Protocol of the Session on December 20, 2006

Wir werden dabei auch darauf achten, dass diese Mittel regional gerecht verteilt werden.

Herr Minister, hier liegt noch eine Zwischenfrage von Herrn Garbrecht vor. Wollen Sie die zulassen?

Selbstverständlich.

Bitte schön, Herr Garbrecht.

Herr Minister, ich teile ja Ihre Auffassung, dass sich die 3.000, die eine Aus

bildung antreten werden, darüber freuen, dass sie eine Ausbildung antreten können. Aber stimmen Sie mir nicht auch zu, dass sich, wenn Sie eine andere Finanzierungsart durchgesetzt hätten – Beteiligung der Wirtschaft –, möglicherweise sogar 4.500 oder sogar 6.000 Jugendliche auf einen Ausbildungsplatz freuen könnten?

Es ist ja kein Geheimnis, dass ich mir im Ausbildungskonsens die Förderung über die sogenannte Verbundausbildung gewünscht und mich auch dafür eingesetzt habe. Aber die Situation war die, dass die gesamte Wirtschaft – ob Handwerk, ob Industrie, egal, welche Branchen – und der DGB gesagt haben: Wenn Sie das machen, kriegen Sie die Ausbildungsplätze nicht, weil wir schon so viel machen, weil wir schon so viele Praktikumsplätze anbieten. – Ich hätte hier einmal erleben wollen, was Sie gesagt hätten, wenn wir es so gemacht und am Ende die Plätze in der Wirtschaft nicht gekriegt hätten, die wir ja für eine praxisorientierte Ausbildung brauchen. Dann hätten Sie mir wieder vorgehalten, das sei nur ein Programm und eine Luftbuchung.

Wir haben uns jetzt für diesen Weg entschieden. Die Entscheidung für dieses Programm ist gefallen. Man kann sich immer etwas anderes wünschen. Aber das wird jetzt so umgesetzt, wie es im Ausbildungskonsens abgemacht ist.

Es gibt ein weiteres Handlungsfeld, das wir bei unserer Arbeitsmarktpolitik sehr deutlich sehen müssen. Das ist das Handlungsfeld Menschen mit Behinderungen, Migranten und Ältere. Auch hier wollen wir durch die Programmlinien der Arbeitsmarktpolitik im nächsten Jahr einen Schwerpunkt setzen.

Das dritte Handlungsfeld ist die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit von Unternehmen. Mit der Potenzial- und Arbeitszeitberatung werden wir auch künftig präventiv dafür sorgen, dass Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen wettbewerbsfähig und damit zukunftssicher werden. Bedarfsgerecht fortführen werden wir auch die Programme „Bildungsscheck“ und „Beschäftigungstransfer“.

Die Mittelansätze der nordrhein-westfälischen Arbeitspolitik werden heute und auch künftig durch den Europäischen Sozialfonds unterstützt.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: „Unterstützt“ ist gut!)

Zwar werden wir ab 2007 mit Beginn der neuen EU-Förderphase nur noch etwas mehr als die Hälfte der Mittel, ca. 680 Millionen €, zur Verfü

gung haben; aber ich will versuchen, deutliche Akzente zu setzen.

Am 19. Dezember haben wir als einen weiteren Schritt des Planungsprozesses bei der Erstellung des neuen operationellen Programms 2007 bis 2013 mit den beteiligten Wirtschafts- und Sozialpartnern und den kommunalen Spitzenverbänden die Schwerpunktsetzung hinsichtlich des Einsatzes der Mittel des Europäischen Sozialfonds in Nordrhein-Westfalen in der neuen Förderphase diskutiert. Erfreulicherweise ist festzustellen, dass wir zu den Grundzügen unseres Operationsprogramms für den Europäischen Sozialfonds weitestgehende Zustimmung erhalten haben.

Die Arbeitsmarktpolitik in Nordrhein-Westfalen muss eine erkennbare Ausrichtung haben.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das sehen wir auch so!)

Sie soll sich auf klare Programme und Programmlinien stützen und bei den einzelnen Menschen und Unternehmen ankommen. So beabsichtigen wir, in 2007 insbesondere folgende Programmlinien weiter bedarfsgerecht zu fördern: das Programm Werkstattjahr mit rund 25 Millionen € – darin haben wir knapp 6.000 Leute –, das Programm „BUS“ mit 5 Millionen €, den dritten Weg der Berufsausbildung, also die mondiale Berufsausbildung für diejenigen, die in Theorie schwach sind, aber praktisch schon einiges können, mit rund 10 Millionen €, die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung mit 15,5 Millionen €, die Potenzial- und Arbeitszeitberatung mit 7,2 Millionen € und unter besonderer Berücksichtigung des Themas Gesundheit bei der Arbeit das Bildungsscheckprogramm mit 15 Millionen €. Der Bildungsscheck ist mit 40.000 verteilten Bildungsangeboten in der beruflichen Bildung nun wirklich eine Erfolgsstory in der Arbeitsmarktpolitik in Deutschland.

(Beifall von der CDU)

Der Bildungsscheck der Bundesagentur in ganz Deutschland liegt bei 6.000. Mir wird immer vorgehalten, ich hätte zu wenig Landesmittel in der Arbeitsmarktpolitik. Es ist doch schlau, ESF-Mittel mit einer privaten Kofinanzierung zusammenzuführen und nicht alles über Steuergelder zu machen.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir müssen schließlich die Schulden aus Ihrer Zeit begrenzen und abbezahlen.

Wir wollen weiterhin die Integration besonderer Zielgruppen. Das Programm „Jugend in Arbeit“

wird mit 24,5 Millionen € eingeplant, die Angebote für schwerbehinderte Menschen, Migrantinnen und Migranten mit 4,6 Millionen €. Gleichzeitig wird die Beteiligung aller relevanten arbeitsmarktpolitischen Akteure in der Region weiterhin eine wichtige Grundlage für die Umsetzung der Arbeitsmarktpolitik in Nordrhein-Westfalen sein. Vertreter der Arbeitsgemeinschaften der Optionskommunen werden deshalb Mitglieder der regionalen Entscheidungsgremien, damit die Interessen der NRW-Arbeitsmarktpolitikprojekte noch mehr als bisher sinnvoll koordiniert und optimiert durchgeführt werden können. Die Arbeit der Regionalagenturen muss in den Regionen unterstützt und flankiert werden, um zukünftig ihre Wirksamkeit zu verbessern. Qualitätskontrolle, Qualitätssicherung und Transparenz sollen auch künftig neben der regionalen Bewertung von Projekten die entscheidenden Kriterien für eine optimierte regionale Arbeitsmarktpolitik sein.

Ich glaube, dass wir mit diesem Programm, das wir mit dem Haushalt hinterlegen – ein Haushalt ist dazu da, politische Programme umzusetzen –, für die Arbeitsmarktpolitik in Nordrhein-Westfalen gut liegen, dass wir der nordrhein-westfälischen Arbeitsmarktpolitik Konturen und damit auch ein Gesicht geben. Dass die Opposition die ein oder andere Kontur nicht leiden kann, das mag so sein. Aber das bestärkt mich, dass ich auf dem richtigen Weg bin. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister.

Meine Damen und Herren, wir kommen damit zum Teilbereich „Gesundheit und Soziales“.

Die erste Wortmeldung hierzu liegt von Herrn Bischoff von der SPD-Fraktion vor.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erste Vorbemerkung: Die Haushaltsvorlage zum Thema Gesundheit und Soziales ist aus unserer Sicht von verschiedenen Entwicklungen geprägt. In vielen Teilbereichen schreibt die Landesregierung in groben Zügen die Arbeit der Vorgängerregierung fort. Das ist eine positiv kontinuierliche Entwicklung. Allerdings ist auch im zweiten Jahr Ihrer Regierungszeit nicht zu erkennen, dass es strukturell vorwärts weisende neue Schwerpunkte gäbe.

Zweite Vorbemerkung: Nach den Kahlschlagkürzungen im vergangenen Jahr, Herr Minister Lau

mann, wo Sie eine Vielzahl von kleinen sozialen Einrichtungen zerstört haben – ich erinnere an die Koordinierungsstelle „Frauen und Gesundheit“, an die Krebsberatungsstellen in NRW –, haben Sie entgegen Ihren Versprechungen keinerlei Ersatz geschaffen. Der Haushalt 2007 sieht nichts vor, um diese wichtigen Einrichtungen, die Sie im letzten Jahr zerschlagen haben, durch Ersatz zu reaktivieren.

Der dritte Punkt: In anderen Bereichen haben Sie haushaltspolitisch und inhaltlich Flickschusterei betrieben – mit verheerenden Folgen für die Betroffenen. Ich werde gleich noch zu den Themen „Spiel 77 – Auswirkungen auf die Destinatäre“ und „Kommunalisierung bei Drogenberatung und Aids“ ausführen.

Der vierte Punkt ist, dass Sie im letzten Jahr zum Teil hektische Versuche unternommen haben, Ihre Fehler zu korrigieren, zum Beispiel bei der Krankenhausfinanzierung, bei der Stiftung Wohlfahrtspflege und auch beim Maßregelvollzug. Auch darauf werde ich gleich noch verstärkt eingehen.

Gesamtbewertung bereits am Anfang: Trotz versuchter Kontinuität mit der Vorgängerregierung ist Ihre Gesundheits- und Sozialpolitik wesentlich schlechter. Schlimmer noch: In vielen Bereichen wird die Landesregierung nicht mehr als verlässlicher Partner gesehen, sondern als jemand, der stets oder oft zu kurz springt.

(Beifall von der SPD)

Großen Worten des Sozial- und Gesundheitsministers folgen regelmäßig erschreckend kleine und unausgegorene Taten, die er dann auch noch häufig korrigieren muss.

Herr Laumann, als Tiger springen und als Bettvorleger landen, das sollte man nicht allzu oft tun. Es scheint, die gesundheits- und sozialpolitische Fachöffentlichkeit in Nordrhein-Westfalen hat das während Ihrer Amtszeit schon ein paar Mal zu viel wahrgenommen.

(Beifall von der SPD)

Ich will die Aussagen im Einzelnen belegen. Zu den positiven Rollen rückwärts, wo Sie also wieder gut zurückgefunden haben, gehören die Themen Maßregelvollzug und Stiftung Wohlfahrtspflege. Im Sommer sind Sie im Bereich des Maßregelvollzugs wie ein Elefant im Porzellanladen erschienen, haben die Einrichtungen besucht und haben denen erklärt, dass Sie massiv an die Strukturen der Einrichtungen wollen, haben Einrichtungen, Träger, Beschäftigte, das Umfeld und

die Bürgerinnen und Bürger des Landes ohne Not und ohne Grund verunsichert.

(Minister Karl-Josef Laumann: Oh Gott, oh Gott!)

Oh Gott, oh Gott. Ja, das haben Sie so gemacht. – Nach massiven Protesten, auch von der Opposition, sind Sie dann eingeknickt, sodass der jetzt vorliegende Haushaltsentwurf das Konzept der Vorgängerregierung in wesentlichen Punkten fortschreibt. Das ist gut so, und das ist auch akzeptabel. Als Tiger gesprungen, als Bettvorleger gelandet! Das habe ich eben schon gesagt.

Ähnlich im Fall Stiftung Wohlfahrtspflege: Zunächst Ihre Zusage an die Verbände, 25 Millionen € für die Stiftung Wohlfahrtspflege bereitzustellen. Verfahren wie oben: mächtiger Druck, auch der Opposition, der Öffentlichkeit. In dem Fall hat auch die CDU-Fraktion ihr Gutes dazu beigetragen. Alle Fraktionen des Landes haben dazu beigetragen, dass Sie Ihre Versprechen jetzt endlich halten, dass Sie als Sozialminister verlässlich werden, was Sie im Vorfeld nicht gewesen sind.

Herr Minister Laumann, dass wir uns da richtig verstehen: Auch Minister dürfen täglich klüger werden und dürfen täglich dazulernen. Keine Frage!

(Zuruf von der CDU: Nicht nur Sie!)

Nur: Verlässlichkeit in der Gesundheits- und Sozialpolitik sieht ein bisschen anders aus. Ein Dauerzustand sollte es doch wohl nicht werden, dass der Minister immer erst ganz spät dazulernt.

Dasselbe Spiel bei der Krankenhausfinanzierung: Ihr Investitionsstopp von 2005 ist Legende. Ich will nicht wiederholen: Elefant im Porzellanladen, mächtiger Auftrieb der Fachöffentlichkeit, das ganze Land auf den Kopf gestellt, mächtiger Druck.

Für das Jahr 2007 gibt es nun einen ähnlichen Haushaltsansatz wie für das Jahr 2005. Sie haben also wieder dazugelernt. Dafür haben Sie ein ganzes Jahr gebraucht. Ein ganzes Jahr lang haben Sie gelernt und dann festgestellt, dass genau das, was vorher gemacht worden ist, richtig war.

Leider haben wir die Konsequenzen immer noch zu spüren. Der Antragstau nach dem Investitionsstopp von 2005 schädigt natürlich immer noch die Krankenhauslandschaft in NRW. Es gibt durch die Fehler des Ministers nun doppelt so viele Anträge. Der Minister hat dann einen Kriterienkatalog vorgelegt, den ich nicht selber kommentieren möchte, Herr Laumann, sondern ich möchte Ihnen ei

nen Satz vorlesen, was die Krankenhausgesellschaft NRW zu diesem Kriterienkatalog im Oktober 2006 geschrieben hat: