Vor dem Hintergrund sind beinahe alle Kommunen gezwungen, sich zu überlegen, wie sie ihre Satzung im Vorgriff auf das ändern, was sich möglicherweise durch Ihre Eckpunkte im GTK abzeichnet. Somit besteht jetzt ein enormer Druck auf die Kommunen – vor allen Dingen dann, wenn sie demnächst in Haushaltsberatungen sind. Das wird ab dem nächsten Monat der Fall sein.
Die Zusammenhänge sind komplex. Viele Eltern überblicken sie nicht. Deshalb demonstrieren sie gegen die Kommunen oder gegen die Träger oder gegen die Räte. Sie verlieren dabei aus den Augen, wer die Verursacher dieser Situation sind: die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen.
Der Antrag der Grünen ist dieser Verwechslung aber leider auch aufgesessen, denn er richtet sich schlicht an den falschen Adressaten. Die Problembeschreibung ist richtig. Damit gehen wir völlig d’accord. Das wird von uns völlig geteilt. Die Folgerungen gehen allerdings völlig an der Sache vorbei. Denn die Rolle, die Sie den kommunalen Spitzenverbänden zumessen, ist wirklich schon fast rührend.
Die Landesregierung und nur diese hat es in der Hand, auf die Kommunalaufsicht einzuwirken, damit es nicht zu Beitragserhöhungen kommen muss, solange es kein geändertes GTK gibt.
Dies hat die Landesregierung in der Hand. Wir fordern sie auf, dementsprechend zu handeln und nicht Vereinbarungen mit den kommunalen Spitzenverbänden zu suchen, wie man diese missliche Situation, wie sie sich darstellt, an der Stelle verändern kann. Vor diesem Hintergrund ist der flaumweiche Antrag, den die Grünen stellen, vielleicht in der Absicht richtig. Ich freue mich auch darüber, dass wir wieder einmal über die skandalösen Verhältnisse in diesem Land in Bezug auf Kindertageseinrichtungen und deren finanzielle Ausstattung reden können. Aber der Punkt ist: In Ihren Schlussfolgerungen gehen Sie leider am Thema vorbei.
Die Landesregierung hat es in der Hand. Die Landesregierung wird aufgefordert, die Situation der Kommunen insbesondere mit Haushaltssicherungskonzepten und Haushaltsbewirtschaftung zu verändern. Denn sie hat es in der Hand, das zu tun. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Altenkamp. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Kollege Lindner das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Dieser Antrag hat einen Aspekt, den man begrüßen kann, dass nämlich die Grünen die Kommunalisierung der Beitragshoheit an sich nicht mehr infrage stellen. Das hätte mich auch gewundert.
Denn erstens ist das neue Verfahren bei den Kindertageseinrichtungen analog zum Verfahren bei den Elternbeiträgen für die offene Ganztagsschule geändert worden. Hier tragen und trugen alleine die Städte und Gemeinden die Verantwortung. Das war bekanntlich eine Regelung, die die Vorgängerregierung auf den Weg gebracht hat. Das Land hatte weder mit der Gebührengestaltung noch mit der Vereinnahmung etwas zu tun gehabt, mit der Ausnahme, dass Sozialverträglichkeit und ein landesweiter Höchstbeitrag vorgeschrieben waren.
Zum Zweiten hätte mich gewundert, wenn die Grünen an ihrer Linie festgehalten hätten, weil es auch einen Kabinettbeschluss der Vorgängerregierung gibt. Frau Asch, damals waren Sie noch nicht in der Landespolitik tätig, sollten das aber gleichwohl wissen. Ministerin Schäfer ist seinerzeit beauftragt worden, die Förderstruktur des GTK zu optimieren. Dieser Kabinettbeschluss wird in den Mitteilungen des Städte- und Gemeindebundes Nr. 346 vom 21.04.2004 wie folgt wiedergegeben:
„Die Elternbeiträge sollen analog der neuen Regelung der offenen Ganztagsgrundschule ausgestaltet werden. … Die Kommune entscheidet sowohl über die Erhebung an sich als auch über die Staffelung und die Höhe der Beiträge. Mit dieser Neuregelung will sich das Land aus der sog. Defizitausgleichsregelung zurückziehen, nach der bislang das Land und die Kommunen jeweils zu 50 % die Defizite einstanden, die aus nicht eingenommenen Elternbeiträgen herrühren.“
Liebe Frau Asch, haben an der damaligen Landesregierung nicht auch zwei grüne Minister teilgehabt? Haben die diesen Kabinettbeschluss nicht mitgetragen? War das nicht auch Ihre Haltung, die wir jetzt umsetzen? Das, was Sie uns jetzt politisch verkaufen wollen, ist also nicht ganz redlich.
Ich begrüße den heutigen Antrag als prinzipielle Zustimmung zu unserer Entscheidung, die Elternbeiträge in den Verantwortungsbereich der Kommunen zu geben. Dass die Städte und Gemeinden in einer schwierigen Haushaltslage sind, kann man in diesem Zusammenhang fraglos nicht außer Acht lassen. Ihre Verschuldung hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch erhöht, insbesondere auch hinsichtlich der Situation der Finanzierung über Kassenkredite. Vor diesem Hintergrund bedeutet es einen Widerspruch, dass Sie nicht erkennen, dass auch das Land größte Haushaltsschwierigkeiten hat. Immerhin haben sich die Schulden des Landes während Ihrer Mitverantwortungszeit von 61,7 Milliarden € auf 109 Milliarden € erhöht. In nur zehn Jahren sind dank rot-grüner Politik 45 Milliarden € mehr Schulden hinzugekommen.
Vor diesem Hintergrund ist es ein Widerspruch, wenn Sie die schwierige Haushaltslage bei den Kommunen als Rechtfertigung für die Erhöhung von Elternbeiträgen akzeptieren, aber nicht beim Land gelten lassen, dass wir uns ebenfalls von bestimmten Strukturen, die Sie in der 13. Wahlperiode selbst zur Disposition gestellt hatten, verabschieden wollen. Als Stichwort nenne ich den Elternbeitragsdefizitausgleich.
Ihre Angstkampagnen vor Ort gehen im Übrigen nicht auf. Wir sehen, dass das Märchen von immens steigenden Elternbeiträgen eben nicht wahr geworden ist. Die Kollegin Milz hat auf die Umfrage verwiesen. In 115 von 178 Jugendamtsbezirken hat sich an der Beitragshöhe und -staffelung nichts verändert. In 85 % der Kommunen bleiben Geschwisterkinder weiterhin beitragsfrei. 10 % der Kommunen verlangen einen reduzierten Beitrag.
Wir haben als FDP gleichwohl zugesagt, dass wir die Beitragsentwicklung vor Ort genau beobachten wollen und mit der Novelle des GTK – sofern nötig – von unserer Seite aus gegenzusteuern bereit wären, sofern sich eine Notwendigkeit ergeben sollte.
Damit meine ich allerdings nicht, dass wir moderate Erhöhungen verhindern könnten. Denn egal, auf welcher Ebene die Zuständigkeit für die Beiträge liegt – ich komme gleich auf Sie zurück, Frau Asch –, kommen wir um eine Anpassung an die Einkommens- und Kostenentwicklung nicht herum.
Das war im Übrigen in Zeiten von Rot-Grün genauso und an sich eine Selbstverständlichkeit. Ich darf zur Erinnerung nur den ehemaligen Innenminister Behrens zitieren, als es um die Anhebung des Eigenanteils bei den Lernmitteln ging:
„Die Durchschnittsbeiträge für die Beschaffung von Lernmitteln sind seit 1989 unverändert geblieben. In diesem Zeitraum sind die Preise für die Lernmittel aber um mehr als 50 % angestiegen.“
Weil sich – auch das ist hier schon dargelegt worden – die Elternbeiträge seit 1993 nicht erhöht haben, die nominalen Einkommen – ich spreche bewusst von „nominal“ – aber spürbar gestiegen sind, ist eine Anpassung unvermeidlich, im Übrigen auch deshalb, damit es nicht zu einer Umfinanzierung bei Beziehern kleinerer und mittlerer Einkommen zugunsten von Beziehern höherer Einkommen kommt. Das wäre nämlich die Folge, ließe man die Einkommensstaffel unverändert: Diejenigen, die einmal nach Kaufkraft ein kleines und mittleres Einkommen bezogen haben, rücken in der Tabelle immer weiter nach oben, während diejenigen mit höherem Beitrag unbelastet bleiben.
Die meisten Kommunen sind vor diesem Hintergrund mit der Gestaltungsfreiheit seriös umgegangen: 61 Jugendämter haben Änderungen beschlossen. Die meisten von ihnen haben sich lediglich für lineare Erhöhungen entschieden, die im Übrigen die allgemeine Kostenentwicklung nicht überstiegen haben.
Einige Kommunen haben auch die Beitragsstufen neu geordnet oder die Höhe des Beitrags von der Inanspruchnahme abhängig gemacht. Das ist sinnvoll und unvermeidlich.
Wer aus dem Raster fällt, ist Mülheim an der Ruhr. Dort, wo Sozialdemokraten das Sagen haben, funktioniert das nicht so gut. Dort hat man überproportionale Erhöhungen der Beiträge in den oberen Einkommensgruppen. Man vermutet dort offenbar bestimmte Wähler, zum Beispiel der Grünen. Das hat man zum Anlass genommen, auf
die schwarz-gelbe Regierung in Düsseldorf zu verweisen. Das glauben die Eltern nicht, wie die Korrespondenz belegt, die wir führen. Die Rechnung, dass steigende Elternbeiträge bei den Kindergärten gleich schwarz-gelbes Ergebnis der Landespolitik sind, wird nicht aufgehen. Sie sollten sich davon verabschieden, fortwährend zu behaupten, Schwarz-Gelb sei kinderfeindlich.
Frau Asch, abschließend komme ich noch auf folgenden Punkt zu sprechen: Dass Sie es tatsächlich vermögen, hier im Landtag von NordrheinWestfalen, einem Land, das Nettozahler in den Länderfinanzausgleich ist, auf Berlin zu verweisen, das künstlich von den nordrheinwestfälischen Steuerzahlern beatmet wird und dann das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei stellen will, ist schon nahezu skandalös.
Die machen das nämlich mit den Geldern, die unsere Eltern in Nordrhein-Westfalen zahlen. Mit diesen Geldern stellen die dort den Kindergartenbesuch im letzten Jahr frei.
Abschließend möchte ich einen letzten Gedanken anfügen, Frau Präsidentin: Natürlich ist es sinnvoll und wünschenswert, den Besuch von Kindertageseinrichtungen auf mittlere Sicht beitragsfrei zu stellen. Das wird allerdings nur dann gelingen, wenn wir das als gesamtstaatliche Aufgabe begreifen, wenn der Bund und das Land ihre Anteile liefern und auch die Kommunen Verantwortung übernehmen. Nur dann ist das erreichbar. Ein Land alleine kann das nicht schultern.
Eines will ich noch in Erinnerung rufen: Bei der Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz haben wir als damalige schwarzgelbe Bundesregierung die Kommunen nicht bei der Schaffung von Plätzen allein gelassen, so wie Sie sie bei den Betreuungsplätzen für unter Dreijährige allein gelassen haben.
Herr Kollege Lindner, Sie haben zwar Ihre Redezeit ausgiebig ausgeschöpft, aber Sie hatten der Kollegin Steffens die Beantwortung einer Zwischenfrage in Aussicht gestellt. Ich lasse diese also zu.
Sie haben in Ihrem Redebeitrag eben den im Kabinett beschlossenen Arbeitsauftrag zitiert, wonach das Kabinett eine Ministerin beauftragt hat, einen Vorschlag vorzulegen. Sie wissen genau, dass dieser Vorschlag nie umgesetzt worden ist, weil es im Kabinett eine Diskussion und einen Prozess mit dem Ergebnis gab, dass dieser Weg der falsche Weg ist.
Wenn Sie schon den Arbeitsauftrag zitieren, zitieren Sie bitte auch den Diskussionsprozess, die ablehnende Haltung der Ministerin und des Ministers von den Grünen in diesem Prozess und die Haltung der Minister von der SPD, die gesagt haben, dass das der falsche Weg ist.
Sie sagten lediglich, eine Regierung hatte eine Idee und wollte etwas vorgelegt bekommen, um es kontrovers zu diskutieren. Ich bitte Sie, auch die Sachen zu zitieren, die zu einem anderen Ergebnis geführt haben.
Ich wäre Ihnen allerdings auch sehr dankbar, wenn Sie Ihren Beitrag tatsächlich in Form einer Frage gestalten würden.
Liebe Frau Steffens, die Sache stellt sich noch etwas anders dar, als Sie es vortragen. In Wahrheit hatten Sie nicht den Mut, diese Frage vor der Landtagswahl anzugehen. Sie hatten 13 Jahre lang nicht den Mut, das Finanzierungssystem der Kindertagseinrichtungen vernünftig handhabbar zu machen.