Wenn Sie die Entwicklung der Haushalte seit unserer Verantwortungsübernahme sehen, so kommen wir in der Gesamtsumme auf etwa eine Viertelmilliarde Euro Ausgaben mehr, die im buchhalterischen Sinne keine Investitionen sind, aber politische Zukunftsinvestitionen mit anderen Akzentsetzungen für die Bereiche Kinder, Jugend, junge Menschen und Bildung sind.
Nach dem Politikwechsel in Nordrhein-Westfalen haben wir nämlich den Vergleich mit anderen Bundesländern angestellt – wir beteiligen uns gern am Wettbewerb des Föderalismus und stellen uns dem Kräftespiel mit anderen Ländern – und geschaut, wo wir eine bessere Ausstattung als andere Länder haben und wo wir zurückliegen. Der Bereich, bei dem wir am offenkundigsten eine Aufholstrategie fahren müssen, ist nun einmal der Bildungsbereich, in dem wir bundesweit die schlechtesten Ergebnisse hatten. Deshalb hal
Als Koalition der Erneuerung haben wir für die Legislaturperiode 6.400 zusätzliche Lehrerstellen verabredet: 4.000 für die Versorgung an Schulen ganz unmittelbar,
2.400 Stellenäquivalente für den Ganztagsbereich. Da werden wir wahrscheinlich schon mit der Haushaltsverabschiedung für das nächste Jahr 2007 so weit sein, dass wir den absoluten Löwenanteil dieser Zusage realisieren. Das geschieht also aus taktischen Gründen nicht erst auf der Zielgraden mit Blick auf zukünftige Termine.
Wir haben massiv den Ganztagsbereich ausgebaut und zusätzliche Förderressourcen bereitgestellt. Das gehört für mich zu einer soliden und seriösen Bewertung des Haushalts und der Politikschwerpunkte insgesamt dazu.
Herr Sagel, da Sie wissen, dass der letzte Haushalt insgesamt zu einem Absenken des Volumens geführt hat, ist diese Bemerkung umso markanter und prägnanter. Angesichts des aufgrund der notwendigen Konsolidierung reduzierten Gesamthaushaltsvolumens – nicht, weil es so viel Freude bereitet – werden natürlich auch Einschnitte vorgenommen, die man im Dialog mit bestimmten Zielgruppen argumentativ vertreten muss. Dass trotz des sinkenden Haushaltsvolumens rund eine Viertelmilliarde Euro seit dem Politikwechsel in Nordrhein-Westfalen für bessere Bildung der Kinder und der Jugend zur Verfügung gestellt werden,
halte ich für eine großartige Aussage. Dieser Trend setzt sich auch bei den Haushaltsberatungen, die wir in den nächsten Wochen für den Haushalt 2007 führen, fort.
Bei all den Dingen, über die wir trefflich streiten können – wir wollen an bestimmte Ökospielwiesen heran, die Sie verteidigen –, haben wir uns, was Bildung, Jugend und Kinder und Chancen für die nachwachsende junge Generation angeht, wahrlich nichts vorzuwerfen.
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 14/2840 an den Haushalts- und Finanzausschuss. Wer diesem Überweisungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? Das ist einstimmig so beschlossen.
Gemäß § 94 unserer Geschäftsordnung soll der Petitionsausschuss mindestens jährlich dem Landtag mündlich berichten. Entsprechend der bisher geübten Praxis erteile ich der stellvertretenden Vorsitzenden, Frau Beer, das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die heute zu Gast sind!
Über den Petitionsausschuss sind die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar mit dem Landtag in Kontakt, und andererseits ist der Landtag mit der Lebenswirklichkeit und der Auswirkung von gesetzlichem Handeln mit den Bürgerinnen und Bürgern konfrontiert. Deswegen ist es so wichtig, dass wir auch regelmäßig über das Bericht erstatten, was die Abgeordneten aus dem Petitionsbereich erleben und was sie aufgrund des Kontaktes mit den Bürgerinnen und Bürgern in dieses Haus zurückgeben wollen.
Ich berichte Ihnen heute über die Arbeit des Ausschusses im ersten Halbjahr 2006. Der Bericht geht Ihnen selbstverständlich auch über die Fraktionen zu und wird auf den Internetseiten des Landtages und des Petitionsausschusses veröffentlicht.
Im Berichtszeitraum sind insgesamt 2.144 Eingaben eingegangen. Das bedeutet gegenüber dem zweiten Halbjahr 2005 eine leichte Steigerung um 8,4 %. Abschließend bearbeitet wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres 1.816 Petitionen, 243 Vorgänge sind im Verfahren nach Artikel 41 a der Landesverfassung bearbeitet worden.
Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, dass die Verfahren nach Artikel 41 a vielfach vor Ort in allen Teilen des Landes durchgeführt werden und besonders arbeitsaufwendig sind. Aber diese bürgernahe Arbeit ist auch besonders erfolgreich im Sinne der Petenten.
In rund einem Drittel der Fälle können Verbesserungen, positive Lösungen bewirkt werden. Ich möchte an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Petitionsverwaltung sehr herzlich danken, die eine unverzichtbare Stütze unserer Arbeit sind und die gerade auch die Verfahren nach Artikel 41 a der Landesverfassung exzellent vorbereiten helfen.
Zum 60-jährigen Landesjubiläum hat auch der Petitionsausschuss auf seine Arbeit zurückgeschaut. Die Anliegen sind auch immer zeitgeschichtlich geprägt gewesen. Damals ging es um existenzielle Fragen wie Hunger oder das Dach über dem Kopf. Auch die Sorge um Kriegsgefangene sowie Entnazifizierungsfälle sind an den Landtag in der Nachkriegszeit herangetragen worden. Später tauchten vorher unbekannte Themen wie Umweltschutz oder auch die Ausländerproblematik in der Petitionsarbeit auf.
Sie können die Landesgeschichte gleichsam anhand der Eingaben der Menschen an den Petitionsausschuss nachvollziehen. Ich lege Ihnen deshalb den Bericht zu 60 Jahren Petitionsarbeit im Landtag NRW ans Herz, der nicht nur auf den Internetseiten des Landtages zu finden ist, sondern Ihnen gerne auf Anfrage gerne zugesandt wird. Ich möchte hinzufügen: Manchmal ist dieser Bericht nicht ganz so trocken wie manche Antragsvorlagen, die wir hier zu beraten haben. Es macht auch Spaß, da rein zu schauen.
Seit kurzem kann man zudem in NRW eine Petition auch online eingeben, ohne dass eine Unterschrift nachgefordert werden muss. Wir haben uns dabei dem Modell des Bundestags angeschlossen. Durch diverse Pflichtangaben sichern wir die Ernsthaftigkeit der Angaben. Selbstverständlich kann man uns auch nach wie vor per Briefpost oder per Fax erreichen. Die Möglichkeit der Onlinepetition wird schon kurz nach der Einführung von den Bürgerinnen und Bürgern sehr gut angenommen.
Bereits seit Beginn der Wahlperiode arbeiten wir mit einem neuen Petitionsverwaltungssystem, das jetzt auch den Abgeordneten im Petitionsausschuss jederzeit den Zugriff auf die aktuellen Peti
tionsvorgänge ermöglicht. Wir können also auf Nachfrage schneller konkrete Auskünfte erteilen, da die elektronische Akte für alle vorhanden ist. Ich will an dieser Stelle aber auch betonen, dass der Zugang zu den Akten und der Umgang damit eine besondere Sorgfalt erfordert und der Datenschutz selbstverständlich weiterhin gewährleistet sein muss.
Die Kolleginnen und Kollegen außerhalb des Ausschusses, die in einer Petitionsangelegenheit informiert oder beteiligt werden möchten, möchte ich deshalb darauf hinweisen, dass diese Wünsche weiterhin über die Petitionsverwaltung nach gewohntem Verfahren bearbeitet werden.
Inhaltliche Schwerpunkte waren im Berichtszeitraum das öffentliche Dienstrecht mit 34,5 %, der Bereich soziale Sicherung mit 15,2 %, die Rechtspflege, das Betreuungsrecht mit 11,3 % und das Ausländerrecht mit 8,2 %.
Zur hohen Quote der Petitionen zum öffentlichen Dienstrecht ist zu bemerken, dass allein ca. 330 Einzeleingaben von nicht ärztlichem Personal der Universitätskliniken des Landes eingegangen sind. Dazu erreichte den Ausschuss eine Sammelpetition mit einigen Tausend Unterschriften. Ziel war der Abschluss eines Tarifvertrages mit dem Land. Aufgrund einer verbindlichen Erklärung des Finanzministers steht hier eine Lösung bevor.
Deutlich rückläufig waren und sind die Eingaben aus dem Bereich des Ausländerrechts, besonders in Bezug auf aufenthaltsrechtliche Fragen. Dies hängt zum einen mit zurückgehenden Asylbewerberzahlen und zum anderen vor allem mit der Arbeit der Härtefallkommission beim Innenministerium zusammen, die nach § 23 a des Aufenthaltsgesetzes eingerichtet worden ist. Viele von der Abschiebung bedrohte Menschen wenden sich heute unmittelbar an diese Kommission und nicht mehr an den Petitionsausschuss. Diese Entwicklung war abzusehen, da der § 25 in NRW enger als in anderen Bundesländern interpretiert wird und selten zur Anwendung kommt. Somit erhoffen sich die Betroffenen über die Härtefallkommission einen erweiterten Handlungsrahmen.
Dem Petitionsausschuss werden jedoch zunehmend Fälle vorgelegt, in denen die Ausländerbehörden dem positiven Votum und Ersuchen der Härtefallkommission nicht folgen wollen. Damit wird der Petitionsausschuss erneut zum letzten Rettungsanker. Das kann aus meiner Sicht gerade im Einzelfall nur deshalb gelingen, weil der Ausschuss sein breit gefächertes Instrumentarium, nämlich Gesprächstermine, Anhörungen
usw., einsetzen kann. Die Härtefallkommission arbeitet dagegen nach wie vor lediglich sozusagen vom Schreibtisch aus.
Aufgrund vieler Eingaben gerade aus dem Ausländerbereich von und für Menschen aus dem Kosovo haben sich viele Fragen und Widersprüchlichkeiten im Hinblick auf die tatsächlichen Rückkehrbedingungen ergeben. Deshalb hat eine kleine Delegation des Petitionsausschusses im Juni den Kosovo mehrtägig bereist, um eigene Erkenntnisse zu den Rückkehrbedingungen zu gewinnen. Ein entsprechender ausführlicher Reisebericht liegt vor. Ziel der Reise war es, eigene Erkenntnisse über die Rückkehrbedingungen hinsichtlich der sozialen Lage, der Wohn- und Arbeitsplatzsituation, Lebensperspektiven der Jugend, geschlechtsspezifische Lage junger Frauen, Krankenversorgung und die Situation der Minderheiten zu gewinnen.
Insbesondere in Bezug auf diese Fragen möchte ich Ihnen zentrale Informationen kurz vorstellen, die wir in Gesprächen mit hochrangigen Vertretern und Vertreterinnen der internationalen Behörden für Verwaltung, Polizei und Militär, Kfor, den Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen, des deutschen Verbindungsbüros, des Gesundheitsministeriums und mit NGOs, also Nichtregierungsorganisationen, sowie den Abgeordneten der Roma im Kosovo-Parlament gewinnen konnten.
Kinder und Jugendliche, die in Deutschland aufgewachsen sind, haben oftmals nach einer Abschiebung größte Integrationsprobleme, besonders, wenn sie keinen Schulabschluss haben beziehungsweise einen Bildungsgang oder eine Ausbildung in Deutschland abbrechen mussten. Besonders für junge Frauen, die alleine in den Kosovo zurückkehren, gestaltet sich eine zwangsweise Rückkehr sehr problematisch, weil sie ohne Schutz durch verwandtschaftliche Verbindungen sind.
Die soziale Lage ist insgesamt sehr schwierig. Cirka 70 % der Jugendlichen und 50 % der Gesamtbevölkerung sind arbeitslos. Jährlich suchen zusätzlich 30.000 junge Leute Arbeit. 47 % der Bevölkerung werden als arm, 13 % als sehr arm eingestuft. Arbeitslose erhalten keine staatliche Unterstützung. Sozialhilfe von 35 € pro Monat erhält nur derjenige, der absolut arbeitsunfähig ist. Deshalb ist der Zusammenhalt in der Großfamilie unverzichtbar für das Durchkommen.
Ernsthaft erkrankte Personen treffen nicht selten auf Verhältnisse, die keine ausreichende Behandlung ermöglichen. Hier gibt es offenbar Differen
zen zwischen den offiziellen Berichten zu den Behandlungsmöglichkeiten und der angetroffenen Realität. Das gilt auch für schwere psychische Erkrankungen. Da es keine funktionierende Krankenversicherung gibt, ist der Zugang zur medizinischen Versorgung oft schwierig, wenn nicht ausgeschlossen.
Deshalb hat die UNMIK dringend darum gebeten, dass die rückführenden Staaten Maßnahmen treffen, um – ich zitiere wörtlich – „die lückenlose Fürsorge und den ununterbrochenen Schutz der betroffenen Personen sicherzustellen“.
Dass der Petitionsausschussbericht mit diesen Erfahrungen und Erkenntnissen unmittelbar vor der Innenministerkonferenz gehalten wird, sollte noch einmal als dringliche Mahnung wahrgenommen werden, dass sich der Petitionsausschuss natürlich sehr über eine Entlastung durch eine positive Härtefallregelung freuen und diese Arbeitsentlastung sehr begrüßen würde.