Hier erscheinen die Beschlüsse aus Berlin noch inkonsistent, weil zunächst die Steuerzuschüsse des Bundes aus der Tabaksteuer abgeschmolzen werden und anschließend eine Teilfinanzierung der Kindermitversicherung aus Steuermitteln neu eingeführt wird, deren Höhe mit 3 Milliarden € aber in keinem rechten Verhältnis zu den tatsächlichen Kosten von vielleicht 14 Milliarden € – manche sprechen von bis zu 16 Milliarden € – steht. Das Ziel der gesicherten Nachhaltigkeit der Finanzmittel ist mit dem vorliegenden Entwurf also nicht erreicht.
Drittens. Dennoch wird der staatliche Einfluss mit dem vorliegenden Entwurf massiv verstärkt. Der Einfluss der Selbstverwaltung sowohl der sozialen Selbstverwaltung in den Krankenkassen als auch der Selbstverwaltung aufseiten der Leistungserbringer wird zurückgedrängt. Mehr Staat und weniger Subsidiarität scheint die Devise zu sein. Notwendig wäre die Devise: Mehr Freiheit, mehr Wahlmöglichkeiten, mehr Subsidiarität und weniger Staat. Der Gemeinsame Bundesausschuss
zum Beispiel wird aus einem Gremium der Selbstverwaltung in eine vom Bundesministerium für Gesundheit abhängige staatliche Behörde verwandelt.
Viertens. Als korrekturbedürftig betrachten wir auch die Regelungen zu den Budgets. Schon auf unserer Klausurtagung zu Beginn dieser Sitzungsperiode hat die CDU-Landtagsfraktion die geplante Belastung der Krankenhausbudgets durch einen pauschalen Sanierungsbeitrag von 1 % kritisch bewertet. Seit vielen Jahren bleibt die Entwicklung der Budgets hinter der gewachsenen Patientenzahl und der gestiegenen Leistungsintensität der Krankenhäuser zurück. Die CDULandtagsfraktion setzt sich in den NRWHaushaltsdebatten energisch dafür ein, die den Häusern zur Verfügung gestellten Investitionsmittel konstant zu halten, bescheiden zu erhöhen und Neubewilligungen von Investitionen zu ermöglichen. Für diese Politik ist der auf Bundesebene geplante pauschale Sanierungsbeitrag aus NRW-Sicht ein Rückschlag.
Wir bemühen uns darum, dass die Pläne in den weiteren Beratungen in Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat noch korrigiert werden. In gleicher Weise haben wir mit Blick auf die nordrhein-westfälische Situation ein Interesse daran, dass die bei uns tätigen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Zukunft mit verlässlichen Honoraren rechnen können, so wie es eine Euro-undCent-Gebührenordnung vorgibt, statt womöglich wegen der Kombination mit Budgets noch schlechter vergütet zu werden und noch mehr Leistungen gratis erbringen zu müssen als bisher.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, ich hoffe, ich habe deutlich machen können, warum wir gegenwärtig eine Verabschiedung des Arbeitsentwurfs weder in seiner ersten noch in seiner zweiten Fassung für möglich halten. Wir begrüßen deshalb die Verschiebung des beabsichtigten Inkrafttretens der Gesundheitsreform auf den 1. April 2007. Wir laden dazu ein, die Zeit bis dahin konstruktiv zu nutzen. Wir wollen die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens erhalten und stärken und wollen, dass die schlechte Stimmung – sowohl bei den Leistungserbringern wie auch bei den Patientinnen und Patienten – verschwindet. In diesem Sinne machen wir unseren Einfluss geltend. – Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorab ein Satz: Die Ziele des Antrags, die im Antrag als Ziele der Bürgerversicherung festgeschrieben werden, können wir alle unterschreiben. Damit hätten wir kein Problem.
Der Antrag allerdings hat in seiner Absicht und von seinem Charakter her ein spalterisches Moment, die Landes-SPD gegen die Bundes-SPD in Gang zu setzen. Deswegen werden wir diesem Antrag am Schluss nicht zustimmen.
Barbara Steffens und ich haben einige Jahre gemeinsam Koalitionsverhandlungen geführt. Deshalb wissen wir: Es gibt natürlich einen Unterschied zwischen Parteitagsbeschlüssen und zu welchem Zeitpunkt beziehungsweise an welchem Ort man seine grundsätzlichen Erklärungen abgibt. Auf Berliner Ebene haben wir ein Eckpunktepapier zusammenbekommen. Frau Steffens, jetzt ist nicht der Zeitpunkt, Grundsatzpositionen wieder hervorzuholen. Das haben wir auch hier in den Koalitionsverhandlungen nicht gemacht. Wenn wir in bestimmten sozialpolitischen Themen weiter waren, haben jedenfalls wir Sozialdemokraten nicht unsere Parteitagsbeschlüsse auf den Tisch gelegt oder euch unter der Türe durchgeschoben, sondern es war klar, dass im Verhandlungsstand Grundsatzpositionen jedenfalls nicht durchsetzbar sind. So ist das auch in diesem Fall.
Herr Henke hat es eben angesprochen, und ich finde es ebenso falsch, das Kind – etwas populistisch – in der Analyse mit dem Bade auszuschütten und zu erklären, alles sei mies, was dort gemacht worden sei. Das denke ich nicht.
Wir haben – gar keine Frage – als NRW-SPD Kritik geübt. Wir haben auch unsere Kritikpunkte. Aber bitte nicht in einem parlamentarischen Verfahren die Grundsatzpositionen der Bürgerversicherung noch einmal auflisten.
wenn es – möglicherweise auch in Ihrem Sinne – um Veränderungen geht, ein Thema, das im Moment im Land rauf und runter diskutiert wird, in diesem Parlament zu diskutieren und zu besprechen. Es ist doch vor diesem Hintergrund legitim, dass eine Fraktion, die nicht gebunden ist, ihre Position so darstellt, wie sie diese für richtig hält, oder? Das ist doch wohl legitim.
Natürlich ist das legitim. Die Frage ist nur, in welcher Form man das tut. Geht man auf den Zwischenstand der Eckpunkte, die in Berlin erreicht worden sind, ein oder trägt man seine Grundsatzposition wieder von vorne vor? Das Zweite ist beim Antrag der Grünen der Fall, der nicht auf das eingeht, was an Zwischenergebnissen bereits vorliegt.
Aus Sicht der SPD will ich noch einmal erläutern, wie es ausgesehen hätte, wenn wir nicht der Großen Koalition angehört hätten: Dann hätten wir vermutlich einen gemeinsamen Antrag entwickelt, in dem wir eine Reihe von Punkten beklagen würden, die wesentlich schlimmer als das sind, was jetzt in den Eckpunkten vorliegt. Ich möchte ein paar Punkte erwähnen, die im Diskussionsstand des Koalitionspartners in Berlin eine große Rolle gespielt haben, jetzt aber auf Intervention der SPD nicht mehr auftauchen:
Wir haben keine Erhöhung der Zuzahlungen für Patientinnen und Patienten in den Eckpunkten des Entwurfs. Wir haben weiterhin eine paritätische Beteiligung der Arbeitgeber an den Beiträgen. Wir haben keine Ausgliederung ganzer Leistungsbereiche. Und wir haben nach wie vor die Bemessung der Beiträge an der Leistungsfähigkeit. Das sind alles Punkte, die einmal ganz anders vorgesehen waren. Würden wir der Großen Koalition nicht angehören, würden wir jetzt möglicherweise gemeinsam mit den Grünen Anträge stellen, weil das alles den Bach heruntergegangen ist. Das ist es jetzt nicht. Dazu haben wir als Sozialdemokraten unseren Beitrag geleistet.
Dass demgegenüber andere Dinge von uns nicht ganz begeistert aufgenommen werden wie beispielsweise, dass die privaten Versicherungen nicht in den Fonds einbezogen sind, trifft zu. Das bedauern wir als Sozialdemokraten, war aber in den Koalitionsverhandlungen bei den Kompromisslösungen nicht erreichbar, noch nicht einmal im Sinne der hier agierenden CDU, sondern nach meinem Erfahrungsstand ganz offensichtlich dem Drängen einer bayrischen Partei, nämlich ihrer Schwesterpartei, zu verdanken, dass das völlig ausgeschlossen worden ist.
In der CDU wird heftig diskutiert. Herr Laumann, Sie können Ihren Sonntagsspaziergang nicht im Westfälischen machen, sondern sind am Sonntag zu einer Krisensitzung nach Berlin eingeladen. Das deutet auch darauf hin, dass aus Sicht aus CDU die Erfolge der SPD nicht allzu niedrig angesetzt werden. So möchte ich es einmal formulieren. Ansonsten müsste man das nicht noch einmal so intensiv diskutieren.
Wie gesagt: Es gab eine Menge an Dingen, die uns auch nicht gefallen. Das ist klar. Der höhere Steuerausschuss, den wir angestrebt haben, war durchaus eine Forderung des Leipziger Parteitags der CDU. Deshalb haben wir uns gewundert, warum das plötzlich nicht mehr geht. Aber so war das nun einmal.
In diesem Sinne und mit den Zielen, die auch in dem Antrag stehen, werden wir in Berlin weiter verhandeln. Die Prozesse sind noch nicht abgeschlossen. Das wird übrigens auch im Sinne des Antrags von Bündnis 90/Die Grünen passieren, die ja verlangt haben, dass die Zeitspanne ein Stückchen verschoben werden muss. Das ist bereits erfolgt. Die Zeitspanne ist verschoben worden.
Wichtig ist die Diskussion über den Gesundheitsfonds. Ich will deutlich machen: Der Risikostrukturausgleich zwischen den Krankenkassen muss in meinen Augen in Vorbereitung des Gesundheitsfonds sehr schnell geklärt werden. Auch muss die Prämienfrage noch einmal diskutiert werden. Meine Gespräche mit den Krankenkassen haben jedenfalls ergeben, dass diese durchaus Möglichkeiten sehen, zumindest zu Beginn auf diese Prämie zu verzichten.
Im Sinne des Ziels werden wir weiter verhandeln. Uns geht es um das Ziel; und nicht nach dem Motto: „Es stand auf dem Grabstein: Aber wir hatten die Vorfahrt!“ – Es geht vielmehr um das Ziel, dass bestimmte Dinge der Programmatik, die in Ihrem Antrag formuliert worden sind, untergebracht werden können, und zwar mit allem kritischen Beigeschmack. Hätten wir das nicht getan, hätten wir hier gemeinsam einen Oppositionsantrag.
Letzter Satz: Die Ziele des Antrags, die die Bürgerversicherung betreffen, sind in Ordnung. Der beabsichtigten Wirkung des Spaltens werden wir natürlich nicht erliegen. Deswegen werden wir zwar der Überweisung des Antrags in den Ausschuss zustimmen. Schon jetzt kann ich aber sagen: Dem Antrag in seiner jetzigen Form werden
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Verschiebung der Reform um drei Monate auf den 1. April 2007 hat die Große Koalition die Notbremse gezogen. Der Chor der Kritiker war zu laut geworden, um ihn einfach zu ignorieren. Nicht nur die unterschiedlichsten Fachleute, sondern auch der überwiegende Teil der Bevölkerung hatte dem Entwurf ein sehr schlechtes Zeugnis ausgestellt. Über 90 % der Bevölkerung lehnen nach aktuellen Umfragen dieses Eckpunktepapier ab. Das sind Zahlen, die man doch beachten sollte.
Offenbar war man damit auch einer zu erwartenden Ablehnung im Bundesrat zuvorgekommen. Zwar ist der größte Teil der Reformen von Länderseite nicht zustimmungspflichtig, aber die notwendigen Stellungnahmen der Ministerpräsidenten hätten aller Voraussicht nach eine Verabschiedung des Gesetzes verzögert, so auch Herr Olaf Scholz von der SPD-Bundestagsfraktion in seiner Begründung.
Zugegebenermaßen ist das Feld der Gesundheitspolitik ein hart umkämpftes Terrain verschiedenster Lobbygruppen, und man muss dicke Bretter bohren, um eine wirkliche Fortentwicklung zu erreichen. Aber das, was bisher als Kompromiss zwischen CDU und SPD herausgekommen ist, ist den Kraftakt nicht wert. Es war von Anfang an zu befürchten, dass so unterschiedliche Ansichten wie sie Sozialdemokraten und Christdemokraten zuvor im Wahlkampf vertreten haben, eben nicht ohne Weiteres miteinander harmonieren würden.
Kein Wunder also, dass die Bundesregierung einen hohen Aufwand betreiben muss, um Bürgerinnen und Bürgern das Ergebnis dieses zähen Ringens schmackhaft zu machen. Ich finde es schon erschreckend, dass für solch eine Anzeigenkampagne bisher eine Summe von 2,5 Millionen € aufgewendet werden musste. Das ist fraglich, und ich empfinde es als Steuerverschwendung, weil es bisher noch nicht einmal einen Gesetzentwurf gibt, sondern nur Werbung für ein Eckpunktepaket initiiert wurde.
Aus meiner Sicht noch einmal die drei wichtigsten Baustellen – sie sind bereits angesprochen worden –: Besonders umstritten ist der geplante Gesundheitsfonds. Was hier an staatlichem Dirigismus geplant ist, das markiert das Ende der
Selbstverwaltung und auch das Ende jeglicher Transparenz. Diese lässt schon jetzt in einem reinen Sachleistungssystem zu wünschen übrig, wo der Bürger nicht nachvollziehen kann, was mit seinen Beiträgen finanziert wird beziehungsweise was es kostet, wenn er das Gesundheitssystem betritt und Leistungen in Empfang nimmt.
Eine unüberschaubare Geldsammelstelle soll ins Leben gerufen werden, die nicht nur zu mehr Bürokratie führt, sondern vermutlich auch zu einem höheren Verwaltungskostenanteil, ohne dass etwas verbessert würde. Im Gegenteil: Die Beitragssätze werden künftig vom Staat festgelegt, die Kassen werden gleichgeschaltet, Wettbewerb wird künftig über den Preis und nicht über die Leistung geführt.
Gerade angesichts des wachsenden Teils älterer Menschen brauchen wir aber neue innovative Versorgungsansätze. Hier muss es Anreize für die Kassen zu einem Leistungswettbewerb geben. Auch der geplante Krankenkassendachverband weist eindeutig in Richtung Zentralismus. Bürgernah ist das sicherlich nicht.
Hoch problematisch sind auch die Finanzierungspläne für die Krankenversicherung. Statt einer notwendigen Absenkung der Versicherungsbeiträge und einer Entlastung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind Beitragserhöhungen geplant, und zwar um 0,5 Prozentpunkte vermutlich sogar um 0,8 Prozentpunkte auf dann über 15 %. Grund dafür ist insbesondere die Reduzierung des Bundeszuschusses für versicherungsfremde Leistungen in Höhe von 2,5 Milliarden €.
Aber auch die Mehrwertsteuererhöhung von mehr als 1 Milliarde € reißt ein großes Loch in die Finanztöpfe der Kassen. Weitere Steigerungen sind nicht auszuschließen, befürchtet auch der Bund der Steuerzahler.
Die notwendige Entkoppelung der Sozialversicherungskosten von den Arbeitskosten wurde gleichfalls nicht umgesetzt. Arbeit wird bei uns damit immer noch teurer. Das wird international zu Wettbewerbsnachteilen führen. Der Name Wettbewerbsstärkungsgesetz kann daher nur ironisch gemeint sein.
Der vielleicht wichtigste Punkt: Es gibt immer noch keine Idee für Altersrückstellungen. Das Demografieproblem wird mit dem Eckpunktepapier nicht gelöst. Altersrückstellungen, die schon jetzt in der gesetzlichen Krankenkasse fehlen, machen einen Betrag von 800 Milliarden € aus. Das sind verdeckte Schulden im System. Deshalb brauchen wir dringend einen Systemwechsel. Daher geht ein „Weiter so wie bisher“ nicht, obwohl
Zum Antrag der Grünen ist zu sagen, dass wir die Einschätzung zum Gesundheitsfonds mittragen. All die anderen Planungen – Einbeziehung der privaten Krankenversicherung in das System der GKV, Erweiterung der Finanzierungsbasis – erweitern nur die Einnahmen, lösen aber nicht die Strukturprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Grünen fordern: keine Mehrwertsteuererhöhung für Arzneimittel. Klar, die brauchen wir nicht. Die brauchen wir aber auch für die übrigen Produkte nicht. Wir können uns die ganze Mehrwertsteuererhöhung sparen.
Die Gesundheitsreform ist in dieser Form, wie sie bisher geplant ist, ein Weg in die Staatsmedizin. Staatsmedizin bedeutet in anderen Ländern häufig ein verschlechtertes Versorgungssystem, längere Wartezeiten. Das ist nicht der Weg, den wir uns vorstellen. Wir hoffen auf einen echten Neubeginn bei den Gesprächen in Berlin.
Das ist auch wichtig für NRW. Eine Million Arbeitsplätze hängen in NRW vom Gesundheitssystem ab. Diese sollen gestärkt und am besten vermehrt werden. Dafür brauchen wir gute Rahmenbedingungen, die bisher leider noch nicht gegeben sind. – Danke sehr.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal etwas zu der Debatte und dem Märchen von der Zeitverschiebung: Wir haben zurzeit Eckpunkte über eine Gesundheitsreform, es gibt Arbeitsentwürfe, aber noch keinen Gesetzentwurf. Wenn der Gesetzentwurf vorliegt, ist anzunehmen, werden wir uns über ein Gesetz von 500 Seiten mit wahrscheinlich 200 Seiten Paragrafen unterhalten.