtig ist, nur 50 % in die strukturschwachen Gebiete – vor allem ins Ruhrgebiet – zu stecken, sondern ich will eine ganz neue Frage aufmachen, die die FDP freuen wird: Wo bleibt der Wettbewerb? Sie reden seit Wochen und Monaten, fast einem Jahr, davon, dass das in Wettbewerben gemacht wird. Und wir haben noch zehn Tage, bis das neue Jahr mit der Periode 2007 anfängt. Aber keiner kennt die Wettbewerbe, mit denen sich Kommunen und Unternehmen mit guten Projekten der Konkurrenz stellen. Keiner kennt die Bedingungen. Die EU gibt 1,3 Milliarden €, aber diese Landesregierung ist bis heute nicht in der Lage, die Wettbewerbe zu erläutern. Fragen über Fragen bleiben unbeantwortet.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das findet die Mi- nisterin lächerlich! – Dietmar Brockes [FDP]: Das ist auch lächerlich!)

Das geht ihr öfter so.

Welche Themen? Welche Zeitabläufe? Welche Mittelumfänge? Welche Teilnahmevoraussetzungen? Wie sehen die Startbedingungen aus? Wie wird Transparenz sichergestellt? Welches sind die strukturschwachen Regionen? – Keine Äußerung der Landesregierung zur Verausgabung von 1,3 Milliarden € in diesem Programm. Nichts!

(Beifall von der SPD – Marc Jan Eumann [SPD]: Sie wissen nicht, was Sie tun!)

Aber die Antworten interessieren nicht nur uns, Frau Thoben. Viel interessanter sind diese Antworten für die Unternehmer, für die Kommunen und die Regionen in Nordrhein-Westfalen. Die Antworten sind wichtig für die regionalen und wirtschaftlichen Entwicklungschancen. Aber die Frau Ministerin schweigt. Und sie wissen nicht, was sie tun! In dem Fall gilt das für die Kommunen und Unternehmen, die Regionen, die nicht wissen, was sie tun sollen, um möglichst schnell Fördermittel für gute Projekte zu bekommen.

Wenn es schon keine Antworten zum Wettbewerb gibt, wäre es umso wichtiger gewesen, die Ziel-2Gelder inklusive der Ko- und der Komplementärfinanzierung zusammengefasst in Ihrem Einzelplan abgebildet zu sehen. Ich weiß, dass Sie das wirklich wollten, Frau Ministerin, und Sie wissen, dass ich Ihnen dabei die Daumen gedrückt habe.