Protocol of the Session on September 27, 2006

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Als nächster Redner hat Herr Minister Uhlenberg für die Landesregierung das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion hat das Thema Wald und Holz entdeckt, nachdem die Landesregierung am 5. September mit einem umfassenden Restrukturierungsprozess beim Landesbetrieb Wald und Holz eine Entwicklung eingeleitet hat, um die Forstverwaltung in Nordrhein-Westfalen auf sichere Beine zu stellen.

Im Grunde genommen läuft der Antrag mit allen Forderungen, wie sie hier gestellt werden, ins Leere. Ich werde das im Einzelnen nachweisen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung hält es für selbstverständlich, dass der zuständige Fachausschuss umfassend über die Reformen der Forstverwaltung informiert wird. Da gibt es ein ganz normales Verfahren ohne jede Aufregung. Das Kabinett hat dies jetzt auf den Weg gebracht, die Öffentlichkeit und das Parlament sind informiert. Am 18. Oktober, also in wenigen Tagen, werden wir eine umfassende Debatte in dem entsprechenden Fachausschuss führen, und dort können alle Detailfragen diskutiert werden.

Wir sind als Koalition der Erneuerung angetreten, das Land zu modernisieren. Dieser Aspekt hat sich heute schon bei mehreren Tagesordnungspunkten wiederholt. Dazu gehört eine Modernisierung der Landesverwaltung. Davon können wir überhaupt keinen Bereich in Nordrhein-Westfalen ausnehmen. Der Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen ist natürlich und selbstverständlich in diesen Prozess in Nordrhein-Westfalen eingebunden wie in allen anderen Bundesländern auch. Was wir hier also machen – Nordrhein-Westfalen beschreitet keinen Sonderweg, sondern das ist das, was in allen Bundesländern gemacht wird –, ist, dass man auch die Landesforstverwaltung immer wieder auf den Prüfstand stellt.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Ausnahme Landwirtschaft!)

Die Landesregierung hat sich daher schon beim Amtsantritt vorbehalten, das Handeln und die Organisation des von der alten Regierung zum 1. Januar 2005 gegründeten Landesbetriebs Wald und Holz im Zusammenhang mit der Verwaltungsstrukturreform einer umfassenden Überprüfung zu unterziehen.

Die alte Landesregierung hat den Landesbetrieb gegründet – wir können uns alle noch an die Debatte erinnern; die Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion können die Rede von Irmgard Schmid nachlesen; ich habe sie noch in guter Erinnerung –,

(Beifall und Zuruf von Holger Ellerbrock [FDP]: Das war eine gute Rede!)

aber sie hat nichts getan, um den Landesbetrieb auf sichere Füße zu stellen. Das ist jetzt unsere Aufgabe. Ziel ist es, die Transferleistungen für den Landesbetrieb auf Dauer zu senken, ohne die Aufgabenbewältigung oder die Finanzierung zu gefährden. Das kriegen wir hin. Das gehört zu dem Gesamtpaket der nordrhein-westfälischen Landesregierung, die Nettoneuverschuldung zu senken. Wir wollen die unverantwortliche Schuldenpolitik von Rot-Grün nicht fortsetzen und bald wieder einen verfassungsgemäßen Haushalt haben. Daran wirkt der nordrhein-westfälische Forst- und Umweltminister mit.

(Beifall von der FDP)

Ich bin auf die Unterstützung der Koalitionsfraktionen stolz. Wir leisten sehr verantwortlich unseren Beitrag.

Selbstverständlich unterliegt der Landesbetrieb auch den Vorgaben der allgemeinen Verwaltungsreform zu Personal- und Kosteneinsparungen. Ein erstes externes Gutachten zeigte, dass beim Landesbetrieb schon in der kurzen Zeit seines Bestehens Entwicklungen zu verzeichnen waren, die ihn auf Dauer sehr stark belastet hätten. Wir mussten daher sein Bestehen sichern. Der Vorwurf, der Landesbetrieb hätte keine Chance gehabt, in der kurzen Zeit seines Bestehens die neue Struktur umzusetzen und wirtschaftlich darzustellen, ist haltlos. Diese Chance geben wir ihm jetzt durch die Umstrukturierung.

Zu erwarten war auch der alte Vorwurf, dass die jetzigen Koalitionsfraktionen den Landesbetrieb nie gewollt hatten und ihn nach der Wahl wieder an die Landwirtschaftskammer zurückführen wollen. Eines sollte klar sein: Zum jetzigen Zeitpunkt würde man mit der Zusammenlegung niemandem einen Gefallen tun. Beide Einrichtungen müssen auf gesunden Füßen stehen. Das sollten Sie nicht ausblenden. Sollte sich in Zukunft zeigen, dass es aus sachlichen Gründen doch besser wäre, die Forstverwaltung wieder an die Landwirtschaftskammer zu binden, werden wir das diskutieren. Es ist eine schwere Aufgabe, sowohl die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen als auch den Landesbetrieb zu stabilisieren.

An dieser Stelle möchte ich eine Begriffsverwirrung zwischen Landesbetrieb und Einheitsforstverwaltung im Antrag der SPD ausräumen. Die jetzige Landesregierung steht wie alle ihre Vorgängerregierungen seit 1970 zur Einheitsforstverwaltung. Die Frage, in welcher Rechtsform diese am besten aufgehoben ist, steht auf einem

anderen Blatt. Ich wüsste nicht, dass ich oder ein anderes Mitglied der Landesregierung jemals etwas anderes gesagt hätte.

Durch die Integration der forstlichen und jagdlichen Aufgaben der LÖBF und der LEJ stärken wir doch die Einheitsforstverwaltung. Wir bekommen nun eine schlanke und bürgernahe Wald-, Jagd- und Holzwirtschaftsverwaltung. Die umfassende Zuständigkeit des Landesbetriebs auf der gesamten Waldfläche des Landes führt zu deutlichen Synergieeffekten. So werden Kommunikationswege verkürzt und Konfliktpotenziale minimiert, weil für nahezu alle forstlichen und holzwirtschaftlichen Belange nur eine staatliche Institution mit flächendeckender Präsenz zuständig und verantwortlich ist. All dies haben die Vorgängerregierungen so nicht hinbekommen.

Die Versorgung in der Fläche durch die Förster vor Ort ist ein wichtiges Thema. Um ein Missverständnis auszuräumen – es kommt in dem Vorwurf im Antrag der SPD zum Ausdruck, dass die radikale Neustrukturierung keine ortsnahe Verwaltungskompetenz mehr gewährleistet: Welch ein Unsinn. Natürlich ist die Auflösung von 20 Forstämtern ein erheblicher Einschnitt, nicht zuletzt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Forstamtbüros.

Ansprechpartner für Waldfragen – das müssen wir auseinanderhalten – sind jedoch vor allem die Revierförsterinnen und -förster vor Ort. Das ist auch richtig so. Denn schließlich sollte sich die Arbeit der Forstverwaltung in erster Linie im Wald abspielen. Die Flächenpräsenz auf der Ebene der Reviere bleibt deshalb bei der Reform, abgesehen von einer maßvollen Reduktion, vor allem im Staatswald erhalten. Wenn wir, bezogen auf ganz Nordrhein-Westfalen, in Zukunft noch 300 Einheiten haben, kann man doch nicht davon sprechen, dass die Forstverwaltung in NordrheinWestfalen in der Fläche nicht mehr vertreten ist.

Ich bin mir bewusst – das hat eben in einigen Wortbeiträgen eine Rolle gespielt –, dass die Abgrenzung der Forstämter und die Festlegung der Standorte zu Konflikten mit Lokalinteressen führen. Ich habe Verständnis dafür, wenn der Landrat des Kreises Düren oder des Rhein-Sieg-Kreises – oder wer auch immer – mir Briefe schreibt. Das gehört zu einem solchen Prozess. Wir haben uns aber bei der Neustrukturierung der Forstämter von objektiven Kriterien, wie zum Beispiel der Waldverteilung und der Einräumigkeit der Verwaltung, leiten lassen, nicht von politischen Interessen. Bei der Festlegung der Standorte war unser Ziel, den ländlichen Raum zu stärken, ohne den Ballungsraum zu vernachlässigen. Daher wird es bei

spielsweise auch ein Forstamt Ruhrgebiet mit Sitz in Gelsenkirchen geben.

Ich weise noch einmal darauf hin, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird. Außerdem haben wir lange Übergangszeiten vorgesehen, um Härtefälle für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, was mögliche Ortswechsel anbetrifft, weitgehend auszuschließen. Da gibt es im Laufe des Diskussionsprozesses, der intensiv begonnen hat, sicherlich noch Übergangsfristen.

Die SPD-Fraktion unterstellt in Ihrem Antrag, dass die von der Landesregierung eingeleitete Forstreform beim Wald die Gewichte zu stark in Richtung Nutzfunktion verschiebt. Wir alle wissen, dass unsere Wälder über ein erhebliches Potenzial an ungenutztem Holz verfügen. Was ist verwerflich daran, dieses Holz – selbstverständlich unter Beachtung der Nachhaltigkeit – aus dem Wald zu holen? In den letzten Jahren haben wir doch in Nordrhein-Westfalen alles unternommen, damit Holz auch unter energetischen Gesichtspunkten verstärkt zum Einsatz kommt. Aber wir wissen auch, dass es in den vergangenen Jahren nicht gelungen ist, das notwendige Holz aus den nordrhein-westfälischen Wäldern zu holen. Sie weisen doch selber auf die Ergebnisse der Clusterstudie hin. Unser Ziel muss es doch sein, mehr Holz zu mobilisieren. Deswegen gehen wir nicht an die Nachhaltigkeit der Waldwirtschaft, meine Damen und Herren. Erzählen Sie doch nicht so einen Unsinn!

Dieses gilt insbesondere für den Kleinwaldbesitz in Nordrhein-Westfalen, weniger für den Staatswald, bei dem man das schon weitgehend gemacht hat. Wir haben 140.000 Waldbesitzer in Nordrhein-Westfalen. Die durchschnittliche Fläche liegt bei vier Hektar.

Wir haben viele Waldbesitzer in NordrheinWestfalen, die überhaupt nicht wissen, wo ihr Wald liegt, weil es die Erbengeneration ist. Aber auch diese Flächen müssen ordnungsgemäß und nachhaltig bewirtschaftet werden. Dementsprechend muss sich diese Reform ausrichten.

Wie die Bemühungen um neue Leistungsinhalte, aber auch um neue Leistungsstrukturen für forstliche Zusammenschlüsse zeigen, lassen wir diese Klientel entgegen den geäußerten Vorwürfen nicht alleine. Von den leistungsstärkeren Waldbesitzern und Waldbesitzerzusammenschlüssen erwarten wir auch bei der Holzmobilisierung eine größere Selbstständigkeit und Eigenverantwortung. Der Staat kann und soll nicht alles machen, meine Damen und Herren. Diesen Punkt werden wir be

sonders intensiv diskutieren, wenn es um die Frage der Entgelteverordnung geht.

Da Sie, Herr Abgeordneter Römer, als stellvertretender Fraktionsvorsitzender jetzt offensichtlich für diesen Bereich zuständig sind, darf ich Ihnen Folgendes sagen: Für diesen Punkt der Entgelteverordnung – Sie wissen ja, was ich meine – nehmen wir uns entsprechend Zeit und werden es intensiv mit allen Beteiligten diskutieren.

Meine Damen und Herren, ich sehe in diesem Zusammenhang überhaupt nicht, dass die Forstreform bei gesteigerter Holznutzung weniger Naturschutz im Wald bedeutet.

Im Rahmen des ab 2007 geltenden neuen Programms zur Förderung des ländlichen Raums haben wir als eine der wenigen neuen Maßnahmen sogar eine Flächenförderung für FFH-Flächen im Privatwald eingeführt. In der Praxis geschieht genau das Gegenteil von dem, was im Antrag der SPD-Fraktion behauptet wird.

Im Staatswald gelten selbstverständlich die Prinzipien der naturnahen Waldwirtschaft. Herr Abgeordneter Remmel, dass Sie die ganze Zeit nur über den Staatswald gesprochen haben, ist auch insofern interessant, als wir in Nordrhein-Westfalen insgesamt eine Fläche von 915.000 Hektar Wald haben, davon einen Staatswaldanteil, der bei 120.000 Hektar liegt. Gerade im nordrheinwestfälischen Staatswald wird in erster Linie Naturschutz betrieben. 50 % der Fläche des Staatswaldes in Nordrhein-Westfalen sind Naturschutzflächen. Deshalb kann es schon gar nicht zutreffen, dass jetzt, wie Sie sagen, eine Forstpolitik betrieben werde, bei der die Nachhaltigkeitsprinzipien verletzt würden.

Zu der Frage Cluster darf ich noch anmerken, dass wir dieses Cluster, das Prof. Schulte in Münster auf den Weg gebracht hat, jetzt erst einmal finanziell mit 400.000 € ausgestattet haben, damit wir zu weiteren Ergebnissen kommen. Wir wollen nicht nur ein Landescluster haben, sondern wir wollen es in Nordrhein-Westfalen auf die verschiedenen Kreise herunterbrechen, die davon betroffen sind.

(Heiterkeit von den GRÜNEN)

Auch der Vorwurf, Schulklassen und Kindergärten bekämen in Zukunft weniger Termine, ist schlicht und einfach haltlos. Gerade die in dieser Beziehung so wichtigen Jugendwaldheime

(Zuruf von den GRÜNEN)

behalten wir in staatlicher Obhut und lassen uns diese Leistungen auch etwas kosten.

Herr Minister, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Natürlich soll der Landesbetrieb vermehrt auch mit privaten Partnern aus der Umweltbildung kooperieren und noch mehr Leistungen dieser Art anbieten.

Herr Minister, ich darf Sie darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit bereits großzügig überschritten ist.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich habe noch zwei Sätze, die ich noch sagen möchte.

Im Antrag der SPD-Fraktion ist ein ganzer Katalog von Beschlussvorschlägen aufgeführt. Meiner Meinung nach sind diese Beschlussvorschläge überflüssig. Auf die einzelnen Punkte werde ich ausführlich im Fachausschuss eingehen und darüber mit Ihnen diskutieren.

Jetzt kommt es aber erst einmal darauf an, den Restrukturierungsprozess zügig zu beginnen. Der Landesbetrieb muss schnell in ruhigeres Fahrwasser kommen, um endlich seine wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben erledigen zu können. Dies sind wir nicht zuletzt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesbetriebes schuldig. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. Auch die Definition von zwei Sätzen war eine ausgesprochen interessante.

Als nächster Redner hat nun für die SPD-Fraktion der Kollege Unruhe das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kenntnisse um die Zusammenhänge im Lebensraum Wald nehmen wissenschaftlich zu. Die praktische Erfahrung der Menschen mit dem Wald nimmt aber leider ab. Beobachtungen zeigen, dass viele Kinder mit der Flora und Fauna des Waldes kaum noch vertraut sind.

Kein Wunder, dass der Blick des Buchhalters inzwischen die Forstpolitik dominiert. Er bemisst die Kosten des Waldes, ohne sich in ausreichendem Maße Gedanken über den Wald als Lebensraum,

Erholungs- und Erlebnisort, als ökologisches System und als Lebensgrundlage zu machen.

(Beifall von der SPD)

Die vorige Landesregierung hat die Forstverwaltung verschlankt und mit flachen Hierarchien versehen,