Die in den vergangenen Wochen und Monaten von den Oppositionsfraktionen inszenierte Diskussion um die Höhe des Steueransatzes halte ich für ein Scheingefecht. Es soll von den wahren Problemen des Landeshaushalts ablenken. Das sind in erster Linie die in den vergangenen Jahrzehnten aufgehäuften Schulden und die daraus resultierende Zinsbelastung von zurzeit 4,7 Milliarden € jährlich. Zinsen!
Anstatt konkrete Vorschläge für eine dauerhafte Konsolidierung des Haushalts vorzulegen, versuchen Sie uns vorzugaukeln, dass die konjunkturell bedingten Steuermehreinnahmen neue Ausgabenspielräume eröffnen. Dem widerspreche ich entschieden. Auch wenn die Nettokreditermächtigung durch den Nachtragshaushalt um fast 1,5 Milliarden € zurückgeführt werden kann, übertrifft die für 2006 vorgesehene Nettoneuverschuldung die eigenfinanzierten Investitionen weiterhin um 776,2 Millionen €.
Das heißt: Es ist uns nach wie vor objektiv unmöglich, unsere in der Landesverfassung verankerten Aufgaben zu erfüllen und gleichzeitig die Regelobergrenze der Kreditaufnahme einzuhalten.
Mit dem Haushalt 2007 können wir dieses Etappenziel wieder erreichen. Allerdings bedeutet dies zunächst nur, dass wir das Verschuldenstempo drosseln. Bis der Landeshaushalt ohne die Aufnahme von Krediten ausgeglichen werden kann, ist es noch ein weiter und vermutlich schwieriger Weg. Auch in den nächsten Jahren werden die Gesamtverschuldung des Landes und damit die Zinsausgaben weiter ansteigen. Nur mit einer Fortsetzung unseres strikten Konsolidierungskurses können wir diesen Kreislauf durchbrechen.
Deshalb sieht die Landesregierung keinen Raum für neue Begehrlichkeiten. Insbesondere dürfen konjunkturelle Steuermehreinnahmen nicht zum Anlass genommen werden, dauerhaft neue Ausgabenverpflichtungen zu begründen.
Zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Nachtragshaushalts im Kabinett kannten wir das Steuerergebnis der ersten drei Quartale. Die bis dahin aufgelaufenen überplanmäßigen Einnahmen wurden etatisiert. Dabei stand immer fest, dass möglicherweise zusätzlich eingehende Steuereinnahmen ebenfalls in den Abbau der Neuverschuldung fließen sollen. Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben hier nie einen Zweifel aufkommen lassen.
Heute kennen wir die Steuerergebnisse von Oktober und November. Der Oktober brachte gegenüber dem Vorjahresmonat ein Plus von knapp 300 Millionen €. Der November erreichte gerade das Vorjahresniveau. Der Dezember sieht zurzeit recht zufriedenstellend aus. Eine abschließende Bewertung ist noch nicht möglich, da im Kassenfluss deutliche Verzerrungen vorliegen: Der Dezember 2006 hat zwei Arbeitstage weniger als der Vergleichsmonat des Vorjahres. Außerdem muss berücksichtigt werden, dass gerade in den letzten Tagen des Vorjahres außergewöhnlich hohe Steuerzahlungen kassenwirksam wurden.
Natürlich hoffen wir, im nächsten Jahr einen noch besseren Haushaltsabschluss vorlegen zu können. Angesichts einer Gesamtverschuldung von 113 Milliarden € und einer jährlichen Zinsbelastung von etwa 4,7 Milliarden € hoffen wir auch, dass damit eine weitere Absenkung der Neuverschuldung verbunden sein wird. Nur durch eine dauerhafte Absenkung der Neuverschuldung können wir die finanzpolitischen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte meistern.
Frau Walsken, auch wenn Sie es nicht hören wollen: Das sind Investitionen in die Kinder und in die kommende Generation.
(Gisela Walsken [SPD]: Der Landesjugend- plan auch, auch wenn Sie es nicht hören wollen, Frau Ministerin! – Weitere Zurufe von CDU und SPD)
Es ist übrigens völlig egal, woher der Aufschwung kommt: Freuen Sie sich mit uns, dass er da ist! Und wirken Sie daran mit, dass wir ihn durch vernünftige Politik nachhaltig gestalten können!
Danke schön, Frau Ministerin. – Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zum Schluss der Beratung.
Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung Drucksache 14/3070, den Gesetzentwurf Drucksache 14/2840 unverändert in zweiter Lesung anzunehmen. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Das sind Bündnis 90/Die Grünen und die SPD. Damit ist diese Beschlussempfehlung mit Mehrheit angenommen.
Meine Damen und Herren, gemäß § 73 Abs. 2 der Geschäftsordnung sind Gesetzentwürfe zum Haushaltsgesetz in drei Lesungen zu beraten. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, die dritte Lesung des Nachtragshaushaltes unmittelbar im Anschluss an die zweite Lesung durchzuführen.
Beratungsgrundlage für die dritte Lesung ist die Beschlussempfehlung und der Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses zur zweiten Lesung Drucksache 14/3070. Eine Debatte ist in der dritten Lesung nicht vorgesehen.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung Drucksache 14/3070, den Gesetzentwurf Drucksache 14/2840 unverändert anzunehmen. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Dann ist auch das in dritter Lesung mit großer Mehrheit angenommen.
2 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen (Verfassungsschutzgesetz Nordrhein- Westfalen – VSG NRW)
Ich verweise auf den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/3291 sowie auf die Änderung, die sich aus der in der zweiten Lesung am 7. Dezember 2006 angenommenen Drucksache 14/3133 – Neudruck – ergibt.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zu diesem Tagesordnungspunkt gibt es nichts Neues mehr zu sagen. Herr Kollege Dr. Rudolph, wir sind uns einig: Die Argumente sind ausgetauscht. Die Positionen sind bekannt. Sie werden auch durch die heutige Debatte hier nicht verändert.
Bleiben noch zwei Anmerkungen zu den Aussagen aus der zweiten Lesung, auf die wir noch nicht erwidert haben. Das war bei Ihnen, Herr Dr. Rudolph, das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, bei dem Sie uns unterstellten, wir hätten darauf nicht reagiert. – Es ist auch nicht notwendig, darauf zu reagieren. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet uns nicht, aktiv zu werden.
Zu einem in dem gleichen Zusammenhang stehenden Punkt – Sie werden da sicherlich gleich einhaken –, bei der akustischen Wohnraumüberwachung, haben wir eine Lösung gefunden, die aus meiner Sicht wirklich eine gute ist.
Da sind wir eben anderer Meinung. Wir werden uns auf eine Formulierung einigen, die bundesweit passt. Da mögen Sie auch heute anderer Meinung bleiben. Es ändert sich nichts daran: Uns reicht es. Für uns ist es eine gute Lösung, das dann 2008 zu tun, wenn sich auf der Bundesebene alle darauf geeinigt haben.
Der letzte Punkt betrifft die Frage, ob der Kernbereichsschutz gewährleistet ist oder nicht. Ich habe
Frau Düker bisher nicht widersprochen: Sie gehen ja davon aus, dass er nicht gewährleistet ist. Aber keine Sorge, wir brauchen ihn auch in diesem Gesetz nicht weiter zu spezifizieren. Denn sollte etwas erlangt werden, was nicht erlangt werden darf, gibt es strafprozessual direkt das Verwertungsverbot. Das reicht aus, um den von Ihnen gewünschten Schutz wirklich herzustellen.
Es sind also alle Argumente ausgetauscht. Wir können dem Gesetzentwurf heute unsere Zustimmung geben und werden dies auch gleich tun.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Leider haben die Regierungsfraktionen – präziser gesagt: die FDP – nicht unsere wiederholten Anregungen aufgegriffen, eine breite parlamentarische Mehrheit zu suchen, um Freiheit und Sicherheit in eine Balance zu bringen.
Herr Kollege Biesenbach, wir freuen uns aber immerhin, dass die Regierungskoalition die Forderungen der SPD und auch der Grünen nach einer neuerlichen Befristung der Sonderbefugnisse für den Verfassungsschutz und ihrer externen Evaluierung aufgegriffen hat. Dann macht es auch nichts, dass der Herr Innenminister bis heute nicht begreifen will, welchem Missstand damit abgeholfen werden soll, nämlich dem Missstand, dass allein der Verfassungsschutz das Gesetz evaluiert, das seine Aufgaben und Befugnisse bestimmt. Herr Innenminister, deswegen kann ich Ihnen nur sagen: Das ist das erste politische Armutszeugnis, das Sie sich in der Debatte über die Novelle eines Verfassungsschutzgesetzes ausgestellt haben.
Um auch das noch einmal zu sagen: Der Landtag hat – wenn Sie so wollen – seine eigene Evaluierung vorgenommen, nämlich durch eine Anhörung des Hauptausschusses. Sie haben in einer Pressemitteilung behauptet, die Anhörung habe Sie bestätigt. Das Gegenteil war der Fall. Damit haben Sie sich das zweite politische Armutszeugnis ausgestellt.
Meine Damen und Herren, wir halten unsere Kritik an der Novelle in drei Punkten aufrecht. Wir glauben, das Auslesen von Festplattendaten geht klar
über das bisherige Abfangen von Kommunikationsdaten hinaus. Wir haben es hierbei mit einem schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte, in diesem Fall in den grundgesetzlich geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung, zu tun. Analog zum Karlsruher Urteil zur akustischen Wohnraumüberwachung ist es, so finden wir, dem Gesetzgeber aufgegeben, auch in diesem Punkt eine klare, das heißt eine verfassungsgemäße und verfassungsfeste Norm zu bestimmen.
Ganz offensichtlich haben einige deutsche Sicherheitsbehörden ohne jede gesetzliche Ermächtigung – ich bleibe bei meinem Wort – „staatlich organisierten Hausfriedensbruch“ betrieben oder, um die Worte der Sicherheitsbehörden zu benutzen, „Online-Hausdurchsuchungen“ vorgenommen.
Dass diese Angelegenheit zu einer größeren Diskussion innerhalb der FDP geführt hat, haben wir heute beispielsweise in der „taz“ gelesen. Ich möchte hier noch einmal den früheren Bundesinnenminister Gerhart Baum zitieren, der sagt:
„Es ist ein Fehler, dem Verfassungsschutz den Einblick in die Internetdateien eines Bürgers zu erlauben. Was Menschen am Computer aufschreiben, ist in vielen Fällen mit einem Tagebuch gleichzusetzen, das voller persönlicher Daten ist. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ein Gesetz gelingt, das in diesem Punkt vor dem Verfassungsgericht Bestand hat. Ich rate Ingo Wolf sehr, seinen Vorschlag noch einmal zu überdenken.“
Ich könnte Ihnen eine Reihe weiterer Zitate von liberalen Politikern vorlesen, die zeigen, dass der sogenannte liberale Innenminister in NordrheinWestfalen auf dem Holzweg ist und sich hiermit das dritte politische Armutszeugnis ausstellt.
Nun zur Wohnraumüberwachung. Auch im Laufe dieses Gesetzgebungsverfahrens haben wir gesehen, dass es in der Koalition offensichtlich unterschiedliche Positionen gibt. Die CDU-Fraktion und Herr Biesenbach sagen: Wir können auf den großen Lauschangriff verzichten. Aber wenn der FDP-Innenminister ihn unbedingt haben will, dann erklären wir, wir würden ihn nicht anwenden wollen.
Der Hintergrund für diese Haltung der Union ist klar. Die CDU hält, ebenso wie wir, die Grünen und die höchstrichterliche Rechtsprechung, die bestehende gesetzliche Norm für eindeutig verfassungswidrig. Für die FDP-Fraktion erklärt der Kol
lege Engel in der zweiten Lesung, die Wohnraumüberwachung solle nur für absolute Notfälle im Gesetz verbleiben. Also kann sie anscheinend doch angewendet werden. Der Innenminister, der Verfassungsschutzminister, räumt immerhin ein – ich zitiere aus dem Protokoll der zweiten Lesung –, „dass es an dieser Stelle rechtliche Zweifel gibt“.