Protocol of the Session on September 13, 2006

Das ist zum Beispiel, wie ich finde, ein sehr signalhafter Satz. Oder aber:

„Der Hinweis der Beigeladenen, das Ziel der Schaffung von Arbeitsplätzen werde auch mit einem Billigfliegerflughafen erreicht, greift ebenfalls zu kurz. Damit wird ein Problemfeld angesprochen, das zwar von herausragender Bedeutung ist, jedoch nicht schlechthin zur Überwindung entgegenstehender Belange dienen kann.“

Was das OVG da sagt, ist sehr wichtig. Es sagt darüber hinaus:

„Dass im Übrigen ein gesteigertes öffentliches Interesse an der Schaffung von Arbeitsplätzen gerade in der Region des Flugplatzes besteht, ist nicht belegt. Das Argument der Arbeitsplätze kann so jeder Flughafen für Erweiterung in An

spruch nehmen, was nach den Erfahrungen des Senats“

des OVG –

„auch geschieht.“

Das sind Zeichen, die uns das Gericht mitgegeben hat, um deutlich zu machen, dass all das, was einmal in der Luftverkehrskonzeption angedacht war, bisher nicht umgesetzt werden konnte und umgesetzt wurde. Deshalb reicht die Genehmigung in der vorliegenden Form, nämlich so, wie der Flughafen jetzt betrieben wird, nicht aus; sie wurde nicht genügend abgewogen.

Vor dem Hintergrund sollten wir mit Blick auf die dezentrale Konzeption neu nachdenken. Wir Grünen haben dazu am 10. Januar im Landtag einen Antrag gestellt. Wir werden demnächst – wir hatten es letztlich im Sprecherkreis noch besprochen – eine Anhörung durchführen. Wir werden mit den Expertinnen und Experten darüber diskutieren, ob es sinnvoll ist, das, was wir uns Ende der 90erJahre – angesichts der Entwicklungen des Luftverkehrs insbesondere im Billigflugsegment – vorgenommen haben, so weiter fortzuschreiben.

Es gibt gute Argumente – ich habe eben die Deutsche Bank Research zitiert. Andere haben sich auch dazu deutlich geäußert, die Boston Consulting Group zum Beispiel, Booz-AllenHamilton in einer Airport-Benchmark-Studie oder auch andere wie Bernd Kortschak, Professor für Betriebswirtschaft und Logistik an der Fachhochschule Erfurt, oder McKinsey – alles Fachexperten. Diese Art der dispersen Verteilung von Luftverkehren gerade im Blick auf das Billigflugsegment sind wirtschaftlich uninteressant, schaffen auf Dauer keine Arbeitsplätze, sondern gefährden womöglich die an den Standorten, die mit dem Luftverkehr sinnvoll, vernünftig und nicht subventioniert allein umgehen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vor dem Hintergrund bitte ich noch einmal nachzudenken und Ihren Antrag zu überprüfen. Jetzt stimmen Sie darüber gemeinsam ab. Das bleibt Ihnen unbenommen. Ob der Antrag deshalb richtig ist, wage ich zu bezweifeln.

Ich habe es anfangs gesagt: Ich freue mich auf die weitere Debatte über das Thema. Sie wird nicht anhand Ihres Antrags, sondern unseres Antrags spätestens im nächsten Jahr nach der Anhörung fortgeführt. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Keymis. – Herr Minister Wittke, bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Flughafen Niederrhein stand in letzter Zeit insbesondere wegen des Urteils des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 3. Januar 2006 in der öffentlichen Diskussion. Durch dieses Urteil hat das Oberverwaltungsgericht die luftrechtliche Konversionsgenehmigung für den jetzigen Flughafen Niederrhein aufgehoben.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Zwar hat das Oberverwaltungsgericht die Revision nicht zugelassen; hiergegen haben aber die Genehmigungsbehörde und die Flughafengesellschaft Beschwerde erhoben, über die das Bundesverwaltungsgericht noch entscheiden muss. Von dieser Entscheidung hängt es ab, auf welche Weise die Weiterführung des Flugbetriebes rechtlich gesichert werden kann.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich habe dies an dieser Stelle nochmals wiederholt, weil der vorliegende Antrag für die rechtliche Sicherung des Flugbetriebes von erheblicher Bedeutung sein kann. Ich möchte das kurz erläutern:

Das OVG hat in seinem Urteil darauf hingewiesen, dass die NRW-Luftverkehrskonzeption 2010 für den Flughafen Niederrhein nur die Handlungsoption der Konversion zu einem zivilen Regionalflughafen enthalte, zur Funktion und zur Bedeutung des Flughafens im Rahmen der Luftverkehrsinfrastruktur des Landes aber keine Aussage mache.

Konzeptionellen Aussagen des Landes zur Funktion und zur Bedeutung eines Flugplatzes wird vom OVG eine erhebliche Bedeutung beigemessen. Dies hat sich zuletzt erneut durch die Urteile zur Startbahnverlängerung am Flughafen Münster/Osnabrück bestätigt. Es sind daher Forderungen aus der Region erhoben worden – wie ich finde zu Recht –, die NRW-Luftverkehrskonzeption 2010 kurzfristig in Bezug auf den Flughafen Niederrhein zu ändern. Ich habe trotz dieser nachvollziehbaren Forderung aus der Region derartige Forderungen abgelehnt und halte an dieser Auffassung auch fest.

Ich möchte Ihnen das kurz erläutern. Eine vorzeitige isolierte Überprüfung der NRW-Luftverkehrskonzeption in Bezug auf einzelne Elemente der NRW-Flugplätze ist nicht zweckmäßig, da in jedem Fall etwaige Auswirkungen, mögliche Ände

rungen auf die anderen Flugplätze und ihr Funktionsgeflecht geprüft werden müssten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung wird die Fortschreibung der NRW-Luftverkehrskonzeption 2010 rechtzeitig vor Ablauf des 10-Jahres-Zeitraums in Angriff nehmen. Dabei wird sie die bisherigen Prämissen und Rahmenbedingungen überprüfen und alle eingetretenen Entwicklungen berücksichtigen. Dies gilt auch in Bezug auf den Flughafen Niederrhein.

Die Landesregierung misst dem Flughafen Niederrhein für die Entwicklung der Region und des Landes eine hohe Bedeutung zu. Die Landesregierung nimmt darüber hinaus mit Befriedigung zur Kenntnis, dass dies auch in den Niederlanden so gesehen wird. Neue, nach dem OVG-Urteil durchgeführte Umfragen, bestätigen dies.

In diesen Zusammenhang passt auch die Meldung der gestrigen Tagespresse, wonach der Flughafen seinen zweimillionsten Passagier seit der Aufnahme des Flugbetriebes am 1. Mai 2003 verzeichnen konnte. Ich finde, dies ist unter Berücksichtigung der rechtlichen Situation ein sehr erfreuliches Ergebnis.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Landesregierung begrüßt den vorliegenden Antrag. Der Antrag ist ein Signal dafür, dass auch der Landtag dem Flughafen Niederrhein eine hohe Bedeutung beimisst und dass sich das Land daher für seine Sicherung und Weiterentwicklung einsetzt. Dieses Signal hat konzeptionelle Bedeutung und ist daher auch wichtig für den Fortgang der Rechtsstreite um den Flughafen Niederrhein vor dem Oberverwaltungsgericht oder dem Bundesverwaltungsgericht.

In diesem Sinne begrüßen wir nicht nur die Debatte, sondern insbesondere den voraussichtlichen Ausgang. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Wittke. – Die antragstellenden Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt.

Ich stelle deshalb den Inhalt des Antrages Drucksache 14/2494 – Neudruck – zur Abstimmung. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU-, SPD- und FDP-Fraktion. Wer ist dagegen? – Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der drei erstgenannten Fraktionen angenommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt

11 Einfluss von Scientology auf unser Bildungssystem wirkungsvoll bekämpfen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/2490

Auch hier sind jeweils fünf Minuten Redezeit vorgesehen. Die Zeit muss nicht eingehalten werden.

Frau Beer, Sie haben für die antragstellende Fraktion das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Ich bin im preußisch-protestantischen Sinne dafür, feste zu arbeiten und feste zu feiern. Ich würde dem Parlament aber empfehlen, dann jetzt auch das Arbeiten fortzusetzen und nicht nur nach draußen zu schielen, ob da schon die Gläser klingen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Scientology ist rücksichtslos, ausbeuterisch und gefährlich. Das schreibt die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen. Darin sind sich Sektenexperten und Sektenbeauftragte der Kirchen einig.

Der Versuch zur Beeinflussung unseres Bildungssystems durch Scientology ist deshalb ein wichtiges Thema. Es ist mehr als verwunderlich, wie nebensächlich damit im Schulministerium umgegangen wird.

Am 13. Mai taucht der erste aktuelle Pressebericht in NRW auf, Überschrift: Scientology gibt Nachhilfe – Bayern warnt – NRW weiß nichts von Aktivitäten.

Während im August die Lehrerverbände und die Präsidentin der KMK noch einmal auf die bedenklichen Aktivitäten hinweisen und es NRW-weit Berichterstattungen gibt, gibt die Ministerin auf Nachfrage des evangelischen Magazins „chrismon“ in der Ausgabe von August zu Protokoll – ich zitiere –: „Davon ist mir nichts zu Ohren gekommen.“

Getoppt werden diese Aussagen jedoch von der Pressestelle des Ministeriums zu der Frage „Nachhilfe und Scientology“. Für die Nachhilfe sei das Ministerium nicht zuständig. Es handelt sich um einen freien Markt, beteuert Andrej Priboschek, Sprecher des NRW-Schulministeriums, gegenüber dem WDR – ohne einen Hinweis darauf, dass das Ministerium die Ankündigung von Scientology wahrgenommen hat, verstärkt in den Nachhilfemarkt einsteigen zu wollen, und zwar auf privater Basis.

Andere haben das sehr wohl bemerkt. Der Philologenverband warnt auf Bundesebene und in NRW. Helga Lerchenmüller von der Aktion Bil

dungsinformation – ABI –, eine gemeinnützige arbeitende Verbraucherschutzorganisation in Bildungsfragen, scheint ebenso erstaunt über die Reaktion des Ministeriums wie der Sektenbeauftragte der Evangelischen Kirche von Westfalen. Ihr Urteil: Das Ministerium sei äußerst naiv. Sie kommentieren damit die Verlautbarung, falls Schulen Werbematerial zugeschickt bekommen, würden die Lehrer schon merken, dass dies von Scientologen kommt. Genau das ist nicht der Fall.

Es wird immer schwieriger, Nachhilfeinstitute, die nach Scientologymethoden arbeiten, zu erkennen, sagt die Leiterin der Beratungsstelle Sekteninfo aus Essen. Sie weiß auch, Scientology hatte schon immer das Bedürfnis, an Jugendliche heranzukommen. Von bundesweit 30 bekannten Nachhilfeinstituten, die nach Scientology arbeiten, gibt es Hinweise auf allein sechs in NRW: in Münster, Oelde, Essen, Velbert, Overath und Lichtenau. Die Dunkelziffer sei insgesamt aber viel höher, vermutet die Bildungsberatung ABI.

Der Umgang des Ministeriums mit dem Thema zeigt erstens in eklatanter Weise, wie wenig sensibel das Ministerium für die Tatsache ist, in welch horrendem Umfang unser Bildungssystem den Nachhilfemarkt überhaupt erst produziert und nährt, und zweitens, wie wenig verantwortlich sich das Ministerium für die Folgen fühlt, wenn Eltern auf privatem Wege den Lernerfolg ihrer Kinder über Nachhilfe sichern müssen.

Herr Recker und Herr Witzel haben in der vergangenen Legislaturperiode an dieser Stelle noch beklagt: 500 Millionen € Nachhilfekosten in NRW sind zu viel; das ist ein Skandal. – Durch Ihr Schulgesetz werden Sie den Bedarf noch erhöhen.

Nachhilfe geht die neue Landesregierung jetzt offenbar nichts mehr an. Das Innenministerium sieht sich nicht zuständig, weil es nicht um politische Inhalte geht. Das Verbraucherschutzministerium taucht in der öffentlichen Wahrnehmung in diesem Zusammenhang erst gar nicht auf. So bleibt die Antwort auf die Kleine Anfrage zu den Scientologyaktivitäten auf dem Nachhilfemarkt, gestellt am 10. Juli, lange überfällig. Als sie endlich am 30. August eintrifft, ist die Reaktion trotz der Beteiligung fünf verschiedener Behörden der Landesregierung mickrig und inkonsequent.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es reicht nicht aus, Frau Ministerin, ein paar Zeilen von der Website www.sekteninfo.de auf die eigene Homepage zu kopieren. Wir vermissen eine aktive Information des Ministeriums in Sachen Scientology. Die Schulgesetz-Promotion-Aktion

scheint jedoch zu viel an Kapazitäten zu schlucken, um auch das noch schultern zu können.

Ich habe mich gefreut, dass aus allen Fraktionen der Wunsch formuliert wurde, zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen. Deshalb wollen wir uns nach der erfolgten Überweisung möglichst schnell darüber verständigen und schon in der nächsten Schulausschusssitzung zu einer gemeinsamen Abstimmung kommen.