Das Parlament hat keine Moderatorenrolle und Aufsichts- und Kontrollfunktion gegenüber einer Partei, auch nicht über Parteitage. Ich kann mir gut vorstellen, dass die heutige Opposition es sich sicherlich verbeten hätte, hätten wir Ihnen für Parteitage Vorschriften oder Vorschläge unterbreitet. Exakt so sehen wir das umgekehrt.
Sonst könnten wir in der Tat auch diskutieren, warum Bürgermeister der Grünen die Argumente der eigenen Landtagsfraktion genüsslich zerpflücken – es macht einfach Spaß, das zu lesen – bis hin zu der Tatsache, dass sie das „Sonnenkönigssyndrom“ – der Begriff stammt natürlich nicht von dem vorhin zitierten Abgeordneten, sondern geistert schon seit vielen Jahren und Jahrzehnten durch die Landschaft – entlarven als ein Totschlagsargument, um was es überhaupt nicht geht.
Eine Entkoppelung von Wahlen führt sogar zu einer Stärkung der Räte, weil plötzlich wieder die Kolleginnen und Kollegen, die in den Stadtrat und in den Kreistag gewählt werden wollen, viel persönlicher angesprochen werden, weil es nicht mehr den Bürgermeister als Zugpferd gibt, der mit gewählt wird.
Also, lassen Sie uns das Ganze sehr entspannt und gelassen betrachten. Wir werden unsere Reformpolitik so betreiben wie bisher. Wir schließen zunächst einmal die koalitionäre Willensbildung ab. Dann legen wir Ihnen einen Gesetzentwurf vor, und dann können wir ihn gerne debattieren. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß gar nicht, warum Sie sich vorher schon so freuen. Ich hoffe, dass diese Freude Ihrerseits nach meinem kleinen Beitrag noch vorhanden ist.
Eines ist allerdings bei dem, was man hier hört, bemerkenswert. Herr Kollege Lux hat versucht, deutlich zu machen, dass es keinen Anlass zur Diskussion gäbe, dass nichtigste Anlässe gesucht würden, um dieses Thema zu besprechen, dass es hier um parteipolitische Scharmützel ginge. – Da müssen wir als SPD-Fraktion die Präsidentin dieses Hauses ausdrücklich in Schutz nehmen, denn sie hat dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt.
Und sie sieht offensichtlich, im Gegensatz zur CDU, den Anlass, genau über diese Themen zu diskutieren.
Der gleiche Vorwurf – das kann man wirklich so sagen – muss auch dem Innenminister gelten. Herr Minister Wolf, auf welchem Stern leben Sie eigentlich, haben Sie offenbar genauso wenig wie der Kollege Lux mitbekommen, was in den letzten Wochen in diesem Land und übrigens auch an Ihren Parteibasen diskutiert wird? Sie tun so, als sei da überhaupt nichts zu vernehmen, als würde sich überhaupt niemand mit Ihren abstrusen Thesen beschäftigen. Genau diese Befassung mit diesen Thesen muss auch hier im Hause passieren, und wir initiieren das, wenn Sie selbst dazu nicht in der Lage sind.
Herr Lux, um auf die Kollegin Löhrmann einzugehen: Offensichtlich lesen Sie nicht nur keine Zeitung, vielleicht schreiben Sie sie heute sogar, hat heute doch die „NRZ“ mit dem Aufmacher „Krise? Welche Krise?“ getitelt. Das ist offensichtlich Ihr
Denn warum sonst ist der Fraktionsvorsitzende der FDP in den letzten Wochen immer wieder damit zitiert worden, dass man bei diesem Thema nicht auf dem Basar sei, dass Nachverhandlungen des Koalitionsvertrages, die der Generalsekretär in spe der CDU einfordert, auf gar keinen Fall möglich und nötig seien? Was meinen Sie, woher das kommt, wenn es nicht breiten Anlass gerade für Ihre Basis in der CDU gäbe, endlich diese abstrusen Themen und Thesen, die Sie im Koalitionsvertrag zugrunde gelegt haben, zu diskutieren und möglichst zu revidieren?
Eines ist klar: Sachliche Argumente werden von Ihrer Seite schon lange nicht mehr ausgetauscht. Es geht nur noch um Politpoker, es geht nur noch darum, wer sich durchsetzt, wer das Gesicht verliert und ob sich die CDU tatsächlich von der FDP am Nasenring durch die Manege ziehen lässt.
Die Argumente sind vielfach genannt worden und werden auch von Ihrer eigenen Basis immer wieder vorgetragen.
Erstens. Einschränkung der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit der Kommunen – § 107 GO. – Ihre eigenen Kommunen, die kommunalen Parlamente, die Stadtwerke inklusive des CDU-Kreisvorsitzenden aus Köln laufen Sturm dagegen. Sie setzen sich für Wettbewerb und Chancengleichheit zwischen den kommunalen Unternehmen und der freien Wirtschaft ein. Sie weisen zu Recht darauf hin, dass es gerade im Energiesektor, aber auch in anderen Sektoren die kommunalen Stadtwerke sind, die Wettbewerb gegen die Oligopole garantieren.
Sie aber schlagen den Kommunen die Beine weg, nachdem Sie ihnen auf der Habenseite im Haushalt kräftig die Gelder kürzen, während Sie auf der anderen Seite die Hilfe zur Selbsthilfe unmöglich machen, indem Sie nämlich die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit einschränken.
Kumulieren und Panaschieren: Ihr eigener für Kommunalpolitik im Innenministerium zuständiger Staatssekretär, Herr Palmen, der glücklicherweise aus Eigenschutz an dieser Debatte gar nicht teilnimmt,
hat sich gegen das Kumulieren und Panaschieren ausgesprochen. Herr Wolf, Ihr eigener Parlamentarischer Staatssekretär ist doch kein niemand. Oder doch? Das würde mich wundern – mitunter freuen –, aber in diesem Fall hat er Recht.
Auch Politikwissenschaftler diskutieren landauf, landab darüber, dass das Kumulieren und Panaschieren auf die Wahlbeteiligung drückt. Kumulieren und Panaschieren, wie wir das von vielen anderen Bundesländern kennen, mag für kleine Städte und Gemeinden wichtig sein. Herr Innenminister Wolf hat ausdrücklich dazu aufgerufen, den Blick über die Landesgrenzen zu werfen. Genau das haben wir getan.
Wir stellen fest, dass NRW anders ist, dass NRW mit seinen 396 Kommunen etwas Besonderes ist. In Bayern gibt es unter allen 2.056 Kommunen exakt 2,2 %, die größer sind als ein einziger durchschnittlicher Kommunalwahlkreis in Köln.
Nur nachrichtlich: In Rheinland-Pfalz sind es 1,5 %, in Schleswig-Holstein ganze 1,0 %. Das heißt, Ihre Argumente sind schlicht und einfach falsch, wenn Sie andere Kommunen und Bundesländer als Vergleich zu diesen NRW-Spezifika heranziehen.
Die Entkoppelung der Amtszeiten von Hauptverwaltungsbeamten und Räten ist an Absurdität bei den Thesen kaum zu überbieten. Die Wahlbeteiligung sinkt. Wir haben doch in NRW Nachwahlen gehabt. Wir wissen doch, was passieren kann, wenn Räte und Hauptverwaltungsbeamte getrennt gewählt werden. Mitnichten ist eine Stärkung von Personen auf der einen Seite und Räten auf der anderen Seite zu beobachten. Eine Vielzahl von Wahlterminen schreckt vielmehr die Bürgerinnen und Bürger ab, an Wahlen teilzunehmen. Deswegen wird die größere Machtfülle auch von vielen Räten und Gemeinden, in denen CDU und FDP die Mehrheit haben, schlicht und einfach abgelehnt. Halten Sie sich doch einmal daran.
Die Abschaffung der Stichwahl – dazu hat der Kollege Jäger schon das Nötige gesagt – ist eine Entdemokratisierung, die ihresgleichen sucht. Wir brauchen diese Stichwahl, weil es doch absolut nicht im demokratischen Interesse der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes sein kann, am Ende an der Spitze von Städten und Gemeinden Hauptverwaltungsbeamte zu sehen, die von weniger als 20 % der Menschen in einer Wahl gewählt und legitimiert worden sind. Es wäre doch skandalös, wenn ausgerechnet Sie sich als Partei,
Deswegen begehrt auch die CDU-Basis auf. Aus diesem Grund wird Ihnen hoffentlich die CDUBasis einen Strich durch die Rechnung und den großartigen Tagesordnungswust des Parteitages, den Sie uns gerade noch einmal geschildert haben, machen. Umwelt- und Verbraucherschutz nimmt Ihnen eh keiner ab. Ein gutes Wahlergebnis für den Generalsekretär zu erreichen, das mag ja noch funktionieren.
Bei der Tagesordnung, die Sie dargestellt haben, werden sich die Delegierten mehr dafür interessieren, was es zum Mittagessen gibt, als für Ihre Tagesordnung auf dem Landesparteitag.
Immer wieder dokumentiert sich und zeichnet sich der Umstand ab, dass Sie Ihre Basis auf dem Parteitag für dumm verkaufen werden. Sie haben sich längst mit der FDP hinter den Kulissen geeinigt und einen Formelkompromiss verabredet, der mit der Sache überhaupt nichts zu tun hat. Sie werden den Delegierten am Wochenende erklären: Alles halb so wild. Wir werden das mit der FDP schon machen. – Aber der Formelkompromiss liegt längst in der Schublade. Das ist die Unverschämtheit. Das ist das, wie Sie die Menschen in diesem Lande, aber auch Ihre eigene Basis für dumm verkaufen wollen.
Gehen Sie endlich an die Themen heran. Machen Sie die Räte zum Beispiel über die Einführung von verfassungskonformen kommunalen Sperrklauseln arbeitsfähiger. Reden Sie doch mit dem Kollegen Jäger und mit anderen darüber, eine transparente Altersvorsorge für Hauptverwaltungsbeamte einzuführen. Kehren Sie aber zurück zur Sachlichkeit, kehren Sie zurück zum Konsens in Grundsatzfragen und schieben Sie die FDP in dieser Frage dahin, wo sie hingehört, nämlich an den Rand. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Börschel. – Das Wort hat jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Becker.
sonderes Vergnügen, diesen Innenminister zu hören. Eben hat er ernsthaft verkündet, die Opposition stünde bei der GO auf der Bremse.
Herr Innenminister, ich kann mich gut daran erinnern, dass Sie im August letzten Jahres bei Ihrem Antrittsbesuch vor dem Präsidium des Städte- und Gemeindebundes erklärt haben, es werde zwei Änderungen der Gemeindeordnung NordrheinWestfalens geben, die – aus einem Gesamtpaket herausgelöst – vor Ende des Jahres 2005 durch das Kabinett und durch den Landtag gebracht werden sollten. Das wäre zum einen die Verlängerung der Amtszeit der Bürgermeister und die Verschärfung des § 107 – Subsidiaritätsklausel – zulasten der Kommunen.
In beiden Fragen sind Sie aber ganz offensichtlich bisher nicht an der Opposition gescheitert, sondern Sie sind zum Glück dadurch gebremst worden, dass es innerhalb der CDU zunehmend eine Diskussion über den Unsinn dieses Teils des Koalitionsvertrages gibt.
Meine Damen und Herren, wer sich die heutige Debatte anschaut, wer sich anschaut, wer da ist, wer fehlt, wer redet, wer nicht redet, welche Partei – die CDU! – ihren zweiten Redebeitrag bis jetzt offensichtlich nicht angemeldet hat, kann doch nicht zu dem Ergebnis kommen, dass hier irgendeine Opposition auf der Bremse steht, sondern der muss zu dem Ergebnis kommen, dass es bei Ihnen Gott sei Dank eine Diskussion über Vernunft und Unvernunft, über Erfahrungswerte aus der kommunalen Praxis und über Ideologie, Papier, um Monstranzen, die man vor sich herträgt, gibt. Dabei geht es insbesondere um die ewige Monstranz „Privat vor Staat“!