Protocol of the Session on July 13, 2005

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Was steht gegen dieses Konzepte? Was haben Sie gegen diese Reform? Man muss es einmal auf dem Punkt bringen: Es geht ausschließlich darum, dass diese Verwaltungsreform vorausset

zen muss, dass die 29 Landräte, von denen 27 von der CDU sind - darüber können Sie sich freuen - dann nicht mehr Polizeipräsident sein können. Darum geht es letztendlich.

(Beifall von der SPD - Widerspruch von der CDU - Zuruf von der SPD: Das ist es!)

Diese Landräte sind deshalb Polizeipräsidenten, weil bei der Änderung der Gemeindeordnung 1994 versäumt worden ist, auf dem Weg zur Wählbarkeit der Landräte diese Funktion ähnlich wie bei den Oberbürgermeistern gleich mit abzuschaffen. Letztlich geht es darum, dass diese 27 beziehungsweise 29 Landräte gerne eine Polizeieskorte haben möchten, wenn sie eine Dorfkirmes eröffnen.

(Beifall von der SPD - Widerspruch von der CDU - Zuruf von der SPD: Richtig!)

Das ist es, was der Reform bei Ihnen entgegensteht. Wenn ich Sie hier reden höre, dass die Polizei vor dem Hintergrund der Anschläge in London ganz neue Aufgaben wahrnehmen müsse -, kann ich Sie nur fragen: Wollen Sie denn wirklich den Landrat von Olpe gegen Al Kaida schicken? Wollen Sie das wirklich?

(Lachen und Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie haben diese Wahl gewonnen. Das hat sich sogar bis zu mir herumgesprochen. Sie haben die Regierungsverantwortung, aber Verantwortung braucht vor allem Mut und keine parteilpolitische Rücksichtnahme gegenüber Landräten. Ich habe zur Kenntnis nehmen müssen, wie sich mein fachlich wirklich sehr geschätzter Kollege Engel von der FDP - wir sind nicht immer einer Meinung, aber sehr häufig - körperlich winden musste, um das Umfallen der FDP in dieser Frage in irgendeiner Weise begründen zu können.

Ich muss feststellen, dass dieser Koalitionsvertrag aus liberaler Sicht, aus Sicht Ihres Schwerpunktes, der Innenpolitik, insgesamt eigentlich eine liberale Selbstverleugnung ist.

(Lachen von der FDP)

Der neue Innenminister wurde in der letzten Legislaturperiode ja mit dem Bild des „Florida-Wolf“ belegt. Herr Wolf weiß im Übrigen, dass ich ihn auch sehr schätze; das hat nichts damit zu tun, dass er ein „Raffke“ gewesen ist.

(Widerspruch von CDU und FDP)

Wir haben in diesem Beruf damit zu leben, dass solche Bilder haften bleiben. Wenn ich sehe, dass Sie diesem Innenminister einen Aufpasser zur

Seite stellen, der dafür sorgen soll, dass nichts von dem schief geht, was die FDP eigentlich will, kann man dieses Bild fortsetzen. Weil die Sitzordnung und das Bild gerade so schön sind, heißt es jetzt: „Florida-Wolf unter ‚Palmen’“.

(Lachen und Beifall von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, meine Redezeit geht zu Ende. Ich kann nur sagen: Es geht um ein ernstes Thema; es geht um mehr Sicherheit in diesem Land.

(Zuruf von der SPD: Bravo! - Widerspruch von der FDP)

Es geht darum, dass sich alte Menschen abends wieder auf die Straße trauen können, dass Kindesmissbrauch im Internet konsequent verfolgt wird. Dagegen steht eine Polizeiorganisation, die dieser Aufgabe in dieser Form, in diesem Aufbau nicht gewachsen ist. Sie sollten den Mut haben - vor allem Sie von der FDP -, heute Verantwortung zu zeigen und mit uns dem Wortlaut dieses Antrags, den wir in der letzten Legislaturperiode gemeinsam beschlossen haben, zuzustimmen. -Vielen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Als nächster Rednerin erteile ich der Kollegin Monika Düker von Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Engel, Ihre Geschmeidigkeit und Wendigkeit in allen Ehren, aber die Ausreden, die Sie hier gerade gebracht haben, waren einfach nur noch peinlich.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Herr Kruse und Herr Engel, wir haben im Wahlkampf bei vielen Veranstaltungen der Polizei und der Gewerkschaften zusammen auf Podien gesessen. Was haben Sie denen nicht alles versprochen? 1.000 neue Stellen pro Jahr sowie die Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage! Ihre Worte, Herr Engel, waren: Wir führen sie wieder ein! - Und zur Polizeistruktur sagte Herr Engel den Kreisgruppengeschäftsführern der GdP: Das mit der Polizeistrukturreform haben wir den Kollegen von der CDU in fünf Minuten abverhandelt, da können Sie sicher sein! - Das waren Ihre Ansagen im Wahlkampf, Herr Engel.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Jetzt gehen Sie hin und sagen: Das geht ja alles irgendwie nicht, weil 2005 der Weltjugendtag und

die WM stattfinden und wir das alles gar nicht geregelt kriegen.

Sie wissen doch ganz genau, wie unser Zeitplan war. Der Zeitplan sah vor, dass dieses Gesetz erst am 1. Januar 2007 in Kraft treten sollte, also nach diesen Ereignissen. Ihre Ausreden sind somit schlecht. Warum sagen Sie nicht einfach - das würde die Kultur der Ehrlichkeit fördern -, dass Sie sich schlicht nicht durchgesetzt haben, dass Sie verloren haben?

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ferner stellen Sie eine Milchmädchenrechnung an. Die 1.800 Stellen, die Herr Wolf vorhin vorgerechnet hat, beziehen sich auf den Landkreistag. Was hat jedoch der Landkreistag gemacht? - Der hat alle Behörden in drei Schubladen gepackt, nämlich groß, mittel und klein, und für diese drei Gruppen einen Durchschnitt an Verwaltungsaufwand ermittelt. Dabei hat er aber nicht berücksichtigt, dass es innerhalb dieser drei Gruppen völlig unterschiedliche Behördentypen gibt. Eine große Bereitschaftspolizeibehörde hat beispielsweise ganz andere Verwaltungsaufgaben als andere Behörden. Sie wissen, dass auch von Fachleuten diese Landkreistagrechnung als Milchmädchenrechnung bezeichnet wird.

In meinen Gesprächen ist mir gestattet worden, dies hier öffentlich zitieren zu dürfen: Es war Herr Albishausen vom Bund Deutscher Kriminalbeamter - Ihr Parteikollege -, der gesagt hat, dass dies eine Milchmädchenrechnung ist. Wieso verkaufen Sie den Leuten das, wenn Sie das mit dieser Reform überhaupt nicht umsetzen können? Das ist schlicht gelogen. Das werden Sie mit diesen Maßnahmen nicht erreichen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Herr Wolf, ich finde es perfide, uns parteipolitisches Kalkül vorzuwerfen vor dem Hintergrund, dass wir versuchen, in der Sache zu argumentieren und diese Reform voranzubringen. Sie hingegen handeln aus parteipolitischem Kalkül, weil Sie Ihren Landräten das Polizeischild vom Kreishaus nicht abschrauben wollen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie haben groß angekündigt, die Polizei auf ihre Kernaufgaben zu reduzieren. Aber was machen Sie mit der öffentlichen Ordnung? Im nächsten Satz schreiben Sie, dass Sie die öffentliche Ordnung wieder ins Polizeigesetz hineinschreiben wollen, wohl wissend, dass die Ordnungsbehörden, nämlich die kommunalen Behörden, in unserem Land dieses gut machen und niemand in der Polizeifachszene sagt, dass es irgendeinen Be

darf gibt, dies ins Polizeigesetz hineinzuschreiben. Das wissen Sie, und auch hier widersprechen Sie sich.

(Theo Kruse [CDU]: Das ist falsch!)

Letzter Punkt - meine Redezeit ist abgelaufen -: Grundrechenarten, Personal von links nach rechts verschieben. - Sie haben tausend neue Stellen versprochen. Jetzt sagen Sie, man müsse die Polizei von Verwaltung entlasten, die Polizeivollzugsbeamten auf die Straße bringen und die Verwaltungsstellen mit Verwaltungsleuten besetzen. Woher wollen Sie die Verwaltungsleute denn holen, aus den Bezirksregierungen? Nehmen wir einmal an, Sie holen eine Stelle mit kw-Vermerk in die Polizei, und der Polizist geht auf die Straße. Damit gibt es eine Stelle mehr bei der Polizei. Auf diese Weise wollen Sie im Durchschnitt, wenn Sie Ihre Wahlversprechen einhalten wollen, 500 neue Stellen pro Jahr erreichen. Das Gleiche wollen Sie aber für die Schule - 1.000 Stellen pro Jahr -, im Justizbereich und im Hochschulbereich machen. Gleichzeitig sagt jedoch Herr Linssen, man wolle 1,5 % Stellen abbauen. Die kw-Stellen sollen also nicht woanders hingeschoben werden, sondern wegfallen.

Frau Kollegin Düker, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Es ist mir schleierhaft, wie Sie das rechnen wollen. Um das nachrechnen zu können, brauchen Sie einen guten Taschenrechner. Mir hat sich diese Logik nicht erschlossen. Seien Sie ehrlich mit den Menschen! Versprechen Sie ihnen nicht etwas, was Sie mit dieser Reform überhaupt nicht halten können.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Seien Sie etwas ehrlicher. Sie gaukeln den Bürgerinnen und Bürgern etwas vor, was Sie nicht halten können. Seien Sie ehrlich! Und versprechen Sie der Polizei nicht mehr Personal, …

Frau Düker, ich darf Sie jetzt wirklich bitten, zum Schluss zu kommen. Sie haben Ihre Redezeit deutlich überzogen.

… wenn der Finanzminister das Personal abbauen will.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke. - Als nächste Rednerin hat Frau Marianne ThomannStahl für die FDP-Fraktion das Wort.

Herr Kollege Jäger und Frau Düker, Ihr Mitleid mit dem Kollegen Engel ist völlig überflüssig.

Erstens. Der Kollege hat sehr überzeugend dargelegt, wie durch eine Binnenreform 1.800 zusätzliche Beamte schnell in den operativen Dienst kommen können.

Zweitens. Herr Innenminister Dr. Wolf hat Ihnen sehr überzeugend dargelegt, wie in Zukunft mit wirtschaftlich knappen Ressourcen vernünftiger umgegangen werden soll als in der Vergangenheit.

(Beifall von der FDP - Zurufe von der SPD)

Wir wollen nicht vergessen, meine Damen und Herren von SPD und Grünen: Überbürokratie, permanenter Reformismus und ein organisiertes Durcheinander waren doch die Kennzeichen Ihrer Politik.