Protocol of the Session on September 28, 2006

Ich kann feststellen, dass es keinen Handlungsbedarf gibt, denn sowohl die haftungsrechtlichen als auch die tierschutzrechtlichen Fragen sind beantwortet. Risiken können nicht vermieden werden, weil sie auf Unzulänglichkeiten von Menschen beruhen. Diese kann man nie gänzlich auszuschließen.

(Beifall von der FDP)

Ich habe jüngst in einem Presseartikel gelesen: Im Kreis Paderborn kam es zu einem Rattenbiss. Da wurde eine Frau – das ist bedauerlich – von einer Ratte mehrmals gebissen, in die Lippen, in die Hand. Polizisten haben diese Ratte totgeschlagen. Wir wissen auch, dass durch Ratten Krankheiten übertragen werden. Das ist genauso gravierend wie möglicherweise der Biss einer Schlange, die vielleicht nicht giftig ist.

Das alles muss man einmal zusammen sehen vor dem Hintergrund der 22 Millionen Tiere, die wir haben. Das ohne bürokratischen Aufwand und unter Abschätzung eines notwendigen Kostenaufwandes sowohl ordnungsbehördlich als auch tierschutzrechtlich zu regeln, wird außerordentlich schwierig sein.

Wir werden dieses Thema ausführlich im Ausschuss diskutieren und uns dann auch über Einzelheiten und über mögliche Lösungsansätze unterhalten.

Herr Kollege Pick, bevor Sie enteilen, weil sich Ihre Rede dem Ende zuneigt, möchte ich Sie fragen, ob Sie eine

Zwischenfrage des Kollegen Remmel zulassen wollen?

Da meine Redezeit zu Ende ist, gibt mir Kollege Remmel jetzt die Möglichkeit, weitere Argumente anzuführen. Bitte schön.

Ich möchte konkret nachfragen: Was halten Sie oder Ihre Fraktion von der in unserem Antrag aufgeführten Regelung in Schleswig-Holstein, die exakt ist und abgrenzt?

Auf der einen Seite haben wir die Regelung, auf der anderen Seite haben wir das, was in der Praxis geschieht. Man muss auch abgleichen, was in Schleswig-Holstein mit welchem Aufwand umgesetzt wird. In der Diskussion im Ausschuss werden wir uns mit dem Thema befassen müssen.

Wir haben uns zum Beispiel auch über das Heimtiergesetz unterhalten. Sicherlich wäre ein solches Gesetz wünschenswert, wenn wir es nicht mit solch einem Umfang zu tun hätten. Es ist nicht so, als wollten wir nicht handeln. Jedoch erscheint es uns nicht leistbar, das Halten von 22 Millionen Tieren in Deutschland in einem Gesetz zu regeln.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Michael Vesper)

Deswegen ist es schwierig, sich diesen Dingen außerhalb des jetzt bestehenden Rahmens ohne riesigen bürokratischen Aufwand zuzuwenden. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank. – Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Wiegand für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der diesem Antrag zugrunde liegende Fall im Kreis Heinsberg, bei dem ein fünfjähriges Mädchen von einem entlaufenen Geparden angefallen worden ist, ist tragisch, sehr bedauerlich. Ich hoffe sehr, dass das kleine Mädchen keine bleibenden Schäden davontragen wird.

Aufgrund dieses Vorfalls alle parlamentarischen Register unter dem Motto „Tierschutz für exotische Tiere in Nordrhein-Westfalen“ zu ziehen, ist für mich Aktionismus pur in der typischen grünen „Fundi-Mentalität.“

(Beifall von der FDP)

Bei mir kommt unweigerlich der Eindruck auf, dass Sie einen Schauantrag für die Medien gemacht haben und dass diese Initiative dabei gar nicht in erster Linie dem eigentlichen Interesse, den exotischen Tieren, dient. Denn bei der Exotenfauna in nordrhein-westfälischen Häusern und Gärten handelt es sich nicht um ein plötzlich auftretendes Phänomen. Spätestens seit Kaiman Sammy, dem „Ungeheuer von Loch Neuss“, im Jahre 1994 kennt man die Problematik der exotischen Tiere in privaten Haushalten in der Düsseldorfer Landespolitik.

Just als ich mich in der letzten Woche auf diese Rede vorbereiten wollte, meldete unser Lokalradio „Westmünsterland-Welle“ einen Autounfall mit einem Zwergkänguru in meinem Wahlkreis. Dabei – so die Nachrichtenredaktion – handelte es sich nicht um das bereits im Juni in Gronau-Epe entlaufene Tier Zick-Zack, sondern um ein weiteres Känguru. Für beide Kängurus endeten ihre Ausflüge im Übrigen tödlich. Kaiman Sammy konnte nach sechs Tagen als ein „Häufchen Echse am Rande des Nervenzusammenbruchs“ wieder eingefangen werden.

Abschließend, meine Damen und Herren: Sie sehen, der Gepard von Wassenberg ist kein Einzelfall. Andererseits zeigen die Vorkommnisse in meinem Wahlkreis aber auch, dass es sich bei den exotischen Tieren in unseren Gärten und Häusern nicht immer um nordrhein-westfälische Godzillas handelt.

(Beifall von der SPD)

Ich frage mich daher, wo Sie, Herr Kollege Remmel, die Grenze zwischen exotischen und gefährlichen und rein exotischen, also ungefährlichen Tieren, ziehen wollen. Sind die RotwangenSchmuckschildkröten, die sich hier in einigen Flüssen und Teichen in unserer Natur bereits heimisch fühlen, als gefährliche oder ungefährliche Tieren einzustufen? Was ist mit den Waschbären oder mit den Aras? Letztgenannte können den Menschen mit ihren großen Schnäbeln erhebliche Schäden zufügen.

Ich denke, wir sind uns einig, dass man die Haltung von exotischen Tieren nicht gänzlich verbieten kann. Denn dann müssten Sie Ihrem Nachbarn oder Ihrem Bekannten den Koi-Karpfen im Gartenteich und den Nachbarskindern die griechische Landschildkröte verbieten, gar nicht zu reden von dem aktuellen Modetier Minipig oder den bei unserer Jägerschaft so beliebten Fasanen, die aus Asien stammen.

Genau an diesem Problem scheitern bislang alle parlamentarischen Initiativen. Die Unterscheidung

und Auflistung aller betroffenen Tierarten hat bislang jegliche Aktion zum Scheitern verurteilt. Und daher sage ich auch Ihrem Antrag keine Zukunft voraus. Wenn Sie hier Forderungen nach den generellen Regelungen zur Haltung von Tieren – exotisch, nicht exotisch, gefährlich oder nicht – eingebracht hätten, dann wären wir voll auf Ihrer Seite gewesen.

Frau Abgeordnete, würden Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Remmel zulassen?

Bitte schön.

Ich möchte Sie auch fragen, was Sie von der schleswigholsteinischen Regelung halten, so wie sie in unserem Antrag fixiert ist. Es geht ja nicht um ein generelles Verbot der Haltung von exotischen Tieren, sondern um eine Begrenzung mit Blick auf diejenigen, die giftig sind, die zu kräftig sind und so weiter. Das ist in Schleswig-Holstein Praxis und offensichtlich auch gute Praxis.

Ich denke, das lässt vielen Diskussionen freien Raum. Denn dort steht drin: Tiere, die in freier Natur durch Kraft den Menschen überlegen sind. Auch ein Pferd auf der Wiese, das durchgeht, hält kein Mensch. Was ist mit einem großen Hund, der einem Kind, einer kleinen Frau wegläuft? Das lässt Spielraum für Interpretationen. Das möchte ich nicht.

Eine Initiative, die alle Tiere betrachtet, würde den Tieren gerecht, würde den Tierschutz unterstützen und wäre vor allem umsetzbar. Ich möchte nicht heute über Geparden, morgen über Kängurus und übermorgen über Pferde und Hunde diskutieren.

Lassen Sie uns über Tierhaltungsbefähigungen und über Mindestanforderungen für alle Tiere und deren Haltung diskutieren, aber nicht über jede einzelne Tierart, die in nordrhein-westfälischen Gärten und Zimmern, zu Wasser, zu Lande, zu Luft vorkommen kann. Schließlich gibt es auch unter den domestizierten Tieren viele, die überwiegend aus fachlicher Unwissenheit ihrer Besitzer ein mehr als klägliches Dasein führen.

Auch bei einem Importverbot von sogenannten Wildfängen – also von in freier Natur eingefangenen Tieren – hätten Sie sicherlich die Stimmen der SPD voll hinter sich. Wir von der SPD bekennen uns zu einer zukunftsorientierten Weiterent

wicklung des Tierschutzes. Die Wege dorthin, die Umsetzung und die Instrumente müssen dabei jedoch gut bedacht und auf nationaler wie auf europäischer Ebene abgestimmt sein. Eine Orientierung zu den Tierschutzinitiativen und den tierschutzpolitischen Zielen liefert dabei der Tierschutzbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2005. – Danke.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank. – Nächster Redner für die FDP-Fraktion ist Herr Abgeordneter Dr. Romberg.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten eben den Michael-Vesper-Abschiedsantrag. Als ich den jetzt in Rede stehenden Antrag zum ersten Mal gelesen habe, dachte ich, das wäre der JohannesRemmel-Abschiedsantrag. Ernsthaftigkeit ist bei den Anträgen der Grünen nicht immer gegeben: Hausgärten und Wohnungen sind kein Lebensraum für gefährliche und exotische Tiere!

Auch die Kollegin Wiegand hat eben schon gefragt, was exotisch und was gefährlich ist. Im ersten Satz Ihres Antrags steht ganz deutlich:

„Immer mehr Menschen legen sich statt Hund, Katze und Wellensittich ein exotisches Haustier zu.“

Herr Remmel, wissen Sie, woher der Wellensittich kommt? Der Wellensittich gehört zu den Papageienvögeln, den Psittaciformes. Diese Papageienvögel sind nicht in Deutschland heimisch. In Deutschland findet man gelegentlich Gefangenschaftsflüchtlinge, die jedoch kaum den Winter überleben. Die Heimat, der Lebensraum ist die Grassteppe Australiens.

Normalerweise ziehen Wellensittiche nomadenartig von Wasserstelle zu Wasserstelle, Regenfällen hinterher. Tagsüber befinden sie sich in großen Schwärmen und sind mit der Futtersuche am Boden beschäftigt. Mittags ziehen sie sich zum Schutz gegen die große Hitze häufig in die Baumkronen zurück, wo sie auch nachts zu finden sind. Brutstätten sind übrigens alte ausgehöhlte Bäume.

Der Vogel kam erstmals 1850 bei einer Vogelausstellung in Antwerpen nach Europa. Dadurch wurden Wellensittiche in Deutschland allmählich bekannt, und zwar so massiv, dass die australische Regierung im Jahr 1884 ein Exportverbot für Wellensittiche erlassen hat, das übrigens bis heute besteht. Was ist also exotisch?

Was ist gefährlich? Die Frage der Gefährlichkeit hatten die Kollegen Pick und Wiegand auch schon gestellt. Was ist mit der beißenden Ratte? Auch der Wellensittich kann schon Verletzungen zufügen. Wo ziehen Sie die Grenze? In Ihrer Kleinen Anfrage hatten Sie die Idee einer Positivliste. Bei den Tausenden von Tierarten und Exoten, die vielleicht noch gar nicht bekannt sind und noch entdeckt werden, ist es die Frage, wie Sie mit Ihrer Positivliste zurechtkommen wollen.

Sie haben ganz konkret nach der Regelung in Schleswig-Holstein gefragt. – Wenn, dann ist eine Bundesregelung notwendig. Das Bundesrecht beinhaltet die Naturschutzregelungen.

Wenn Sie sagen, das Naturschutzrecht ist in dem Bereich nicht genügend differenziert, wäre das ein Weg, über den man diskutieren könnte. Ich denke aber nicht, dass wir dies über die Landesgesetzgebung und schon gar nicht auf dem von Schleswig-Holstein eingeschlagenen Weg regeln sollten.

An welcher Stelle sollten wir das bei uns einfügen? Sollte in unserem Landschaftsgesetz NRW eine Regelung darüber stehen, wie Schlangen in nordrhein-westfälischen Haushalten zu halten sind? Soll dort geregelt werden, ob und wie Schlagen dort zu halten sind? Gehört dies in unser Landschaftsgesetz? Das Gesetz regelt die Landschaft und den Schutz der Landschaft, Herr Remmel. Dort hat es wirklich nichts zu suchen.

(Beifall von der FDP)

Das ist auch meine Kritik an der schleswigholsteinischen Regelung. Ganz klar. Das Land hat seine eigene Kompetenz überschritten.

Sie haben gesagt, gesunder Menschenverstand sei wichtig. Ja, das unterstreiche ich. Gesunder Menschenverstand ja, aber keine zusätzliche Gesetzgebung in NRW. Dieser Antrag ist nicht schlüssig. Positivlisten kann es für exotische Tiere nicht geben. Mit dem Wellensittich können Sie sich noch ein bisschen auseinandersetzen. – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)