Protocol of the Session on July 13, 2005

Der zweite Grund: Die Umsetzung des Steuerungskonzeptes Gender-Mainstreaming hat die Landesregierung immer vorrangig vor GenderBudgeting gesehen, weil bisher keine geeigneten Instrumente gefunden werden konnten.

Gerne darstellen möchte ich Ihnen auch die Erfahrungen im Bund. - Die Erfahrungen im Bund zeigen, dass eine inhaltliche Überprüfung der durch die Ressorts angemeldeten Maßnahmen durch ein Finanzministerium unter GenderAspekten eigentlich schwer möglich ist. Es erscheint sehr viel sinnvoller, dass die jeweiligen Ressorts die Gender-Aspekte bei den Entscheidungen, welche Maßnahmen durchgeführt werden, berücksichtigen. Der Finanzminister nimmt jedenfalls nach den Erfahrungen im Bund insbesondere eine Überprüfung der finanziellen Realisierbarkeit unter den Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vor.

Ich glaube, es ist richtig - das zeigen jedenfalls auch die Erfahrungen im Bund -, dass die Verantwortlichkeit bei den Ressorts sehr viel besser angesiedelt ist, gerade wenn man an die Zuweisung flexibilisierter Haushaltsmittel und an Globalhaushalte denkt.

Ich möchte Ihnen gerne auch die Konsequenzen des Bundes, nachdem er über diese Erkenntnisse verfügte, referieren. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat eine Machbarkeitsstudie „Gender Budgeting“ in Auftrag gegeben. Ich will Ihnen auch gerne die Punkte,

die in diesem Prüfauftrag festgehalten worden sind, vortragen.

„1. Welche Chancen bzw. Potenziale, aber auch welche Schwierigkeiten sind mit Gender Budgeting in der Bundesverwaltung verbunden? 2. Wo genau sind Ansatzpunkte für Gender Budgeting in der Haushaltsplanung der Bundesregierung? 3. Welche Methoden und Instrumente von Gender Budgeting eignen sich für die Bundesverwaltung? 4. Welche Entscheidungsstrukturen und Verfahren eignen sich, um Gender Budgeting in der Bundesverwaltung zu erproben?“

Der Vorlagezeitpunkt für diese Machbarkeitsstudie ist der 31. März 2006. Die Kosten betragen 180.000 €.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, der Bund geht wie die Landesregierung davon aus, dass Gender-Budgeting mit den derzeit verfügbaren Instrumenten nicht einmal im Modellversuch praktiziert werden kann.

Zu den Folgerungen für Nordrhein-Westfalen: Ein besonderes Gutachten für Nordrhein-Westfalen ist vor dem Hintergrund dessen, was ich vorgetragen habe, aus unserer Sicht nicht notwendig. Außerdem haben wir in diesem Jahr eine Haushaltssperre. Daher wäre die Vergabe eines Gutachtens jedenfalls jetzt auch nicht möglich. Und die Fragestellungen der Machbarkeitsstudie des Bundes sind genau die gleichen wie die im Bericht der Landesregierung.

Nach Vorlage der Machbarkeitsstudie auf Bundesebene werden wir die Übertragbarkeit dieser Vorschläge sicherlich genau prüfen und gegebenenfalls natürlich auch nach eigenen Anwendungsbereichen für Gender-Budgeting-Pilotprojekte im Haushalt suchen.

Vor diesem Hintergrund beantworte ich die einzelnen Forderungen Ihres aktuellen Antrages wie folgt:

Erstens. Die methodischen Schwächen der bislang entwickelten Gender-Budgeting-Analysemethoden bestehen weiterhin.

Daher ist zweitens eine Budgetanalyse im laufenden Haushaltsaufstellungsverfahren nicht möglich.

Drittens. Auch eine nach Gender-Aspekten im Haushaltsvollzug laufende Kontrolle eines Gender-Budgetings im Sinne der Antragstellerin ist zurzeit nicht realisierbar.

Es ist viertens auch nicht an eine Installierung einer Koordinierungsstelle für Gender-Budgeting - so hatten Sie es ja gefordert - auf Staatssekretärsebene oder eines Beirats „Gender-Budgeting“ gedacht, da die Schaffung einer geeigneten Verwaltungsstruktur ebenfalls Thema dieser Machbarkeitsstudie ist, die ich vorhin vorgetragen habe.

Im Ergebnis halte ich fest: Die sofortige Einführung von Gender-Budgeting, wie im Antrag gefordert, ist nicht möglich. Es ist sinnvoll, zunächst das Ergebnis der vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie abzuwarten. Nach Veröffentlichung der Machbarkeitsstudie wird man wissenschaftlich fundierte Kenntnisse darüber gewinnen können, ob und gegebenenfalls wie Gender-Budgeting überhaupt praktiziert werden kann. Eine eigenständige Initiierung von Gender-Budgeting-Pilotprojekten parallel zu der schon in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie des Bundes erscheint nicht erforderlich und würde auch den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit widersprechen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen uns nicht vor. Wir sind damit am Schluss der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/34 an den Ausschuss für Frauenpolitik - federführend - sowie an den Haushalts- und Finanzausschuss. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Meine Damen und Herren, wer mit diesem Vorschlag einverstanden ist, möge bitte die Hand heben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Somit ist diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Wir kommen zu:

9 Haushaltsrechnung des Landes NRW für das Rechnungsjahr 2003

Antrag der Landesregierung auf Erteilung der Entlastung nach § 114 LHO Drucksache 14/61

In Verbindung damit:

Jahresbericht 2005 des Landesrechnungshofs NRW über das Ergebnis der Prüfungen im Geschäftsjahr 2004

Unterrichtung durch den Landesrechnungshof - zur Beratung - Drucksache 14/25

Meine Damen und Herren, wir beginnen mit den Beratungen. Ich erteile für die Landesregierung Herrn Minister Dr. Linssen das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Haushaltsrechnung 2003 ist zu sagen, dass der Haushalt im Ergebnis ein völlig anderes Gesicht gehabt hat, als von der Haushaltsaufstellung vorgezeichnet. Die Haushaltsrechnung, die die Vorgängerregierung bereits im vergangenen Dezember vorgelegt hat, zeigt deutlich: Die Schuldenpolitik in diesem Land muss wirklich ein Ende haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichtes über die Haushalte 2001 und 2002 wäre es sicherlich an der Zeit gewesen umzusteuern. Dies hat Rot-Grün versäumt. Ich glaube, dass man damit vor allen Dingen nach der gewonnenen Wahl 2000 hätte anfangen müssen. Die Chance ist vertan.

Meine Damen und Herren, mehr als 6,6 Milliarden € Nettoneuverschuldung sind ein schlimmes Jahresergebnis. Der Haushalt wurde mit 3,4 Milliarden € eingebracht. Die Nettoneuverschulung dieses Jahres löst jahrzehntelange Zinszahlungen aus. Wir sind inzwischen mit 4,7 Milliarden € an Zinsen belastet. Wir geben damit fast jeden zehnten Euro des Landeshaushaltes für Zinsen aus.

Es ist sicherlich eine schwere Hypothek, vor der wir stehen, wenn wir daran denken, dass wir diese Summe von 4,7 Milliarden € bei historisch niedrigen Zinssätzen zahlen und mittelfristig ein halbes Prozent höhere Zinsen 550 Millionen € pro Jahr ausmachen würde.

Meine Damen und Herren, der Landesrechnungshof hat in seinem aktuellen Jahresbericht in der vergangenen Woche deutlich dargestellt, was die Folge solcher Fehlentwicklungen ist. Ich darf zitieren:

„Damit die drückende Schuldenlast den ohnehin nur noch geringen finanzwirtschaftlichen Gestaltungsspielraum des Landes nicht vollends einschränkt, sind über die bisher durch

geführten Konsolidierungsmaßnahmen hinaus noch größere Konsolidierungsanstrengungen erforderlich.“

Dieser schweren Aufgabe wird sich die neue Landesregierung entschlossen stellen. Die heute an den Haushaltskontrollausschuss zu überweisende Haushaltsrechnung 2003 macht deutlich, dass an einer Veränderung kein Weg vorbeigeht. Dieser Aufgabe werden wir uns vor allen Dingen mit dem Haushaltsaufstellungsverfahren 2006 zu widmen haben.

Da kann ich nur auf die Unterstützung aller rechnen und darf deshalb an Sie alle appellieren, diesen Kurs einer nachhaltigen Finanzpolitik, der gerade vor dem Hintergrund der Generationengerechtigkeit dringend erforderlich ist, hier im Parlament positiv zu begleiten. - Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank. - Als nächster Redner hat für die CDUFraktion Kollege Hüsken das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Anfang Juli hat der Landesrechnungshof dem Landtag den Jahresbericht 2005 vorgelegt. Darin enthalten sind die Ergebnisse der Prüfungen im Geschäftsjahr 2004.

Nicht neu ist die Feststellung des Landesrechnungshofes, dass sich der Haushalt des Landes in einer äußerst angespannten Situation befindet. Zum 31. Dezember 2004 betrug die Gesamtverschuldung des Landes knapp 106 Milliarden €. Der Schuldenstand hat damit ein Ausmaß erreicht, das dem Volumen von mehr als zwei Haushaltsjahren entspricht.

Die Nettokreditaufnahme erreichte im vergangenen Jahr mit etwa 7 Milliarden € einen neuen Höchststand. Die Zinsausgaben lagen bei rund 4,6 Milliarden €.

Bezogen auf den Gesamthaushalt in Höhe von knapp 48 Milliarden € heißt das, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr fast jeden zehnten Euro für Zinsen aufgewandt hat. Das Land hat kaum noch finanziellen Gestaltungsspielraum.

Ein Ziel der neuen Landesregierung aus CDU und FDP ist vor diesem Hintergrund die Reduktion der Nettoneuverschuldung und die nachhaltige Rückführung des Ausgabenanstiegs.

Der jüngste Bericht des Landesrechnungshofes, Frau Präsidentin Scholle, hat wieder deutlich gemacht, wie wichtig parlamentarische Kontrolle ist. Aus diesem Grunde hat sich die CDU-Fraktion auch für den Erhalt des Haushaltskontrollausschusses eingesetzt, um in diesem Gremium Prüfungsergebnisse und Vorschläge des Landesrechnungshofes umfassend zu diskutieren.

(Beifall von der CDU)

Große Konsolidierungsanstrengungen sind also notwendig, wenn der kaum noch vorhandene finanzielle Gestaltungsspielraum nicht gänzlich verloren gehen soll, wie unser Ministerpräsident in seiner heutigen Regierungserklärung bekräftigt hat und wie wir es auch gerade noch einmal aus dem Munde unseres Finanzministers haben hören können. Dieses Ziel werden wir nicht erreichen, wenn wir nicht alle Opfer bringen.

Die CDU und mit ihr der Koalitionspartner FDP fühlt sich der Aufgabe verpflichtet, den nachfolgenden Generationen eine Chance eigenverantwortlicher Gestaltung zu geben. Die Konsolidierung dient deshalb einem ausgeglichenen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung und einem Abbau des Schuldenbergs. In diesem Bemühen und Ziel, Frau Scholle, stimmen wir mit dem Landesrechnungshof überein.

Um die Haushaltsplanung des Landes wieder auf verlässliche Grundlagen zu stellen, werden wir bei der Aufstellung des Haushaltes nicht mehr von zu optimistischen Annahmen über Wirtschaftswachstum und Steuereinnahmen ausgehen, sondern realistisch kalkulieren. Denn wohin rot-grüne Wunschvorstellungen führen, das haben wir in Nordrhein-Westfalen und im Bund seit 1995 beziehungsweise seit 1998 Jahr für Jahr erlebt.

Um den Haushalt des Landes zu sanieren, brauchen wir Wachstum, und Wachstum braucht Freiheit. Nur wenn wir die soziale Marktwirtschaft beleben, können die Menschen ihre Stärken zum Wohle aller entfalten. Dafür müssen wir aber zunächst einige Dinge, die aus dem Lot geraten sind, wieder geraderücken. Der Haushaltskontrollausschuss, meine Damen und Herren, wird hierzu seinen Beitrag leisten und die Arbeit des Landesrechnungshofes offen, kritisch und konstruktiv begleiten.

Die CDU-Fraktion stimmt der Überweisung des Jahresberichtes 2004 an den Ausschuss für Haushaltskontrolle zu. - Ich bedanke mich für Ihr Zuhören.

(Beifall von der CDU)